Mediationsgeister und Geistberater
Mediationsgeister sind die nicht greifbaren Personen, die im Hintergrund unerkannt Einfluss auf die Parteien nehmen. Dementsprechend sind Geistberater nicht etwa Berater von Geistern. Trotzdem nehmen sie für die übrigen Beteiligten einen mystischen, nicht fassbaren Einfluss auf die Partei. Sie beeinflussen deren Denken, ihr Verhalten und somit auch das Verhandeln der Parteien, ohne dass der Mediator diesen Einfluss in die Gesprächsführung einbeziehen kann.
Geister
die NICHT gerufen wurden!
Inhaltsverzeichnis
Der Beitrag setzt sich mit der Problematik der Mediationsgeister auseinander.
Problem
Mediationsgeister sind (leider) keine am Verfahren beteiligten Personen, auch wenn sie auf das Verfahren Einfluss nehmen. Sie sind insbesondere keine Dritte i.S.d. Mediationsgesetzes! Rechtlich gesehen ergeben sich Herausforderungen bei der Vertraulichkeit. Auf die Kommunikation bezogen, ergeben sich Probleme bei der Vermittlung. Auf den Kognitionsprozess bezogen ergeben sich unter Umständen Erkenntnishemmnisse. Eine Übersicht über die in das Netzwerk Mediation zu involvierenden Personen finden Sie im Beitrag Parteien. Genau betrachtet gehören die Mediationsgeister dazu. Leider sind sie als Geister nicht zu fassen. Das größte Problem ist ihre Leugnung und gegebenenfalls sogar ihre Tabuisierung.
Vorkommen
Mediationsgeister sind nicht nur die halbgebildeten Freunde, Bekannten oder Verwandten der Partei. Es gibt durchaus professionelle Verhandler, die einer Partei im Hintergrund gegen Honorar Unterstützung anbieten, damit die Partei die Verhandlung auf (für sie) optimale Weise überstehen kann.
{EXAMPLE()}Hintergrundberater: Ein Anwalt, der in der Mediation selbst nicht in Erscheinung tritt, hat den Auftrag, seine Mandanten darin zu unterstützen, das bestmögliche Ergebnis in der Mediation herauszuarbeiten. Weil dem Hintergrund beratender Anwalt selbst Mediator ist, trainierte die Partei, ihre Interessen in einer Art und Weise vorzutragen, dass sie die bestmöglichen Ergebnisse erzielen kann. {EXAMPLE}
Dem Mediator fällt der Einfluss auf, wenn die Partei in der Mediation Gedanken entwickelt, die beim mächsten Treffen plötzlich nicht mehr "wahr" sind. Der Fokus verändert sich. Wenn der Geistberater beispielsweise eine Kriegsstrategie bevorzugt, hetzt er die Partei jedesmal wieder neu auf. Es entsteht eine Ambivalenz. Auch kommt keine Ruhe in das Gespräch. Die Partei wird hin- und hergerissen.
Einflüsse
Geistberater sind in - besser gesagt - neben der Mediation keine Seltenheit. Sie können einen ebenso positiven wie negativen Einfluss auf die Partei nehmen. Oft sind sie mit der Mediation nicht vertraut. Sie werden also Lösungen und Charaktere (siehe fundamentaler Attributionsfehler) herausstellen und damit den Fokus aus dem Prozess herausnehmen, wenn dort zunächst von Motiven und Interessen gesprochen wird. Auch werden sie die Lösungen nicht unbedingt an den Motiven messen, die in der Mediation als Lösungskriterien erarbeitet werden.
Mediationsgeister sind deshalb problematisch, weil der Mediator auf die Hintergrundberatung und die dadurch bedingte Beeinflussung kaum Einfluss nehmen kann. Einfacher ist es, wenn die Entscheidungsgrundlagen offen kommuniziert werden und wenn das Beratungsergebnis offiziell in die Mediation eingeführt werden kann. Ideal wäre es, wenn der Geistberater sogar in der Mediation anwesend ist.
Konsequenzen
Dynamik
Es wurde schon herausgestellt, dass der Mediator nicht nur auf den Prozess (also die Mediation), sondern auch auf die im Hintergrund laufenden, sogenannten Parallelprozesse zu achten hat. Die Geistberatung ist ein solcher Parallelprozess. Mit seiner systemischen Sicht wird der Mediator versuchen, die Parallelprozesse zu harmonisieren. Er wird versuchen, sie auf ein gemeinsames Ziel einzujustieren oder die Verantwortlichkeiten und den Aktionsradius gegeneinander abgrenzen. Bei anwesenden Parteien und offenen Prozessverhältnissen (Parallelprozesse können offen angesprochen werden), genügt es oft, wenn der Mediator mit den Parteien darüber spricht, wie mit den Parallelprozessen umzugehen ist. Wenn die Geistberatung tabuisiert oder geleugnet wird, ist das nicht ohne weiteres möglich.
Der umgang mit Parallelprozessen
Erkenntnisse
Natürlich kann es den Parteien nicht verwehrt sein, sich beraten zu lassen oder die Lösungsideen mit Beratern oder Freunden abzustimmen. Das Ergebnis soll stabil sein. Das erwartet ihre Auseinandersetzung mit allen sie betreffenden Fragen. Damit die Partei hinter ihren Erkenntnissen stehen kann, kann und muss sie alle Möglichkeiten wahrnehmen, um ihre eigene Überzeugung bilden oder festigen zu können. Die Mediation versteht es mit der Komplexität einer Materie und mit dem Konflikt umzugehen. Dieses Wissen ist leider kein Kulturgut. Auch die Mediationslogik ist nicht jedem bekannt. Bei den präsenten Parteien genügt es, wenn sich die Parteien auf den Gang der Mediation einlassen.
Der Mediator erreicht den "Durchblick" mit der Strukturierung. Er hat Möglichkeiten der Visialisierung und kann die Parteien leicht auf Kurs halten. Deshalb kann ein von außen kommender Rat, der sich nicht in den Prozess einfügt durchaus störend wirken.
Vertraulichkeit
Die Mediation legt den Parteien keine Maulschellen an. Die Vertraulichkeit soll "lediglich" die Verwertbarkeit von Informationen, die in der Mediation gewonnen wurden, im streitigen Verfahren verhindern. Das Mediationsgesetz erstreckt die Verschwiegenheispflicht nur auf den Mediator und nicht auf sonstige Personen. Personen, die in der Mediation direkt beteiligt sind, wird der Mediator deshalb die Unterwerfung unter die Verschwiegenheispflicht nahelegen.
Der Umgang mit Parallelprozessen
Fakten
Der Mediator beachtet den Grundsatz der Informiertheit und hilft alle relevanten Fakten korrekt einzubringen. Ob ein Geistberater das auch so macht ist nicht erkennbar. Hier gibt es eine weitere Fehlerquelle.
Problemlösung
Der Mediator hat einige Möglichkeiten, die Konsequenzen der Geistberater abzuschwächen:
- Pauschale Information der Parteien über das Risko von Parallelprozessen und wie damit umzugehen ist
- Verlängerung der Verschwiegenheitspflicht ("Wenn Sie mit jkemandem sprechen muss er in die Vertraulichkeit einbezogen werden"
- Genereller Hinweis auf die Mediationslogik, ständige Bezugnahme darauf (z.B. "WEir befiunden uns in der Phase ...". "Deshalb machen wir jetzt ...". "Die Schritte z.B: die Lösungssuche kommt später, weil ...". "Deshalb konzentrieren Sie sich jetzt bitte nur auf .... (etwa die Motive)".
- Ständige klare Ansagen über das was erreicht wurde und welche Fakten bzw. welcher Sachverhalt zugrunde liegt.
- Im Einzelgespräch kann die Hintergrundberatung gegebenenfalls offengelegt und strategisch eingebunden werden
Bedeutung für die Mediation
Es macht keinen Sinn, Einflssnahmen auf die Parteien zu unterbinden. Positiv betrachtet führen die Vermeidungsstrategiuen in ein verbessertes Qualitätsmanagement und in eine Verpflichtung zu mehr Transparenz und Klarheit.
Was tun wenn ...
- Der Mediator arbeitet den Sachverhalt nicht richtig heraus
- Die Verschwiegenheitsverpflichtung wird nicht weitergegeben
- Der Mediator unterlässt den Beratungshinweis
- Weitere Empfehlungen im Fehlerverzeichnis oder im Interventionenverzeichnis
Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen
Aliase: Hintergrundberater, Geister, Geistberater
Bearbeitungshinweis: Textvollendung und Programmvollendung erforderlich.
Prüfvermerk: