Telefonische Shuttle-Mediation
Die telefonische Shuttle-Mediation ist eine Herangehensweise, die besondere Anforderungen an die Mediation stellt und nur bedingt verwendbar ist. Lesen Sie zur Abgrenzung und zur systematischen Erfassung biotte auch die folgenden Beiträge:
Mediationssystematik Onlinemediation telefonische Shuttle-Mediation Shuttlemediation Mobile Mediation Einzelgespräche
Bei der telefonischen Shuttle-Mediation handelt es sich um eine Pendelmediation, die ausschließlich mithilfe des Telefons ausgeführt wird. Die Telefonate mit den Parteien stellen Einzelgespräche dar. Eine Konferenzschaltung wäre möglich, ist aber nicht vorgesehen. Oft wird die telefonische Shuttle Mediation als ein Einstieg gesehen, um die Parteien in eine Präsenzmediation zu überführen. Es ist also nicht zwingend erforderlich, dass die Mediation durchgängig im Shuttle durchgeführt wird und sich lediglich auf das Telefonieren beschränkt. Es ist ohne Weiteres möglich, das Format zu ändern.
Historie
Den historischen Ursprung hat die telefonische Shuttle-Mediation wohl vor etwa 20 Jahren in Großbritannien gefunden.1 Dort hatte der "Clerk", also so eine Art Rechtspfleger, in sogenannten Small Business Cases die Initiative ergriffen und die Parteien getrennt voneinander angerufen, um den Weg in eine Einigung zu bereiten. Es war ein außerordentlich erfolgreicher Ansatz, der viele Fälle mit kleinen Streitwerten erledigen konnte, ohne dass es zu einer Gerichtsverhandlung kam. Die Initiative wurde auch von den Mediatoren unterstützt, weil die geringwertigen Fälle für freiberufliche Mediatoren keinen Markt darstellten. Ihre Honorarforderung hätte den Streitwert bei weitem überschritten.
Der Erfolg machte Schule. Weil sich das Verhalten der Rechtsschutzversicherungen im Zuge der europäischen Anpassung geändert hat, entdeckten sie das Konstrukt, um es in ihr Angebot aufzunehmen. Die Rechtsschutzversicherungen wollten damit zum Ausdruck bringen, dass sie ihre Kunden aktiv unterstützen und dass sie nicht nur zum Bezahlen da sind. Ihr Interesse war jedoch nicht ganz uneigennützig. Wenn es gelingt, viele Streitigkeiten schon im Vorfeld abzuwenden, bevor die Parteien zum Anwalt oder gar zum Gericht gehen, stellt sich für die Rechtsschutzversicherung ein Kostenvorteil heraus.
Es ist nachvollziehbar, wenn die Anwaltschaft in diesem Angebot eine aufkommende Konkurrenz gesehen hat. Denn anders als in Großbritannien, wurde die telefonische Shuttle-Mediation in Deutschland nicht auf kleine Streitwerte beschränkt. Immerhin konnte eine Rechtsanwaltskammer in einem Musterverfahren gegen eine Rechtsschutzversicherung erwirken, dass es der Rechtsschutzversicherung untersagt wurde, in ihren Geschäftsbedingungen eine verpflichtete Mediation durch einen von ihr vorgegebenen Mediator vorzuschreiben.2
Auch wenn die telefonische Shuttle-Mediation zum Repertoire der Rechtsschutzversicherungen zählt, sind sie nicht die einzigen Anbieter. Auch die Anwaltshotline3 bietet dieses Format an, um nur ein weiteres Beispiel zu nennen. Die Frage, ob dieses Format überhaupt eine Mediation abbilden kann, war von Beginn an umstritten. Auch die Evaluierung zu Mediationsgesetz hat sich mit dieser Frage auseinandergesetzt. Geprüft wurde, ob eine Gesetzesänderung erforderlich sei, um dieses Format unter §1 Mediationsgesetz zu subsumieren.4 Jenseits dieser Rechtsfrage wurde die Nähe zur Beratung problematisiert und die Verwendung eines Mediums, das keine reale Präsenz und nicht einmal einen Sichtkontakt voraussetzt. Eine Shuttlemediation war im Grunde nichts Neues. Sie wird in den USA regelmäßig durchgeführt. Auch die Verwendung des Telefons hat mit der zunehmenden Digitalisierung eine größere Akzeptanz gefunden. Online-Mediationen und hybrid durchgeführte Meditationen sind heute an der Tagesordnung. Gegen die Zulässigkeit der telefonischen Shuttle Mediation bestehen deshalb heute keine Bedenken mehr, wenn sie denn korrekt ausgeführt wird. Es sind Besonderheiten zu beachten, damit dieses Format dem Wesen der Mediation entspricht.
Systematik
Systematisch betrachtet ist die telefonische Shuttle-Mediation als ein Mediationsformat einzustufen. Unterstellt, es handelt sich tatsächlich um eine Mediation und nicht lediglich um eine verdeckte, rechtliche Erstberatung, erfolgt ihre Durchführung in Abwesenheit der Parteien zueinander und mithilfe des Telefons. Auf das Medium bezogen, wäre die telefonische Shuttle-Mediation wie eine assynchrone Onlinemediation - allerdings ohne Videokontakt - zu verstehen. Besonders dann, wenn die telefonische Shuttle Mediation im Rahmen einer sogenannten Kaltakquise eingeleitet wird, ist eine Abgrenzung gegenüber dem Vorgespräch vorzunehmen.
Das Beispiel zeigt den fließenden Übergang zwischen einem Vorgespräch unter Durchführung einer Mediation. Um die Abgrenzung zwischen einer telefonischen Shuttle-Mediation und einem telefonischen Vorgespräch vornehmen zu können, hängt es entscheidend davon ab ob und wie die Mediation eingeleitet wurde.
Geeignetheit
Wie bei jeder anderen Mediation auch, muss zu Beginn der telefonischen Shuttle-Mediation eine Prüfung der Geeignetheit erfolgen. Hierfür gelten die allgemeinen Regeln. Mit der Prüfung der Geeignetheit ist auch der Bedarf für eine Mediation zu prüfen. In einem Clearing ist die Mediation von einer Erstberatung oder einer Schlichtung abzugrenzen. Eine besondere Aufmerksamkeit erfordert die Konfliktanalyse und die davon abhängige Wahl des Mediationsmodells. Naheliegend ist zunächst eine sondierende Mediation. Mehr als eine evaluative Mediation oder ein flache facilitative Mediation kann dieses Format nicht verkraften.
Präsenz
Eine Phase der gemeinsamen Parteipräsenz ist nicht vorgesehen. Das schließt nicht aus, dass der Mediator Möglichkeiten nutzt, die telefonische Shuttle-Mediation in eine Präsenzmediation zu überführen. Alle Parteien müssen sich darüber einig sein, dass die Kommunikation über das Telefon und ohne Sichtkontakt beeinträchtigt ist, woraus sich Grenzen der Konfliktbeilegung ergeben.
Es gibt die Meinung, dass die telefonische Shuttle-Mediation keine Mediation sei, weil gegen das Unmittelbarkeitsprinzip verstoße.5 Das Unmittelbarkeitsprinzip erwartet, dass eine direkte Face to Face Kommunikation zwischen den Parteien stattfindet. Für das Gelingen einer Mediation ist dieses Kriterium jedoch nicht zwingend ausschlaggebend. Das Unmittelbarkeitsprinzip findet im Gesetz auch keine ausdrückliche Erwähnung.
Beratung
Schwierigkeiten ergeben sich mit der Abgrenzung zur Erstberatung. Es ist verdächtig, wenn die Rechtsschutzversicherungen ausschließlich Anwaltsmediatoren engagieren. Sie können den Parteien rechtliche Orientierung geben und bei der Sondierung ihrer Problemlösung helfen. Wenn sie rechtliche Hinweise geben, überschreiten sie gegebenenfalls die Grenzen der Mediation. Allerdings ist eine Sondierung auch in der Mediation möglich.
Anforderungen
Grundsätzlich unterliegt die telefonische Shuttle-Mediation den gleichen Anforderungen wie die Shuttle-Mediation. Die vor und Nachteile dieses Formats sollten den Parteien bewusst sein.
Die Mediation wird von der Rechtsschutzversicherung bezahlt. Es handelt sich deshalb um einen Fall der sogenannten Donatormediation. Soweit die beauftragten Mediatoren von der Rechtsschutzversicherung vorgegeben werden, in deren Diensten stehen oder sonst (wirtschaftlich) von den Auftraggebern abhängig sind, erwartet §3 Abs. 1 Mediationgesetz, dass sie darauf ausdrücklich hinweisen, ebenso wie auf etwaige Bedenken hinsichtlich der Neutralität. Bedenken gegen die Unabhängigkeit und die Neutralität des Mediators ergeben sich aus der wirtschaftlichen Abhängigkeit. Der Mediator wird interessiert sein, weitere Fälle von der Rechtsschutzversicherung zugeschrieben zu bekommen oder weiter empfohlen zu werden. Er kennt das Interesse seiner Auftraggeberin in jedem Fall ein Gerichtsverfahren zu vermeiden. In dieser Gemengelage muss sichergestellt sein, dass die Interessen der Rechtsschutzversicherung keinen Einfluss auf den Verlauf und das Ergebnis der Mediation nehmen.
§2 Abs 1 Mediationsgesetz erwartet ebenfalls den Hinweis, dass die Medianden mit der Wahl des Mediators einverstanden sein müssen, bzw. die Wahl selbst vornehmen.
Es gelten im übrigen die Anforderungen der Telefonmediation.
Regeln
Natürlich unterliegt die telefonische Shuttle-Mediation den allgemeinen Regeln der Mediation und somit auch den Kunstregeln. Spezielle Standards sollen ihre korrekte Durchführung sicherstellen.
Standards für die telefonische Shuttle-Mediation
Bedeutung für die Mediation
Wenn der Mediator zur Überwindung der Startprobleme einer Mediation im Vorfeld der Mediation mit den Parteien telefoniert, um ihnen in getrennten Gesprächen die Mediation zu erläutern, würde nicht von einer telefonischen Shuttle-Mediation gesprochen werden, obwohl der Vorgang spätestens dann zu vergleichen ist, wenn sich der Mediator dabei auf die Konfliktlage einlässt, um die Wirkungsweise der Mediation zu erläutern. Es wird empfohlen, auch die Vorgespräche wie Einzelgespräche innerhalb einer Mediation zu behandeln, weil sie zwar nicht juristisch aber durchaus nach der Lehre der Mediation schon Teil der Mediation sind.
Die telefonische Shuttle-Mediation erfolgt im Verborgenen. Sie erlaubt einen leichteren Zugang zur kooperativen Verhandlung. Wenn sie nicht korrekt angewendet wird, könnte sie einen falschen Eindruck von der Leistungsfähigkeit der Mediation vermitteln. Es ist also wichtig, dass die Parteien über das zur Anwendung kommende Mediationsmodell und die Grenzen der telefonischen Shuttle-Mediation informiert werden und darüber, dass es daneben leistungsfähigere Varianten der Mediation gibt. Dann obliegt es den Parteien zu entscheiden, worauf sie sich einlassen oder nicht.
Es gibt viele Fälle, in denen ein Rechtsstreit einfach dadurch vermieden werden kann, dass die Parteien die erforderlichen Rechtsinformationen bekommen. Dass die Rechtsschutzversicherungen darauf spekulieren, könnte sich aus dem Umstand ergeben, dass sie ausschließlich Anwaltsmediatoren einsetzen. Für den Mediator wird die telefonische Shuttle Mediation zu einer Gratwanderung, wenn er die Grenze zur Beratung oder zur Schlichtung einhalten will.
Was tun wenn ...
- Der Mediator stimmt die Shuttle Mediation nicht ab
- Der Mediator legt seine mangelnde Unabhängigkeit nicht offen
- Der Mediator legt seine Neutralität und Unabhängigkeit nicht offen
- Das Mediationsmodell wurde nicht abgestimmt
- Weitere Empfehlungen im Fehlerverzeichnis oder im Interventionenfinder
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Aliase: telefonische Shuttlemediation
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Siehe auch: Informationsgespräch
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