Die Rechtsschutzversicherung
Wissensmanagement » Sie befinden sich auf einer Unterseite zum Titel Finanzierung in der Abteilung Praxis. Hier geht es um die Einbeziehung der Konfliktkosten in die Kostenberechnung. Beachten Sie bitte auch:
Finanzierung Versicherungen Mediationskosten Honorierung Rechtsschutzversicherung
Auch die Rechtsschutzversicherung kann keinen Rechtsschutz garantieren. Sie versichert nicht das Recht, sondern die Kosten der Rechtsverfolgung. Sie kann deshalb dazu beitragen, das Kostenrisiko zu minimieren. Auch wenn die Mediation eher ein Interessenschutz als ein Rechtsschutz ist, werden die Kosten in einigen Fällen auch von der Rechtsschutzversicherung getragen.
Es lohnt sich, genau hinzuschauen
Ein Prozess birgt stets ein Riskio. Auch wenn sich das Prozessrisiko berechnen lässt,1 weiß der Volksmund:
Bei Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand
Ein chinesisches Sprichwort besagt, dass ein Papier, das in den Gerichtssaal geweht wird, nur von acht Ochsen herausgetragen werden kann.
Auch einen Prozess muss man sich leisten können. Dafür tritt beispielsweise die Rechtsschutzversicherung ein. Eine Prozessfinanzierung kann in gewissem Umfang aber auch durch staatliche Hilfen im Wege der Verfahrenskostenhilfe oder der Prozesskostenhilfe abgedeckt werden.
Prozessfinanzierung Verfahrenskostenberechnung Verfahrens- und Prozesskostenhilfe
Versicherungsgegenstand
Aus der Kundensicht erlauben die Rechtsschutzversicherungen der Streitpartei eine größere Bewegungsfreiheit im Falle eines Prozesses. Die Partei muss nicht auf die Geltendmachung von Prozessmaßnahmen verzichten, nur weil sie das Kostenrisiko scheut oder nicht einzuschätzen vermag. Deshalb leben die Rechtsschutzversicherungen davon, das Risiko eines unkalkulierbaren, eskalierenden Streites aufzufangen.
Natürlich mündet das Streitrisiko auch in ein Kostenrisiko für die Rechtsschutzversicherung. Ihr Dilemma besteht darin, dass sie selbst einen dem Prozessrisko entsprechenden Kostenaufwand zu tragen hat. Deshalb hat auch die Rechtsschutzversicherung ein Interesse daran, die Kosten gering zu halten. Die Mediation könnte ihr dafür als ein Werkzeug dienen. Das Interesse der Rechtsschutzversicherer an der Mediation folgt aber nicht nur finanziellen Erwägungen. Auch ein verändertes Servicedenken in der Versicherungswirtschaft begünstigt das Angebot, auch die Mediationskosten zu decken. Die Versicherungen wollen zeigen, dass sie nicht nur zum Zahlen da sind.2 Die Rechtsschutzversicherungen unterstützen die Mediation also nicht ganz uneigennützig. Wenn die Mediation erfolgreich ist, spart sie letztlich auch der Rechtsschutzversicherung Kosten.
Möglicherweise liegt es an dem auf den Rechtsschutz hindeutenden Namen, dass der Versicherungsgegenstand von dem möglichen Mediationsgegenstand abweicht. Der Mediationsgegenstand ist viel weiter gefasst. Mediationsn sind auch in Fällen möglich, die niemals vor Gericht verhandelt werden3 Überhaupt kommt die Frage auf, warum nicht auch die Krankenversicherung für die Mediation aufkommt. Dieser Gedanke ist naheliegend, wenn die Mediation nach den Grundsätzen der kognitiven Mediationstheorie ausgeführt wird und sowohl Heilungs- wie Resilienzeffekte aufweist.
Umfang der Kostendeckung
Die Versicherung deckt in der Regel folgende Kosten ab:4
- Eigene Anwaltskosten
- Gerichtskosten (inkl. Zeugen- u. Sachverständigenkosten)
- Kosten der Zwangsvollstreckung (Gerichtsvollzieher)
- Kosten für Verwaltungsverfahren (Widerspruch, Einspruch)
- Kosten des Gegners im Falle des Unterliegens
Wann und inwieweit die Rechtsschutzversicherung für eine Mediation eintritt, ergibt sich aus den Versicherungsbedingungen. Wer eine Rechtsschutzversicherung wählt, um im Streitfall auch die Mediationskosten zu decken, sollte sich vorher informieren. Wiki to Yes versucht dabei eine Hilfestellung zu geben, indem die Tarife (soweit möglich) im Kapitel Rechtsschutzversicherer aufgelistet werden.
Vorgehensweise
Die Versicherungsbedingungen regeln mitunter nicht nur die zu deckenden Kosten, sondern auch die Art und Weise wie der Versicherungsschutz in Anspruch genommen werden kann. Oft behalten sich die Versicherungen die Wahl des Mediators vor.5 Sie wollen auf dem Weg den Prozess kontrollieren. Manche Versicherungen engagieren die Mediatoren sogar selbst. Andere erwirken die umstrittene telefonische Shuttle-Mediation. Manche kümmern sich sogar um die Aus- und Fortbildung der Mediatoren. Das Bemühen der Versicherer ist nicht unproblematisch, weil die Rechtsschutzversicherung ein eigenes Interesse an dem Ausgang des Verfahrens hat und auf Kostenminimierung bedacht ist. Nicht immer ist das die beste Lösung für den Versicherungsnehmer.
Rechtslage
Die Rechtslage ist zumindest nach dem Wortlaut des Gesetzes eindeutig. Danach kann die Rechtsschutzversicherung den Mediator wegen § 2 Mediationsgesetz grundsätzlich nicht vorschreiben. Mache Rechtsschutzversicherungen argumentieren, dass sie - solange der Beruf ungeschützt ist - Einfluss darauf nehmen wollen, dass sich der Versicherungsnehmer für einen ausreichend qualifizierten Mediatort entscheidet. Als Qualifikationsmerkmal dient die Anwaltszulassung. Selbst wenn die Versicherung den Versicherungsnehmer insoweit schützen will, kann sie ihm die Wahl des Mediators ihres Vertrauens jedoch nicht abnehmen. Der die Neutralität der Versicherung wahrende Weg wäre die Vorgabe von Kriterien für die Mediatorenauswahl wie etwa in der Entscheidungshilfe zur Mediatorenauswahl bei Wiki to Yes.
Sobald die Rechtsschutzversicherung Einfluss auf die Wahl des Meditors nimmt, ergibt sich die aus § 3 Abs. 1 Mediationsgesetz abzuleitende Verpflichtung des Mediators, das Auftragsverhältnis mit der Rechtsschutzversicherung offen zu legen, um Bedenken gegen seine Unabhängigkeit zu zerstreuen. Weil die Rechtsschutzversicherung ein Interesse am Ausgang hat, wäre auch ein Wort zur Neutralität angebracht.
Deckungszusage
Die Deckungszusage ist eine vorab erteilte Zusicherung der Rechtsschutzversicherung über die Kostenübernahme. Sie kann von dem Versicherungsnehmer ebenso angefragt werden, wie von dem Mediator, wenn er dazu bevollmächtigt und beauftragt wird. Die Einholung der Deckungszusage kann bei der Honorierung abgerechnet werden. Meist erfolgt sie jedoch als kostenfreie Serviceleistung.6
Die Notwendigkeit, eine Kostendeckungszusage bei der Rechtsschutzversicherung bereits VOR der Inanspruchnahme einer Mediation einzuholen, ergibt sich aus einer Obliegenheitspflicht des Versicherungsnehmers. Die Verletzung dieser Pflicht kann seitens der Versicherung zur Leistungsverweigerung führen. Leider zeigt die Erfahrung, dass es im Falle einer Mediation unbedingt anzuraten ist, vor der Kontaktaufnahme mit der Versicherung die sogenannten ARBs (Allgemeine Rechtsschutzbedingungen) zu lesen. Es kommt vor, dass die Auskunftspersonen nicht über den Deckungsumfang der Mediationskosten informiert sind.7 Auch muss damit gerechnet werden, dass sie die Kostendeckung von Mediatoren ablehnen, die nicht von der Versicherung eingesetzt werden oder dass eine telefonische Shuttlemediation verlangt wird. Die Vorgehensweise ist außerordentlich bedenklich und gegebenenfalls auch wettbewerbswidrig. Wie bereits erwähnt, müssen die Rechtsschutzversicherungen respektieren, dass die Parteien nach §2 Abs. 1 Mediationsgesetz die Mediatoren wählen, nicht die Versicherungen. Sie können bei der Wahl behilflich sein, diese aber nicht vorschreiben. Manche Rechtsschutzversicherungen argumentieren durchaus zutreffend, dass die Qualifikation der Mediatoren sehr undurchsichtig und von Laien kaum zu durchschauen sei, weshalb sie nur die Kosten von zertifizierten Mediatoren tragen. In jedem Fall sollte darauf geachtet werden, dass sich die Rechtsschutzversicherung nicht dem Verdacht aussetzt, mit der Beschränkung der Mediatorenwahl auf eigene Mediatoren oder solche, die mit der Versicherung zusammenarbeiten, merkantile Interessen verfolgt. Insoweit greifen die Überlegungen zur sogenannten telefonischen Shuttlemediation, die markanterweise oft nur von Anwälten ausgeführt werden darf. Ob und inwieweit die Beschränkung der Mediatorenwahl, die, anders als die Wahl des Anwalts, nur mit Zustimmung der Gegenseite zu erfolgen hat, rechtlich zulässig, möglich und sinnvoll ist, bedarf der weiteren Untersuchung.8
Die Frage der Deckungszusage löst sich von den rechtlichen Fällen besonders dann, wenn es um die Einschätzung der Erfolgsaussicht und den Umfang der Kostendeckung geht. Auch in diesen Fragen gibt es unterschiedliche Herangehensweisen. Besonders hinsichtlich des Umfangs der Kostendeckung ist zu klären, ob sie die gesamten Kosten der Mediation erfasst oder nur den auf den Versicherungsnehmer entfallenden Anteil. Wie wird abgerechnet, wenn der Versicherungsnehmer einen höheren Kostenanteil als die auf ihn entfallende numerische Quote übernimmt?
Der Versicherungsnehmer muss nicht nur auf die vorherige, sondern auch auf die rechtzeitige Einholung der Deckungszusage achten. Die Einholung der Deckungszusage setzt weder Fristen, noch Dringlichkeiten aus, wenn sich die Versicherung mit der Entscheidung über die Deckungszusage und den Umfang Zeit lässt.
Vergleichstabelle zur Unterstützung der Mediation
Außergerichtliche Schlichtungsversuche stehen hoch im Kurs: Mittlerweile übernehmen 90 Prozent der deutschen Rechtsschutzversicherer die Kosten für eine Mediation.9 Die folgende Tabelle bietet einen Überblick über ausgewählte Rechtsschutzversicherer in Deutschland und deren Leistungen im Bereich Mediation. Sie wurde von einer KI erstellt und basiert auf auf öffentlich verfügbaren Informationen:10
Versicherer | Mediation im Leistungsumfang | Kostenübernahme pro Fall | Max. Jahresleistung | Freie Mediatorenwahl | Aktive Kundeninformation |
---|---|---|---|---|---|
ARAG | Ja | Bis zu 3.000 € | Variabel | Eingeschränkt | Ja |
Allianz | Ja | Bis zu 2.000 € | Bis zu 4.000 € | Möglich | Ja |
Roland | Ja | Bis zu 10.000 € | Bis zu 10.000 € | Eingeschränkt | Ja |
R+V | Ja | Bis zu 1.500 € | Bis zu 3.000 € | Eingeschränkt | Ja |
Advocard | Ja | Max. 180 €/Stunde | Unbegrenzt | Eingeschränkt | K.A. |
Ergo (D.A.S.) | Ja | Bis zu 2.000 € | Bis zu 4.000 € | Eingeschränkt | Ja |
Debeka | Ja | Bis zu 3.000 € | Bis zu 6.000 € | Eingeschränkt | Nein |
HUK-COBURG | Ja | Variabel | Variabel | Eingeschränkt | Ja |
Zurich | Ja | Vollständig | Variabel | Eingeschränkt | Ja |
Adam Riese | Ja | Bis zu 3.000 € | Variabel | Möglich | Ja |
Nach dieser vorläufigen Recherche übernehmen die meisten Versicherer Mediationskosten bis zu einem bestimmten Höchstbetrag pro Fall, häufig zwischen 1.500 € und 3.000 €. Die Kosten der Mediation werden in Bereichen wie Zivilrecht, Nachbarschaftsrecht, Mietrecht, Arbeitsrecht und Familienrecht erstattet. In der Regel wird nur der Kostenanteil der Versicherungsnehmer erstattet. Dies ist vor allem dann relevant, wenn die Mediationskosten zwischen den Konfliktparteien paritätisch (z. B. 50/50) geteilt werden. Es gibt aber aucgh Fälle, wo die gesamten Kosten gedeckt werden. Für detaillierte Informationen empfiehlt es sich, die jeweiligen Versicherungsbedingungen zu prüfen oder direkt beim Anbieter nachzufragen. Das gilt auch für die Wahl des Mediators. Während einige Versicherer die freie Wahl ermöglichen, ist dies bei anderen eingeschränkt oder an bestimmte Bedingungen, wie z.B. die Qualifikation des zertifizierten Mediators, geknüpft. Uns interessiert natürlich, welche sonstigen Bedingungen gestellt werden und inwieweit sie Wahl des Mediators einschränken. Insbesondere ist der Frage nachzugehen, ob derartige Regelungen Mediationen vereiteln, etwa weil der Gegner auf einem Mediator besteht, den die Versicherung nicht akzeptieren will. Der Gegner ist möglicherweise kein Versicherungsnehmer und hat definitiv auch ein Wort mitzureden. Die Frage, wie die Rechtsschutzversicherungen mit der Mediation umgehen, wurde für den Forschungsbedarf notiert.11 Viele Versicherer informieren ihre Kunden aktiv über die Möglichkeit der Mediation, insbesondere bei Schadensmeldungen. Manche verlangen auch eine telefonische Shuttlemediation. Die Integration von Mediation in Rechtsschutzversicherungen in Deutschland ist weit fortgeschritten. Die meisten Versicherer erkennen den Wert außergerichtlicher Konfliktlösungen und bieten entsprechende Leistungen an. Für Versicherte bedeutet dies eine wertvolle Ergänzung zu traditionellen Rechtswegen, die sowohl Zeit als auch Kosten sparen kann.12
Verzeichnis der Rechtsschutzversicherer
Die Liste der Versicherungen, die mit Mediation zu tun haben, wird redaktionell geführt. Sie haben die Möglichkeit, die Angaben zu ergänzen und zu vervollständigen.
Bedeutung für die Mediation
Es ist auffällig, dass die Rechtsschutzversicherer Rechtsanwälte als Mediatoren bevorzugen. Dass bringt die Rechtsschutzversicherer in den Verdacht, die Mediation als ein Format der Rechtsberatung zu missbrauchen. Auffällig ist auch, dass nur sogenannte forensiche Mediationen, also Mediationen zur Abwendung eines Gerichtsverfahrens abgedeckt werden. Die Bandbreite der Mediation wird nicht voll ausgeschöpft. Für die Rechtsschutzversicherer stellt sich allerdings nicht die Notwednigkeit, die Mediation (wie im Falle der Mediationskostenhilfe) definieren zu müssen. Sie legen in den Versicherungsbedingungen einfach die Fälle fest, für die eine Kostendeckung möglich ist, so wie sie auch nicht die Kosten für jeden Rechtsstreit decken.
Was tun wenn ...
- Die Rechtsschutzversicherung verweigert die Deckungszusage
- Die Partei lehnt eine Mediation wegen der Kosten ab
- Weitere Empfehlungen im Fehlerverzeichnis oder im Ratgeber
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Alias: Deckungszusage
Siehe auch: Die erschwerte Deckungszusage
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