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Der Mediationsvertrag

Wissensmanagement » Sie befinden sich auf einer Themenseite im Abschnitt Recht des Mediationshandbuchs.
Es geht darum, die unterschiedlichen Vereinbarungen in der Mediation genau kennenzulernen. Bitte beachten Sie auch folgende Beiträge:

Vereinbarungen Phase eins Mediationsvertrag Mediationsdurchführungsvereinbarung Mediationsabrede Abschlussvereinbarung

Abstract: Der Mediationsvertrag wird mit den Initialen MV abgekürzt. Er ist eine der Vereinbarungen in der Mediation, die von der Mediationsdurchführungsvereinbarung (MDV), der Mediationsabrede (MA) und der Abschlussvereinbarung (AV) abzugrenzen ist:

Vertrag kommt von Vertragen, sagt man. In der Mediation wird der Vertrag zur Voraussetzung für ein Vertragen. Die Vereinbarung wird zum Konzept. Dieser Beitrag erläutert, was Sie über den Mediationsvertrag wissen sollten:

In der Literatur wird der Mediationsvertrag oft als Mediatorenvertrag bezeichnet.
Diese Bezeichnung greift zu jedoch zu kurz. Sie bedarf der Klarstellung.

Klarstellung zum Mediationsvertrag

Der Mediationsvertrag wird auch Mediatorenvertrag bezeichnet. Dieser Begriff suggeriert, dass der Vertrag mit einem Mediator geschlossen werden muss. In der Praxis kommt es jedoch nicht selten vor, dass der die Mediation legitimierende Vertrag weder mit den Mediatoren noch mit den Medianden geschlossen wird. Weil der Vertrag die Rechtsgrundlage der Mediation herstellt und weil er den Rahmen für ein privatrechtlich auszugestaltendes Prozessrecht vorgibt, wird der universell verwendbare Begriff Mediationsvertrag bevorzugt1 .

Rechtssytematik und Verfahrensrecht

Die Bedeutung des Vertrages als ein die Mediationsordnung zwingend zu ersetzendes Rechtskonstrukt wurde im Kapitel Vereinbarungen bereits erläutert. Auch die systematische Verortung dieser Vereinbarung als Basis der Mediationsdurchführungsvereinbarung und der Mediationsabreden als die Causa der Mediation, wurde dort erläutert. Die Causa bildet den Rechtsgrund. Mithin ist der Mediationsvertrag die Legitimation der Mediation.

Vereinbarungen in der Mediation / Prozessrecht 

Rechtsgrundlage der Mediation

Um die unterschiedlichen Qualitäten der an der Mediation direkt oder indirekt beteiligten Personen einschätzen zu können, bedarf es einer Abstimmung über die zu verpflichtenden Personen.
Parteien
Die Grafik verdeutlicht, dass die Auftraggeber und die Auftragnehmer nicht zwingend identisch sein müssen mit den Parteien und Personen, die aktiv an den Verhandlungen teilnehmen. Eine Übersicht über die möglicherweise zu beteiligenden Personen finden Sie im Beitrag über die Parteien.

Parteien und sonstige Beteiligte 

Die Vereinbarung der Honorierung und die Festlegung der Rahmenbedingungen kann also durchaus zwischen Rechtspersönlichkeiten erfolgen, die nicht unmittelbar selbst am Verfahren zu beteiligen sind.

Beispiel 11789 - Die AG-GmbH beauftragt die Mediatoren-GmbH zur Durchführung einer Mediation gegen Honorar. Der Vertrag kommt zwischen zwei juristischen Personen zustande.

Rechtsnatur des Mediationsvertrages

Der Mediationsvertrag ist in der hier präferierten Logik und in Abgrenzung zur Mediationsdurchführungsvereinbarung die schuldrechtliche Verpflichtung zur Durchführung einer Mediation. Er bildet die Grundlage für eine darauf bezogene Arbeits- und Rechtsbeziehung. Die Arbeitsbeziehung begründet das Arbeitsbündnis. Ein Bündnis impilziert eine privatrechtliche, autonome Vereinbarung. Konsequenterweise ist der Mediationsvertrag, außer bei der Notarmediation, stets privatrechtlich ausgestaltet. Der Vertrag bildet die Rechtsgrundlage für die Mediation. Das Vertragsrecht reguliert die Verpflichtungen, auf die sich die Parteien einlassen. Der Inhalt des Vertrages wird teilweise vom Mediationsgesetz vorgegeben und muss sich daran messen lassen.

Vertragsrecht in der Mediation

Die Regeln über das Vertragsrecht finden sich im BGB. Es wäre geschickt gewesen, die Mediation als einen eigenen Vertragstyp (Nominatvertrag) auszugestalten, denn bei genauem Hinschauen handelt es sich um einen Vertragstyp sui generis (ganz eigener Art), der weiter geht als die Kompromissregelung des § 779 BGB. Da dies nicht geschehen war, muss der Mediationsvertrag an den vorhandenen Typen ausgerichtet werden. Dann kommt ihm der Dienstvertrag nach § 611 BGB am nächsten.2 Der Dienstvertrag erwartet jedoch eine Vergütung. Weil das Mediationsgesetz weder einen Dienstvertrag noch eine Vergütung vorschreibt, wohl aber einen Rechtsbindungswillen,3 kann der Mediationsvertrag auch als Auftrag gem. § 662 BGB erteilt werden.

 Merke:
Leitsatz 3361 - Der Mediationsvertrag ist ein durch das Mediationsgesetz konkretisierter Dienstvertrag

Besonderheiten hinsichtlich des Mediationsvertrages können sich für einzelne Berufe wie z.B. Rechtsanwälte und Notare ergeben4 . Hier hat der BGH z.B. für Anwälte die Auffassung vertreten, dass die Mediation durch einen mehrseitigen Anwaltsdienstvertrag im Sinne von § 611 Abs. 1, § 675 Abs. 1 BGB zu verstehen5 . Übersehen wird, dass die Mediation in ihrer Reinform geradezu das Gegenteil anwaltlicher Tätigkeit ist, wo die Interessenwahrnehmung im Vordergrund steht. Konsequent sollte auch bei einer Anwaltsmediation nicht von einem mehrseitigen Anwaltsdienstvertrag, sondern von einem Mediationsvertrag als eigenständige Vertragsform ausgegangen werden, wie es sich auch aus dem Mediationsgesetz ergibt6 .

Formbedürftigkeit des Mediationsvertrages

Irgendwelche Formvorschriften hat der Gesetzgeber für die Mediation selbst nicht vorgesehen. Ausnahmen können sich aus berufsrechtlichen Vorschriften ergeben. Notare sind gem. § 126 Abs. 2 GNotKG zur Schriftform verpflichtet. Anwälte sind grundsätzlich zwar nach § 34 RVG zu einer schriftlichen Gebührenvereinbarung verpflichtet. Die Vorschrift gilt nach § 3a RVG Abs. 1 S. 3 jedoch nicht für Mediationen. Falls eine Widerrufsbelehrung nach § 312g BGB bei Verträgen außerhalb der Büroräume erforderlich wird, ist eine Textform vorgegeben. Der Grundsatz lautet:

 Merke:
Leitsatz 3362 - Ein Mediationsvertrag kann auch mündlich geschlossen werden. Nur der mit einem Notar geschlossene Mediationsvertrag muss schriftlich sein. Ungeachtet dessen wird bei einer professionell durchgeführten Mediation die Schriftlichkeit jedoch nahe gelegt.

Die Schriftform könnte ein Kriterium für die Abgrenzung der professionellen Mediation von der faktischen Mediation sein, indem sie die Ernsthaftigkeit der eingegangenen Verpflichtungen und somit den Rechtsbindungswillen zum Ausdruck bringt7 .

Inhalt des Mediationsvertrages

Weil der Mediationsvertrag ein Dienstvertrag ist, genügt bereits die Vereinbarung, eine Mediation gegen Honorar auszuführen. Es gibt also einen zwingenden Inhalt und einen freigestellten, konkretisierenden Inhalt. Was der Vertrag regeln mus sund sollte, ergibt die nachfolgende Aufstellung:

  • Die Bezeichnung und Benennung der Parteien des Mediationsvertrages, mithin der Vertragsparteien.
  • Den Leistungsaustausch (Mediation gegen Honorar)
  • evtl.: Leistungsbedingungen (zeitl. und örtl. Rahmen, teilnehmende Personen)
  • evtl.: Klarlegung des zugrunde liegenden Mediationsverständnisses
  • evtl.: Standards, Kunstregeln
  • evtl.: Haftungsfragen
  • evtl.: Besonderheiten bzgl. der Teilnahme / Nicht-Teilnahme des Auftraggebers
  • evtl.: Besonderheiten bzgl. der Pflichten des Mediators
  • evtl: Berufsspezifische Hinweise und Klarstellungen (z.B.: Anwaltsmediator)
  • evtl: Widerrufsbelehrung
  • Datenschutzerklärung

Bitte beachten Sie, dass diese Auflistung davon ausgeht, dass weitere, das Verfahren betreffende Inhalte in der Mediationsdurchführungsvereinbarung geregelt werden, die letztlich das Verfahrensrecht definiert. Sie finden ein Vertragsmuster in der Fomularsammlung.

Formular: Muster eines Mediationsvertrages

Die Regelung der Rechtsbeziehungen

Grundsätzlich regelt der Mediationsvertrag, nur die schuldrechtlichen Beziehungen zwischen den Vertragsparteien. wenn die Beteiligten des Mediationsverfahrens nicht identisch sind. Mit den Vertragsparteien des Mediationsvertrages, bedarf es eine Regelung, wie deren Rechtsbeziehungen untereinander und im Verhältnis zum Mediator gestaltet werden. Problematisch für die Rechtslage, wenn der Mediator bei einem der Medianden einen Schaden verursacht, der keine Partei des Mediationsvertrages ist.

Beispiel 15720 - Der Mediationsvertrag wird zwischen A und B mit dem Inhalt geschlossen, eine Mediation zwischen C, D und E durchzuführen. Es handelt sich also um eine so genannte Donatormediation. Der Mediator stellt fehlerhafte Informationen zur Verfügung, weshalb die Parteien eine für Sie nachteilige Abschlussvereinbarung treffen. Die Medianden möchten in Mediator in Regress nehmen.


In dem vorgenannten Beispielsfall haben die Medianden selbst zunächst keinen Anspruch gegen den Mediator, weil sie nicht Partei des Mediationsvertrages sind. Wenn die Mediationsdurchführungsvereinbarung ebenfalls keinen Haftungsanspruch vorsieht, lässt sich der Anspruch aus dem Rechtsgrundsatz der Verträge mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter herleiten.

Der Mediationsvertrag als ein Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter

Zustandekommen des Mediationsvertrages

Es ist eine spannende Frage, ob die Mediation mit nach oder vor dem Abschluss zustandekommt. Der Mediationsvertrag ist in jedem Fall die juristische Zeitmarke, wo Rechte und Pflichten begründet werden.8 Das Zustandekommen der Mediation selbst kann mit dem Zustandekommen des Arbeitsbündnisses festgesetzt werden. Beide Momente können auseinanderfallen. Der Zeitpunkt, wann der rechtlich bindende Vertrag zustande kommt, kann deshalb von Fall zu Fall variieren. Folgende Fälle sind zu unterscheiden:

  1. Der Mediationsvertrag kommt vor dem Start der Medietion (dem Arbeitsbündnis) zustande. Das ist häufig der Fall bei großen Mediationen oder innerbetrieblichen Mediationen. Der Mediator bekommt den Auftrag, bevor er überhaupt weiß, wer genau die Medianden sind und was zu tun ist. Es kann aber auch sein, dass die Streitparteien schon genau wissen, dass sie die Mediation wollen und bereits vor der 1.Phase den Vertrag abschließen.
  2. Der Mediationsvertrag kommt nach einem kostenlosen Informationsgespräch zustande. Hier wird es Überschneidungen zur 1.Phase geben, die jedoch nicht nach Vertragsabschluss zu wiederholen ist.
  3. Der Mediationsvertrag kommt nach der 1.Phase zustande.

Auch hier ist zwingend zwischen dem Zustandekommen des Mediationsvertrags und dem der Mediationsdurchführungsvereinbarung zu unterscheiden.

Bedeutung für die Mediation

Der Mediationsvertrag regelt die Rahmenbedingungen für die Mediation. Hier werden die Anspruchsgrundlagen für eine evtl. Haftung gelegt. Auch ergeben sich aus dem Mediationsvetrag die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien. Die Rechtsverhältnisse der von den Vertragsparteien gegebenenfalls abweichenden Medianden untereinander und im Verhältnis zum Mediator ergeben sich aus der auf dem Mediationsvertrag (MV) basierenden Mediationsdurchführungsvereinbarung (MDV).

Was tun wenn ...

Hinweise und Fußnoten

Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen

Bearbeitungsstand: 2023-08-19 07:00 / Version 88.

Alias: Mediatorenvertrag, MV, Legitimation
Siehe auch: Muster-Mediationsvertrag, Mediationsdurchführungsvereinbarung, Muster-Mediationsdurchführungsvereinbarung
Prüfvermerk:

1 Sehr ausführlich zur Herleitung des Rechtsverhältnisses Trossen (un-geregelt) Rdnr. 185
3 Siehe die Kommentierung zu §1 Mediationsgesetz
8 Siehe "Wann beginnt die Mediation?" in Zeitrahmen


Based on work by Bernard Sfez und anonymous contributor . Last edited by Arthur Trossen
Seite zuletzt geändert am Freitag November 1, 2024 16:17:37 CET.

Durchschnittliche Lesedauer: 7 Minuten