Über den Umgang mit der Depression
Wissensmanagement » Sie befinden sich auf einer Archivseite. Die Depression ist eine Krankheit, die bei der Konfliktarbeit eine Rolle spielen kann. Der Mediator sollte darüber bescheid wissen und sich abstimmen.
Persönlichkeit Konfliktarbeit Krankheit Hochsensibilität Empathie Depression Resilienz
Abstract: Bereits in den Nachrichten finden Sie viele Hinweise auf Depressionen. Besonders in Krisenzeiten nehmen sie zu. Auch in der Mediation können sie eine Rolle spielen. Umso wichtiger ist es, dass der Mediator oder die Mediatorin ihre Anzeichen erkennen und weiß, wie damit umzugehen ist.
Einführung und Inhalt: Es gibt Krankheiten, die sind sichtbar. Jemand der ein Bein gebrochen und in Gips hat, dem werden Sie sicher helfen, wenn er die Tür nicht aufbekommt. Wie ist es aber mit psychischen Erkrankungen, die nicht ohne Weiteres sichtbar sind? Da kann es schnell passieren, dass man - bei aller Hilfsbereitschaft - etwas falsches machen. Die Mediation dringt - je nach Bearbeitungstiefe - sehr in die Persönlichkeiten der Parteien ein. Da kann man die Partei durchaus in eine Lage bringen, die alles andere als eine Besserung verspricht.
Was ist eine Depression?
Der Begriff Depression wird vom Lateinischen depressio oder deprimere abgeleitet, was so viel wie niederdrücken bedeutet. Auch wenn der Begriff im Volksmund oft ungenau verwendet wird, um eine Stimmung zu beschreiben, handelt es sich um einen Fachbegriff, der für eine ersnt zu nehmende Krankheit steht.
Depression ist eine Krankheit
Mit dem Fachbegriff wird eine schwere seelische Erkrankung bezeichnet. Die dazu geeigneten Diagnosen werden unter den ICD Codes F53 F39 F92 F33 und F34 erfasst.1 Die Krankheit besteht oft über einen längeren Zeitraum. Sie ist von der Traurigkeit oder der Lustlosigkeit zu unterscheiden. Im Gegensatz zu diesen Stimmungen geht die Depression auch nicht wieder von alleine weg. Sie bedarf der Behandlung. Es gibt aber auch Möglichkeiten, wie sich Betroffene und Angehörige selbst schützen können.2
Merkmale einer Depression
Julia Dobmeier und Christiane Fuchs stellen in dem Beitrag Depression ihre Merkmale heraus.3 Eine Zusammenfassung finden Sie auch in dem Beitrag Wie erkennt man eine Depression?4 Prof. Detlef Dietrich weist darauf hin, dass sich eine Depression meist schleichend entwickelt und nicht immer leicht zu erkennen ist. Es gibt drei Hauptmerkmale:
- Niedergedrückte Stimmung
- Innere Leere und Verlust von Interessen
- Antriebslosigkeit und Müdigkeit
Daneben gibt es folgende Nebensymptome:5
- starke Selbstzweifel
- Schuldgefühle und Selbstvorwürfe
- Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen
- extremes Schlafbedürfnis oder Schlafstörungen
- starke Unruhe und innere Erregtheit
- Verlust des sexuellen Interesses
Folgende körperliche Symptome können ebenfalls aufkommen:
- Schmerzen ohne klare Ursache (somatische Beschwerden)
- Herz-Kreislauf-Beschwerden
- Kopf- und Rückenschmerzen
- Magen- und Darmprobleme
- Schlafstörungen
- Appetitlosigkeit, seltener: gesteigerter Appetit
- Morgentief
- sexuelle Unlust
Forscher haben schließlich herausgefunden, dass Menschen, die unter einer Depression leiden auch sprachliche Symptome aufweisen. Danach verwenden depressive Menschen eher absolutistische Formulierungen wie "immer" und "niemals" oder Adjektive, die negative Emotionen ausdrücken, wie "alleine", "traurig" oder "miserabel". Schließlich würden mehr "Ich"-Aussagen genutzt als bei anderen Menschen.6 Auch wenn die Sprache einen Anhaltspunkt geben mag, kann die Sprachanalyse nicht als ein diagnostisches Tool verwendet werden. Es gibt Selbsttests mit denen Sie feststellen können, ob eine Depression vorliegt oder nicht.
Ursachen für eine Depression
Die Ursachen für eine Depression bestehen meist aus dem Zusammenspiel von biologischen, genetischen und psychosozialen Faktoren. Das Risko erhöht sich, wenn bereits Verwandte des ersten Grades an einer Depression erkrankt waren. Auch die Verletzlichkeit (Vulnerabilität) erhöht das Risiko, ebenso wie traumatische Erfahrungen, ein gestörter Botenstoffwechsel im Gehirn usw.7
Behandlung einer Depression
Wenn der Verdacht einer Depression aufkommt, wird empfohlen, sich zunächst an den Hausarzt zu wenden. Dabei wird unterstellt, dass er den Patienten über eine längere Zeit kennt und Veränderungen besser wahrnehmen kann. Auch kann er die körperlichen Symptome einschätzen. Eine Depression kann auf verschiedene Weise behandelt werden. Fachleute sind Psychiater oder Psychotherapeuten. Die Behandlungsmethoden reichen von der Psychotherapie, insb. der kognitiven Verhaltenstherapie, über eine medikamentöse Behandlung mit Antidepressiva bis hin zu einer Elektrokrampftherapie. Hilferich sind natürlich auch Sport und Bewegung, die zur Freisetzung von Endorphinen führt und das Wohlbefinden steigert. Auch Selbsthilfegruppen können Menschen mit Depressionen helfen, sich mit ihrer Erkrankung nicht alleine zu fühlen und in ähnlichen Situationen zu verbinden und Unterstützung zu erhalten.8 Die Auflistung der Behandlungsmethoden zeigt, dass keine der Methoden in der Mediation einen Platz finden kann.
Bedeutung für die Mediation
Die Mediation befasst sich mit dem Menschen. Es sind die Parteien, die selbst eine Lösung für den Konflikt finden und erarbeiten sollen. Je nach dem gewählten Mediationsmodell kann sie sehr tief gehen und durchaus eine Belastung darstellen, der die Partei nicht gewachsen ist. Das ist eigentlich ein Phänomen, das in jeder Mediation auch bei gesunden Menschen zu beachten ist. Der Mediator muss sich anpassen und sehen, wie weit er bei der Bearbeitung des Konfliktes gehen kann. Die Vorstellung, dass eine Mediation wegen Krankheit abzulehnen sei, ist weder rechtlich noch psychologisch zutreffend. In keinem Fall darf der Mediator die Krankheit ignorieren. Wenn er sich darauf einlassen kann, ist die Mediation oft die beste Herangehensweise. Sie ist zumindest schonender als ein gerichtlicher Streit oder eine aggressive Auseinandersetzung, die die Schwächen des Verhandlungspartners ausnutzt. Das wäre in der Mediation schon wegen des Grundsatzes der gleichen Augenhöhe ausgeschlossen. Ob die Mediation mit kranken Menschen auszuführen ist und wie sie letztlich durchgeführt werden soll, ist also stets eine Farge des Einzelfalls.
Haben Sie Erfahrungen in dem Bereich und schon mit psychsich kranken Menschen gearbeitet oder Fragen? Hier können Sie sich austauschen.
Ein grundlegender Unterschied zu einer therapeutischen Behandlung besteht darin, dass die Mediation immer nur bis zu einer Entscheidung geht.9 Sie ist keine Begleitung durch eine Krankheit. Sie kann aber Weichen stellen, zuführen und fördern und durchaus in der Erkenntnis der Partei enden, dass sie eine Therapie in Anspruch nehmen sollte. Kranke Menschen haben auch Rechte und Depressive Menschen sind nicht geschäftsunfähig. Deshalb muss die Entscheidung, ob die depressive Partei an der Mediation teilnimmt oder nicht genau zwischen ihr und dem Mediator ebenso wie gegebenenfalls mit den anderen Teilnehmern abgestimmt werden.
Ausgangspunkt ist die Identifikation der Krankheit. Ein Mediator ist nicht berufen, sie zu diagnostizieren und erst recht nicht, sie zu behandeln. Beides fällt nach § 1 PsychThG (Psychotherapeutengesetz) in den Zuständigkeitsbereich der Therapeuten oder der Ärzte. Nun verwendet die Mediation Techniken der Therapie als ganz normale Werkzeuge. Es gibt deshaöb Überschneidungen, die sich auf die Frage der Durchführbarkeit und der Durchführung einer Mediation.
Die Durchführbarkeit ist zu hinterfragen, weil die Depression, auch wenn sie nicht zu einer Geschäftsunfähigkeit führt, trotzdem die Mediationsfähigkeit in Frage stellen kann. Der Mediator hat die Aufgabe, dies zu prüfen.10 Auch wenn angenommen wird, dass die Partei in der Lage ist, dem Gedankengang zu folgen und sich dem Konflikt zu stellen, bleibt die Frage, ob sie auch mit dem Gegner auf gleicher Augenhöhe verhandeln kann. Zu prüfen ist schließlich, ob sie die Auseinandersetzung mit sich selbst aushalten kann, inwieweit sie sich dem Konflikt stellen kann und ob sie überhaupt die anzustrebende Zufriedenheit krankheitsunabhängig zu formulieren weiß. Der Mediator hat sich davon zu überzeugen, dass keine Hindernisse bestehen, die eine Verhandlung auf gleicher Augenhöhe im Wege stehen.11
Andererseits eröffnet die Mediation (je nach dem zugrunde liegenden Mediationskonzept) mit der ihr eigenen Art der Konfliktarbeit auch positive Aspekte, die einer depressiven Persönlichkeit nicht verwehrt werden sollten. Sie führt in eine Stärkung der Resilienz und öffnet den Weg in eine optimistische Zukunft. In gewisser Weise verwirklicht sie das überaus schonende Konzept der lösungsprientierten Kurztherapie, die ebenfalls ohne Diagnose auskommt und den Parteien hilft, eine positive Sicht auf die Zukunft zu entwickeln, indem sie die Gedanken aus dem Problem heraus und nicht in das Problem hineinführt. Wenn sich der Mediator daran hält kann die Mediation auch jede Therapie unterstützen. Wichtig ist, die Partei nicht zu bedrängen. Der Mediator mag seine Bedenken wegen der Krankheit ansprechen und mit der Partei überlegen, wie die Mediation zu gestalten ist. Wenn sich die Partei bereits in Therapie befindet, sollte der Mediator (nach einer Entbindung der Verschwiegenheitspflicht) mit dem Therapeuten zu sprechen und sich abzustimmen. Es wäre auch kein Problem, den Therapeuten als Beistand mit in die Mediation zu holen. Gegebenenfalls sind Einzelgespräche anzuraten. Es wird der Partei gut tun, wenn sie merkt, dass sie wie ein vollwertiger Mensch behandelt wird und dass sie die Aufmerksamkeit und Achtsamkeit bekommt, die ihr zusteht.
Was tun wenn ...
- Krankheitssymptome werden übersehen
- Die Partei fühlt sich schwach und unfähig
- Die Partei stellt mehrfach heraus, dass sie sich in einer Therapie befindet
- Weitere Empfehlungen im Fehlerverzeichnis oder im Ratgeber
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Alias: Depressionen
Siehe auch: Resilienz
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