Die Paradoxie der Mediation
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Interessanter Weise ist ausgerechnet die Mediation, die sich mit den Widersprüchen im Konflikt beschäftigt und sich bemüht, diese Widersprüche aufzulösen, in sich selbst außerordentlich widersprüchlich. So erscheint sie zumindest auf den ersten Blick. Ihre Widersprüchlichkeit erlaubt es, die Mediation als paradox zu beschreiben. Folgende Widersprüche fallen auf und regen zum Nachdenken an:
- Lösung vs Ergebnis
- Es wird behauptet, die Mediation sei lösungsorientiert. Der Lösungsfokus ist jedoch irreführend. Zutreffend ist, dass die Lösung umso besser gefunden wird, je weniger sich die Parteien (und der Mediator) darauf konzentrieren. Diese widersprüchliche Aussage begründet die Lösungsparadoxie.1 Die Lösung wird wie bei jeder Suche umso besser gefunden, je weniger man an das denkt, was gesucht werden soll.2
- Freiwilligkeit vs. Druck
- Die Freiwilligkeit suggeriert, dass die Partei jederzeit abbrechen kann. Es gibt für sie scheinbar kein Risiko. Außer dem, dass die Gegenseite abbricht. Somit ist die Freiwilligkeit auf der einen Seite ein Recht und auf der anderen Seite eine Pflicht, sich so zu benehmen, dass niemand das Recht ausüben muss. Mithin ist die Freiwilligkeit zugleich ein Druckmittel an die Gegenseite, sich so zu verhalten, dass niemand abrechen muss.3
- Freiwilligkeit vs. Struktur
- Mediation ist ein freiwilliger Prozess, bei dem die Parteien selbst die Kontrolle über das Ergebnis haben. Gleichzeitig folgt sie einer strukturierten Vorgehensweise, die vom Mediator geleitet wird. Diese Kombination aus Freiheit und Struktur kann paradox erscheinen.
- Neutralität vs. Einflussnahme
- Der Mediator ist neutral und unparteiisch, soll aber gleichzeitig die Kommunikation zwischen den Parteien fördern und sie dazu bringen, Lösungen zu finden. Diese Balance zwischen Neutralität und aktiver Einflussnahme kann als paradox empfunden werden.
- Kooperation vs. Konfrontation
- Es ist aus strategischer Sicht mehr als widersprüchlich, dass die Mediation als ein kooperatives Verfahren innerhalb der Konfrontation anzuwenden ist. Und nicht nur das. Sie kann die Konfrontation sogar überwinden.4
- Erfolg vs. Aussichtslosigkeit
- Besonders paradox ist die Aussage, dass die Mediation umso erfolgversprechender ist, je aussichtsloser der Fall zu sein scheint. Der Grund lisgt darin, dass die Mediation ein anderes Denken anstrebt und die Motivation zur Lösungssuche umso größer ist, je verweifelter die Parteien auf die Lösung angewiesen sind.5
- Konfliktlösung vs. Schuldzuweisung
- Mediation zielt darauf ab, Konflikte zu lösen, ohne Schuld zuzuweisen oder zu bestimmen, wer im Recht ist. Dies steht im Gegensatz zu traditionellen Konfliktlösungsmethoden wie Gerichtsverfahren, bei denen oft ein "Gewinner" und ein "Verlierer" bestimmt werden. Die Idee, einen Konflikt ohne Schuldzuweisung zu lösen, kann paradox erscheinen, da Konflikte oft auf Schuld und Verantwortung basieren.
- Emotionen vs. Rationalität
- Mediation berücksichtigt sowohl emotionale als auch rationale Aspekte eines Konflikts. Die Parteien werden ermutigt, ihre Gefühle auszudrücken, während gleichzeitig rationale Lösungen gesucht werden. Diese Verbindung von Emotion und Rationalität kann paradox erscheinen, da sie oft als gegensätzlich betrachtet werden.
- Kurzfristige Intervention vs. langfristige Wirkung
- Mediation ist oft ein kurzfristiger Prozess, der jedoch langfristige Auswirkungen auf die Beziehungen zwischen den Parteien haben soll. Die Idee, dass eine kurzfristige Intervention langfristige Veränderungen bewirken kann, kann als paradox empfunden werden.
Bedeutung für die Mediation
Diese scheinbaren Widersprüche machen die Mediation zu einem komplexen und vielschichtigen Prozess, der jedoch gerade durch diese Balance oft erfolgreich ist.
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