Die Metaebenen der Mediation
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Die Metaebene bezeichnet eine Ebene aus der heraus eine übergeordnete Sichtweise möglich ist. Sie erlaubt eine Reflexion ihres Systems oder ihrer Struktur und der darin vorkommenden Verhaltensweisen, so dass diese Aktionen wie Objekte (von außen betrachtet) behandelt werden können. Die Metaebene bildet sich über jedes Objekt. Sie kennen sicher bereits die Metakommunikation und die Metainformation.
Zusammenstellung der Metabenen
Schon die Unterscheidung zwischen dem Streit- und dem Mediationssystem bzw. der Fallebene und der Verfahrensebene macht deutlich, warum die Mediation nicht mit nur einer Metaebene auskommen kann. Wir unterscheiden die Fallmetaebene und die Mediationsmetaebene.
Die Fallebene (Fallmetaebene)
Indem der Mediator das Streitsystem spiegelt, bildet er die auf den Fall (und das Streitverhalten) bezogene Metaebene ab. Um eine Selbstreferentialität zu vermeiden, die sich ergibt wenn die Metaebene im selben System oder in derselben Struktur stattfindet, über die sie reflektiert, ist es unerlässlich, dass diese Ebene außerhalb des Streitsystems also im Mediationssystem angelegt wird. Um die Funktionalität der Metaebene zu verwirklichen besteht die Aufgabe des Mediators also nicht darin, das fallbezogene Verhalten der Parteien zu bewerten. Er würde die Metaebene in diesem Fall verlassen und sich auf die operative Ebene begeben. Die Aufgabe des Mediators besteht darin, Phänomene im Streitsystem sichtbar zu machen, um eine Reflexion des Streites zu ermöglichen.
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Die Verfahrensebene (Mediationsmetaebene)
Die Eigenständigkeit des Prozesssystems Mediation erfordert auch eine Reflexion des Prozesses an und für sich. Die Mediation ist ein prozessorientiertes Verfahren. Nur durch die Selbstreflexion kann der Mediator feststellen, ob der Prozess auf Kurs verläuft. Um die prozessorientierte Reflexion zu ermöglichen, muss also auch für die Mediation selbst eine Metaebene hergestellt werden. Für den Mediator ist das besonders herausfordernd, weil er auch sich selbst im Prozess reflektieren muss. Hier zeigte sich wann und warum die Supervision ein wichtiges Hilfsmittel für den Mediator ist. Er sollte sie in Anspruch nehmen, sobald er Zweifel hat, ob die Selbstreflexion im Einzelfall noch möglich ist oder nicht.
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Die Dienstleistung (Dienstleistungsmetaebene)
Wer die Mediation als Dienstleistung anbietet, sollte auch reflektieren, welche Bedarfe die Medianden haben und inwieweit die Medition in der Lage sit, sie zu befriedigen.
Die Sphäre
Wie in der Systemtheorie, die die Systeme in eine Umwelt stellt, ist auch die Mediation kein isoliertes Verfahren (System). Auch dann nicht, wenn sie als eine formale Mediation durchgeführt wird.1 Gewollt oder nicht, bettet sie sich in eine Umwelt ein, die wiederum Einfluss auf das Verfahren nimmt, so wie die Mediation Einfluss auf die Umwelt nimmt. Ein Mediator wird die Einflüsse bemerken, wenn nach einer Vertagung plötzlich alles wieder anders ist als nach der vorausgegangenen Sitzung. Als einflussnehmende Umwelt können die hinter den Parteien stehenden Familien, die Situation am Arbeitsplatz und das gesamte soziale Umfeld der Parteien gesehen werden. Zur Umwelt zählt auch die Verfahrenslandschaft mit den parallel laufenden Verfahren2 und den Vorgängen, die ergänzend oder konkurrierend auf die Mediation einwirken. Der Mediator sollte auch diese Verfahren im Blick haben. Er sollte die Mediation gedanklich über alle Einflüsse stellen, um das Konfliktverhalten im Blick zu haben und den optimalsten und sichersten Weg der Konfliktbeilegung zu erkennen.
Wenn Sie weiterhin bedenken, dass die Parteien selbst wieder Teil von korrespondierenden Systemen, sogenannten Korrespondenzsystemen, sind (wie z.B. die im Hintergrund agierende Familie, der Arbeitsplatz das Unternehmen) oder dass Konstrukte wie das Unternehmen oder die Familie als ideelle Parteien in die Mediation einbezogen werden können, dann stellt sich die systemische Landschaft wie folgt dar:
Auch wenn die reale Welt mit der Metawelt der Mediation korrespondiert, hat die Metaebene bei der Arbeit mit Konflikten nicht nur die Funktion, eine Reflexionsebene abzubilden. Sie bietet auch einen Schutz der gedanklichen Freiheit, wenn es gelingt, die Metaebene stabil einzurichten und mit dem geschützten Gesprächsraum zu kombinieren. Dann entsteht so etwas wie eine Sphäre, die wie eine semipermeable Blase die Mediation und ihre Probanden von dem Konflikt ausgrenzt. So gesehen, wird die Metaebene auch zu einem Schutzbereich.
Die Herstellung der Metaebene
Die Metaebene ist eine reine Reflexionsebene. Die Mediation, die selbst als Metaebene betrachtet werden kann, stellt lediglich die Bedingungen her, damit die Metaebene (wieder) hergestelllt werden kann. Der Mediator ist die Person, die für ihre Herstellung einzustehen hat.
Die Prinzipien der Neutralität und der Allparteilichkeit genügen nicht, um eine Metaebene abzubilden. Erst in Verbindung mit dem Grundsatz der Indetermination stellen sich die Bedingungen der Meaebene her. Die Indetermination bewirkt, dass der Mediator nicht zum Teil des Streitsystems wird und tatsächlich eine Position einnehmen kann, die außerhalb des Streitsystems etabliert wird. Der Aufbau der Metaebene erfolgt bereits in der ersten Phase. Die Metaebene bleibt während der ganzen Mediation aufrecht erhalten. Die Metaebene muss konfliktfrei sein. Damit sie nicht schon beim Aufbau mit dem Konflikt belastet wird, macht es Sinn, dass in der ersten Phase nicht über den Fall gesprochen wird.3 Formal betrachtet, ergibt sich die Metaebene aus der Zielsetzung, der Rollenbeschreibung und der Aufgabenverteilung. Ausschlaggebend ist letztlich jedoch die Haltung des Mediators, also seine innere Einstellung. Er muss im Einzelfall prüfen, ob er (so weit wie möglich) wertefrei denken und ob er die Informationen unvoreingenommen entgegennehmen kann. Insoweit spielt die Kommunikationsvariable der Akzeptanz eine wichtige Rolle.
Das Momentum der Metaebene
Die Frage wann und wie die Metaebene herzustellen ist, hängt von der Metaebene ab.
Metainstanz | Gegenstand | Einsatz | Vorgehensweise |
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Mediationsmetaebene | Auseinandersetzung mit dem Prozess | vom ersten Kontakt an / Phase 1 | ordnungsgemäße Durchführung der Mediation |
Fallmetaebene | Fall und Verhalten. Auseinandersetzung mit dem Konflikt | vom ersten Moment an / Phase 2,3 und 4 | Verwirklichung des Gedankengangs der Mediation |
Metakommunikation | Auseinandersetzung über die Art und Weise der Kommunikation | bei Bedarf | Rückmeldung im Loop |
Metainformation | Identifikation der Informationsart | stets / bei Bedarf | Ansage der Informationsart im Loop |
Intervention | Erwirkung von Reaktionen | bei Bedarf | es ist nicht immer ratsam, die Operation zu erläutern |
Die Anforderungen an die Metaebene
Wieviel Distanz der Mediator zu den Parteien und zu dem Fall herstellen muss, ist eine Frage des Einzelfalls. Grundsätzlich steht die Metaebene als abstrakte Größe über allem. Sie kann sich allerdings nicht vollständig aus dem Menschsein befreien.4 Und manchmal auch nicht aus dem zugrunde liegenden Wertesystem. Der Einfluss des Wertesystem spielt beispielsweise bei der politischen Meditation eine Rolle, wo die Mediation zur Verwirklichung bestimmter Werte und Ideologien eingesetzt werden soll. Wieder kommt es auf das Mediationsverständnis an. Wenn die Mediation entsprechend der kognitiven Mediationstheorie als ein Erkenntnisprozess verstanden wird, steht nicht die Belehrung oder die Positionierung im Vordergrund, sondern die Fähigkeit, die Ansicht oder das Verhalten zu hinterfragen. Damit das gelingt, bedarf es einer graduellen Anpassung, bis sich eine symmetrische Metaebene gefunden hat. Dabei handelt es sich um eine Ebene der Reflexion, die bewusst darauf angelegt ist, asymmetrische Machtverhältnisse und kulturelle oder ideologische Einseitigkeiten zu vermeiden. Der Mediator muss einen Abstraktionsgrad erreichen, der eine reflexive Distanz zu sich und den Parteien aufrechterhalten kann. Dazu gehört, dass er sich gegebenenfalls seiner eigenen ideologischen, kulturellen oder politischen Vorbelastung bewusst ist und sich über den Zweck und das Ziel des Prozesses bewusst wird. Es geht darum, eine Lösung zu finden, die für alle Parteien nützlich ist. Was sie darunter verstehen, ist deren Angelegenheit. Mediatoren müssen sich im Klaren sein, dass diese radikale Gedankenfreiheit zum Erkenntnisprozesss beitragen soll. Je nachdem in welchem Land die Mediation stattfindet, muss das Ergebnis, also die gefundene Lösung, allerdings wieder am nationalen (oder geltenden recht) gemessen werden. Ein Ergebnis in Deutschland, das zur Ungleichbehandlung führt, könnte beispielsweise gegen das Antidiskriminierungsgesetz verstoßen und deshalb verboten sein.5
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Diskussion: Menschen in der Mediation
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