Nutzenanalyse
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Die Nutzenanalyse ist ein zentrales Werkzeug, das dem Mediator in jeder Lage des Verfahrens, einschließlich seiner Anbahnung zur Seite steht.1 Die Analyse (das Herausarbeiten) des Nutzens ist stets die Voraussetzung einer Entscheidung und die Bedingung für das Verstehen. Es nutzt wenig, eine Lösung zu finden, die keinen Nutzen bringt.
Methodik der Nutzenermittlung
Das Fragewort WOZU sollte das wichtigste Wort im Leben eines Mediators geworden sein. Er interessiert sich stets für den Nutzen, zumindest wenn er die Mediation nach dem Konzept der kognitiven Mediationstheorie ausführt. Sie beschreibt die Mediation als ein nutzenorientiertes Verfahren. Der Nutzen erschließt sich aus dem Motiv. Methodisch betrachtet, versucht der Mediator das Motiv zu hinterfragen. Die Mäeutik kommt ihm dabei entgegen.
- "Und was haben Sie davon?"
- "Und das hilft Ihnen (weiter)? .... Und was passiert dann? .. Und was haben Sie davon?"
- "Was ist anders, wenn Sie den Prozess gewonnen haben? ... Ist das so? ... Und was passiert als Nächstes?"
- "Wozu brauchen Sie das?"
Innerhalb der Mediation werden die Kriterien des Nutzens zusammen mit den Medianden in der Phase drei erarbeitet. Sie kommen, bei korrekter Phasenausführung, also mehr oder weniger automatisch dorthin. Die Lösung muss sich an den dort erarbeiteten Kriterien messen lassen, damit ihre Nützlichkeit und Nachhaltigkeit sichergestellt wird. In der Vorbereitung und besonders bei der Entscheidung für die Mediation oder ein anderes Verfahren steht die Phase drei jedoch nicht zur Verfügung, um eine auf das Verfahren bezogene Nutzenanalyse durchzuführen und die Nützlichkeit des Verfahrens zu überprüfen. Deshalb werden hier einige Eckdaten zur Verfügung gestellt, damit der Nutzen des Verfahrens, der Lösung und der individuelle Nutzen besser erkannt werden.
Nutzen des Verfahrens
Kriterien | Mediation | andere Verfahren |
---|---|---|
Komplexitätsbewältigung | Alle Ebenen und Dimensionen werden einbezogen | eindimensional und selektiv |
Bearbeitungstiefe | Eine vollständige Konfliktlösung wird angestrebt. Die Bearbeitungstiefe wird abgestimmt | Nur die Problemlösung wird angestrebt |
Bearbeitungsumfang | Der Bearbeitungsbedarf ist stets im Blick. Der Bearbeitungsumfang wird im Einvernehmen festgelegt. Lücken werden aufgedeckt | Wird vorgegeben |
Nutzenorientierung | Der Nutzen (Befriedigung) steht im Vordergrund | Das Ergebnis (evtl. Rechtsfolge) steht im Vordergrund |
Bearbeitungsaufwand | Erhöhter Gesprächsaufwand | Verminderter Gesprächsaufwand, erhöhter Argumentationsaufwand |
Denken | Das unterstützte Denken führt aus dem Problem heraus | Das vorgegebene Denken führt in das Problem hinein |
Informiertheitsgrad | Die Lösung setzt Vollinformation und ein umfassendes Verstehen voraus | Eingeschränkte Informationen genügen. Das Verstehen ist keine Voraussetzung. |
Kontrollierbarkeit | Maximale Verfahrenskontrolle durch die Parteien wegen des Grundsatzes der Freiwilligkeit. Das Verfahren ist selbstregulierend. | Eingeschränkte Verfahrenskontrolle. |
Eskalationsgefahr | Keine (Die Mediation gibt keinen Anlass zum Streit) | Hohe Eskalationsgefahr. |
Verfahrenskosten | Die Kosten orientieren sich am (realen) Bedarf der Parteien. Sie sind verhandel- und kontrollierbar, je nach Dienstleistungsbedarf | Die Kosten orientieren sich am Streit, nicht notwendigerweise an dem Bedarf. Sie sind nur bedingt kontrollierbar und dementsprechend aufwändig. |
Konfliktkosten | Konfliktkosten werden vollständig ausgeglichen, weil die Überwindung des Konfliktes im Vordergrund steht | Konfliktkosten können nicht vollständig ausgeglichen werden, weil der Fokus auf die Entscheidung (oder die Lösung) begrenzt wird. |
Vorhersehbarkeit | Das Ergebnis muee erst noch erarbeitet werden. Wegen der Ergebnisoffenheit kommt es aber oft zu überraschend positiven Ergebnissen, an die niemand vorher gedacht hat. | Das Ergebnis liegt im Fokus und ist von vorne herein bekannt. |
Prozessrisiko | Es kommt nicht zu einem (falschen) Ergebnis | Der Prozess wird verloren |
Unterstützung | Hilfe zur Selbsthilfe | Auf das Verfahren beschränkt |
Verfahrensdauer | parteiabhängig | verfahrensabhängig |
Verfahrensschwerpunkt | Partei- und personenzentriert, nutzen und verfahrenszentriert | Sach- und problemzentriert, ergebniszentriert |
Nutzen der Lösung
Kriterien | Mediation | andere Verfahren |
---|---|---|
Vollständigkeit | Passend zur Komplexität, wenn alle Ebenen und Dimensionen einbezogen sind | eindimensional und selektiv |
Lösungsvergleich | Abgleich mit allen anderen denkbaren Lösungen | Es wird nur eine Lösung angestrebt |
Nutzenverwirklichung | Maximale Befriedigung wird angestrebt (der Nutzen wird festgelegt) | Befriedigung irrelevant (der Nutzen wird im Verfahren ignoriert) |
Nachhaltigkeit | Optionen werden vereinbart, Vollstreckbarkeit möglich | auf Vollstreckbarkeit reduziert |
Nutzen des Individuums
Kriterien | Mediation | andere Verfahren |
---|---|---|
Sicherheit | Verfahren kann abbrechen | Verfahren kann nicht abbrechen |
Kontrolle | Volle Ergebniskontrolle. Kein Ergebnis ist ohne Zustimmung denkbar | Keine oder nur eingeschränkte Kontrolle (Anträge, Rechtsmittel) |
Genugtuung | Kann bei Bedarf thematisiert und ausgeglichen werden | Kein Anspruch |
Befriedigung | Ruhe, Frieden als Nutzen Teil der Verhandlung | Kein Verhandlungsgegenstand |
Gerechtigkeit | Kann bei Bedarf thematisiert und ausgeglichen werden, ist also einer Befriediguing zugänglich | Abhängig vom Verfahransausgang |
Kosteneinsparung | Möglich, da volle Verfahrenskontrolle | Nicht oder nur bedingt möglich |
Kommunikation | Persönliche Kommunikation zwingend | Durch Vertreter möglich. |
Vollziehbarkeit | Die Vollziehung eines Ergebnisses, dem der Gegner zustimmt ist groß | Ein Ergebnis, dem der Gegner nicjht zustimmt, wird auch zu Problemen bei der Vollziehung führen. |
Heilung | Oft ein Nebeneffekt der vollständigen Konfliktauflösung, Eingehen auf Persönlichkeiten, Traumata usw. | Irrelevant |
Bedeutung für die Mediation
Der Nutzen ist stets mit einem Vorteil verbunden. Der Vorteil muss sich aus der Lösung ergeben. Er ist die Folge der Lösung und sollte niemals mit der Lösung verwechselt werden. Die vorstehenden Tabellen sind deshalb nur Anhaltspunkte, wo Vorteile zu suchen sind. Es bedarf jeweils einer individuellen Prüfung, ob sie im Einzelfall vorliegen oder nicht.
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