Framing und Reframing
Die Mediation will eine Klärung herbeiführen, um Verstehen zu vermitteln. Dabei bedient sie sich der Worte. Welche Ktaft hinter den Worten steht und was Worte anrichten können hängt maßgeblich von dem Rahmen ab, in den sie eingebettet werden.
Die Bedeutung von einem Signifikat ändert sich, je nachdem, wie Sie darauf schauen. Die Perspektive, wie Sie darauf schauen oder schauen sollen, ergibt sich aus dem Signifikant.1
Das Gehirn muss ständig unzählige Reize und Eindrücke verarbeiten. Es erleichtert sich die Arbeit, indem es sich auf Prägungen einlässt, die es ihm in Form von neuronalen Fingerabdrücken erlauben, instinkthaft auf bestimmte Reize zu reagieren.2
Diese Fähigkeit lässt sich in vielfacher Hinsicht nutzen.
Framing
Der Begriff Framing kommt aus dem Englischen und bedeutet Rahmen. Er wird in der Kommunikationswissenschaft verwendet, um mit dem Kontext, in den eine Information (ein Wort) gesetzt wird bestimmte Assoziationen hervorzurufen.
Wie so etwas möglich ist, verdeutlicht das Framing-Manual der ARD.3 Dort wird ausgeführt: "Wenn Sie Ihre Mitbürger dazu bringen wollen, den Mehrwert der ARD zu begreifen und sich hinter die Idee eines gemeinsamen, freien Rundfunks ARD zu stellen, dann muss Ihre Kommunikation immer in Form von moralischen Argumenten stattfinden.4 Die moralischen Argumente ergeben sich aus der Wortwahl. Sie macht aus den Zwangsgebühren eine Rundfunkbeteiligung. Gemeint ist dasselbe. Ohne das Wort Zwang hört es sich nur etwas motivierender an. Die Assoziation von Kosten wird unterdrückt. Warum das Framing eine so starke Wirkung hat, liegt daran, dass jedes einzelne Wort im Kopf des Rezipienten einen Frame aktiviert. Das Framing-Manual der ARD führt als Beispiel das Wort Salz an. Es erläutert, dass mit dem Wort Salz automatisch Assoziationen wie Essen und Geschmack, und sogar Durst impliziert werden. Das Gehirn greift auf seine als Fingerabdruck hinterlegte Welterfahrung zurück, um die Semantik des Wortes zu erfassen. Das geht bis hin zu neuronalen Simulationen, wo sogar der Geschmack von einer salzigen Erfahrung wahrnehmbar wird.5
Natürlich bietet es sich an, das Framing in allen Lebensbereichen zu verwenden. Mit der Wortwahl werden Eindrücke hinterlassen, die meist so emotional besetzt sind, dass sie ein Hinterfragen der eigentlichen Bedeutung verhindern.
Natürlich kann das Framing auch hervorragend gut im Marketing genutzt werden. Besonders hier lässt sich das Verhalten des Kunden durch unterschiedliches Formulieren des gleichen Inhaltes beeinflussen. Ritter führt als Beispiel an:
Das Framing ist mit dem Priming verwandt. Während es bei dem Einen um die Darstellung von Inhalten geht, beschäftigt sich das Priming mit der Reaktion, die durch einen bestimmten Reiz ausgelöst wird. Ritter führt dafür folgendes Beispiel an:
Die Grenzen sind fließend. Das aktive Framing ist auch gegenüber der Propaganda abzugrenzen. Das Framing ist weniger leicht zu durchschauen. Der Grund liegt dartin, dass Menschen die so dargebotenen Formulierungen selten hinterfragen. Sie lassen sich ganz unauffällig in einer redaktionell anmutenden Anzeige verstecken. Möglicherweise erfreut sich das Framing gerade wegen seiner unterschwelligen Wirkung zunehmender Beliebtheit. Warum sonst erobert es die Scheinwelt der Sachlichkeit und fließt sogar in die Bezeichnungen von Gesetzen ein, die plötzlich das "Gute-Kita-Gesetz" oder das "Geordnete-Rückkehr-Gesetz" genannt werden. Inhaltlich geht es um die Regulierung der Kitas und die Abschiebung.
Framing-Effekte spielen auch in den Medien eine wichtige Rolle. Laut dem Mediankompass basiert das Framing-Konzept auf der "Annahme, dass Medien durch Selektion, Betonung aber auch Exklusion bestimmte Ausschnitte der Realität hervorheben und dadurch bei Empfängern eine bestimmte Sichtweise eines Problems, Interpretationen und Bewertungen auslösen".6 Deshalb tragen auch Journalistinnen und Journalisten mit ihrer Art und Weise der Berichterstattung dazu bei, dass bestimmte Vorstellungen in den Köpfen der Recipienten aktiviert werden. Die permanente Verwendung kann durchaus Meinungen beeinflussen. Umgekehrt werden die Beiträge auch so dargestellt, dass sie in die (gewünschte) Vorstellungswelt der Rezipienten passen. Schließlich wollen Nachrichten auch verkauft werden.
Wir lernen, dass ein genaues Zuhören und ein stetes Hinterfragen der Bedeutung erforderlich ist, um dem Verwender nicht auf den Leim zu gehen. Der Grundsatz lautet:
Mit der Dimensionierung der Informationen ist es möglich, die Fakten herauszuschälen, um Meinungen und Bewertungen abzukoppeln. Dann ist die Prüfung möglich, ob die Meinung oder Bewertung zumn Fakt passt. Auch kann das Motiv hinterfragt werden, warum gerade diese Meinung, Einschätzung oder Bewertung gewählt wurde und ob ihr zu folgen ist.
Reframing
Der Begriff Reframing setzt auf dem Framing auf. Er wird in der Psychologie verwendet und bedeutet so viel wie Umdeutung. Genauer gesagt ist es ein Perspektivwechsel, der eine andere Deutung desselben erlaubt. Das Reframing ist eine Methode, die in der systemischen Psychotherapie aufgekommen ist und auf Virginia Satir zurückgeführt wird. Sie wurde aber auch in anderen Quellen, wie z.B. bei Milton H. Erickson angewendet und beschrieben7 . Sie wird meist unbewusst auch in der Alltagskommunikation verwendet. Der Babysitterfall ist dafür ein Beispiel.
Bedeutungszuschreibung
Fakten sind wertfrei. Ihre Bewertung erfolgt durch eine Bedeutungszuschreibung. Sie erfolgt meist unbewusst und willkürlich. Der Rahmen, aus dem sich die Bedeutung ergibt kann in der Vergangenheit, in der Zukunft liegen. Er kann sich aus Erfahrungen oder Erwartungen ergeben. Stets bildet der Rahmen den Kontext, aus dem Herausbewertungen möglich werden.
Wenn andere Bedeutungszuschreibungen nicht gesehen oder zugelassen werden, bewirkt sie eine Selektion. Wer eine Lösung im Kopf hat, wird die Bedeutungszuschreibung der Fakten aus dieser Perspektive heraus vornehmen. Die vorgestellten Konsequenzen beispielsweise nehmen Einfluss auf die Bewertung.
Bedeutung für die Mediation
Das Framing und das Reframing spielen in der Mediation eine wichtige Rolle. Einmal muss der Mediator das Framing aufdecken, um den wirklich gemeinten Bedeutungsinhalt zu erfassen. Zum anderen verwendet er selbst ein Framing bei der Rückmeldung, indem er Worte wählt, die auch dem Gegner einen Zugang zu dem Gesagten ermöglichen. Dafür verwendet der Mediator die Technik des Loopens.
Darüber hinaus will die Mediation einen Perspektivwechsel ermöglichen. Der Fokus wird vom Schaden weg auf den Nutzen gelenkt. Die Wahrnehmung des Gegners wird der Selbstwahrnehmung gegenübergestellt. Die veränderte oder erweiterte Sicht wird stets über die wertfreie Meta-Perspektive des Mediators inerhalb des Kognitionsprozess ermöglicht. Der zu erzielende Nutzen wird von allen Seiten beleuchtet.
Der Mediator sollte dazu in der Lage sein, weil er die personifizierte Metaebene ist. Auf der Metaebene sind alle Sichten möglich und erkennbar. Es ist die Aufgabe des Mediators, diese Sichten aufzudecken und den Parteien zugänglich zu machen, ohne sie vorzugeben.8
Anwendung
Das Reframing kann durch Rückmeldungen oder Fragen ausgelöst werden. Auch eine Metapher oder gar ein Witz kann dazu beitragen, den Bezugsrahmen zu verändern:
Das Reframing bewirkt stets eine Veränderung des Bezugsrahmens. Die Frage beispielsweise, ob die Flasche halbvoll oder halbleer ist, ergibt sich aus der Perspektive, die entweder die eine oder die andere Bewertung erlaubt. Ein Perspektivwechsel kann aber auch durch zirkuläre Fragen erreicht werden.
Was tun wenn ...
- Die Parteien sind nicht in der Lage ihre Sicht zu verändern
- Die Sicht des Mediators ist einseitig
- Weitere Empfehlungen im Fehlerverzeichnis oder im Ratgeber
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Alias: Framing, Umdeutung, Bezugsrahmen
Siehe auch: Framing, Reich (Methodenpool) mit ausführlichen Beschreibungen der Technik
Prüfvermerk: -