Der Spielwechsel
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Der Begriff des Spieles soll nicht verharmlosen, worum es geht. Es ist ein Begriff aus der Spieltheorie, die sich mit dem strategischen Verhalten der Spieler auseinandersetzt und die optimale Strategie im Spiel errechnet. Hier geht es um die Fragem, wie ein ungewolltes Konfliktverhalten verändert werden kann. Jedes Spiel verfolgt einen Zweck. Die Strategie soll den Zweck verwirklichen. In einem Konfrontationsspiel, das als ein Nullsummenspiel angelegt wird, ist die optimale Strategie die Vernichtung des Gegners.1 Wenn Sie der Gegner sind, ist die logische Konsequenz, dass Sie in den Angriffs- oder Verteidigungsmodus übergehen. Was aber, wenn Sie das nicht wollen? Können Sie sich dem grausamen Spiel entziehen?
Der strategische Hintergrund
Angriff sei die beste Verteidigung, weiß der Volksmund. Trifft diese Weisheit auch zu, wenn Sie die Option haben, das Spiel gar nicht mit zu spielen? Dazu ein Beispiel:
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Das Beispiel zeigt zunächst nur, dass ein Spiel nur möglich ist, wenn sich alle daran beteiligen. Ein weiteres Beispiel ist die Geschichte vom Samurai. Sie hat nicht nur eine Aussagekraft über den Umgang mit Beleidigungen, sondern auch darauf, was passiert wenn der angegriffene nicht reagiert.
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Das Phänomen ist auch beim Mobbing bekannt, wo festgestellt wurde, dass Mobbing nicht funktioniert, wenn die Angriffe ignoriert werden. Alle Beispiele deuten darauf hin, dass ein Spiel unmöglich gemacht wird, wenn der Gegner nicht mitspielt. Das ist leichter gesagt als getan und besonders herausfordernd, wenn das alternative Spiel nicht erkennbar ist. Auch besteht die Gefahr, dass der Angreifer immer mehr beansprucht, wenn ihm keine Grenzen gesetzt werden. Legen diese Überlegungen nicht eine Verteidigung nahe?
Es gibt mehrere Spiele
Die Antwort lautet eindeutig ja, wenn das Angriffsspiel das einzige Spiel ist, das in Betracht kommt. Ob es das einzige Spiel ist das in Betracht kommt, sollte jedoch überdacht werden. Dazu ein beeindruckendes Beispiel:
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Das Mädchen hat sich nicht provozieren lassen. Sie hat das "Spiel" der Angreiferin nicht mitgespielt. Sie hat einen Weg gefunden, ihr Spiel trotzdem weiterzuspielen, indem sie den Angriff ignoriert und sich auf "ihr Ding" (den eigenen Nutzen) konzentriert hat. Sie fand einen Weg, ihne ohne Konfrontation durchzusetzen.
Leider erfordert es ein Umdenken, um andere Optionen sichtbar zu machen. Dabei würde es chon genügen, das Angriffsspiel als ein Spiel unter vielen zu betrachten. Wenn Sie sich auf die Wahl untzer mehreren Optionen einlassen, kommt sofort die Frage auf, warum der Gegner des Angriffsspiel spielt und kein anderes Spiel wählt. Eine mögliche Antwort findet sich in der Theorie der Konfliktevolution und der Vorstellung, dass sich die Ziele nicht mit einer anderen Strategie verwirklichen lassen. Dass andere Spieloptionen nicht gesehen werden, hat auch mit dem limbischen Systen zu tun. Es schaltet die Handlungskontrolle aus, wenn der Kampf und Flucht-Modus aktiviert wird. Das nachfolgende Beispiel belegt die mangelnde Handlungskontrolle, wenn es nur noch um den Sieg geht.
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Der Ausschüttungsgewinn ist für sie der Sieg, nicht der Ertrag. Die Alternative, die einen optimalen Ertrag ermöglicht hätte, wäre gewesen, wenn sich die Parteien abgesprochen hätten. Die andere Partei hätte nach dem ersten Vorschlag kein höheres Gebaot abgegeben und beide hätten die Ausschüttung hälftig geteilt. Dafür wäre aber der Verstand gefragt, nicht die Emotion.
Das andere Spiel
Wenn wir die Konfliktstrategien auf die Grundstrategien der Kooperation und der Konfrontation zurückführen, bedeutet der Spielwechsel den Wechsel von der Konfrontation in die Kooperation. Mithin beschreibt der Spielwechsel die Herangehensweise, wie der Übergang von einer Konfrontation in eine Kooperation zu bewerkstelligen ist. Es ist eine alltägliche Situation, die der Nachfrage nach Mediation oft im Wege steht. Die Parteien würden zwar gerne kooperieren, sie fühlen sich jedoch der Konfrontation verpflichtet. Wenn sie innerhalb der Konfrontation kooperieren, kann das für sie nachteilig sein. Um sie vor strategischen Nachteilen zu schützen, bedarf es der Vereinbarung eines neuen Settings, das andere strategische Interaktionen ermöglicht.
Wie leicht es ist, einen Strategiewechsel herbeizuführen, wenn beide Parteien dazu bereit sind, beweist die Abwandlung des Schachbeispiels.2
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Spieler B hätte in einem Schachspiel niemals kooperiert. Nachdem Spieler A jedoch vorgeschlagen hat, das Nullsummenspiel in ein Suchspiel umzuwandeln, stand der Kooperation nichts mehr im Wege. Der Wechsel in ein anderes Spiel bietet stets eine Ausweichstrategie (Exit-Strategie) an. Die Vereinbarung einer Mediation ist nichts anderes als die Absprache, ein Suchspiel durchzuführen. Ob dafür ein förmlicher Verfahrenswechsel erforderlich ist, hängt von dem Eskalationsgrad ab.
Mit der Bereitschaft zum Spielwechsel stellt sich automatisch eine Kooperation her, weil die Kooperation die zu einem Suchspiel passende Strategie darstellt. Der Mediation kommt dabei zugute, dass sie anders ist.3 Der förmliche Verfahrenswechsel und die dadurch mögliche Einrichtung eines geschützten Raumes, erfolgen also hauptsächlich aus strategischen Gründen.4 Bei der Wahl des passenden Spiels hilft die Weisheit von General Sunzi weiter:
Die Betonung liegt auf MUSS. Auf die Verfahren gemünzt, lautet die Weisheit: Der kluge Verfahrensstratege ist der Spielmacher, der sich nicht dem Konfrontationsspiel des Gegners ausgeliefert fühlt. Der Spielmacher bestimmt das zu spielende Spiel, nicht der Gegner. Mit dieser Erkenntnis verändert sich nicht nur der Fokus auf das Geschehen, sondern auch die strategische Herangehensweise. Der Spielmacher hat die möglichen Spiele im Sinn, nicht das Ergebnis. Dazu ein anderes Beispiel:5
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Es gibt viele Wege, sich durchzusetzen. Der Spielemacher kennt die Weichen, die zu stellen sind, damit sich das eine oder das andere Spiel verwirklicht. Vor allem denkt er (zumindest auch) außerhalb des Spiels und schaut auf den Nutzen.
Die Migrationsstrategie
Anders als die Unterstellung der Spieltheorie, haben wir es nicht immer mit rational denkenden Spielern zu tun. Emotionen spielen eine wichtige Rolle im Konfliktverhalten. Sie verdecken oft den Blick auf das was gerade geschieht. Eine erste und wirksame Methode ist deshalb, eine Bewusstheit über das gewählte Spiel und die Möglichkeit des Spielwechsles herzustellen. Dazu das folgende Beispiel:
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Leider lassen sich Emotionen nicht einfach durch Argumente oder Vorschläge korrigieren. Auch das zuvor genannte Beispiel setzt noch eine Reflexionsfägigkeit und eine Abstraktionsfähigkeit der Parteien voraus. Wenn das nicht möglich ist, bietet sich ein noch kleinschrittigeres Vorgehen an, das die Erkenntniss und Erfahrungen, die zu einem Spielwechsel führen in aufeinander angestimmten Schritten herbeiführt. Wenn ein Spielwechsel also nicht direkt durch eine unmittelbare Ansage möglich ist, bietet sich die Migrationsstrategie an. Diese Strategie beschreibt eine auf Erkenntnisschritten beruhende Herangehensweise, mit der sich die Vernunft wieder herstellen lässt. Das grundlegende strategische Konzept basiert auf der Idee, den Weg in die Kooperation leicht und den Weg in die Konfrontation schwer zu machen.
Bedeutung für die Mediation
Weil es die Parteien sind, die die zur Lösung führenden Erkenntnisse gewinnen müssen, bezieht der Mediator keine lösungsführende Meinung. Diese Anforderung geht über den Grundsatz der fehlenden Entscheidungbsfugnis hinaus und bleibt zugleich hinter ihm zurück. Es werden auch Fälle erfasst, wo es nicht um Entscheidungen, sondern um Einflussnahmen geht. Diese Möglichkeit hat meist der Sachbearbeiter, der vor einer Mediation zuständig ist. Anwendungsbeispiele ergeben sich aus dem Altenkirchener Modell.
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