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Abwesenheit von Parteien in der Mediation

Wissensmanagement » Diese Seite gehört zum Fachbuch Mediation in der Wiki-Abteilung Wissen. Sie befinden sich auf der Themenseite ''Abwesenheit', die dem Kapitel Herausforderungen in der Rubrik Parteien des 4. Buchabschnitts Mediationsprozess zugeordnet wird.

Herausforderung Vorgesetzte Abwesenheit Kinder Gruppen Abwerbung Kündigung Scheitern

Worum es geht: Bei diesem Beitrag geht es um die Frage, wie der Mediator oder die Mediatorin damit umgehen, wenn eine Partei der Mediation fernbleibt oder erst gar nicht erscheint. Es gibt viele Gründe für ein Fernbleiben der Partei. Nicht immer muss ihre Abwesenheit eine Verweigerung der Teilnahme bedeuten oder zum Abbruch einer Mediation führen. Der Beitrag befasst sich mit der Frage, wie welche Parteien in die Mediatiation einzubeziehen sind.

Einführung und Inhalt: Die Relevanz der Abwesenheit erfordert zunächst die Beantwortung der Frage der Anwesenheitspflicht, dem Anwesenheitsrecht und dem Anwesenheitserfordernis.1 Eine Anwesenheitsprlicht besteht grundsätzlich nicht. Wegen des Grundsatzes der Frewilligkeit kann niemand zur Teilnahme gezwungen werden. Ausnahmen könnten sich aus Vorschriften2 und Vereinbarungen wie bei einer Mediationsklausel ergeben.3 Ausschlaggebend ist letztlich die Frage nach dem Anwesenheitserfordernis.

Grundsätzliche Überlegungen

Vorauszusetzen ist stets eine Prüfung, ob die abwesende Partei überhaupt Streit- oder Konfliktpartei ist und welche Rolle sie bei der Konfliktlösung spielt. Dann sind folgende Fälle zu unterscheiden:

  1. eine von zwei Parteien erscheint nicht (zum Beispiel: Mediation in einer familiären Angelegenheit)
  2. eine Personen verlässt die Mediation
  3. eine von vielen Parteien erscheint nicht (zum Beispiell: Mediation in einer innerbetrieblichen Angelegenheit)
  4. eine Konfliktpartei kann nicht teilnehmen (zum Beispiell: der Erblasser oder das Kind)

In allen Fällen ist anhand einer Konfliktanalyse zu prüfen, welche Rolle und Bedeutung der ausgebliebenen Partei zukommt. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Präsenz einer Streitpartei erforderlich ist, um die Abschlussvereinbarung zu treffen. Das gleiche gilt für eine Konfliktpartei, wenn der Konflikt vollständig beigelegt werden soll. Ergibt die Konfliktanalyse dass die Mitwirkung der abwesenden Partei unerlässlich ist, muss der Mediator prüfen, ob eine Durchführung der Mediation dann noch Sinn macht.

Prüfung der Geeignetheit

Bei mehreren Parteien erübrigt der Ausstieg oder das Fernbleiben einer Partei die Mediation nicht ohne Weiteres. Es könnte den Parteien insgesamt helfen, wenn eine Teileinigung erzielt wird. Der Mediator hat zu prüfen ob und wie sich die Teileinigung auf den weiteren Verlauf der Verhandlungen auswirken kann. Er muss also einschätzen ob sie eine eskalierende oder eine deeskalierende Wirkung hat.4

Beispiel 12346 - Bei einer Erbengemeinschaft bestehend aus vier Erben, will einer der Erben an der Mediation nicht teilnehmen. Die verbleibenden Erben halten aber eine Mediation dennoch für sinnvoll. Sie vertreten die Auffassung, dass die Erbauseinandersetzung gefördert wird wenn wenigstens schon einmal unter den drei Erben eine Einigung (Übereinstimmung) herbeigeführt werden kann.


Unabhängig davon, ob eine Partei der Mediation fernbleibt oder ob sie die Mediation verlässt, sollte der Mediator versuchen, herauszufinden was ihre Beweggründe sind. Wenn er die Motive kennt, kann er die Mediationsbereitschaft hinterfragen und gegebenenfalls sogar herbeiführen. Die Entscheidung, wer an der Mediation teilzunehmen hat oder nicht obliegt stets den Parteien. Der Mediator hat allerdings eine Beratungsfunktion. Er muss einschätzen können, ob und inwieweit die Mediation mit oder ohne der ferngebliebenen Partei zur Konfliktauflösung beitragen kann oder nicht.

Kompensationsmöglichkeiten

Es gibt Fälle, wo eine Konfliktpartei (die nicht Streitpartei ist) von vorneherein nicht an der Mediation teilnehmen kann. Das sind Fälle wo beispielsweise der verstorbene Erblasser bei der Konfliktgestaltung eine entscheidende Rolle spielt oder gespielt hat oder wenn es um Kinder geht, die an der Mediation zwischen den Eltern nicht teilnehmen sollen aber selbst durchaus ein Interesse an dem Ausgang der Mediation haben. Der Mediator muss überlegen, wie er die Interessen solcher Personen in die Mediation einbringen kann.

Rückmeldung
Meistens werden die Parteien ihre eigenen Interessen in die abwesenden Personen projezieren. Um das zu verhindern, hilft es, wenn die abwesende Personen imaginär präsent gemacht wird. Manchmal genügt eine einfache Rückmeldung, mit der die unterschiedlichen Interesseninhaber verdeutlicht werden.
Beispiel 12347 - In einem Umgangsstreit erwähnt die Mutter, wie wichtig es sei dass das Kind seine Ruhe fände. Sie erwähnt das Interesse des Kindes, um den Umgang mit dem Vater zu beschränken. Der Mediator meldet zurück: „Sie meinen, dass es für das Kind wichtig sei, dass es seine Ruhe findet. Damit sprechen Sie ein Interesse des Kindes an. Sieht das Kind das auch so?".

Visualisierung
Ein anderes Mal muss den Parteien deutlicher vor Augen geführt werden, dass sie über Personen sprechen, die durchaus eigene Interessen haben. Hilfreich ist die Einrichtung einer weiteren Spalte auf dem Flipchart für die abwesende Person. Dort werden die unstreitig anzunehmenden Interessen der abwesenden Person erfasst. Wenn deren Interssen zwischen den Beteiligten streitig sind, könnte die Spalte für die abwesenden Person nach dem Vorbringen der einen oder anderen Partei aufgeteilt werden.
Fiktion
Die Interventionstechnik des leeren Stuhls ist ein sehr wirkungsvolles Hilfemittel, das die dafür notwendige Abstraktion unterstützt.
Rollenspiel
Der leere Stuhl lädt auch zu einem Perspektivwechsel ein, indem die Person, die den Stuhl bedarfsweise bestzt, als die abwesende Person spricht und sich in ihre Rolle begibt. Bei der sogenannten Stellvertretermediation wird die ausbleibende Partei durch einen Rollenspieler ersetzt.
Einzelgespräch
Eine andere Möglichkeit wäre auch, dass der Mediator den Auftrag bekommt, die abwesende Person selbst aufzusuchen und anzuhören. Er würde die Anhörung dann wie ein Einzelgespräch behandeln.
Delegation
Gegebenenfalls kann für die abwesende Partei ein Vertreter auftreten, wenn eine Bevollmächtigung vorliegt. Andere Auskunftspersonen, wie etwa der Gutachter in einer Kindschaftssache, hat keine Parteistellung und kann auch nicht für die Partei handeln oder Erklärungen abgeben. Wohl kann sie dazu beitragen, die Interessen nicht präsenter Personen, wie z.B. der betroffenen Kinder, zu evaluieren und zu berücksichtigen.

Bedeutung für die Mediation

Es wird deutlich, wie wichtig eine Konfliktanalyse ist und welche Bedeutung die Einschätzung der Durchführbarkeit und Sinnhaftigkeit der Mediation hat. Eine Mediation ist durchaus möglich, wenn Interessen abwesender Personen zu adressieren sind. Der Mediator hat ohnehin strikt darauf zu achten, dass die eigenen Interessen einer Partei und die Interessen einer anderen, auch einer abwesenden Personen nicht vermischt oder verwechselt werden. Er muss seine Bemühungen gegebenenfalls durch geeignete Interventionen verstärken.

Was tun wenn ...

Hinweise und Fußnoten

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Bearbeitungsstand: 2024-04-29 22:56 / Version 20.

Aliase: Abwesenheit
Prüfvermerk: -

1 Zum Recht auf Teilnahme siehe Anwesenheitsrecht
2 z.B. kostenloses Informationsgespräch
4 Siehe dazu Eskalation


Based on work by Arthur Trossen . Last edited by Arthur Trossen
Seite zuletzt geändert am Dienstag November 5, 2024 20:09:26 CET.

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