Lade...
 

Das Prinzip der Nützlichkeit (Utilitarismus)

Wissensmanagement » Diese Seite ist dem Archiv in der Wiki-Abteilung Wissen zugeordnet. Eine logische Verknüpfung erfolgt mit der Themenseite Nutzen, die dem Kapitel Ziel des 4. Buchabschnitts Mediationsprozess zugeordnet wird. Beachten Sie bitte auch:

Nutzen Utilitarismus Interessen Motive Bedürfnisse Phase 3 Nutzenerwartung Nutzenorientierung Nutzenanalyse

Das Wort Utilitarismus stammt vom Lateinischen utilitas ab, das mit Nutzen oder Vorteil zu übersetzen ist. Der Utilitarismus beschreibt eine zweckorientierte, teleologische Ethik.1 Der Rechtsphilosoph Jeremy Bentham ist der Begründer des klassischen Utilitarismus. Er sieht die Basis für das Wirken der Menschen in dem Widerspruch zwischen Leid und Freude.2 Bentham definiert das Prinzip der Nützlichkeit als den Maßstab, der schlechthin jede Handlung in einem Maß billigt oder missbilligt, wie ihr die Tendenz innezuwohnen scheint, das Glück der Gruppe (der davon Betroffenen), deren Interesse in Frage steht, zu vermehren oder zu vermindern.3 Problematisch ist das Konzept, wenn sich die Entscheidung, was vertretbar ist, nur auf eine Mehrheit bezieht sodass sich das Wohlbefinden nur für die größte Zahl der beteiligten Personen herstellt. Unterschieden wird der quantitative Utilitarismus, wo es auf die Verteilungsmehrheit ankommt, vom qualitativen Utilitarismus, wo es auf die graduelle Bedürfnislage ankommt.4

Es gibt Übereinstimmungen mit dem Nutzenbegriff der Mediation. Hier stellt sich der Nutzen aus der Verwirklichung der Motive her. Das geht weit über die (lediglich) auf eine Handlung oder Unterlassung gerichteten Interessen hinaus.

Beispiel 15289 - Sie kennen das Orangenbeispiel, wo zwei Geschwister über eine Orange streiten. Die Mutter arbeitet das Interesse heraus, das sich auf die Verwendung der Orange beschränkt. Die eine Tochter will Kuchen backen, die andere Orangensaft trinken. Jede Partei kann ihre Interessen 100% verwirklichen. Was aber, wenn beide Schwestern Orangensaft trinken wollen. Sind wir dann wieder in einem Verteilungskonflikt? Nicht wenn wir auf die Motive zum Streit eingehen.


In der Sprache des Utilitarismus könnte man sagen, das sich Glück der Schwestern, die beide Orangensaft trinken wollen, nicht aus der Verteilung der Orange ergibt, sondern aus der Bedeutung, die ihr zugeschrieben wird und der Rückkopplung zu den Bedürfnissen, die den Konflikt ausgelöst haben. Indem die Bedeutung des Streites hinterfragt wird, stellen sich weitere Ebenen her, auf denen die Lösung zu finden ist.5 Weil es in der Mediation zumindest vordergründig nicht um ethische Auseinandersetzungen geht, wird der Nutzen in der Phase drei ganz individuell ermittelt, indem zunächst der erwartete Nutzen (nicht die Lösung!) aus der Sicht jeder einzelnen Partei herausgearbeitet wird, um dann Gemeinsamkeiten und Schnittstellen zu finden, die zu einem gemeinsamen Nutzen führen. Die aus den Motiven abzulesenden Kriterien des Nutzens ergeben sich somit aus der zu erwartenden, positiven Auswirkung. Die nachfolgende Skizze erläutert den prozessualen Zusammenhang.

Nutzen

Der Nutzen ist letztlich die grüne Linie in der Skizze. Sie stellt eine Verbindung her zwischen dem Motiv, der Nutzenerwartung und der tatsächlich zu erzielenden, positiven Wirkung. Die Kritik, die dem Utilitarismus entgegengebracht wird, trifft auf die Mediation nicht zu. Beim Utilitarismus kommt die Frage auf, wer die Qualität entscheidet, wer die Mehrheit ist, für die entschieden wird und was mit den Interessen der Minderheit geschieht. In der Mediation ist sichergestellt, dass alle Teilnehmer, also alle Betroffenen entscheiden und ihre Bedürfnisse einbringen. Der Minderheitenschutz erfolgt über den Grundsatz der Freiwilligkeit. Die zu ermittelnde Wirkung wird aus allen Perspektiven beleuchtet, sodass das Ergebnis aus der Sicht von beiden (allen) Parteien gewollt ist. Der Grundsatz der Freiwilligkeit erlaubt es einer Partei, das Ergebnis solange abzulehnen, bis sie sich darin wiederfinden kann.

Bedeutung für die Mediation

Die Ausrichtung am Nutzen ist von zentraler Bedeutung der Mediation, wenn sie dem Konzept der kognitiven Mediationstheorie folgt. Der Mediator fragt stets nach dem Wozu, was auf den Nutzen hindeutet, nicht nach dem Wie, was auf die Lösung hindeutet. Das Wie ergibt sich aus dem Wozu. Um diesen Fokus zu unterstreichen, wird die Nutzenorientierung als einer der Grundsätze der Mediation festgeschrieben. Um den Nutzen korrekt zu ermitteln, ist die Abgrenzung zur Dimension der Lösungen außerordentlich wichtig. Der Nutzen erschließt sich niemals aus einer Antwort auf eine Wie-Frage. Aber immer aus einer Frage nach dem Wozu oder nach dem, was man davon hat, wenn die gewünschte Lösung eingetreten ist.

Hinweise und Fußnoten
Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen
Bearbeitungsstand: 2024-09-21 19:32 / Version 12.

Alias: Nützlichkeitsprinzip
Prüfvermerk: -


Based on work by Arthur Trossen . Last edited by Arthur Trossen
Seite zuletzt geändert am Donnerstag November 14, 2024 06:16:42 CET.

Durchschnittliche Lesedauer: 3 Minuten