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Das Konfliktverhalten und die Mediation

Wissensmanagement » Diese Seite gehört zum Fachbuch Mediation in der Wiki-Abteilung Wissen. Sie befinden sich auf der Themenseite Konfliktverhalten, die dem Titel Konfliktevolution im 6. Buchabschnitts Konflikt zugeordnet wird. Beachten Sie bitte auch:

Konfliktevolution Konfliktverhalten Eskalation Konfliktphänomene

Worum es geht: Das Konfliktverhalten ist so vielfältig wie die Konflikte und die Menschen, die davon betroffen sind. Trotzdem gibt es typische Verhaltensweisen, die Rückschlüsse auf die Konfliktbeilegung und insbesondere die Mediation erlauben.

Einführung und Inhalt: Der Streit ist nur eine Ausprägung des Konfliktes. Er kann auch seine Ursache sein. Wer (z.B. im nachfolgenden Video) genau hinschaut, kann das eine vom anderen unterscheiden.

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem Video um ein bei Youtube (Google) hinterlegtes Video handelt. Was das bedeutet, erfahren Sie in der Datenschutzerklärung. Eintrag im Videoverzeichnis erfasst unter Konflikt in der Kaffeeküche


Dieses Video zeigt eine Streitsituation. Erkennen Sie den Konflikt dahinter?
Sicher und zu beobachten ist, dass die Streithähne in dem Video einander nicht zuhören.
Auch scheint der Streit um die Kaffeetassen ein Problem darzustellen, das einen anderen Konflikt verbirgt. So wie es scheint, ist es der Konflikt, der das Zuhören verhindert. Die Eskalation ist vorprogrammiert. Wie sich der Streit weiterentwickelt, hängt von verschiedenen Einflüssen ab. Im Mittelpunkt stehen stets die Parteien. Die Mediation knüpft an ihre Ressorcen, um Hilfe bei der Problemstellung zu gewähren. Dazu muss sie sich auf die Parteien und deren Konfliktverhalten einlassen.

Rahmenbedingungen

Die Rahmenbedingungen sprechen das Setting an und die situativen Bedingungen, unter denen der Streit ausgetragen wird. Das Setting in dem Video ist erkennbar schlecht gewählt. Es wäre besser gewesen, die Streitparteien hätten sich vertagt, um in Ruhe über das Probelm zu sprechen. Der Konflikt und mit ihm das Konfliktverhalten unterliegt vielen Einflüssen. In keinem Fall sollte man sich dazu hinreißen lassen, den Konflikt monokausal zu begründen. "Das macht der doch nur, weil er ein Mann ist" oder ähnliche Simplifizierungen ignorieren die Komplexität des Menschen und damit auch die, des zu lösenden Konfliktes. Auch die Kultur hat einen großen Einfluss und mit ihr auch das Sozialverhalten. Die Bonobos sind dafür ein gutes Beispiel. Ihnen ist soziale Zuwendung beispielsweise wichtiger als Hierarchie. 1 Das Beispiel der Hippie-Paviane belegt ebenfalls den Einfluss der sozialen Struktur auf das Konfliktverhalten.2 Die Evaluation der Rahmenbedingungen wird im Rahmen der Konfliktanalyse explizit verlangt.

Konfliktcharaktere

Wer konfliktscheu ist, wird dazu neigen, Konflikte zu vermeiden. Wer harmoniesüchtig ist, wird schlechten Stimmungen ausweichen. Wer streitsüchtig ist, wird sich an dem Gegner reiben wollen. Nichts von dem ist gut oder schlecht. Manchmal ist das eine Verhalten nützlicher als das andere. Es kommt immer auf die Situation und die Konstellation an.

Bei dem Versuch, Konflikttypen zu identifizieren, ergibt sich ein Muster, mit dem sich das Konfliktverhalten relativieren lässt. Das Raster lässt sich in fünf markante Punkte festlegen. Sein Koordinatensystem besteht aus zwei Achsen, wobei die eine Achse das zu lösende Problem beschreibt und die andere die Beziehung zwischen den Parteien. Das sich daraus ergebende Spannungsverhältnis fügt sich wie folgt in die Koordinaten ein:

Konfliktdiagramm

Hier begegnen Sie Vermeidern, Durchsetzern, Kollaborateuren und Anpassern. Es fällt auf, dass sich jeder von ihnen bewegen muss, um die in der Mitte des Systems befindliche Einigung zu erzielen. In der Mediation ist es die Aufgabe des Mediators, dieses Aufeinanderzugehen zu ermöglichen. Seine Allparteilichkeit mag dazu beitragen, das System in eine Balance zu bringen.

Konfliktverhaltensymptome

Einige Symptome des Konfliktverhaltens überschneiden sich mit Symptomen von Traumata.3 Weil die Behandlung differiert, ist die Abgrenzung ganz wichtig. Zur Veränderung des Konfliktverhaltens genügen die Konzepte und die Kompetenzen der Mediation. Konfliktverhaltenssymptome sind zum Beispiel:

  1. Streitsucht: Personen mit Konfliktverhalten neigen dazu, sich in konfrontative Situationen zu begeben und Konflikte aktiv zu suchen.
  2. Aggressivität: Konfliktverhalten kann sich durch körperliche oder verbale Aggressionen gegenüber anderen äußern.
  3. Unfähigkeit zur Kompromissfindung: Personen mit Konfliktverhalten können Schwierigkeiten haben, Kompromisse einzugehen oder Konflikte auf konstruktive Weise zu lösen.
  4. Dominanzverhalten: Konfliktverhalten kann sich durch ein starkes Bedürfnis nach Dominanz und Kontrolle in zwischenmenschlichen Beziehungen zeigen.
  5. Vermeidungsverhalten: Die Reaktionen sind durch Ignorieren, aus dem Weg gehen, Wegblenden usw. gekennzeichnet.
  6. Überreaktion: Die Reaktionen sind unangemessen und überzeichnend.
  7. Negative Gedanken und Stimmung: Die negativen Gedanken überlagern das Verhalten und die Sichtweisen.
  8. Polarisierung: Die Gegensätze werden verschärft. Gemeinsamkeiten werden geleugnet.

Konfliktkomplexität

Im Konflikt finden sich viele bekannte Verhaltensmuster wieder. Sie kollidieren mit der Komplexität des Konfliktes. Konflikte und ihre Anmutung sind so vielfältig wie die Menschen, potenziert durch ihre Kombinationsmöglichkeiten. Die undurchsichtige Komplexität erlaubt es den Parteien zu selektieren und den Blick auf Details zu lenken, die vom eigentlichen Problem ablenken und den Nutzen aus den Augen zu verlieren.

Das Phänomen der Komplexität in der Mediation 

Konflikterfahrung

Einen weiteren Einfluss auf das Konfliktverhalten hat die Konflikterfahrung. Wer Konflikten aus dem Weg geht kennt möglicherweise gar nicht die Erfahrung, dass ein Streit nicht ohne weiteres zum Abbruch einer Beziehung führen muss. Auch deshalb lösen Konflikte bei den Menschen ganz unterschiedliche Gefühle aus. Manchen fällt es schwer zu glauben, das die einAusandersetzung auch in einer Mediation zu einem guten Ergebnis führen kann. Wie soll man auch daran glauben, wenn man keine oder wenig Erfahrung mit der Mediation hat und wenn man mit der Ungewissheit, die sich aus der Ergebnisoffenheit ergibt nicht gut umgehen kann. Das ist doch ein Problem, mit dem einige Mediatoren zu kämpfen haben. Die Parteien kommen mit der Erwartung, dass der Mediator eine gute Lösung kennt. Er kann die Lösung aber gar nicht kennen und will das auch nicht. Der Mediator denkt prozess-, nicht lösungsorientiert. Er muss so viel Vertrauen in das Verfahren haben dass er den Erwartungen der Parteien nicht nur standhalten, sondern ihnen auch das Gefühl geben kann, Vertrauen in ein Verfahren zu investieren, dass die Lösung nicht kennt.

Konfliktorientierung

Der Mensch ist lernfähig. Im Streit lernen die Menschen sich aufeinander einzustellen. Konfliktparteien sind in einer sogenannten sozialen Beziehung. Sie schätzen das Verhalten des Gegners ein und richten danach ihr eigenes Verhalten aus. Leider machen das beide Parteien. Daraus folgt der Vorwurf an die Gegenseite, dass sie damit angefangen habe, den Streit zu treiben. Das Phänomen wird in der Kommunikation als Interpunktion beschrieben. Wissenschaftler wissen, dass es keinen Sinn macht zu erforschen, wer den ersten Punkt gesetzt hat. Somit haben beide Parteien Recht, ohne dass sie bereit oder in der Lage sind, die Richtigkeit der anderen Sicht anzuerkennen.

In der Mediation löst sich die einseitige Sicht und die sich daraus ergebende Orientierung auf. Der Mediator lenkt den Fokus mit der Windows-Technik von der anderen Partei auf die Partei selbst zurück.

Konfliktstrategie

Alle diese Faktoren nehmen Einfluss auf die Konfliktstrategie der Parteien. Die Lehre der Konfliktevolution beschreibt nicht nur die strategischen Optionen, sondern auch die Neigung der Konfliktpartei, die für sie scheinbar effizienteste Option zu wählen. Die Konfliktstrategien der Parteien müssen nicht identisch sein. Deshalb ist es möglich, dass die eine Partei zur kooperativen Konfliktlösung bereit ist, die andere aber noch lange nicht. Aus der Lehre der Konfliktevolution lässt sich die Distanz zur Kooperation und damit die Konflikreife herleiten.

Konfliktevolution und Konfliktstrategien 

Konfliktwahrnehmung

Für die Parteien ist es stets der Gegner, der den Streit zu verantworten hat. Wer käme auch sonst in Betracht? Die Sinnesorgane sind auf Außenwahrnehmung gerichtet. Sie sehen also den Gegner, nicht sich selbst.

streitsystem

Analog zu dem Sprichwort, dass man vor lauter Bäumen den Wald nicht sieht, sehen die Parteien vor lauter Gegner den Konflikt nicht.

Bedeutung für die Mediation

In der Mediation gilt der Grundsatz, dass jeder Mensch (jede Partei) die in die Mediation einzubeziehen ist, die Komplexität nicht addiert oder multipliziert, sondern potenziert. Der Grundsatz lautet deshalb:

 Merke:
Leitsatz 4865 - So wenig Mensch und so wenig Problem wie möglich!

Der Mediator versucht deshalb mit einer Konfliktanalyse unter Zuhilfenahme einer Konfliktlandkarte die Konflikte und die daran jeweils beteiligten Personen zu isolieren. Je mehr es gelingt, die Komplexität zu partialisieren, umso übersichtlicher wird die Problemstellung auch für die Parteien. Ziel ist es, den Parteien eine Konflikteinsicht zu ermöglichen. Deshalb sollten die Themen in der 2.Phase den in der Konfliktlandkarte festgestellten Konflikte entsprechen.

Was tun wenn ...

Hinweise und Fußnoten
Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen
Bearbeitungsstand: 2024-09-25 12:03 / Version 65.

Alias: Konfliktstrategie, Konfliktwahrnehmung
Siehe auch: Archiv, Konflikt
Prüfvermerk:

2 Siehe Osterkamp (Pavian-Hippies) - 2023-04-17
3 Siehe die Ausführungen zum Trauma


Based on work by Bernard Sfez und Arthur Trossen und anonymous contributor . Last edited by Arthur Trossen
Seite zuletzt geändert am Montag November 25, 2024 16:00:14 CET.

Durchschnittliche Lesedauer: 7 Minuten