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Mediationsbereitschaft

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Phase 1 Initialisierung Motive Mediationsbereitschaft Startprobleme Konklaveprinzip

Worum es geht: Sind Sie bereit, sich auf die Mediation einzulassen? Diese Frage führt die Parteien besser in die Mediation als die Frage, ob sie freiwillig anwesend seien. Die Mediations- oder Verhandlungsbereitschaft wird oft mit der Freiwilligkeit verwechselt. Umso wichtiger ist es, sich den Unterschied bewusst zu machen. Dieser Beitrag geht der Farge nach, was die Mediationsbereitschaft bedeutet und wo und warum sie besondersn zu hinterfragen ist.

Einführung und Inhalt: Es gibt ganz unterscheidliche Gründe und Motive, warum sich Parteien auf eine Mediation einlassen. Manchmal sind sie ausschlaggebend für das Gelingen der Mediation. Manchmal stehen sie ihm im Weg. Um die Motive korrekt einzuschätzen, wird zwischen den Motiven unterschieden, aus denen sich die Lösung ableitet und denen, aus denen sich die Bereitschaft zur Mediation ableitet. Die einen betreffen die verfahrenebene, dia nderen die Fallebene

Verfahrensmotiv

Hier geht es um die Verfahrensebene

Es kann viele Gründe haben, warum eine Partei an einer Mediation teilnimmt. Nicht immer werden die Gründe aufgedeckt. Sie sollten aufgedeckt werden, weil sie gegebenenfalls ein Einschreiten erfordern. Wie gehen Sie als Mediator (oder als Partei) mit folgenden Fällen um?

  1. Der Grund, warum die eine Partei an der Mediation teilnimmt ist (ihr selbst) völlig unklar.
  2. Der einen Partei kommt es darauf an, Zeit zu schinden, weil dann eine Frist verpasst wird oder ein überholendes Ereignis eintrifft.
  3. Die eine Partei weiß, dass sie keinen Anspruch hat. Der Anwalt hat gesagt, die Mediation sei der einzige Weg, den Anspruch zu realisieren.
  4. Die Partei will nur auf dem schnellsten Weg ihre Forderung durchsetzen.
  5. Die eine Partei will sich nicht nachsagen lassen, es nicht versucht zu haben, will aber an ihrer Position festhalten.

Die unterschiedlichen Motive sprechen für sich. Sie stellen eine Herausforderung dar, die der Mediator zu überwinden hat, wenn die Mediation erfolgreich verlaufen soll. Bevor es zur Frage kommt, wie er die Hürde nehmen kann. soll zunächst eine klargestellt werden, worum es eigentlich geht.

Was ist Mediationsbereitschaft?

Kurz gesagt ist die Mediationsbereitschaft ein Erfolgsgarant. Sie setzt sich mit der Frage auseinander, inwieweit die Parteien (innerlich) bereit sind, sich auf die Mediation einzulassen. Sie beschreibt also nichts anderes als ihre Motivation. Die Bereitschaft wird oft mit der Freiwilligkeit gleichgesetzt. Die mangelnde Trennschärfe führt allerdings leicht in die Irre. Eine begriffliche Unterscheidung zwischen der Freiwilligkeit und der Mediationsbereitschaft bringt also mehr Klarheit für die Mediation, für den Mediator und für die Parteien.

 Merke:
Leitsatz 11771 - Die Verhandlungsbereitschaft ergibt sich nicht lediglich aus der freiwilligen Teilnahme am Verfahren. Sie setzt in der Motivation voraus, sich auf den Gedankengang der Mediation (also das Verfahren auch) einzulassen.

Verfahrensmotiv

Im Grunde kann die Freiwilligkeit in dem Moment unterstellt werden, wenn die Parteien den Mediationsvertrag unterzeichnen. Ein Vertrag, der unter Zwang, Drohungen oder Täuschung zustande kommt, wäre zumindest anfechtbar. Ob mit der freiwilligen Vertragsunterzeichnung aber auch die Bereitschaft unterstellt werden kann, sich wirklich auf die Mediation einlassen zu wollen, ist eine ganz andere Frage. Sie betrifft die Mediationsbereitschaft.

Die Mediationsbereitschaft ergibt sich aus dem Verfahrensmotiv, das an dem Verfahrensinteresse abzulesen ist. Die Einführung des Begriffs der Mediationsbereitschaft erlaubt eine weitergehende Differenzierung. Sie ermöglicht die Unterscheidung zwischen den Motiven auf der Verfahrensebene und den zur Lösung führenden Motiven auf derder Fallebene.

Das Motiv zur Durchführung des Verfahrens beschreib das Motiv auf der Verfahrensebene. Es ist von dem Streitmotiv zu unterscheiden, aus dem sich die Lösung ergibt. Das zur Lösung führende Motiv betrifft die Fallebene. Die unterschiedlichen Motivlagen werden mit den Begriffen Verfahrensmotiv und Lösungsmotiv am Besten voneinander unterschieden. Die Abgrenzung fällt nicht immer leicht. Es gibt Überschneidungen, weil sich das eine Motiv aus dem anderen ableitet.

Motive und Motivation in der Mediation

Das Verfahrensmotiv betrifft die Bereitschaft, nach einer einvernehmlichen Lösung suchen zu wollen. Wer weiß, dass nach einer Lösung zu suchen ist, ist eher für eine Mediation motiviert als jemand, der die Lösung bereits kennt und sie einfach nur durchsetzen will. Die Verhandlungsbereitschaft stellt sich her, wenn die Parteien den Zweck des Verfahrens verstehen und für sich in Anspruch nehmen können.

 Merke:
Leitsatz 11772 - Wer eine vorgegebene Lösung durchsetzen will, ist nicht ohne weiteres bereit, nach einer Lösung zu suchen. Gegebenenfalls kann die Einsicht, nach einer Lösung suchen zu müssen (oder zu wollen), also die Verhandlungsbereitschaft, noch in der Mediation hergestellt werden.

Vorgehen

Der Mediator kann das Verfahrensmotiv schon zu Beginn der Mediation im Zusammenhang mit der Zielvereinbarung abtesten und gegebenenfalls sogar herstellen.

Beispiel 11773 - Der Mediator öffnet die Mediation mit der Frage: "Was erwarten Sie von dem Gespräch?". Die Parteien werden ihre Positionen nennen und die Erwartung äußern, dass sich ihre Position als Lösung herausstellt. Der Mediator kann mithilfe der Mäeutik hinterfragen ob das gelingt. Wenn Zweifel auftauchen, kann er vorschlagen, nach einer passenden Lösung zu suchen.


Während das Lösungsmotiv erst in der 3.Phase ermittelt wird, kann das Verfahrensmotiv isoliert davon bereits in der 1.Phase thematisiert werden. Anlass dafür könnte ein unklares Verständnis der Parteien davon sein, was sie von der Mediation erwarten oder erwarten können. Ein Motiv schaut auf den Nutzen. Möglicherweise ist der Partei der Nutzen der Mediation nicht wirklich klar. Die Praxis zeigt, dass das Motiv der Parteien, sich auf die Mediation einzulassen oft diffus ist. Meistens geht es ihnen darum, eine Eskalation zu vermeiden. Statt mit harten Bandagen und schweren Waffen zu kämpfen, bevorzugen Sie den Kampf mit Wattebäuschen. Streng genommen bewegen sie sich mit dieser Vorstellung nicht in der Mediation. Es ist sogar fraglich, ob sie für die Mediation schon bereit sind und vielleicht eher eine Schlichtung nachfragen wollen. Gegebenenfalls sollte der Mediator dieser Frage auch im Rahmen eines Clearing nachgehen und die zur Verfügung stehenden Verfahren gegeneinander abgrenzen.

Die Mediation setzt eine Lösungsoffenheit voraus, ebenso wie die Abstinenz von dem Gedanken, den Gegner besiegen zu wollen. Die Mediation ist die Suche nach einer Lösung. Je weniger Vorstellungen die Parteien von der Lösung haben, oder je unwahrscheinlicher es für sie ist, ihre Lösung durchzusetzen, umso besser gelingt die Mediation.

Es fällt den Menschen nicht immer leicht, sich in ein offenes Spiel zu begeben. Deshalb führt sie die Mediation gedanklich und Schritt für Schritt in dieses Spiel hinein. Es genügt dem Mediator also, wenn die Parteien sich zunächst noch halbherzig auf die Mediation einlassen. Skepsis ist durchaus erlaubt und steht der Mediation nicht im Wege. Der erste Schritt des Weges ergibt sich aus der, in der 1.Phase zu vereinbarende, durchaus noch wenig überzeugende Zielvereinbarung, wonach die Parteien sich darauf einlassen wollen, eine Lösung zu finden, mit der alle zufrieden sind.

Der Appetit kommt beim Essen, sagt man. Ähnlich ist es mit der Mediation. Es genügt deshalb, wenn die Parteien sich erst etwa zu Beginn der 3.Phase vollständig auf das Verfahren einlassen. Sollte sich das Verfahrensmotiv bis dahin nicht etabliert haben, muss der Mediator Konsequenzen ziehen. Welche Schritte der Mediator bis dahin durchzuführen hat, ergibt sich aus der Beschreibung der einzelnen Phasen.

Ablauf

Überzeugungsarbeit

Eine explizite Aussprache über das Verfahrensmotiv kann sich dann ergeben, wenn die Parteien überhaupt keine Vorstellung davon haben, warum sie sich auf eine Mediation einlassen sollten. Das Gleiche gilt, wenn der Mediator einen Widerstand gegen das Verfahren feststellt. Jetzt muss er sich etwas näher mit dem Konflikt und den Vorstellungen befassen, wie die Parteien denken, den Konflikt lösen zu wollen. Im Grunde ist es eine Arbeit die eher zur 3.Phase gehört als in die 1.Phase. Es ist also Vorsicht geboten, dass sich der Mediator nicht in den Phasen verliert. Der zu erzielenden Nutzen des Verfahrens und gegebenenfalls der Nutzen der Lösung sind deshalb nur kurz anzusprechen.

Beispiel 11774 - Hilfreiche Fragen des Mediators könnten sein:

" angenommen Sie bekommen ein obsiegendes Urteil. Haben Sie es alles was sie brauchen? ... Wird sich der Gegner darauf einlassen? .... Ist damit alles erledigt? ... Haben sie dann ihren Frieden? ... Wie Schätzen Sie das Risiko ein dass es anders kommt? ... Was wird in diesem Fall geschehen? ...

Die ideale Technik, um die Meinungsfestigkeit der Parteien zu hinterfragen, ist die Mäeutik oder das zirkuläre Fragen. In keinem Fall geht es darum, die Parteien von der Mediation zu überzeugen und eine Mediation zu verkaufen. Die Mediation verkauft sich von selbst, wenn die Parteien ihren Nutzen erkannt haben. Hier helfen Erklärungen des Mediators, damit die Parteien von der Mediation und der Kompetenz des Mediators eine verlässliche Vorstellung haben.

Beispiel 11775 - Der Mediator könnte die Mediation mit folgenden Fragen erläutern: "Wäre es vorteilhaft, wenn das Verfahren nicht nur eine Lösung, sondern alle möglichen Lösungen einander gegenüberstellt, sodass sie sicher sein können die beste Lösung gewählt zu haben?" .... "Wäre es vorteilhaft, wenn das Verfahren sich nicht nur auf den Sachverhalt sondern auf alle Aspekte einlassen kann, die auf die Problemlösung einwirken?" ... "Wäre es vorteilhaft wenn sie die Lösung ist dann finden wenn sie alle Informationen kennen, die eine solide Lösung ermöglichen?" .... "Kennen Sie ein anderes Verfahren, dass ich auf solche Fragen einlassen kann?" ...

Bedeutung für die Mediation

Die häufig gestellte Frage: "Sind sie freiwillig hier?", würde alle diese Aspekte nicht ansprechen. Zwar ist der Mediator dazu verpflichtet den ablaufende Grundsätze des Verfahrens zu erläutern und zu prüfen, ob die Parteien verstanden haben worum es geht. Der Mediator muss im Einzelfall entscheiden, ob es genügt, wenn seine Erläuterungen abgenickt werden. Er muss wissen dass die Frage nach der Freiwilligkeit keine Frage ist, sondern eine Ansage. Sie wird deutlich, wenn die Freiwilligkeit von der Mediationsbereitschaft unterschieden wird. Die Freiwilligkeit ist ein unverzichtbares Recht der Parteien. Es ist wichtig, dass die Parteien dieses Recht verstehen und wahrnehmen können.

Was tun wenn ...

Hinweise und Fußnoten

Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen

Bearbeitungsstand: 2024-10-26 19:15 / Version 41.

Aliase: Suchbereitschaft, Verfahrensmotiv, Verfahrensinteresse
Siehe auch: Allgemein, Mediationsfähigkeit, Verhandlungsbereitschaft
Prüfvermerk:


Based on work by Arthur Trossen und Bernard Sfez und anonymous contributor . Last edited by Arthur Trossen
Seite zuletzt geändert am Donnerstag Dezember 5, 2024 18:51:39 CET.

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