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Das Spiel mit den Dissonanzen

Wissensmanagement » Diese Seite ist der Kategorie Konfliktphänomenologie des Archivs in der Wiki-Abteilung Wissen zugeordnet. Eine logische Verknüpfung erfolgt mit der Rubrik Konflikt, also dem 6. Buchabschnitt des Fachbuchs Mediation und den Konfliktphänomenen. Bitte beachten Sie auch:

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Die Dissonanz beschreibt ein Gefühl der Unstimmigkeit oder Inkongruenz. Es entsteht, wenn ein Element in einem Kontext steht, der nicht zu ihm passt. Dissonanzen können in verschiedenen Bereichen auftreten, einschließlich der Kunst, im Design, in der Psychologie und in der Kommunikation. Irgendetwas passt nicht zusammen und scheint unstimmig zu sein.

Da stimmt was nicht

Dreieck
Bitte schauen Sie sich die nebenstehende Grafik an.1 Es ist das berühmte Penrose-Dreieck, das auch Tribar genannt wird. Fällt Ihnen etwas auf? Möglicherweise nur, wenn Sie genau hinschauen. Das Dreieck ist eine Unmöglichkeit. Es verstößt gegen mehrere Gesetze der Geometrie. Es scheint sich um ein geschlossenes Dreieck zu handeln, obwohl das perspektivisch gar nicht möglich ist. Mit anderen Worten: Da stimmt etwas nicht. Das Bild könnte irritieren. Und genau daran liegt der Reiz. Es hängt vom Kontext ab, ob es irritierend oder inspirierend wirkt. Dissonanzen können deshalb eine kreative Technik sein, um Spannung oder Aufmerksamkeit zu erzeugen, oder aber auch den Hinweis auf Konflikte und Uneinigkeit zwischen verschiedenen Elementen oder Personen liefern.

Die unterschiedlichen Arten von Unstimmigkeiten

Kognitive Dissonanz, Widerspruch und Dilemma sind drei Konzepte, die sich auf unterschiedliche Arten von Unstimmigkeiten oder Konflikten beziehen, insbesondere im Bereich der psychologischen oder ethischen Überlegungen. Hier ist eine Erklärung für jeden Begriff:

Kognitive Dissonanz
Die kognitive Dissonanz bezieht sich auf den psychologischen Zustand der Spannung oder des Unbehagens, der entsteht, wenn eine Person zwei oder mehr miteinander unvereinbare Gedanken, Überzeugungen oder Einstellungen hat. Zum Beispiel könnte eine Person, die raucht und gleichzeitig weiß, dass Rauchen gesundheitsschädlich ist, kognitive Dissonanz erleben. Dieser Zustand der Dissonanz erzeugt ein Gefühl der Unbehaglichkeit und kann dazu führen, dass die Person versucht, die Dissonanz zu reduzieren, indem sie entweder ihre Einstellungen ändert, ihr Verhalten ändert oder eine Erklärung für die Diskrepanz sucht.
Widerspruch
Ein Widerspruch tritt auf, wenn zwei Aussagen oder Prinzipien direkt miteinander in Konflikt stehen und nicht gleichzeitig wahr sein können. Zum Beispiel könnte ein Widerspruch entstehen, wenn eine Person behauptet, dass alle Menschen gleich sind, aber gleichzeitig diskriminierende Handlungen ausführt. In diesem Fall widersprechen sich die beiden Aussagen direkt, und es liegt ein offensichtlicher Widerspruch vor.
Dilemma
Ein Dilemma ist eine Situation, in der eine Person vor einer schwierigen Entscheidung steht, bei der keine der verfügbaren Optionen eine perfekte Lösung bietet oder moralische Konflikte auftreten. Dilemmata können ethischer, moralischer oder praktischer Natur sein und erfordern oft, dass eine Person zwischen verschiedenen moralischen Prinzipien oder Werten abwägt. Zum Beispiel könnte ein medizinisches Dilemma entstehen, wenn ein Arzt vor der Entscheidung steht, das Leben eines Patienten zu retten, indem er eine riskante Operation durchführt, die möglicherweise sein Leben gefährden könnte. In solchen Situationen muss der Arzt zwischen dem Prinzip der Patientensicherheit und dem Prinzip der Nicht-Schädigung abwägen.

Beispiele für Dissonanzen

Die folgenden Beispiele sollen einen Eindruck geben, wie Dissonanz in verschiedenen Bereichen auftreten können:

  1. Musik: In der Musik bezieht sich Dissonanz auf den Klang von unangenehmen oder spannungsreichen Kombinationen von Tönen. Ein Beispiel für eine dissonante musikalische Kombination ist das Intervall einer kleinen Sekunde, bei dem zwei aufeinanderfolgende Töne in einer Melodie sehr nahe beieinander liegen und eine angespannte Wirkung erzeugen.
  2. Harmonie: In einer sozialen oder zwischenmenschlichen Situation kann Dissonanz auftreten, wenn es Meinungsverschiedenheiten oder Unstimmigkeiten zwischen Personen gibt. Zum Beispiel kann ein Konflikt zwischen zwei Menschen oder eine unterschiedliche Meinung zu einem bestimmten Thema Dissonanz erzeugen.
  3. Ethik: In ethischen Diskussionen kann es Dissonanzen geben, wenn verschiedene moralische Prinzipien oder Überzeugungen aufeinanderprallen. Ein Beispiel dafür ist der Konflikt zwischen dem Prinzip der individuellen Freiheit und dem Prinzip des Gemeinwohls, bei dem unterschiedliche Ansichten zu Abwägungen führen können.
  4. Kognition: Kognitive Dissonanz bezieht sich auf den Konflikt oder die Unstimmigkeit zwischen unseren Gedanken, Überzeugungen oder Einstellungen. Wenn jemand zum Beispiel raucht und gleichzeitig weiß, dass Rauchen gesundheitsschädlich ist, entsteht eine kognitive Dissonanz zwischen dem Verhalten und dem Wissen.
  5. Kunst und Literatur: In der Literatur oder Kunst kann die stilistische Dissonanz verwendet werden, um einen bewussten Bruch oder Kontrast zu erzeugen. Ein Autor kann zum Beispiel eine unerwartete und unpassende Sprache in einem ernsten Thema verwenden, um eine dissonante Wirkung zu erzielen und die Aufmerksamkeit des Lesers zu erregen.

Dissonanzen in der Mediation

Die Beispiele zeigen, dass Dissonanzen und Unstimmigkeiten auch in der Mediation eine vielfältige Rolle spielen können. Um den Möglichkeiten auf den Grund zu gehen, wie Dissonanzen in der Mediation zur Geltung kommen, ist folgende Unterscheidung angebracht:

Dissonanzen bezüglich der Mediation
Auch in der Mediation kann es vorkommen, dass es zur Unstimmigkeit zwischen dem Verhalten der Beteiligten, einschließlich des Mediators und der Mediation kommt. Das ist immer dann der Fall, wenn eine Handlung oder Unterlassen mit dem Wesen der Mediation nicht im Einklang steht. Ein Beispiel ergibt sich aus dem Verhalten der Parteien, wenn sie trotz der Mediation nicht aus der Konfrontation herauskommen und sich nicht auf die Kooperation einlassen können. Das konfrontative Verhalten bildet eine Dissonanz zur Mediation. Der Mediator sollte die Unstimmigkeit bemerken. Er muss darauf achten, dass er nicht selbst in ein konfrontatives Denken hineingezogen wird und in eine Schlichtung abdriftet. Gegebenenfalls muss er zurück in die Phase eins, um die Mediation neu ein- und auszurichten.
Dissonanzen zur Verdeutlichung des Konflikts
Die Mediation ist ein Prozess der Verstehensvermittlung. Die Reflexion steht im Vordergrund. Sie wird durch Denkanregungen in Gang gesetzt. Das Denken wird durch Zweifel ausgelöst. Zweifel führen dazu, dass Ansichten in Frage gestellt werden. Dissonanzen helfen ebenso wie paradoxe Interventionen, um Zweifel zu wecken oder aufzudecken. Sie werden für die Parteien erträglich, weil sie auf die Perspektive der heilen Welt ausgerichtet werden.
Dissonanzen als Konfliktursache
Der Konflikt will etwas sagen. Die durch ihn ausgelöste Dissonanz wirkt sich auf das Denken und das Verhalten der Parteien aus. Wenn es gelingt, den Konflikt rchtig zu verstehen und das Rumpelstilzchen herauszuhören, werden das konfliktbedingte Dilemma, der Widerspruch oder die Dissonanz erkennbar. Daraus lässt sich der Fokus ablesen, wo die Lösung zu suchen ist.

Auflösung von Dissonanzen

Dissonanzen können auf verschiedene Arten aufgelöst werden, abhängig von der Art der Dissonanz und dem Kontext, in dem sie auftreten. Hier sind einige mögliche Wege und allgemeine Ansätze, um Dissonanzen aufzulösen:

  1. Kommunikation und Dialog: In sozialen oder zwischenmenschlichen Situationen kann der erste Schritt zur Auflösung von Dissonanzen darin bestehen, offen miteinander zu kommunizieren. Durch den Austausch von Standpunkten, dem Zuhören und der Bereitschaft, den anderen zu verstehen, können Konflikte und Missverständnisse geklärt und eine Lösung gefunden werden.
  2. Kompromiss und Verhandlung: Wenn es Meinungsverschiedenheiten oder Konflikte gibt, kann die Suche nach einem Kompromiss oder einer Win-Win-Lösung dazu beitragen, Dissonanzen aufzulösen. Dies erfordert die Bereitschaft, aufeinander zuzugehen, gemeinsame Interessen zu identifizieren und nach Lösungen zu suchen, die für alle Beteiligten akzeptabel sind.
  3. Reflexion und Perspektivwechsel: Manchmal können Dissonanzen durch eine persönliche Reflexion und einen Perspektivwechsel aufgelöst werden. Indem man sich selbst fragt, warum man eine bestimmte Meinung oder Einstellung hat, und sich in die Lage anderer Personen versetzt, kann man möglicherweise neue Einsichten gewinnen und die Dissonanz verringern.
  4. Informationsgewinnung und Wissenserweiterung: In einigen Fällen können Dissonanzen durch die Suche nach zusätzlichen Informationen oder eine Erweiterung des eigenen Wissens aufgelöst werden. Durch das Einholen von Fakten, das Lesen unterschiedlicher Standpunkte oder das Konsultieren von Experten kann man ein besseres Verständnis für die Situation entwickeln und Dissonanzen abbauen.
  5. Anpassung oder Veränderung: Manchmal erfordert die Auflösung von Dissonanzen eine Anpassung oder Veränderung der eigenen Einstellungen, Überzeugungen oder Handlungen. Dies kann bedeuten, dass man bereit ist, alte Annahmen zu überdenken, neue Wege auszuprobieren oder seine eigenen Verhaltensweisen anzupassen, um Harmonie herzustellen.
  6. Umdenken: Die Gedanken werden aus dem linearen Denken, das in das Problem hineinführt in einen Gedankengang gelenkt, der aus dem Problem herausführt.

Herangehensweise der Mediation

Kommunikation, Reflexion und Perspektivwechsel sowie die Art und Weise der Informations- und Erkenntnisgewinnung und das Denken sind Herangehensweisen, die auch in der Mediation dazu beitragen, Dissonanzen aufzulösen. Der Mediator achtet in jeder Lage des Verfahrens auf Unstimmigkeiten des Gesagten und des Verhaltens. Im Dialog mit der Partei meldet er die Unstimmigkeit im Loop zurück. Gegebenenfalls verbindet er die Rückmeldung mit einer Frage. Wenn sich die Unstimmigkeit auf das Miteinander der Parteien oder deren Verhalten im Prozess bezieht, kann er die Rückmeldung in eine verbalisierende Zusammenfassung packen.

Die Mediation würde verkürzt dargestellt, wenn nur einzelne Techniken aufgeführt werden, um Dissonanzen aufzulösen. Man könnte die Mediation mit einem Gesamtkunstwerk vergleichen, deren Gedankengang so angelegt ist, dass er Unstimmigkeiten und Dissonanzen in vielen aufeinander abgestimmten Schritten aufdeckt und auflöst. So wird beispielsweise die Disharmonie der Lösungen bereits in der ersten Phase überwunden, indem der Fokus in den Nutzen gelenkt wird. Die sich aus dem Widerspruch von Position und Gegenposition ergebende Dissonanz wird in der zweiten Phase in einem Thema aufgelöst, damit sich die Parteien ihr stellen können. Der Perspektivwechsel, der es den Parteien erlaubt, sich dem Widerspruch zu stellen, wird durch die Gedanken an die heile Welt in Phase drei herbeigeführt. Er führt zu einer Sicht, die eine Distanz zu dem Problem aufbaut und die es den Parteien erlaubt, ihren Blick hinter das Problem zu lenken, wo die Dissonanz aufgelöst ist.

Was die Mediation in ihrem komplexen Verfahren ermöglicht, kann gegebenenfalls auch auf ganz einfachem Weg erreicht werden. Der Mediator muss sich nur danach erkundigen, wie eine Konsonanz (eine als harmonisch empfundene Situation) aussähe.

Beispiel 15717 - Der Mediator bemerkt den Mangel an Harmonie. Er spricht die Parteien darauf an. Nachdem die Parteien die Disharmonie bestätigen, fragt er, ob eine Harmonie gewünscht wird. Nachdem die Parteien auch das bestätigen, fragt er, wie es im Idealfall sein müsste, damit sie eine Harmonie erleben. Nachdem die Kriterien geklärt und abgestimmt sind, fordert er die Parteien auf zu überlegen, wie sie daraus eine Realität machen können.


Die als Technik herausgestellte Vorgehensweise des vorausgegangenen Beispiels entpricht dem Phasenablauf der Mediation. Entscheidend ist, dass der Mediator nicht weiter in die Dissonanz eintritt und nach dem Warum fragt oder sich für Ursachen interessiert. Stattdessen fragt er nach dem Zustand, wie er sich ohne die Dissonanz also in der Konsonanz darstellt, um dann danach zu fragen, wie der harmonische Zustand herzustellen ist.

Bedeutung für die Mediation

Je nach dem zugrunde liegenden Mediationskonzept ist die Mediation ein ideales Mittel, um Dissonanzen, Widersprüche und Dilemmata zu überwinden. Die Betonung liegt auf dem Wort überwinden. Oft wird gefragt ob und wie die Mediation den gordischen Knoten löst. Die Mediation zerschlägt ihn nicht, wie Alexander der Große. Sie stellt einfach ein neues Seil zur Verfügung, das keinen Knoten mehr hat. Das gelingt, wenn die kognitive Mediationstheorie zur Anwendung kommt. Sie führt die Gedanken auf einen Weg, der alle Hindernisse umgeht oder überwindet.2 Der andere Gedankengang stellt sich im Umdenken her. Die Gedanken werden nicht in das Problem, sondern darüber hinweg in den Zustand gelenkt, der keine Dissoanz, keinen Widerspruch und kein Dilemma kennt.

Wichtig ist, dass der Mediator sich nicht vor Unstimmigkeiten fürchtet und nicht versucht, sie beschwichtigend zu übergehen. Dissonanzen sind wie Botschaften zu verstehen. Sie zeigen, wo etwas zu bereinigen oder zu klären ist.

Was tun wenn ...

Hinweise und Fußnoten
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Bearbeitungsstand: 2024-03-23 05:41 / Version 18.

Alias: Stimmigkeit
Siehe auch: Verfahrensverzeichnis
Prüfvermerk: -


Based on work by Arthur Trossen . Last edited by Arthur Trossen
Seite zuletzt geändert am Donnerstag November 14, 2024 09:50:17 CET.

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