Die Fürsorgepflicht des Mediators
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Pflichten Verantwortung Pflichtverletzung Fürsorgepflicht Aufgaben Haftung
Worum es geht: Die Fürsorgepflicht ist ein juristisches Konzept, das die Verpflichtung einer Person oder Institution beschreibt, für das Wohl und die Sicherheit einer anderen Person oder einer bestimmten Gruppe von Personen zu sorgen. Es kommt in verschiedenen Rechtsgebieten und Zusammenhängen vor, wie beispielsweise im Arbeitsrecht, im Familienrecht oder im öffentlichen Recht. Trifft sie auch den Mediator zu und falls ja, inwieweit?
Wozu wende ich mich überhaupt an einen Mediator?
Buchinhalt Themen Zurück WeiterlesenEinführung und Inhalt: Die Fürsorgepflicht ist eine sogenannte Nebenpflicht, wenn sie nicht explizit den Kern einer vertraglichen Rechtsbeziehung wie etwa die Versorgung einer Person betrifft. Sie wird im Gesetz z.B. für Arbeitsverhältnisse in den §§ 617 bis 619 BGB explizit geregelt und als solche bezeichnet. Ein anderes Beispiel ist §1626 BGB, der die elterliche Fürsorge für die Kinder beim Namen nennt. Weitere Regelungen finden sich für Ärzte, Lehrer usw. Wo diese Pflicht nicht expizit geregelt ist, wird sie aus dem allgemeinen Rechtsgrundsatz nach §242 BGB hergeleitet. Die sich aus dieser Vorschrift ergebenden Pflichten betreffen vor allem Auskunftspflichten, Nebenpflichten, Hinweispflichten, aber auch Fürsorge- und Schutzpflichten.1 In jedem Fall muss die Fürsorgepflicht aus dem Schuldverhältnis hergeleitet werden.
Pflichten des Mediators
Welche Pflichten den Mediator treffen, wurde im Beitrag Pflichten explizit aufgeführt. Es wurde auch ein Verzeichnis angelegt, in dem sich die aus den Plfichten ergebenden Aufgaben des Mediators aufgeführt werden. Erkennbar wird, dass im Gesetz für Mediatoren nur wenige, meist auch nur Informations- und Auskunftspflichten explizit erwähnt werden. Die meisten Pflichten müssen aus der Vertragauslegung ermittelt werden, in der sich neben dem allgemeinen Grundsatz aus §242 BGB auch das jeweils zugrunde liegene Mediationsverständnis verwirklicht. Das ist ein weiterer Grund, warum es wichtig ist, ein allgemeingültiges Mediationsverständnis zu erarbeiten.
Grundsätzlich wird zwischen Haupt- und Nebenpflichten unterschieden. Die Hauptpflicht des Mediators ist zweifellos die Durchführung der Mediation und nicht die Betreuung der Parteien. Allerdings ist deren Betreuung in gewisser Weise erforderlich, um die Hauptpflicht zu erfüllen. Die noch näher zu untersuchende Fürsrogepflicht ist also allenfalls eine Nebenpflicht des Mediators.
Das Beispiel beweist, dass und wie der Mediator dafür zu sorgen hat, dass sich die Parteien wirkungsvoll in die Mediation einbringen können. Dass er für deren Wohl zu sorgen hat, wäre weit hergeholt. Diese Sorge würde sich allenfalls auf die Wahl des geeigneten Settings beschränken. Etwas anderes ist die Sicherheit. Zweifellos hat der Mediator z.B. dafür zu sorgen, dass die Parteien seine Kanzleiräume sicher betreten und verlassen können. Damit wird die äußere Sicherheit während der Mediation angesprochen. Eindeutig ist auch, dass der Mediator tätig werden und gegebenenfalls sogar die Mediation abbrechen muss, wenn es ihm nicht gelingt, dafür zu sorgen, dass die Partei in der Lage ist, dem Prozess der Mediation zu folgen. Diese Pflicht lässt sich aus §2 Abs. 5 Mediationsgesetz herleiten, wo dem Mediator explizit die Möglichkeit eingeräumt wird, die Mediation zu beenden, wenn er der Auffassung ist, dass eine eigenverantwortliche Kommunikation nicht zu erwarten sei. Andererseits besagt §2 Abs. 3 Mediationgesetz aber auch, dass der Mediator die Kommunikation der Parteien zu fördern und zu gewährleisten habe, dass die Parteien in angemessener und fairer Weise in die Mediation eingebunden sind. Das mag auf eine gewisse Fürsorgepflichten hindeuten. Die Frage ist nur, wann, wie und in welchem Umfang diese Pflicht gegenüber einer Partei besteht.
Fürsorgebedarf in der Mediation
Dass es grundsätzlich eine Fürsorgepflicht des Mediators gegenüber den oder sogar nur einer Partei gibt, bestätigt die Rechtsprechung. Das OLG Suttgart hat in dem Urteil vom 26.1.2017, 11 U 4/16 die Fürsorgepflicht einer Anwaltsmediatorin in einer Mediation ausdrücklich festgestellt.2 Der Schönheitsfehler dieser Entscheidung ist lediglich, dass die Fürsorgepflicht (wie später auch vom BGH) unnötiger Weise aus dem anwaltlichen Berufsrecht hergeleitet und auf die Rolle einer Anwaltsmediatorin bezogen wird. Die Fürsorgepflicht betraf den Schutz vor Rechtsverlusten, der nach §1 BORA eine anwaltliche Pflicht darstellt. Es ist fraglich, ob das Gericht bei einer nichtanwaltlichen Mediatorin ähnlich entschieden hätte. Allerdings wird auch nach der hier vertretenen Aufassung dem Mediator die Pflicht auferlegt, die Parteien vor einer offensichtlich unwirksamen oder nicht vollziehbaren Vereinbarung zu schützen. Diese Pflicht lässt sich aus dem Grundsatz der Informiertheit ableiten. Sie ist, zumindest auf die Sachfragen bezogen und wird als solche in §2 Abs. 6 Mediationsgesetz geregelt. In allen Fällen erschöpft sich der Schutz jedoch in Hinweisen, Fragen und Verfahrenskonsequenzen. In keinem Fall ersetzt er die Entscheidungen der Parteien oder begründet eine Ersatzvornahme durch den Mediator.
Bei offensichtlich unwirksamen oder nicht vollziehbaren Lösungen ist ein Einschreiten des Mediators noch leicht nachzuvollziehen. Problematisch wird die Frage (auch bei Anwaltsmediatoren), ob sie z.B. auf Fristen zu achten und auf Fristabläufe hinzuweisen haben.3 Auch eine derartige Verpflichtung ließe sich noch bei objektiven und von Amts wegen zu beachtenden Fristen herleiten, auch um zu verhindern, dass die Mediation missbraucht wird, um die Gegenseite zu einer Fristversäumnis zu verleiten, was in der Praxis leider auch vorkommt. Ganz schwierig wird die Rechtslage jedoch bei der Frage, ob die Fürsorgepflicht auch so weit geht, eine Partei auf abgelaufene Verjährungsfristen hinzuweisen. Spätestens jetzt kollidiert die Fürsorge mit dem Grundsatz der Neutralität und den Grenzen zu einer parteilichen Beratung. Sie wird von den meisten Mediatoren abgelehnt.4
Relativ eindeutig dürften die folgenden Fälle sein, in denen ein Fürsorgebedarf der Parteien erkennbar wird:
- Die Partei ist erkennbar nicht in der Lage, dem Prozess zu folgen
- Die Partei ist dem Gegner unterlegen, was der Gegner in der Mediation ausspielt
- Die Partei kann sich in der Mediation nicht zurechtfinden
- Die Partei ist auf erkennbar Beratung angewiesen.
- Auch die Fragestellung und die Fallkonstellation legen eine Beratung nahe.
- Die Partei ist erschöpft
Ausübung, Gestaltung und Umfang der Fürsorge
Ob die zuvor genanten Fälle zu einer expiziten Fürsorgepflicht führen, mag dahingestellt bleiben. Alle Fälle lassen sich aus den allgemeinen Pflichten des Mediators heraus beantworten, ohne dass eine explizite Fürsorgepflicht zu etablieren ist. Zweifellos haben sie jedoch eine fürsorgliche Note. Trotzdem geht es in allen Fällen darum, die Mediation zu verwirklichen, sodass sie eine Hauptplicht bilden. Zur Verwirklichung der Mediation gehört es, darauf zu achten, dass die Parteien auf gleicher Augenhöhe verhandeln, dass sie die Eigenverantwortlichkeit wahrnehmen können, dass sie verstehen was in der Mediation passiert und passieren kann, usw. Die Handlungsperspektive des Mediatirs bezieht sich somit stets auf die Mediation. Man könnte sagen, der Mediator schützt die Mediation, wenn er verhindert, dass eine nicht verhandlungsfähige Person an der Mediation teilnimmt oder wenn er es zulässt, dass eine Partei unbemerkt übervorteilt wird. Eine Fürsorgepflicht, die dahin geht, die Verhandlungsfähigkeit individuell herzustellen, ginge zu weit.
Das Beispiel beschreibt einen realen Fall. Der Mediator hätte die Mediation nicht fortgeführt, wenn Bedenken bestehen, dass die Partei nicht bei klarem Veratand ist oder irgenwelchen Zwängen unterliegt oder aus Unkenntnis heraus Entscheidungen trifft, die sie nicht kontrollieren kann. Man mag darüber streiten, ob die Interventionen des Mediators aus einer Fürsorgepflicht heraus oder einfach nur aus dem Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit und dem Grundsatz der gleichen Augenhöhe heraus veranlasst war. Wenn also von einer Fürsorgepflicht gegenüber den Parteien die Rede ist, ist sie sehr eingeschränkt.
Schutz von Personen
Ein anderer Fall betrifft den Schutz der Parteien, wenn Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohles eines Kindes oder für eine schwerwiegende Beeinträchtigung der physischen oder psychischen Integrität einer Person aufkommen. Auf diese Fälle lässt sich §4 Mediationgesetz ein, indem es den Mediator von der Verschwiegenheitspflicht entbindet. Er hat also die Möglichkeit einzuschreiten. Die Vorschrift postuliert jedoch keine Pflicht. Sie betrifft offenbar auch Personen, die nicht Medianden sind und außerhalb der vertragsrechtlichen Beziehung zum Mediator stehen.
Herleitung der Pflicht
Wenn überhaupt, ist die Fürsorgepflicht eine vertragliche Pflicht. Woraus leitet sie sich her, wenn die Medianden wie im Falle der Donatormediation gar nicht die Vertragsparteien des Mediationsvertrages sind? Wenn sich die Fürsorgepflicht, wie zuvor beschrieben, aus den Grundsätzen der Mediation herleitet, ergibt sie sich aus der Mediationsdurchführungsvereinbarung ohne dass es einer besonderenb Erwähnung bedarf.
Bitte teilen Sie Ihre Erfahrungen und Meinungen zur Frage mit, welche Pflichten den Mediator treffen und was von der Fürsrogepflicht zu halten ist.
Bedeutung für die Mediation
Die Mediation ist ein Verfahren, das den Parteien hilft, selbst eine Lösung für ihren Konflikt zu finden. Der Mediator ist verpflichtet, die Mediation zu verwirklichen. Die Mediation stellt den Menschen in den Mittelpunkt. Wenn der Mediator die Mediation korrekt ausführt, treten ihre Selbstregulierungskräfte in Kraft die einen darüber hinausgehenden Schutz der Partei erübrigen. So ist die Pflicht zur Sicherstellung der Kommunikation eine Mediationspflicht und keine Fürsorgepflicht. Die Beachtung der zur Unterstützung einer Partei beitragenden Allparteilichkeit ist ebenfalls eine Hauptpflicht der Mediation und keine Fürsorgepflicht. Wenn die Fürsorgepflicht dennoch in das Pflichtenverzeichnis aufgenommen wurde, dann nur aus Gründen der Vollständigkeit und mit Rücksicht darauf, dass die Verletzung der Fürsorgepflicht immerhin in einer Gerichtsenscheidung zur Haftung geführt hat.5 Nach der hier vertretenen Auffassung betrifft die über die Hauptpflichten hinausgehende Fürsorgepflicht eher den sicheren Aufenthalt in der Mediationspraxis. Sie könnte allerdings eine Handlungspflicht aus §4 Mediationsgesetz begründen, wo die Durchbrechung der Verschwiegenheit zum Schutz einer Person ausdrücklich ermöglicht wird, falls eine Gefährdungssituation außerhalb der Mediation gibt, die anders nicht abgwendet werden kann.
Was tun wenn ...
- Mediator hört nicht zu
- Allparteilichkeit nicht offengelegt (erläutert)
- Defizite der Partei werden nicht erkannt
- Der Mediator stellt keine Balance (Gleichgewicht) zwischen den Parteien her
- Weitere Empfehlungen im Fehlerverzeichnis oder im Ratgeber
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Bemerkung: Aktionshinweis. Diskussion: Pflichten des Mediators
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