Lade...
 

Der Grundsatz der Informiertheit

Wissensmanagement » Diese Seite gehört zum Fachbuch Mediation in der Wiki-Abteilung Wissen. Sie befinden sich auf der Unterseite zum Kapitel Themenseite Grundsätze, das zum 4. Buchabschnitt Prozess gehört.

Grundsätze Transparenz Informiertheit Konsensprinzip Freiwilligkeit Kooperation Beibringung

Worum es geht: Die Grundsätze der Mediation oder die Prinzipien geben Orientierung und helfen bei ihrer korrekten Umsetzung. Sie helfen, den rechten Weg durch die Mediation zu finden und legen die Pflichten des Mediators fest, weshalb sie bei der Frage der Haftung eine wichtige Rolle spielen. Es ist also wichtig, sie im Einzelnen zu kennen und korrekt umzusetzen. Worum geht es beim Grundsatz der Informiertheit genau?

Das geht Dich nichts an!

Wer entscheidet das mit welcher Konsequenz?

Inhalt Themen Zurück Weiterlesen

Einführung und Inhalt: "Information bedeutet Macht", sagt man. Informationen können also auch strategisch eingesetzt werden. Nicht nur vor diesem Hintergrund kommt dem Grundsatz der Informiertheit eine besonere Rolle zu.

  Das ist ein Grundsatz der Mediation
Mediationsgrundsätze sind grundsätzlich zu beachten. Dabei sind Regeln einzuhalten. Eine Verletzung der Grundsätze kann eine Pflichtverletzung begründen und zur Haftung führen.

Was ist Informiertheit

Informiertheit bedeutet, über das erforderliche Wissen zu verfügen, um eine Entscheidung treffen zu können. Die Informiertheit ist ein weiteres wichtiges Prinzip in der Mediation.1 Sie ist die Bedingung, unter der ein Konsens überhaupt erst möglich wird. Trotzdem wurde sie im Mediationsgesetz nicht explizit erwähnt. Sie mag sich aus § 2 Abs. 6 Mediationsgesetz herleiten, der besagt:

Der Mediator wirkt im Falle einer Einigung darauf hin, dass die Parteien die Vereinbarung in Kenntnis der Sachlage treffen und ihren Inhalt verstehen.


Die Vorschrift geht nicht weit genug. Sie beschreibt nur die Informiertheit über die zur Einigung notwendigen Sachfragen.

Maßstab

Wenn die Mediation als ein Prozess der Informationsverarbeitung angesehen wird, erschließt es sich besser welche Informationen wie zur Verfügung zu stellen sind, damit die Parteien selbst in die Lage versetzt werden eine Lösung zu finden. Dabei müssen nicht nur die Sachfragen verstanden werden. Ohne die Motive der Gegenseite zu kennen, werden die Parteien kaum in der Lage sein sich ein Angebot zu unterbreiten von dem sie davon ausgehen können dass es von der Gegenseite angenommen wird. Wenn die Mediation als ein Erkenntnisprozess beschrieben wird erschließt es sich der Mediator welche Erkenntnisse zu gewinnen sind, um die jeweilige Phase abschließen zu können. Die Art und Weise wie und welche Informationen eingebracht werden, ergibt auch, wie das Verhältnis der Parteien zueinander ist. Es wird erkennbar, wer was verbergen will oder nicht. Es finden sich Anhaltspunkte, wie Vertrauen gebildet werden kann. So gesehen ist die Informiertheit auch an Instrument der Vertrauensbildung.

Gegenstand

Informiertheit bedeutet, dass den Parteien alle Informationen zugänglich sind, die sie benötigen, um für sich eine messbare Entscheidung zu treffen ohne dabei die Interessen der Gegenseite aus dem Blick zu verlieren. Diese Anforderung geht über § 2 Abs. 6 Mediationsgesetz hinaus. Sie erwartet, dass die Medianden abhängig vom Mediationsmodell nicht nur über die Sachfragen, sondern auch über die Motive der jeweiligen (Gegen-)Seite informiert sein müssen. Wie sonst sollen sich die Parteien ein Angebot unterbreiten, von dem sie ausgehen können, dass es die Gegenseite anerkennt. Der Mediator vergewissert sich mit der Windows-Technik, dass dem so ist. Ohne die Kenntnis der Motive, damit sind die Interessen i.S.d. Mediation gemeint, wird die Partei kaum in der vierten Phase in der Lage sein, ein Angebot zu unterbreiten, das die Chance hat, von der Gegenseite angenommen zu werden. Spieltheoretisch kommt die Mediation einem kooperativen Suchspiel mit voller Informiertheit nahe.2 Hierfür kommt es auf strategische Informationen an, die das Verhalten des Gegners einschätzen lassen. Der Mediator sollte also auch dessen Verhalten und die dahinter verborgenen Absichten aufdecken, um Fehlinterpretationen zu vermeiden. Insgesamt bedarf es weit mehr Informationen, um eine erfolgreiche Mediation durchzuführen, als §2 Abs. 6 Mediationsgesetz erwähnt.

 Merke:
Leitsatz 15752 - Die in der Mediation zu erhebenden Informationen müssen sich auf alle Daten und Hinweise erstrecken, die zum Verständnis des Verfahrens, des Konfliktes, des Verhaltens der Parteien und ihrer Beweggründe sowie der möglichen Lösungsoptionen beitragen.

Erhebung

Grundsätzlich ist die Informationsbeschaffung eine Angelegenheit der Parteien. Der Mediator achtet aber darauf, dass alle relevanten Informationen eingebracht werden. Ist in Phase vier noch ein verhandlungsrelevantes Fakt streitig, wird nicht gestritten, sondern gefragt, wie das Fakt zu verifizieren ist. Wenn die Mediation wie ein Puzzle aufgebaut wird, in dem sich dem Informationen selbst zu einem Bild zusammenfügen, kommt es nicht darauf an wer den Puzzlestein oder die Information einbringt. Es kommt lediglich darauf an dass sie verfügbar ist. In Sachfragen kann auch der Mediator Informationen zur Verfügung stellen. Er muss es aber nicht und sollte behutsam mit damit umgehen. Es gilt der Grundsatz:

 Merke:
Leitsatz 15384 - Wenn der Mediator Informationen zur Verfügung stellt, haftet er für die Richtigkeit der Information!

Die Parteien werden alle Informationen auf Wiki to Yes finden auch solche, die Berechnungen beinhalten oder ermöglichen. Der Mediator ist nach §2 Abs. 6 Mediationsgesetz dazu verpflichtet darauf zu achten und sogar darauf hinzuwirken, dass die der Abschlussvereinbarung zugrunde liegende Entscheidung in Kenntnis der Sachlage getroffen wird und dass ihr Inhalt verstanden wird. Mit dieser Regelung wird der Grundsatz der Informiertheit angesprochen. Die Regelung geht nicht weit genug, weil zur Informiertheit auch die Informiertheit über Motive gehört. Nicht dazu gehört die rechtliche Überprüfung, wohl aber eine Schlüssigkeitsprüfung.

Beispiel 15385 - In einer Familienauseinandersetzung anlässlich einer Trennung streiten die Parteien über die Vermögensaufteilung. Die Ehefrau bezweifelt die von dem Mann benannten Wertangaben, die seine Firma betreffen. Der Mann kann und will keine aktuellen Zahlen vorlegen. Er beruft sich darauf, dass er mit der Buchhaltung im Rückstand sei. Die Mediatorin drängt zur Einigung und sagt der Ehefrau dass sie wohl nie zu einem Ergebnis käme, wenn sie auf die Vorlage der Zahlen bestünde.


Ganz abgesehen davon, dass die unbedachte Erklärung der Mediatoren eine Rechtsberatung darstellt, die üblicherweise eine Überprüfung der Zahlen und Möglichkeiten beinhaltet, hat sie das Bedürfnis nach Klärung, welche die Kenntnis der Sachlage betrifft, geflissentlich übergangen. Richtig wäre es gewesen die Mediatoren hätte auf den Klärungsbedarf hingewiesen und mit den Parteien überlegt, wie damit umzugehen ist. Sie hatte den Ehemann beraten können, dass er verpflichtet ist die Zahlen vorzulegen und hierzu in einem Gerichtsverfahren gezwungen werden kann, sodass es schlau ist einen einvernehmlichen Weg zu finden. Aus dieser Situation gibt es viele Möglichkeiten, wie man die Informationslücke überwinden kann. Entscheidend ist, dass die Informationslücke den Parteien bewusst ist und welche Auswirkungen sich ergeben, wenn Sie diese Information nicht einholen. Kommt es zur Abschlussvereinbarung ist diese wirksam, unabhängig von der Frage, welche Informationen zugrundegelegt haben.

Eine rechtliche Beratung und Kontrolle kann dem Mediator nicht zugemutet werden. Sie ist ihm sogar verwehrt soweit es eine parteilichen Beratung ist. Die Grenze zur Rechtsberatung wird im Zusammenhang mit der Zulässigkeit der Rechtsberatung in der Mediation erörtert.

Bedeutung für die Mediation

Der Grundsatz der informiert hat ist ein wesentliches Prinzip der Mediation. Es korrespondiert mit dem Transparenzprinzip und dem Konsensprinzip. Es hat eine strategische Konsequenz, wenn Informationen zur Verfügung gestellt werden die zum Streiten missbraucht werden können. Der Grundsatz der Informiertheit ist deshalb nicht isoliert zu betrachten. Der Mediator muss diesen Grundsatz nicht erwähnen, wenn er gemäß §2 Abs. 2 Mediationsgesetz die Grundlagen der Mediation einführt. Je nach dem Verhalten der Parteien und im Verlauf des Verfahrens kann es jedoch erforderlich sein, den Grundsatz herauszustellen.

Was tun wenn ...

Hinweise und Fußnoten

Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen

Bearbeitungsstand: 2024-03-21 11:13 / Version 33.

Aliase: Informiertheit
Siehe auch: Trossen (un-geregelt)
Textvollendung und Programmvollendung erforderlich

1 Trossen (un-geregelt), Rdnr. 739 ff.
2 Siehe dazu die Ausführungen im Beitrag Spieltheorie und Suchspiel


Based on work by Arthur Trossen und anonymous contributor . Last edited by Arthur Trossen
Seite zuletzt geändert am Montag Dezember 9, 2024 11:00:46 CET.

Durchschnittliche Lesedauer: 6 Minuten