Qualität durch Recht
Ein Beitrag der Fachzeitschrift "MEDIATOR 3/2016, S. 4-9" → Fachzeitschrift
Qualität durch Recht – ein Mythos in der Mediation
Beitrag von Friedrich Dauner
I. Ausgangspunkt
Am 21. August 2016 hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz auf Grund von § 6 MediationsG die „Verordnung über die Aus- und Fortbildung von zertifizierten Mediatoren“ (ZMediatAusbV) erlassen.1 Damit wird die in § 5 Abs. 2 MediationsG angelegte Selbstbezeichnung des „zertifizierten Mediators“ eingeführt.2 Die Leitgedanken dieser Regelungen sind die Förderung und Sicherung der Qualität in der Mediation und die Schaffung von Transparenz auf dem Anbietermarkt für Mediation.3
Die folgenden Überlegungen sind der Frage gewidmet, welchen Beitrag rechtliche Regulierung zum Thema Qualität und Qualitätssicherung (in) der Mediation leisten kann. Wieviel Recht braucht die Mediation, wieviel Recht verträgt sie, was kann Recht für die Mediation und die Qualität der Mediation leisten?4
Repräsentativ für die Spannweite der zu diesen Fragen im Schrifttum vertretenen Positionen sind etwa die Auffassungen von Greger und Gläßer: Während Greger einer Verrechtlichung der Qualitätsfrage in der Mediation skeptisch gegenübersteht,5 fordert Gläßer die Entwicklung einer rechtlich formierten Qualitätsdefinition für die Mediation.6 Die Diskussion ist bisher unübersichtlich und schwergreifbar. Dies liegt daran, dass schon über die Diskussionsbasis keine Klarheit und erst Recht keine Einigkeit besteht. Es wird in den verschiedenen Kontexten nicht hinreichend bestimmt, worin jeweils die Eigenart der Mediation einerseits und Inhalt und Funktion von Qualität andererseits gesehen wird. Der Qualitätsdiskussion fehlt es an Präzision; daran ändert auch die vorliegende ZMediatAusbV nichts. Es werden Erwartungen geweckt, die ein juristisch greifbarer Qualitätsbegriff für die Mediation nicht erfüllen kann. Die Frage der Qualitätssicherung in der Mediation beginnt mit einer doppelten Begriffsunschärfe. Weder weiß man, was Qualität ist bzw. welcher Qualitätsbegriff oder welche Qualitätsdefinition anzulegen und wie zu messen ist, noch besteht Klarheit darüber, was genau Mediation ist, was genau also der „Gegenstand“ oder „Träger“ sein soll, dessen Qualität geschaffen, gemessen und gesichert werden soll.
II. Das Spektrum der Mediation
Bis heute zeigt sich ein bemerkenswertes Spannungsverhältnis zwischen höchster Wertschätzung für die Mediation einerseits und Unsicherheit über ihre Wirkungsweise7 andererseits. Über die Frage, was Mediation im Kern eigentlich ausmacht, wie und warum sie funktioniert und was sie kann, ist viel nachgedacht, geschrieben und diskutiert worden, ohne dass Einigkeit hätte erzielt werden können. Vor allem sind die theoretischen Grundlagen umstritten. Einvernehmen besteht nur darüber, dass Mediation ein Weg der Konfliktbearbeitung – ein Kommunikationsprozess – ist, den die Beteiligten freiwillig unter Mitwirkung eines Dritten, des Mediators,8 beschreiten. Die Mediation greift dabei auf gewisse grundlegende Prinzipien zurück und hat eine Verfahrensstruktur. Geht man darüber hinaus und versucht, die Mittel und Methoden der Mediation festzulegen, trifft man auf verschiedene Stile und unterschiedliche Zielsetzungen. Mediation ist vielgestaltig;9 die Abgrenzung zu anderen Streitbeilegungsverfahren ist zum Teil schwierig. Entscheidend für die Mediation ist, dass der gesamte Prozess in den Händen der Konfliktparteien liegt. Sie entscheiden selbst, ob sie den Weg einer Mediation einschlagen wollen, wie das Verfahren ablaufen soll, ob sie sich auf ein Ergebnis einigen oder das Verfahren abbrechen. Sie einigen sich auch gemeinsam auf die Person eines Mediators. Prägend für die Mediation – insbesondere in Abgrenzung zum Gerichtsverfahren – sind also Freiwilligkeit und Parteiautonomie. Dieses Verständnis hat sich auch das MediationsG zu eigen gemacht. Es spricht neutral davon, dass der Mediator die Konfliktparteien durch das Verfahren „führt“. Nach wie vor bleiben die Medianden während des gesamten Verfahrens für die zur Konfliktbearbeitung getroffenen Maßnahmen und Absprachen und insbesondere für den Inhalt einer etwaigen Einigung selbst verantwortlich. Eine verbindliche Lösung kommt nur zustande, wenn beide Parteien einverstanden sind. Was immer der Mediator tut – oder in der Theorie eben nicht tut –, die Parteien sind letztlich verantwortlich, für den Weg und das Ergebnis. Dementsprechend enthält das MediationsG auch keine Standards inhaltlicher Art für die Mediation und für die Person des Mediators.
Das hat unmittelbare Konsequenzen für die zivilrechtliche Einordnung der Mediation: Der Mediator schuldet kein bestimmtes Ergebnis, sondern lediglich Vermittlung bzw. „Führung“. Er ist also Dienstleister. Juristisch verbindet die Konfliktbeteiligten und den Mediator daher ein Dienstvertrag.10 Die als Ergebnis einer Mediation erreichte Einigung ist ebenfalls ein Vertrag, und zwar ein Vertrag (nur) zwischen den Konfliktparteien.
Konsequent auf dieser Linie hat der Gesetzgeber im Hinblick auf die Qualitätsfrage Zurückhaltung geübt. Er hat sich nur auf die Aus- und Fortbildung sowie die Rahmenbedingungen der Mediation konzentriert. Er schreibt lediglich bestimmte Pflichten fest. Diese Pflichten sind jedoch keine Reaktion auf bestimmte Eigenarten der Mediation. Sie gelten – geschrieben oder ungeschrieben – für alle Dienstleistungen höherer Art, Vertraulichkeit, Neutralität, Unabhängigkeit, Informiertheit.
III. Zum Spektrum der Qualität
Viel zu wenig Aufmerksamkeit wurde bisher der Frage gewidmet, was genau Qualität und Qualitätssicherung bedeuten – oder besser – bedeuten können. Schon in der Alltagssprache ist der Begriff der Qualität doppeldeutig: Er bezeichnet sowohl eine tatsächliche, objektivierbare (und damit grundsätzlich juristisch überprüfbare) Eigenschaft/Beschaffenheit eines Objekts als auch die „Güte“ aus der Sicht des jeweiligen Betrachters. Dementsprechend bieten die verschiedenen Felder, in denen Qualität und Qualitätssicherung heute eine Rolle spielen, ein buntes Bild: Es geht unter anderem um die Erfüllung von bestimmten tatsächlichen Kriterien oder aber subjektiven Erwartungen, um Produktsicherheit und Kundenzufriedenheit, um Haftung und Verbraucherschutz, es gibt präventive und reaktive Qualitätssicherung. Wenig klar ist, in welchem Verhältnis diese Aspekte zueinander stehen, welche Ziele man mit Qualitätssicherung verfolgt und verfolgen kann, ob man in gleicher Weise über die Qualität eines physischen Produkts (Maschinen, Kleidung) und einer Dienstleistung sprechen kann. Ebenso vielfältig sind die Instrumente der Qualitätssicherung: Die Bandbreite reicht von Regulierung durch Standards und Zertifizierung oder die Ausbildung bestimmter Berufsträger über die Evaluation der Kundenzufriedenheit bis hin zur Haftung. Es drängt sich der Eindruck auf, dass Qualitätssicherung derzeit eine Modeerscheinung ist, freilich ohne festen theoretischen Unterbau.
Hilfreich und weiterführend ist – auch und gerade für den Juristen – ein interdisziplinärer Blick in die verschiedenen Strömungen der Qualitätswissenschaft.11
Er zeigt, dass ein zentraler Schlüssel zu einer präzisen Diskussion über Qualität in der scharfen Unterscheidung liegt zwischen Qualität im Sinne einer subjektiven
Kundenzufriedenheit und Qualität als tatsächlicher Eigenschaft/Beschaffenheit, die als Relation zwischen Soll- und Ist-Beschaffenheit12
zu messen ist. Qualitätssicherung wird völlig unterschiedlich ansetzen, je nachdem, welchen Aspekt man vor Augen hat: Ein Unternehmen wird anders vorgehen, wenn es für eine zu verkaufende Maschine ganz bestimmte Drehzahlen erreichen will, als wenn es ihm darum geht, den Kunden „glücklicher“ zu machen.
Die Kundenzufriedenheit wird sich zwar häufig auch an bestimmten „Qualitäten“ im Sinne von tatsächlichen Eigenschaften eines Produktes festmachen, sie wird aber auch in vielfältiger Weise von individuellen Faktoren bestimmt. So sagt eine Evaluation von Lehrveranstaltungen durch Studierende viel über deren Zufriedenheit aus, gibt aber nur begrenzt darüber Auskunft, ob der Inhalt dieser Veranstaltung aus der Sicht von Peers wissenschaftlich tragfähig und zielführend war.
Als hilfreich erweist sich weiterhin die bisher vor allem auf medizinische Dienstleistungen bezogene Differenzierung zwischen Struktur-, Prozess-und Erlebnisqualität13 . In der Mediation wäre die Aus- und Fortbildung der Mediatoren der Strukturebene, das Mediationsverfahren der Prozessebene und eine zwischen den Konfliktparteien erreichte Einigung der Ergebnisebene zuzuordnen.
Die zentrale Unterscheidung zwischen Qualität im Sinne einer Kundenzufriedenheit und Qualität als Relation zwischen Soll- und Ist-Beschaffenheit ist auch im System und in den Instrumenten des Zivilrechts angelegt: Die Kundenzufriedenheit wird nicht ausdrücklich adressiert. Das ist in einem marktwirtschaftlichen Privatrecht kein Zufall, denn Leistung und Gegenleistung werden grundsätzlich von den Vertragsparteien definiert. Sie entscheiden, ob die zu erbringende Leistung den zu zahlenden Preis wert ist, für welche „Qualität“ sie also bereit sind, einen bestimmten Preis zu zahlen. Qualität ist in diesem Kontext kein „objektives Kriterium“, mag sie sich auch an objektiven, tatsächlichen Eigenschaften festmachen lassen. Qualität ist, was am Markt akzeptiert und vom Markt verlangt wird; entscheidend ist, was dem Kunden gefällt. Für eine rechtliche Regulierung, dass die Unternehmen Qualitätssicherungssysteme einzurichten haben, gibt es grundsätzlich keinen Anlass. Die Unternehmen werden sich im ureigenen Interesse darum bemühen, den Kunden „glücklich“ zu machen. Dementsprechend werden sie ihre Leistungen selbst so ausrichten, dass die Endprodukte die „Qualität“ haben, die der Kunde erwartet und bezahlen will. Im Übrigen ist die Haftung für schadenstiftende Produkte und Leistungen Grund genug, aus eigenem Antrieb für Qualitätskontrolle und Qualitätssicherung im Sinne einer Schadensprävention im Unternehmen zu sorgen.14
Dagegen steht Qualität als Relation von Soll- und Ist-Beschaffenheit im Mittelpunkt des Vertragsrechts, ohne dass freilich der Begriff der Qualität ausdrücklich erwähnt würde. Das Regelungssystem des Vertrags- und Haftungsrechts setzt gar nicht an der Qualität selbst an, sondern an ihrem Fehlen, dem Mangel bzw. der Pflichtverletzung. Qualität im Sinne des Vertragsrechts ist für den Kauf- und Werkvertrag die Soll-Beschaffenheit der Leistung. Maßgeblich für diese Soll-Beschaffenheit sind in erster Linie der übereinstimmende Parteiwille und sonst die Verkehrsanschauung darüber, welche Eigenschaften ein Produkt dieser Art üblicherweise haben muss. Weicht die Ist- von der Soll-Beschaffenheit ab, greift das Gewährleistungs- und Haftungssystem. In diesem Kontext ist die Qualität einer Leistung objektiv messbar und damit justiziabel.
Dies fügt sich auch in die bereits angesprochene Differenzierung von Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität ein: Bei Kauf- und Werkvertrag wird die dem Käufer geschuldete Ergebnisqualität über das privatrechtliche Gewährleistungs- und Haftungssystem geschützt. Mittelbar fördert dieses zivilrechtliche Sanktionensystem aber auch die Struktur- und Prozessqualität. Deutlich komplizierter ist die Qualitätsfrage beim Dienstvertrag, insbesondere bei Diensten höherer Art. Seriöserweise kann weder der Arzt eine Genesung noch der Rechtsanwalt ein Obsiegen im Prozess als Ergebnis seiner Aktivitäten versprechen. Weil es keine eindeutig überprüfbaren Leistungs- und Erfolgskausalitäten gibt, kann der Vertragspartner nur erwarten, dass Arzt oder Rechtsanwalt sich nach den Regeln der Kunst um einen Erfolg bemüht und keine Fehler macht. Anknüpfungspunkt für Qualität und Qualitätssicherung sowie für Gewährleistung und Haftungsfolgen kann daher beim Dienstvertrag nur die Tätigkeit selbst sein, der „Leistungsprozess“. Dementsprechend spielt das Haftungsrecht für die Sicherung der Prozessqualität für Dienste höherer Art eine zentrale Rolle. Dies gilt in besonderem Maße für Arzthaftung und Anwaltshaftung. Die im Rahmen der Erbringung der jeweiligen Leistung zu beachtenden Regelungen haben sich längst zu einem engmaschigen Netz von Kunstregeln verdichtet, die teilweise auch gesetzlich verankert sind. Entsprechend groß ist die Bedeutung der Berufshaftpflicht in diesem Bereich, die ihrerseits Qualitätssicherungsprozesse bei den Berufsträgern erzwingt. Für Dienste höherer Art gibt es außerdem seit Langem präventive Instrumente der Qualitätssicherung auf der Strukturebene. Die freien Berufe sind in hohem Maße reguliert. Insbesondere bei Ärzten und Anwälten wird der Zugang zum Beruf von einer bestimmten Ausbildung und bestimmten Prüfungen abhängig gemacht, deren Inhalte wiederum bis ins Detail reguliert sind. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass die Berufsträger über dasjenige Wissen und die Kompetenzen verfügen, die erforderlich sind, die Dienstleistungen so zu erbringen, dass die Chance besteht, dass der angestrebte Erfolg bei bestmöglichem Verlauf der Dinge tatsächlich eintritt.
Eine herausragende Rolle spielt die Qualitätssicherung auf Prozessebene und Strukturebene seit jeher in der Justiz, wenngleich auch hier die Qualitätsterminologie nicht verwendet wird. Gerichtsorganisation, Verfahrensrechte, die permanente dienstliche Beurteilung, das Kollegialprinzip oder der Instanzenzug lassen sich als Ausgleich dafür deuten, dass es sich beim Gerichtsverfahren um fremdbestimmte Streitentscheidung handelt. Der Kern der juristischen Konfliktlösung besteht – jedenfalls in Abgrenzung zur Mediation – in ihrer Unausweichlichkeit und ihrer staatlichen Durchsetzbarkeit.
IV. Schlussfolgerungen für die Mediation
Ziel einer Mediation ist die Bearbeitung und Auflösung eines konkreten Konflikts. Die Erreichung dieses Ziels ist vom Mediator aber nicht geschuldet und kann auch gar nicht geschuldet sein, denn es liegt nicht allein in seiner Hand, ob der Kommunikationsprozess im Sinne einer Konfliktbearbeitung gelingt oder nicht. Die Mediation liegt insoweit auf einer Ebene mit der ärztlichen Behandlung oder der anwaltlichen Beratung. Auch bei der Mediation liegt eine Komplexität von Wirkungszusammenhängen vor, die eine Erfolgsbezogenheit der Leistungspflichten ausschließt. Die Konfliktparteien einerseits und der Mediator andererseits können vorab keine Soll-Beschaffenheit des Leistungsergebnisses der Mediation als Konsequenz der Tätigkeit des Mediators vereinbaren, denn wie dieses Ergebnis aussehen kann, soll ja erst im Laufe der Mediation entwickelt werden, und zwar – dies ist entscheidend – durch die Konfliktparteien selbst. Ergebnisqualität in der Mediation kann juristisch daher nicht definiert, ihr Fehlen juristisch auch nicht sanktioniert werden.
Auch die Ebene der Prozessqualität ist in der Mediation nicht sehr ausgeprägt: Es gibt zwar bestimmte Gepflogenheiten, wie ein Mediator typischerweise vorgehen sollte, klare justiziable Standards über die Soll-Beschaffenheit der eigentlichen Tätigkeit des Mediators kann es aber schon im Hinblick auf die Methodenvielfalt nicht geben. Vor allem sind es die Parteien, die letztlich nicht nur über das Ergebnis der Mediation entscheiden, sondern auch über das Verfahren. Von einer Abweichung der Ist-Beschaffenheit der Dienstleistung des Mediators von der Soll-Beschaffenheit könnte überhaupt nur dann die Rede sein, wenn der Mediator von den gemeinsamen Wünschen der Parteien abweicht, eine Konstellation, die vernachlässigt werden kann, weil ohnehin jede Partei jederzeit die Mediation abbrechen kann. Eine Verletzung der im MediationsG bestimmten Rahmenpflichten wie Vertraulichkeit, Neutralität und Unabhängigkeit sind denkbar und erfüllen den Tatbestand der einschlägigen Schadensersatznorm des § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB. Man kann sich indes nur schwer relevante Schäden vorstellen, für die der Mediator einzustehen hätte. Das Instrumentarium der privatrechtlichen Gewährleistung und Haftung auf Schadenersatz wird für die Mediation keine relevante Rolle spielen.15 Im Gegensatz zur ärztlichen und anwaltlichen Dienstleistung ist die Mediation nicht gefährlich, wenig schadensträchtig und daher inhaltlich auch nicht weiter regelungsbedürftig. Vor diesem Hintergrund kann man bezweifeln, ob die großen Anstrengungen, die das MediationsG und die ZMediatAusbV auf die Reglementierung der Strukturqualität durch Ausbildung unternommen haben, tatsächlich erforderlich waren. Als Verbraucherschutz zur Abwendung von Gefahren lassen sie sich jedenfalls nicht erklären. Relevante Missstände, die ein Handeln des Gesetzgebers gefordert hätten, sind bisher nicht bekannt geworden1616 .
Bemerkenswert ist, dass der Gesetzgeber die Ausbildung nicht wie bei anderen höheren Dienstleistungen mit dem Erfordernis von Prüfung verbindet17 , sondern sich damit begnügt, eine bloße Teilnahme an einer bestimmten Ausbildung zu verlangen und eine solche Teilnahme unter bestimmten Voraussetzungen zu „zertifizieren“. Gerade diese Zertifizierung ist aber problematisch, weil der Durchschnittskunde von einem Zertifikat entsprechend dem Alltagssprachgebrauch mehr als eine Bescheinigung über Teilnahme an einer bestimmten Ausbildung erwartet, nämlich die Überprüfung bestimmter „Qualitäten“.18 Spätestens an dieser Stelle zeigt sich, dass man nicht alles haben kann: Verzichtet man dem Geist und Anliegen der Mediation entsprechend zu Recht auf die Regelung überprüfbarer Standards, dann kann es auch kein Gütesiegel geben, das wirklich etwas über die Eigenschaften einer Ausbildung aussagt.
V. Fazit
Es ist zu befürchten, dass das Zertifizierungsmodell beim Verbraucher Erwartungen weckt, die es nicht erfüllen kann. Der Verbraucher wird mit einer „Zertifizierung“ die Vorstellung verbinden, dass Kompetenzen und Kenntnisse eines Mediators von dritter Stelle überprüft worden sind, nicht aber, dass er nur an einer Ausbildung teilgenommen hat. Daher kann bezweifelt werden, ob ein Plus an Markttransparenz erzielt werden wird. Es stellt sich die Frage, ob der „zertifizierte Mediator“ in erster Linie denjenigen nützt, die in der Mediatorenausbildung ein gutes Geschäftsmodell sehen. Gerade weil es bei der Mediation um die Wünsche und Interessen der Konfliktparteien geht, ist ein Umdenken „Back to the Roots“ gefordert, das den Fokus weg vom Mediator hin zu den Medianden verlegt.19
Mediation ist Ausdruck und Bestätigung der Freiheit und Selbstbestimmtheit der Konfliktparteien und daher einer juristischen Kontrolle nicht zugänglich.
Archiv: Ein Beitrag der Fachzeitschrift "Der Mediator"
Vgl. Gläßer, in: Klowait/Gläßer (Hg.), Mediationsgesetz, Baden-
Baden 2014, Teil 2, § 8 Rn. 24.
Dazu insbesondere Donabedian, Explorations in Quality Assessment and Monitoring: The Definition of Quality and Approaches to its Assessment, Vol. I, Ann Arbor, Michigan 1980, S. 79-125; siehe auch die Darstellung bei Küpers, Modelle der Dienstleistungsqualität, in: Zollondz (Hg.), Lexikon Qualitätsmanagement,
2001, S. 589 ff.