Verschwiegenheitsschutz
Datensatz-ID: 17155
Siehe auch: 17154, 17153, 17152
Bezeichnung: Verschwiegenheitsschutz
Verzeichnisse: Allgemein, Werkzeuge
Verwendung: Einrichtung und Möglichkeit zum Schutz der Verschwiegenheit als Absicherung der Vertraulichkeit.
Siehe auch: Beweiserhebungsverbot, Beweisverwertungsverbot, Non disclosure Agreement.
Fachbuch: Verschwiegenheit
Beitragsthemen:
Die Vertraulichkeit meint eigentlich nur die Nicht-Öffentlichkeit. Wenn die Informationen wirklich vertraulich sein sollen, bedarf es eines weitergehenden Schutzes. Das ist gemeint, wenn von dem Verschwiegenheitsschutz die Rede ist.
Die Vertraulichkeit gehört zu den tragenden Prinzipien der Mediation. Sie ermöglicht es den Parteien, frei zu sprechen, kreative Lösungen zu entwickeln und auch sensible Informationen preiszugeben, ohne deren spätere prozessuale Verwertung fürchten zu müssen. Doch während das Mediationsgesetz (§ 4 MediationsG) die Verschwiegenheitspflicht primär dem Mediator auferlegt, bleibt die Frage offen, wie auch die Parteien untereinander und im Verhältnis zu staatlichen Gerichten abgesichert werden können. In diesem Zusammenhang sind drei Rechtsinstitute relevant:
- das Beweiserhebungsverbot,
- das Beweisverwertungsverbot und
- die vertragliche Verschwiegenheitsvereinbarung (Non-Disclosure Agreement, NDA).
Beweiserhebungsverbot
Ein Beweiserhebungsverbot liegt vor, wenn das Gericht bestimmte Beweise nicht erheben darf. Es betrifft die Beweisaufnahme als solche und greift regelmäßig zum Schutz höherrangiger Rechtsgüter (z. B. Menschenwürde, Grundrechte).
Rechtsgrundlagen sind im Strafprozess das Zeugnisverweigerungsrechte (§§ 52 ff. StPO) und das Verbot der Verwertung rechtswidrig erlangter Beweise, z. B. bei Verstößen gegen Art. 13 GG (Hausdurchsuchung). Im Zivilprozess ist die Rechtsgrundlage § 383 Abs. 1 ZPO (Zeugnisverweigerung, u. a. für Anwälte, Ärzte, Mediatoren). Grubndsätzlich erhebt das Gericht die angebotenen Beweise, soweit kein gesetzliches Verbot entgegensteht.
Parteivereinbarungen können ein Beweiserhebungsverbot nicht wirksam begründen, da das Gericht zur materiellen Wahrheitsfindung verpflichtet ist (§ 286 ZPO). Ein vertraglicher Ausschluss bestimmter Zeugen oder Dokumente ist für das Gericht nicht bindend.
Beweisverwertungsverbot
Ein Beweisverwertungsverbot liegt vor, wenn ein Beweis zwar erhoben oder verfügbar ist, jedoch nicht in die Urteilsfindung einfließen darf.
Rechtsgrundlagen sind im Strafprozess § 252 StPO: Aussagen eines zeugnisverweigerungsberechtigten Angehörigen sind unverwertbar. Es kommt zur richterrechtlichen Abwägung zwischen Strafverfolgungsinteresse und Grundrechtsschutz (vgl. BVerfG, NJW 2006, 2684). Im Zivilprozess gibt es keine Kodifikation. Richterrechtlich anerkannt wird jedoch die Unverwertbarkeit von unzulässigen Tonbandaufnahmen oder heimlichen Mitschnitten, weil sie das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzen (BGH, NJW 2014, 3297). Im Einzelfall kommt es zur Abwägung zwischen prozessualem Wahrheitsfindungsinteresse und Grundrechtsschutz.
Parteien können vertraglich Beweisverwertungsverbote grundsätzlich festlegen (z. B. bestimmte Dokumente dürfen nicht in einem Prozess verwendet werden). Das Gericht ist daran nicht unmittelbar gebunden, wohl aber die Parteien. Bei Verstoß drohen Schadensersatz oder Vertragsstrafen.
Non-Disclosure Agreement (NDA)
Ein Non-Disclosure Agreement (NDA) ist eine privatrechtliche Vereinbarung (§§ 241, 311 BGB), mit der sich die Parteien verpflichten, vertrauliche Informationen nicht offenzulegen oder zu verwerten. Ihr Inhalt umfasst die Definition „vertraulicher Informationen“, den Umfang der Geheimhaltungspflichten, eventuelle Ausnahmen (gesetzliche Offenbarungspflichten) und Sanktionen bei Verstoß (Vertragsstrafe, Schadensersatz). NDAs schaffen eine gegenseitige Bindung der Parteien. Damit wird verhindert, dass Inhalte der Mediation später in Zivilprozessen vorgebracht werden.
Bedeutung für die Mediation
Die Verschwiegenheit in der Mediation ist für ihre Funktionsfähigkeit unverzichtbar. Gesetzliche Beweiserhebungs- und Beweisverwertungsverbote bieten zwar punktuelle Sicherungen, reichen aber nicht aus, um den offenen Austausch in Mediationsverfahren zu garantieren. Beweiserhebungsverbote schützen durch gesetzliche Schweigepflichten (z. B. für Mediatoren). Sie sind jedoch lückenhaft. Beweisverwertungsverbote können durch richterliche Abwägung oder Parteivereinbarungen entstehen. Sie bieten Schutz, sind aber gerichtlich nicht zwingend. NDAs sichern die Verschwiegenheit am wirksamsten ab, da sie vertraglich sanktioniert sind und Vertrauen zwischen den Parteien schaffen. Die effektivste Lösung besteht daher in einer Kombination bestehend aus der gesetzlichen Schweigepflicht des Mediators (§ 4 MediationsG), vertragliche NDAs zwischen den Parteien und ergänzende Beweisverwertungsverbote zur Absicherung im Prozess. Damit wird ein geschützter Kommunikationsraum geschaffen, der Vertrauen ermöglicht und die Mediation als gelebte Vernunft absichert. Hier ein Beispiel:
Verpflichtung zur Verschwiegenheit
Betreff: Mediation in der XY-Sache mit folgenden Personen
1. Name, Anschrift Mediand 1
2. Name, Anschrift Mediand 2
3. Name, Anschrift Rechtanwalt / Beistand
4. ...
Um die Vertraulichkeit der Mediation zu schützen, verpflichten wir uns zur Verschwiegenheit nach folgender Maßgabe:
- Alles, was während der Mediation gesagt oder gezeigt wird – egal ob mündlich, schriftlich oder digital – bleibt vertraulich.
- Wir geben keine Informationen aus der Mediation an Dritte weiter. Auch vor Gericht oder in anderen Verfahren dürfen diese Informationen nicht als Beweis genutzt werden.
- Die Vertraulichkeit gilt nicht für Dinge, die allgemein bekannt sind, die den Parteien schon vorher rechtmäßig bekannt waren oder die wir aufgrund gesetzlicher Vorschriften mitteilen müssen.
- Die Parteien sind auch berechtigt, Informationen aus der Mediation mit vertrauten Personen (z.B. Rechtsanwälte, pers. Berater) zu tzeilen, wenn sie vorher diese Verpflichtung zur Verschwiegenheit weitergegeben haben und diese Personen in die Schweigepflicht einbinden.
- Die Verschwiegenheitspflicht gilt auch nach Ende der Mediation weiter.
- Wer gegen diese Vereinbarung verstößt, kann dafür haftbar gemacht werden.
Ort, Datum: __
Unterschriften:
_ (Partei 1)
_ (Partei 2)
_ (Mediator/in)
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Aliase: Schutz der Verschwiegenheit, Non-Disclosure Agreement, NDA, Beweiserhebungsverbot, Beweisverwertungsverbot
Included: Muster-Vertraulichkeitsabrede