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Mediationsverbote

Wissensmanagement » Fachbuch Mediation / 7. Buchabschnitt» So wie das Recht zur Durchführung der Mediation ein Teil des Verfahrensrechtes ist, gehört auch das Verbot zur Durchführung der Mediation in dieses Kapitel. Hier geht es deshalb um die Frage, ob, wann und wodurch die Durchführung der Mediation gegebenenfalls verboten ist.

Das Mediationsverbot ist genau das, was der Name sagt: Ein Verbot, die Mediation durchzuführen. Solche Fälle gibt es. Sie sind zum Glück sehr selten, aber von Mediatoren zwingend zu beachten. Mediationsverbote können in folgenden Fällen auftreten:

  1. Sittenwidrigkeit: Die Mediation verfolgt einen sittenwidrigen Zweck
  2. Vor- und Nachbefassung: Der Mediator oder die Mediatoren waren in derselben Sache bereits für eine der Parteien tätig
  3. Fehlende Ausbildung: Der Mediator ist nicht ausgebildet
  4. Anordnungsverbot: Unzulässige Anordnungen bei häuslicher Gewalt

Weil sich die Anlässe, die ein Verbot zur Durchführung der Mediation zur Folge haben einmal auf das Verfahren an und für sich beziehen und zum anderen auf die Person des Mediators, wird auch zwischen dem Verfahrensverbot und dem Mediatorenverbot unterschieden. Beide Begriffe werden jedoch in dem Begriff Mediationsverbot zusammengeführt. Im einzelnen sind folgende Fälle zu unterscheiden:

Sittenwidrigkeit

Wäre eine Mediation zulässig, um den Streit von Gaunern über ihre Beute zu regeln?

Beispiel 11786 - Die Diebe A und B haben eine Bank ausgeraubt. Die Beute betrug 1 Million €. B hat aber bei dem Raub Fehler gemacht, weshalb sich A nicht mehr an die ursprüngliche Vereinbarung der Halbteilung halten möchte. Er wirft dem B vor, dass er die ganze Arbeit hätte alleine leisten müssen und jetzt wegen des von B verursachten Fehlers auch ein höheres Verfolgungsrisiko tragen würde. Deshalb will er dem B nur ein Viertel der Beute geben. B ist mit dieser Teilung überhaupt nicht einverstanden. Er argumentiert mit dem Grundsatz "mitgefangen, mitgehangen" und besteht auf die Halbteilung. Die Gauner wissen, dass sie diesen Streit nicht vor Gericht austragen können. Sie entscheiden sich deshalb für eine Mediation und bitten den Mediator mit ihrer Durchführung. Wie gehen Sie mit dem Fall um?


Das Gesetz erlaubt keine verbotenen Rechtsgeschäfte. Es unterstützt auch keine sittenwidrigen Rechtsgeschäfte. In beiden Fällen wäre die Vereinbarung zur Durchführung einer Mediation unwirksam. § 134 BGB besagt:

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.


§ 138 BGB besagt gleichlautend:

Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig


Die Beute stammt aus einer verbotenen Tätigkeit. Die Schlichtung des Streits der Diebe über die Verteilung der Beute würde die verbotene Tätigkeit unterstützen. Sie ist deshalb auch verboten. Der Unterstützer macht sich zum bei Helfer, weil er dazu beiträgt, die Beute (Früchte aus der Tat) zu sichern. Aus diesem Gedanken heraus wäre die Mediation also in jedem Fall verboten, weil sie selbst eine strafbare Handlung darstellt. Wie ist die Sachlage aber zu beurteilen, wenn der Mediator darauf vertraut, die Diebe zu läutern und wenn er darauf spekuliert, Ihnen die Einsicht zu vermitteln, die Beute zurückzugeben? Mit diesem Ansatz verfolgt die Mediation nicht nur rein verbotene Zwecke. Sie wäre also durchaus zulässig, müsste aber sofort abgebrochen werden, wenn es sich herausstellt, dass dieser Zweck nicht zu erreichen ist.

Bitte beachten Sie, dass Überlegungen rein theoretischer Natur sind. Es ist fraglich ob sich ein Mediator exculpieren kann, wenn ihm später der Vorwurf der (versuchten) Beihilfe gemacht wird, weil der Auftrag eindeutig darauf gerichtet war, die rechtswidrige Tat zu sichern. Anders wäre der Fall zu beurteilen, wenn die Parteien zwar ein sittenwidriges Ziel anstreben, dabei aber lösungsoffen sind:

Beispiel 11787 - Die Mediation zwischen den Eheleuten M und F soll aus der Sicht des M das Ziel verfolgen, die F zu einem Unterhaltsverzicht zu bewegen. Im Gegenzug würde auf die Kinder verzichten. Die F wäre geneigt, dem Vorschlag zuzustimmen. Die beabsichtigte Regelung wäre unzulässig, weil sie als sittenwidrig eingestuft wird. In dem Fall erfolgt die Mediation aber nicht das Ziel, dieses Ergebnis sicherzustellen. Der Mediator müsste gegebenenfalls darauf hinweisen, dass dieses Ergebnis auch nicht möglich ist. Die Mediation ist also lösungsoffen. Sie erlaubt es nach einer Lösung zu suchen, die allen Beteiligten (auch den Kindern) entgegenkommt, aber nicht nur rechtlich, sondern auch moralisch einwandfrei und zulässig ist.

Vor- und Nachbefassung

Ein eindeutiges, an den Mediator gerichtetes Verbot zur Durchführung einer Mediation ergibt sich aus §3 Abs. 2 Mediationsgesetz. Dort wird ausgeführt:

(2) Als Mediator darf nicht tätig werden, wer vor der Mediation in derselben Sache für eine Partei tätig gewesen ist. Der Mediator darf auch nicht während oder nach der Mediation für eine Partei in derselben Sache tätig werden.


Der genaue Umfang dieses Verbotes und die Frage was eine Sache ist, ergibt sich aus der Kommentierung zu §3 Mediationsgesetz.

Ausbildungserfordernis

§1 Mediationsgesetz besagt, dass und wann ein Mediator eine Mediation durchführt. §5 Mediationsgesetz besagt, wer ein Mediator ist bzw. wer sich als solcher bezeichnen darf. Eine Ausbildung wird vorausgesetzt. Mithin kann eine Mediation im Sinne des Mediationsgesetzes nur von einem ausgebildeten Mediator ausgeführt werden. Aus dem Umkehrschluss ergibt sich die Konsequenz, dass jemand der kein ausgebildeter Mediator ist auch keine Mediation im Sinne des Mediationsgesetzes ausführen kann.

Anordnungsverbot

Es wird behauptet, dass die Durchführung einer Mediation in den Fällen der häuslichen Gewalt verboten sei.1 Zur Begründung wird auf die Istanbul Convention verwiesen. Hier ist eine Klarstellung erforderlich. Denn die Istanbul Convention verbietet keine Mediation. Sie verbietet lediglich deren verpflichtende Anordnung inFällen der häuslichen Gewalt. Die Vorschrift hat im deutschen Recht keine große Bedeutung. Denn in Deutschland gibt es generell keine gesetzliche Verpflichtung zur Durchführung einer Mediation. Es gibt lediglich die Möglichkeit nach §135 FamFG, die Teilnahme an einem Infogespräch über Mediation anzuordnen und es gibt einige - nicht explizit auf die Mediation abzielende - Fälle der Ermächtigung nach § 15 EGZPO zur Durchführung einvernehmlicher Streitbeilegungsversuche als Bedingung für die Inanspruchnahme der Gerichte. Welche Fälle das sind, wird im Zusammenhang mit der verpflichtenden Mediation erörtert. Unabhängig von der Verpflichtung zur Durchführung einer Mediation ist es umstritten, ob und inwieweit eine Meditation bei hoch eskalierten Fällen und mit einem Gewalthintergrund überhaupt möglich sei. Die auf der kognitiven Mediationstheorie basierende Mediation wäre in solchen Fällen möglich. Davon ausgehend gibt es sogar Empfehlungen die Mediation trotz des Gewalthintergrundes wahrzunehmen. Lesen Sie mehr dazu im Beitrag über die häusliche Gewalt.

Mediation und häusliche Gewalt Mediationspflicht

Rechtsfolgen

Das Gesetz stellt die Durchführung einer Mediation trotz des Mediationsverbotes nicht direkt unter Strafe. Die Rechtsfolge ist stets die Unwirksamkeit des Mediationsvertrages. Das bedeutet, dass der Mediator kein Honorar verlangen kann. Eine strafbare Handlung müsse darüber hinaus einen Strafbarkeitstatbestand erfüllen. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn der Mediator Beihilfe zu einer Straftat leistet. Wenn er unzulässigerweise mit der Durchführung einer Mediation wirbt könnte ein Verstoß gegen das Wettbewerbsgesetz vorliegen, das seinerseits Sanktionsmöglichkeiten vorsieht.

Bitte beachten Sie den Grundsatz, dass die Wirksamkeit der Abschlussvereinbarung unabhängig von der Wirksamkeit der Mediationsvereinbarungen2 beurteilt wird. Zwar wird im Falle der auf sittenwidrige Ziele ausgerichteten Mediation die Abschlussvereinbarung selbst auch sittenwidrig sein. Falls dem nicht so ist, kann auch die Mediation nicht sittenwidrig sein. Auch wenn das eine das andere impliziert, sind die Prüfungen getrennt voneinander durchzuführen. Eine Abschlussvereinbarung, die trotz der verbotenen Vor- oder Nachbefassung zustande kommt, ist also wirksam. Das gleiche gilt bei einer Abschlussvereinbarung zwischen den Parteien nach einer Mediation durch einen nicht aiusgebildeten Mediator.

 Merke:
Leitsatz 3378 - Die Wirksamkeit der Abschlussvereinbarung ist unabhängig vom Verfahren zu beurteilen!

Bedeutung für die Mediation

Die Prüfung der Erlaubnis zur Durchführung einer Mediation ist Teil der Zulässigkeitsprüfung.3 Sie ist von der Frage der Geeignetheit zu unterscheiden aber ebenso wie diese, zu jeder Zeit des Verfahrens durchzuführen.

Was tun wenn ...

Hinweise und Fußnoten
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Bearbeitungsstand: 2025-07-27 15:59 / Version .

Alias: Mediationsverbote
Siehe auch: Mediationsgesetz, Geeignetheit
Die Seite wird im Verfahrenshindernis erwähnt.
Die Seite beschreibt eine schwierige Situation und eine Hürde, die es den Parteien erschwert, sich dem Konflikt zu stellen
Prüfvermerk: -

3 Die Aufgabe wird im Aufgabenverzeichnis erfasst als Prüfung der Zulässigkeit der Mediation (Relevanz: Pflicht)