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Die Unternehmensnachfolgemediation

Wissensmanagement » Diese Seite gehört zum Fachbuch Mediation in der Wiki-Abteilung Wissen. Sie befinden sich auf der Themenseite Erbmediation, die dem Titel des 3. Buchabschnitt Mediation zugeordnet wird und die Anwendungsfelder betrifft.

Rechtsnachfolgemediation Erbschaftsmediation Unternehmensnachfolge Unternehmensmediation

Worum es geht: Thematisch steht die Mediation in diesem Anwendungsfeld im Zusammenhang mit einer Unternehmensmediation. Sie ist ein Unterfall der Rechtsnachfolgemediation, auh wenn mehr übergeht als nur Rechte und Pflichten.

Einführung und Inhalt: Der Anwendungsfall kann eine Unternehmensübernahme, eine Zusammenführung von verschiedenen Unternehmen unter einer neuen Führung oder im Falle der reinen Rechtsnachfolge etwa den Unternehmensübergang auf einen Erben oder Käufer betreffen. Innerhalb dieses Rahmens sind die Fälle zu unterscheiden, wo es erst nach einem Unternehmenswechsel zu Konflikten in dem neuen Unternehmen kommt und die Fälle, wo es darum geht, solche Konflikte von vorne herein zu vermeiden. Im einen Fall geht es um die Konfliktbewältigung im anderen Fall geht es um die Konfliktvermeidung.

  Hinweis zur Mediationssystematik

Dies ist ein Anwendungsfeld der Mediation! Bitte beachten Sie die Zusammenstellung der Mediationsfelder und ihre systematische Zuordung:

Abgrenzung zur Unternehmensmediation

Die Unternehmensnachfolgemediation könnte als ein Sonderfall der Unternehmensmediation angesehen werden. Es gibt allerdings spezifische Konfliktlagen, die durchaus Parallelen mit einem Erbfall aufweisen, bei dem es auch um eine Rechtsnachfolge geht. Die Mediation wird wie die Unternehmensmediation zwar nnerhalb eines laufenden Betriebs durchgeführt. Wenn jedoch ein Rechtsnachfolgekonflikt im Vordergrund steht, könnten die Konfliktparteien und die Konfliktthemen jedoch eine andere Behandlung erfordern. Möglicherweise ist der im Unternehmen wahrzunehmende Konflikt auch nur eine Ausprägung der Unternehmensübergabe.

Konfliktbewältigung

Bei der Konfliktbewältigung geht es um Fälle, wo es in der Folge einer Neuorganisation des Unternehmens oder einer Identitätsanderung zu Konflikten gekommen ist. Der Konflikt (oder die Konflikte) sind also bereits auf die eine oder andere Weise sichtbar geworden. Diese Fälle werden analog zur Unternehmensmediation abgewickelt. Wenn die Unternehmensnachfolgemediation dennoch als eine Mediation mit einem spezifischen Anwendungsfeld beschrieben wird, soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Art und Weise, wie das alte Unternehmen in das neue einbezogen oder überführt wurde, eine eigene Konfliktrelevanz aufweist. Darauf soll hier schwerpunktmäßig eingegangen werden.

Ausschlaggebend ist stets, was wie von dem alten Unternehmen übrigbleibt. Anders formuliert kommt es darauf an, wieviel Geist und Struktur vom alten Unternehmen erhalten wird oder zu erhalten ist. Auch wenn sich die Rechtsnachfolge nur in einem Wechsel der Führungspersönlichkeit auswirkt (etwa wenn ein Kind des ehemaligen Inhabers das Unternehmen statt seiner fortführt) kann es zu Konflikten kommen. Das kann passieren, wenn sich besonders die älteren Mitarbeiter dem ehemaligen Inhaber gegenüber verbunden fühlen und stellvertretend für ihn den Konflikt mit dem Nachfolger fortführen. Dann kann die vermeintliche Loyalität als Argument für unbeliebte Veränderungen und Erneuerungen verwendet werden. Noch wahrscheinlicher wird der Widerstand, wenn der ehemalige Inhaber und Unternehmensgründer noch im Unternehmen tätig ist und mitansehen muss, wie die neue Unternehmensleitung sein Unternehmenskonzept vernichtet.

Bei einer Zusammenführung von Unternehmen sollen Synergieeffekte ausgenutzt werden. Das ist durchaus sinnvoll und ein Zweck der Übernahme. Immerhin soll die Zusammenführung zu einer Leistungssteigerung führen. Unter den Mitrabeitern wird es zu Konkurrenzen kommen. Stellen werden abgebaut, Karrieremöglichkeiten verändern sich. Kurz gesagt es kommt zu einer beängstigenden Unruhe im Unternehmen.

Alle Fälle haben gemeinsam, dass es zu einer Irritation des Systems kommt. Und genau hier ist der Ansatzpunkt der Mediation. Sie kann die Irritationen erfassen, bewusst machen und zu einer Emergenz führen.1

Konfliktvermeidung

Die Konfliktvermeidung setzt bei der Unternehmensübernahme, der Unternehmensnachfolge oder der Unternehmenszusammenführung meist schon vor der realen Umgestaltung ein. Hier geht es darum, den Veränderungsprozess so zu steuern, dass er nicht nur reibungslos ablaufen kann, sondern auch zu einer nachhaltigen allseits akzeptierten und unterstützten Neuordnung führt. Konzeptuell geht es darum, unnötige Irritationen des Systems zu vermeiden. Anders als in dem vorausgegangenen Kapitel gibt es noch keinen Konflikt.

Das legt die Frage nahe, ob eine Mediation i.S.d. Mediationsgesetzes rechtlich überhaupt möglich ist. Das Mediationsgesetz lässt sich so verstehen, dass es von einem bestehenden Konflikt ausgeht. Lediglich eine weite Auslegung stellt auf den Konfliktbezug ab.2 Unaghängig davon gibt es aber Erfahrungen und Bemühungen, die Mediation schon in diesem Anwendungsbereich einzusetzen. Hier gibt es verschiedene Konstrukte. Manchmal ist von einer Pre-Mediation die Rede, wo zumindest faktisch eine formelle Mediation durchgeführt wird. Sinnvoll ist es aber auch, wenn die Mediation methodisch im Rahmen einer Unternehmensberatung eingesetzt wird. Das wäre ein klassicher Anwendungsfall der sogenannten integrierten Mediation.

Auch die Frage, ob der Migrationsprozess oder das Change-Management überhaupt durch eine Mediation gestaltet werden soll, ist berechtigt. Man könnte das zu übernehmende Unternehmen auch autokratisch umgestalten. Eine machiavellistischen Auffassung würde das zu übernehmende Unternehmen unterwerfen oder gar zerschlagen, um eine neue Machtstruktur aufzubauen. Es gibt viele Möglichkeiten. Ausschlaggebend sind die Rahmenbedingungen, die Möglichkeiten und die Zielsetzungen in denen der Umgestaltungsprozess abzulaufen hat. Die Mediatiomn würde sicherstellen, dass die gesamte Komplexität des Vorganges beachtet wird, wo die Interessen der betroffenen Menschen und Unternehmen in eine Emergenz geführt werden. Schon dieser Gedanke legt die Verwendung der Mediation nahe.

Die Entscheidung, ob die Mediation als ein explizit ausgewiesenes, isoliertes Verfahen durch einen unabhängigen Mediator ausgeführt wird oder ob sie eher unauffällig und methodisch in die Entscheidung der Geschäftsleitung oder die Tätigkeit eines Beraters eingebunden wird, ist eher eine politische. Es kann von den Mitarbeitern wohlwollend aufgenommen werden und den Übernahmenprozess durchaus fördern, wenn dem Übernahmenprozess durch eine Mediation eine erkannbare Aufmerksamkeit gegeben wird. Entscheidend ist, dass die Sinnhaftigkeit gesehen und verstanden wird und dass die neutrale Rolle des Mediators abgebildet werden kann. Es ist wichtig, dass sich der Prozess jenseits einer eventuellen Befangenheit für alle Seiten gut anfühlt.3

Wenn die Mediation im Rahmen einer externen Beratung durchgeführt werden soill, orientiert sich der dienstrechliche Rahmen an dem zugrunde liegenden Dienst- oder Beratungsvertrag. Hier wäre es angebracht im Vertrag zu erwähnen, dass die Methode der Mediation zur Entscheidungsfindung herangezogen werden soll. Die Bedeutung der Neutralität ist herauszustellen und vertraglich abzusichern. Ein möglicher Konflikt mit der (parteilichen) Beraterrolle und der Rolle als neutraler Mediator kann umgangen werden, indem die Beratungsleistung dem Auftraggeber und den Teilnehmern an der Mediation offengelegt wird.

Vorgehensweise

In allen Fällen dient der Einsatz der Mediation der Informationserhebung. Diese Vorgehensweise passt in das Verständnis der Mediation als ein Entscheidungsprozess.4 Es geht um die komplexen Entscheidungen, die eine konfliktfreie und nachhaltige Neugestaltung des Untermnehmens ermöglichen sollen, wobei auftragsgemäß alle Betroffenen zu involvieren sind.

Die Herangehensweise orientiert sich an einer Unternehmensmediation, bei der der Einfluss des Rechtsvorgängers eine situationsbedingt besondere Beachtung findet. Weil ein Konflikt noch nicht eingetroffen ist, konzentriert sich die Konfliktanalyse nicht auf vorhandene Konflikte, sondern auf die Spannungsfelder, aus denen heraus Konflikte entstehen können. Sie werden analog zur Konfliktanalyse ermittelt. Die Spannungen werden offengelegt. Die Mitarbeiter sind berufen, Lösungen zu entwickeln, in denen auch die Unternehmensinteressen Beachtung finden. Das neu zu bildende Organigramm wird an die Bedürfnisse der Mitarbeiter und der Unternehmen angepasst. Die neuen Unternehmensziele werden mit den Beteiligten abgestimmt (oder nachvollzogen). Alle Elemente des Unternehmens werden in den Optimierungsprozess eingebunden.

Bedeutung für die Mediation

In diesem Anwendungsfeld zeigt sich die Notwendigkeit zur Erweiterung des Mediationsradius. Die Verwendung der mediativen Kompetenz für einen Erneuerungsprozess sollte nicht an der Formalie des Mediationsgesetzes scheitern. Unabhängig von der Frage, in welchem Container5 die Mediation zum Einsatz kommt, ist darauf zu achten, dass sich der mediative Gedankengang verwirklicht.

Hinweise und Fußnoten
Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen.
Bearbeitungsstand: 2024-05-09 08:20 / Version 22.

Aliase: Unternehmensübergabe
Siehe auch: Rechtsnachfolgemediation, Unternehmensmediation
Prüfvermerk: -

2 Siehe dazu §1 Mediationsgesetz
3 Siehe auch Die Führungskraft als Coach - 2022-07-08
5 Siehe Containertheorie als Synonym für das Verfahren


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Seite zuletzt geändert am Freitag November 1, 2024 17:02:25 CET.

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