Lade...
 

Therapie ist eine Behandlung

Wissensmanagement » Sie befinden sich auf einer Archivseite. Die Therapie ist von der Mediation abzugrenzen, erst recht, wenn sie die Techniken der Therapie verwendet und ihr nahe kommt. Das gilt erst recht für die Psychotherapie.

Verfahrensabgrenzungen Therapie Lösungsorientierte Kurztherapie Krankheit Konfliktarbeit Gedanken

Abstract: Wäre der Konflikt eine Krankheit, läge es nahe auch die Mediation als eine Therapie zu bezeichnen. Die Mediation kann durchaus eine heilende Wirkung haben. Gerade weil die Mediation auch Techniken und Erfahrungen aus der Therapie verwendet, ist die Abgrenzung erforderlich.

Einführung und Inhalt: Der Begriff Therapie kommt aus dem Altgriechischen und bedeutet so viel Behandlung (auch Dienst, Pflege, Heilung).1 Die Therapie zielt darauf ab, Behinderungen, Krankheiten und Verletzungen einer Heilung zuzuführen, also die körperliche und seelische Integrität herzustellen. Es geht stets um die Behandlung einer Krankheit. Ausgangspunkt ist eine Krankheitsdiagnose.

Konflikte sind keine Krankheit

Das Ziel der Mediation ist die Regelung der Zukunft. Die Zukunft darf auch ein Zustand der Gesundheit sein. Der Regelungsbedarf entsteht bei der Mediation allerdings aus dem Konflikt und nicht wie bei der Therapie aus einer Krankheit. Der Konflikt ist etwas Normales. Er ist deshalb weit entfernt davon, als Krankheit definiert zu werden. Allerdings gibt es ein krankhaftes Konfliktverhalten. Auch kann die Krankheit durchaus Konflikte heraufbeschwören, so wie Konflikte auch krank machen können. Für die Frage der Abgrenzung kommt es somit entscheidend darauf an, wie sich das Krankheitsbild darstellt, wenn der Konflikt beigelegt ist. Nach §2 der Psychotherapie-Richtlinie wird eine seelische Krankheit als krankhafte Störung der Wahrnehmung, des Verhaltens, der Erlebnisverarbeitung, der sozialen Beziehungen und der Körperfunktionen verstanden, wenn sie der willentlichen Steuerung durch die Patientin oder den Patienten nicht mehr oder nur zum Teil zugänglich sind.2 Daraus ergibt sich eine gute Abgrenzung zur Mediation, die eine willentliche Entscheidung der Parteien voraussetzt. Ist sie nicht gegeben, muss die Mediationsfähigkeit ausgeschlossen werden.

Überschneidungen

Wenn Sie sich das Streitkontiinuum näher anschauen, wird deutlich, wie hah die transfoprmative oder die integrierte Mediation an die Therapie herankommt. Die Mediation ist aber keine Therapie. Ein entscheidendes Kriterium für die Abgrenzung ist, ob die Parteien in der Lage sind, dem Gedankengang der Mediation zu folgen. Davon ausgehend, dass auch die Mediation eine Heilung herbeiführen kann, gibt es zumindest vordegründig eine Übereinstimmung mit den therapeutischen Aufgaben. Die in der Mediation oder der Psychotherapie anzusprechenden Themen können sich durchaus überschneiden. Der Unterschied ergibt sich deshalb nicht aus der Themenstellung, sondern aus der Abgrenzung zwischen einer Behandlung (der Konfliktursache) und der Bearbeitung (des Konfliktes). Die Therapie schaut auf die Ursachen. Die Mediation auf die Wirkung. Mithin ergibt sich das Unterscheidungskriterium aus der Art und Weise der gebotenen oder gewünschten Bearbeitung der zum Problem führenden Verletzung.3

Je nach dem zugrunde gelegten Mediationskonzept gibt es aber auch insoweit Überschneidungen. Der mit der kognitiven Mediationstheorie beschriebene Gedankengang weist durchaus Ähnlichkeiten mit der lösungsorientierten Kurztherapie auf. Auch diese Therapie kommt ohne eine Diagnose aus. Anders als dort geht es in der Mediation jedoch nicht primär um die Änderung innerer psychischer Verhaltensmuster. Diese Veränderung kann sich durchaus als ein Effekt darstellen. Sie steht in der Mediation aber nicht im Fokus der Bearbeitung. Mit anderen Worten: wenn die Impulse zur Selbstheilung der Mediation nicht genügen, besteht ein Mediationshindernis, das den Mediator veranlasst, Maßnahmen zu ergreifen.4

Schnittstellen

Die Mediation zielt (lediglich) auf eine Entscheidung, was wie zu ändern ist, damit der Konflikt überwunden wird. Voraussetzung dafür ist eine Konflikteinsicht. Die Konflikteinsicht wiederum beruht auf der Fähigkeit zur Einsicht. Die kognitive Fähigkeit kann durchaus wegen einer psychischen Erkrankung eingeschränkt sein, wenn die Krankheit dem Erkenntnisgewinn nicht sogar im Wege steht.5 Der Mediator oder die Mediatorin haben also die Aufgabe auf Krankheitssymptome zu achten.6 Das klingt komplizierter als es ist. Der Mediator erkennt dieses Hindernis spätestens dann, wenn sich der mediative Gedankengang nicht verwirklicht und seine Interventionen nicht anschlagen. In dem Fall muss er, wenn er die Mediation nicht abbricht, einen Therapeuten zurate ziehen oder die Therapie zumindest ergänzend anraten.

So wie die Erkrankung die Lösungsfindung verhindern kann, kann sie auch der Verwirklichung der Lösung im Wege stehen.

Beispiel 11959 - Die Mediation ist auch bei Suchterkrankungen möglich,wenn der Mediator damit umgehen kann. Die Mediation kann zur Krankheitseinsicht beitragen. Fraglich ist jedoch, ob sich die suchtkranke Person an die Vereinbarung halten kann. Die Sucht wird sie immer wieder davon abhalten. Hier wird es einer nachwirkenden Kontrolle oder einer therapeutischen Begleitung bedürfen, damit der Patient seine Sucht überwinden kann. Die Erkenntnis, es zu tun, ist nicht ausrteichend.


Die Mediation endet zwar mit der Entscheidung. Es gibt jedoch häufige Nachwehen, die der Mediator oder die Mediatorin im Blick haben sollten. Eine individuelle Begleitung einer Partei, wie sie etwa das Coaching oder die Therapie anbieten, ist ihnen schon im Hinblick auf das Verbot der Nachbefassung untersagt.7 In dem Fall bietet es sich an, mit einem Coach oder einem Therapeuten zusammenzuarbeiten.

Seiteneffekte

Sowohl der Mediator wie der Therapeut arbeiten am Menschen, nicht am Fall. Während der Therapeut oft nur seinen Patienten im Blick hat, muss der Mediator die Partei in der streitigen Beziehung zu den Gegnern in den Blick nehmen. Je nach Therapeut und Therapieform verschiebt sich dabei der Behandlungsgegenstand, sodass es zu Ausstrahlungen auf das jeweils andere Verfahren8 kommen kann.

Beispiel 12007 - Das Phänomen ist leider kein Einzelfall. Während einer Mediation in einem recht hoch eskalierten Konflikt zwischen den Parteien, befindet sich eine der Parteien in einer therapeutischen Begleitung. Die Therapie hat insofern mit dem Mediationsgegenstand zu tun, als sie die Auswirkungen der Beziehung zwischen den Parteien mit der in Therapie befindlichen Partei betrifft. Der Therapeut oder die Therapeutin verstärken Beziehungskonflikt bewusst oder unbewusst, in dem sie der von ihr betreuten Partei erklären, die gegnerische Partei sei ein Narzisst, gegen den sich die in Behandlung befindliche Partei zu schützen habe. Die auf die Gegenpartei bezogene Diagnose erfolgt, ohne dass der Therapeut oder die Therapeutin die Gegenpartei jemals gesehen hat. Der in Behandlung befindlichen Partei wird jetzt ein Verhalten nahegelegt, das den Beziehungskonflikt zwischen den Parteien in die Eskalation treibt.


Um diese Seiteneffekte zu vermeiden, sollten die Dienstleister (Mediatoren und Therapeuten) sich abstimmen.

Die Notwendigkeit zur Zusammenarbeit in der Mediation 

Behandlung

Die Behandlung wird mit Dienst, Pflege und Heilung erläutert. Die (Be-)Handlung steht im Vordergrund. Ob die Heilung eine Handlung oder einen Erfolg darstellt, mag dahingestellt bleiben. In jedem Fall ist es ein Prozess, der auf den Zweck (Wiederherstellung von Gesundheit) schaut. Auch wenn der Prozess identisch ist, unterscheidet er sich von der Genesung, die eine Überwindung eines (krankhaften) Zustands fokussiert. Die Begrifflichkeit verleitet zu der Annahme, dass die Heilung in den Händen derer liegt, die sich zu der Behandlung verpflichtet haben. Tatsächlich liegt sie aber weiterhin in den Händen der Patienten. Die genaue Abgrenzung der Verantwortlichkeiten erschließt sich aus dem folgenden Beispiel einer Verwundung:

Beispiel 12076 - Ein Kind ist gestürzt und hat sich verletzt. Es blutet. Die Verletzung ist nicht sehr stark. Eine Behandlung ist nicht erforderlich. Die Wunde wird mit einem Pflaster versorgt, sodass sie heilen kann.


Das Beispiel soll zeigen, dass die Wunde selbst heilen muss. Demzufolge kann eine Behandlung auch nur den Zweck verfolgen, den Heilungsprozess zu unterstützen und Bedingungen zu schaffen, die die Heilung ermöglichen und Beeinträchtigungen auszuräumen, die der Heilung im Wege stehen.

Die Heilungseffekte in der Mediation 

Es gibt eine Vielzahl von Behandlungsmöglichkeiten. Die Psychotherapie-Richtlinie führt beispielsweise auf: Katathymes Bilderleben, Rational Emotive Therapie (RET), Eye-Movement-Desensitization and Reprocessing (EMDR), die Verhaltenstherapie, die tiefenpsychologisch fundierte
Psychotherapie und die analytische Psychotherapie auf. Die Gesprächspsychotherapie, die Gestalttherapie, die Logotherapie, das Psychodrama, das respiratorische Biofeedback und die Transaktionsanalyse sind zwar auch Psychotherapieverfahren, Psychotherapiemethoden und psychotherapeutischen Techniken. Sie erfüllen jedoch nicht die Anforderungen der Richtlinie.

Berufsvorbehalt

So wie Mediatoren wegen des Rechtsdienstleistungsgesetzes keine Rechtsberatung diurchführen dürfen, ist ihnen auch die Psychotherapie verwehrt. Das ergibt sich aus dem Psychotherapeutengesetz (PsychThG).9 Die Kassenärztliche Bundesvereinigung führt aus, dass die Psychotherapie in der vertragsärztlichen Versorgung als tiefenpsychologisch fundierte und analytische Psychotherapie seit 1970/71 und als Verhaltenstherapie seit 1985 geregelt ist. Das Psychotherapeutengesetz wirkt sich unmittelbar auf die Psychotherapie-Richtlinie und Fünfte Sozialgesetzbuch aus. Seitdem sind Psychotherapeuten fest in die vertragsärztliche Versorgung integriert und werden als Heilberufe mit Approbation anerkannt.10 Nach §1 PsychThG ist die Psychotherapie jede mittels wissenschaftlich anerkannter psychotherapeutischer Verfahren vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Störungen mit Krankheitswert, bei denen Psychotherapie indiziert ist. Nicht zur Ausübung von Psychotherapie gehören psychologische Tätigkeiten, die die Aufarbeitung und Überwindung sozialer Konflikte oder sonstige Zwecke außerhalb der Heilkunde zum Gegenstand haben.

Bedeutung für die Mediation

Die Mediation ist oft der sanftere Weg der Konfliktbeilegung, weil sie den Finger nicht in die Wunde steckt. Sie ist lösungsoffen und kommt ohne eine Diagnose und die darauf bezogenen Bewertungen aus.11 Problematisch wird die Abgrenzung, wenn auf die Bearbeitung sozialer Konflikte innere Konflikte (wie z.B. eine Lebenskrise) einwirken. Hier wird die Auffassung vertreten, dass sie auch in der Mediation bearbeitet, nicht aber behandelt werden dürfen.12

Was tun wenn ...

Hinweise und Fußnoten
Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen
Bearbeitungsstand: 2023-10-03 04:22 / Version 25.

Alias: Psychotherapie
Siehe auch: Heilung, Verfahrensabgrenzung
Prüfvermerk: -

1 Wikipedia - 2019-11-19/Therapie
4 Die Herausforderung wird erfasst als: trackeritem:12074
5 Die Krankheit stellt ein Verfahrenshindernis dar, das erfasst ist als: trackeritem:12074
6 Die Aufgabe wird im Aufgabenverzeichnis geführt als: Krankheitssymptome beachten
8 Die Therapie wird in der hier verwendeten Begrifflichkeit auch als ein Verfahren beschrieben.


Based on work by Arthur Trossen und Bernard Sfez . Last edited by Arthur Trossen
Seite zuletzt geändert am Sonntag Dezember 15, 2024 05:51:58 CET.

Durchschnittliche Lesedauer: 6 Minuten