Die Mediationsmodelle (Mediationsarten)
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Mediation Modelle sondierend evaluativ facilitativ transformativ integriert
Worum es geht: Es gibt unterschiedliche Herangehensweisen in der Mediation. Manchmal ist von Mediationsweisen, also die Art und Weise der Durchführung einer Mediation, die Rede. Manchmal wird von unterschiedlichen Mediationsarten oder von Mediationsprojekten gesprochen. Hier wird nach Mediationsmodellen unterschieden. Welche Relevanz die unterschiedlichen Herangehensweisen haben und wie sie zu unterscheiden sind, ist der Gegenstand dieses Beitrages.
Einführung und Inhalt: Die Mediationsmodelle fügen sich als eigenständige Klasse in die Mediationssystematik ein. Sie orientieren sich an den Mediationskonzepten und geben eine Richtlinie, wie die Mediation in den nachfolgenden Klassen, also in den Mediationsformen und den Anwendungsfeldern zum Einsatz kommt. Die nebenstehende Skizze verdeutlicht ihren Standort innerhalb der Mediationssystematik.
Einordnung in der Mediationssystematik
Unterscheidungsbedarf
Das der Mediation zugrunde liegende Kommunikationsmodell erlaubt Abweichungen, über die sich der Mediator bewusst sein sollte. Bereits die unterschiedlichen, mit der Mediation arbeitenden Professionen setzen eigenwillige Schwerpunkte. So haben die Psychologen mit Carl Rogers1 eine Art Patenschaft übernommen. Die Juristen haben mit dem Harvard-Konzept zumindest in Teilen die Struktur gestiftet. Die Mediation bewegt sich irgendwo zwischen Rechtsanwendung und Psychotherapie, je nachdem, wie der Mediator die Mediation betreibt und wo er den Schwerpunkt setzt2 .
Die Bezeichnung Mediationsart erscheint naheliegend, wenn es darum geht, bestimmte Vorgehensweisen zu typologisieren. Lang-Sasse unterscheidet "Mediation Styles",3 wobei das englische Wort „Style“ auch eher mit Art als mit Stil zu übersetzen ist. Trotzdem beschreibt auch der Stil eine Ausprägung, die der systematischen Einordnung bedarf. Im Unterschied zu dem Begriff der Art, der objektivierbare Wesensmerkmale festlegt, erlaubt es der Stil, die individuellen Ausprägungen zu erkennen. Eine vollständige systematische Erfassung aller Mediationsvarianten wird erst mit der hier beschriebenen Systematik möglich. Sie klassifiziert die Mediation nach Mediationskonzepten, Mediationsmodellen, Mediationsformen, Mediationsfeldern und Mediationsstilen. Es fällt auf dass der Begriff der Mediationsart in dieser Systematik nicht vorkommt. Das hat einen besonderen Grund.
Mediationsarten
Der Gesetzgeber hat unglücklicherweise den Begriff der Mediationsart mit den Fachmediationen gleichgesetzt. Dies ist insofern irreführend, als die Fachmediation zwar eine auf den Anwendungsbereich bezogene Ausrichtung der Mediation beschreibt. Indes liegt den Fachmediationen kein spezifisches Mediationsmodell im hiesigen Verständnis zugrunde. Das heißt, die fachbezogene Ausrichtung kann den Hintergrund und gegebenenfalls die Herangehensweise betreffen, nicht aber die Eigenart der Mediation. Darüber hinaus sind die unterschiedlichen Verhaltensweisen in der Mediation auch fachunabhängig nachzuweisen. Das bedeutet: In einer Familienmediation kann sowohl eine evaluative wie eine an und für sich näher liegende transformative Mediation angewendet werden.
Unterscheidungen, die sich statt auf die Anwendungsfelder auf unterschiedliche Herangehgensweisen konzentrieren, kommen der Mediationsart zumindest begrifflich näher. Sie gehen beispielsweise auf Augsburger zurück. Augsburger ist ein amerikanischer Theologe, der besonders im Bereich der interkulturellen Mediation zitiert wird und zwischen dem nordamerikanischen und dem traditionellen Modell unterscheidet. Andere Unterscheidungen gehen auf Breidenbach zurück. Breidenbach unterscheidet Kategorien, die er als „Service Delivery“, „Access to Justice“, „Individual Autonomy“, “Reconciliation“ und „Social Transformation“ - Ansätze beschreibt.4 Die Variationen des Mediator-Verhaltens konzentriert er schließlich auf eine Verhandlungsstrategie und eine therapeutische Integration. Walz lässt sich auf eine Unterscheidung zwischen der Vertrags- und der Konfliktmediation ein, womit er nicht mehr als die Bearbeitungstiefe der Vermittlung anspricht. Eine weitere, historisch abgeleitete Unterscheidung differenziert zwischen dem allgemeinen, dem einigungsorientierten, dem kognitiv-systemischen und dem transformativen Stil. In einem Bundesstaat der Vereinigten Staaten, wird die mediative Praxis an den Mediationstypen analytisch, facilitativ, inklusiv und transformativ ausgerichtet.5 Alle diese Varianten gehen in den Mediationsmodellen der hier zugrunde gelegten Mediationssystematik auf.
Mediationsmodelle
Die Mediationsmodelle orientieren sich an den Dimensionen des Streitkontinuums. Je nachdem, welche Dimensionen in die Streitbewältigung einbezogen werden, ergeben sich eine unterschiedliche Bearbeitungstiefe und Ausrichtung. Um die Bearbeitungstiefe oder besser gesagt, die mögliche Beabeitungstiefe eines Verfahrens aufzudecken, enthält der Verfahrensbrowser eine darauf bezogene Ansagemöglichkeit. Die Mediation würde, bezogen auf das Streitkontinuum, grundsätzlich in dessen Zentrum zu lokalisieren sein, weil sie alle Dimensionen einbeziehen kann.
In der Praxis wird eine derart umfassende, die ganze Komplexität einbeziehende Bearbeitungstiefe aber nicht immer gewünscht ist. Deshalb kann sich auch die Mediation schwerpunktmäßig nur auf einzelne Dimensionen festlegen. Mit jeder Festlegung ändert sich die methodische Herangeghensweise an die Problemlösung, sodass eindeutig abgrenzbare Kategorisierungen möglich sind. Es verst5eht sich von selbst, dass ein Verfahren, das lediglich Sachfragen betrifft, kaum emotionale Tatbestände aufarbeiten kann und deshalb eher am logisch juristischen Denken ausrichtet, als beispielweise eine Konfliktbearbeitung, die auch die psychologischen Aspekte erfasst.6 Auf den Bearbeitungsschwerpunkt bezogen, lassen sich folgende Ausrichtungen unterscheiden:
Sondierende Mediation
In dem Interesse der EU, ein forensisches Verfahren vorzuhalten, das in allen Mitgliedstaaten einen mehr oder weniger gleichförmigen „access to justice“ ermöglicht, aber auch aus Gründen der merkantilen Verbreitung, gerät die Mediation mehr und mehr in den Anwendungsbereich von Fällen, die sich noch im Stadium von Vorüberlegungen und Sondierungsgesprächen befinden. Beispiele sind die telefonische Shuttle-Mediation der Rechtsschutzversicherungen oder internationale Online-Mediationen im B2C Anwendungsbereich. Eine Moderation wäre ausreichend.
Evaluative Mediation
Die evaluative Mediation entspricht dem juristischen Procedere am Meisten. Evaluativ bedeutet übersetzt wertend oder bewertend. Wie der Name sagt, verstärkt diese Form der Mediation die Einflussnahme des Mediators. Sie korrespondiert mit einem gerichtsanhängigen Prozess und nimmt dessen Ergebnis vorweg. Der Mediator unterstützt die Parteien, indem er die Schwachpunkte ihres Falles (ihrer juristischen Argumentation) herausarbeitet. Er mag formale Empfehlungen hinsichtlich des (juristischen) Ergebnisses (Fallausgang) einbringen. Methodisch wendet er das Caucus oder die Shuttle Diplomacy an. Der evaluative Mediator ist meist selbst ein Jurist.
Facilitative Mediation
Facilitativ bedeutet übersetzt vereinfachen, erleichtern. Der Mediator strukturiert einen Prozess, um die Parteien dabei zu unterstützen, ein wechselseitig akzeptiertes Ergebnis zu erzielen. Er befragt die Parteien, wertschätzt und normalisiert, stellt unterschiedliche Sichtweisen heraus und sucht nach den Interessen hinter den Positionen, um darauf basierte Lösungsoptionen zu erarbeiten. Die facilitative Mediation eignet sich für Konflikte der sachlich-intellektuellen Konfliktdimension
Mehr über facilitative MediationTransformative Mediation
Mit den Psychologen entwickelt sich die Mediation von einer bloßen Interessenerhellung zu einer echten Konfliktarbeit, bei der das Konflikterleben der Parteien im Vordergrund steht. Mit der Arbeit am Konflikt sollen die Parteien in die Lage versetzt werden, ihre Erkenntniswelt so umzuformen, dass ihnen eine Neugestaltung der streitbefangenen Lebensverhältnisse möglich wird. Transformativ bedeutet umformend, umgestaltend. Die transformative Mediation setzt auf die Fähigkeiten der Parteien. Sie versucht, diese zu verstärken und nutzbar zu machen und ermöglicht die Anerkennung der hinter dem Streit verborgenen Bedürfnisse. Um dies zu erreichen, lässt sie sich auf die Wahrnehmungswelt der Parteien ein und zielt darauf ab, diese durch eine kontextsensitive Relativierung zu verändern. Das Lösungspotenzial besteht darin, den Parteien eine andere Sicht auf das Problem zu ermöglichen, woraus sich ihre Bewertungen ändern. Die transformative Mediation eignet sich besonders für die Bearbeitung von Konflikten der sozio-emotionalen und der wertmäßig-kulturellen Dimension
Integrierte Mediation
Die Praxis ist nicht so trennscharf, wie die Theorie es gerne hätte. Die Übergänge sind fließend. Die integrierte Mediation beschreibt die Mediation in ihrer komplexen Konnotation. Sie erstreckt sich über den gesamten Mediationsradius weshalb sie als notwendige Ergänzung in das Kontinuum der Verfahren und Methoden zur Streitbeilegung einzubeziehen ist. Sie kommt der eclectic Mediation nahe, geht aber über sie hinaus indem sie auch Elemente anderer Verfahren zu integrieren weiß.
Bearbeitungstiefe
Das zu wählende Mediationsmodell ergibt die Bearbeitungstiefe. Die nebenstehende Skizze verdeutlicht, dass die Modelle alle demselben Mediationskonzept unterworfen sind. Allerdings decken sie die Dimensionen des Streitkontinuums unterschiedlich ab, was sich auf die Bearbeitungstiefe auswirkt. Die Skizze stellt den sich aus den Dimensionen des Streitkontinuums ergebenden Bearbeitungsschwerpunkt den Modellen gegenüber. Demnach erlaubt die transformative Mediation die tiefste Bearbeitungsebene. Die Mediation wird um einen psychologischen Zugang erweitert. Sie geht auf die Bedürfnisse ein und kann eine Sichtveränderung erwirken. Die integrierte Mediation ermöglicht die umfassendste Bearbeitung, weil sie sich auf alle Dimensionen einlassen und alle Modelle kombinieren kann. Die Mediation wird zusätzlich um einen sozialwissenschaftlich – philosophischen Zugang erweitert.Systematische Erfassung
Wiki to Yes versucht, alle Mediationsvarianten und -erscheinungsformen zu erfassen und der Mediationssystematik zuzuordnen. Um auch den Mediationsarten auf den Grund gehen zu können, enthält die Datenbank folgende Einträge, die allerdings unter der Kategorie "Mediationsmodell" erfasst werden:
Es ist nicht immer leicht, die zu erfassende Mediationsvariante korrekt in die Systematik einzuordnen, zumal es gerade in Bezug auf die Mediationsarten begriffliche Überschneidungen und synonyme Verwendungen gibt. Im Interesse der Einheitlichkeit und der systematischen Klarheit wird empfohlen, sich an den zuvor herausgearbeiteten Mediatiuonsmodellen zu orientieren. Sie erlauben es, die Mediationen vollständig abzubilden und entsprechen den internationalen Einteilungen. Eine vollständige Übersicht finden Sie im Mediationsverzeichnis.
Bedeutung für die Mediation
Der Begriff Mediationsart wird oft mit den Mediationsfeldern (Familienmediation, Wirtschaftsmediation, usw.) gleichgesetzt. Die Gleichsetzung ist verwirrend, weil die Art und Weise der Mediation (tatsächlich also die Mediationsart) wegen des Anwendungsfeldes nicht wechselt. Das bedeutet, dass auch die Mediation im Anwendungfeld Familie alle Modelle verwenden kann und verwendet.
Grundsätzlich ist es die Aufgabe des Mediators, sich in jeder Mediation auf ein Modell festzulegen.7 Wenn die Modelle die Bearbeitungstiefe ergeben, wirken sie sich auf die Kostenfrage aus. Die Nichtfestlegung auf ein Modell wird als Mediationsfehler eingestuft.
Was tun wenn...
- Der Mediator hat die Bearbeitungstiefe nicht mit den Parteien abgestimmt
- Der Mediator hat das Mediationsmodell nicht mit den Parteien abgestimmt
- Weitere Empfehlungen im Fehlerverzeichnis oder im Interventionenfinder
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Aliase: Mediationsmodell
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