Lade...
 

Der Radius, in dem die Mediation zur Anwendung kommt

Wissensmanagement » Diese Seite ist dem Archiv in der Wiki-Abteilung Wissen zugeordnet. Eine logische Verknüpfung erfolgt mit der Themenseite Mediationskonzepte, die dem Buchabschnitt Mediation zuzuordnen ist. Bitte beachten Sie auch:

Mediationskonzepte Mediationsradius Theorien Qualität Mediation als Prozess Mediationsverfahren

Worum es geht: In der Praxis wird häufig der Begriff Mediationsverfahren verwendet. Weil die Mediation in §1 Mediationsgesetz bereits als ein Verfahren definiert ist, handelt es sich um einen Pleonasmus. Er macht nur dann einen Sinn, wenn damit angedeutet werden soll, dass die Mediation mehrere Erscheinungsformen kennt als nur die eines formalisierten Verfahrens i.S.d. Mediationsgesetzes. Die Erscheinungsformen drücken sich im Mediationsradius aus.

Einführung und Inhalt: Der Mediationsradius beschreibt die Anwendungsbreite der Mediation. Sie gehen über das Mediationsverfahren hinaus. Die Mediation ist ein kollekiver Singular. Sowohl die Tätigkeit des Mediators wie die Bedeutung des Verfahrens lassen sich besser erfassen, wenn von der Tätigkeit des Mediierens gesprochen wird. Mit diesem Fokus lässt sich die Anwendungsbreite der Mediation besser erfassen. Die unterschiedlichen Konnotationen des Verfahrensbegriffs werden in dem Beitrag über die Mediation als Prozess herausgestellt.

Die Anwendungsbreite

Die Mediation findet eine große Anwendungsbreite vor. Ihre Vielfalt lässt sich bereits mit den 195 Einträgen im Mediationsverzeichnis belegen. Die Anwendungsmöglichkeiten sind sehr vielfältig. Sie werden durch abweichende Konnotationen des Begriffs Mediation und ein zu differenzierendes Verfahrensverständnis noch erweitert. Um den Umfang ihrer Anwendbarkeit wissenschaftlich zu erschließen und um die Grenzen ihrer Anwendung festzulegen, wurde der Mediationsradius eingeführt.

Der Mediationsradius

Der Mediationsradius determiniert die Reichweite, in der die Mediation als Verfahren, Methode oder Kompetenz zur Anwendung kommt. Zu unterscheiden sind die formelle Mediation, die materielle Mediation und sonstige Implementierungen, die unter dem Begriff der materiellen Mediation zu erfassen sind.1 Um den Begriff der materiellen Mediation im Englischen synonym zu verstehen, ist stattdessen auch von der subtsantiellen Mediation die Rede. In der Schweiz wird zwischen der expliziten Mediation, also dem förmlichen Mediationsverfahren und der impliziten Mediation unterschieden. Bei der impliziten Mediation werden lediglich Elemente aus der Mediationslehre zur Lösung eines Konflikts eingesetzt. Sie spielt sich nicht im expliziten Setting eines Mediationsverfahrens ab.2

Der Mediationsprozess

Es ist wichtig zu verstehen, dass eine Mediation nur dann eine Mediation sein kann, wenn sich ihre Elemente und Schrittfolgen zu einem Prozess zusammenführen lassen. So mag auch §1 Mediationsgesetz verstanden sein, wo die Mediation als ein Verfahren definiert wird. In der englischen Fassung der EU-Direktive ist auch von einem "process" die Rede.3 Egal, ob dieses Verfahren dem Mediationsgesetz unterliegt oder nicht, kann gefolgert werden, dass der bloße Einsatz von meditativen Techniken in einer Verhandlung aus der Verhandlung keine Mediation machen kann. Eine Mediation kommt nicht über die Anwendung von Techniken zustande, sondern nur, wenn ihre Methodik dazu beiträgt, die Mediationslogik zu verwirklichen. Das wiederum gelingt nur, wenn die Elemente der Methoden in eine prozessuale Abfolge eingebunden werden, aus der heraus sich die Mediation herstellen lässt. In welchem (förmlichen) Verfahren sich dieser Prozess wiederfindet, ist eine Frage des Rahmens, in dem sich die Methodik verwirklichen lässt. Um die unterschiedlichen Rahmenbedingungen abbilden zu können, werden die zugrundeliegenden Verfahren mit Containern verglichen, in denen die Methodik eingebettet wird.

Die möglichen Container

Der Begriff Container wird synonym mit dem jeweisl zugrunde liegenden (formellen) Verfahren oder dem Vorgang verstanden, in dem sich der Prozess der Mediation methodisch verwirklichen lässt. Der Container bildet den Rahmen und gegebenenfalls die Grenzen, in denen sich die Mediation zu verwirklichen hat. Der wissenschaftliche Zugang zur Bedeutung und zur Funktionsweise der Container ergibt sich aus der Containertheorie.

Mediation als Container (Verfahren)

andere Container (Verfahren)

formelle Mediation iSd Gesetzes
Formelle Mediation (auch reine Mediation genannt) ist das isoliert durchgeführte Verfahren im juristischen Verständnis, worauf das Mediationsgesetz anwendbar ist.

formelle Mediation i.ü.
Die formelle Mediation im Übrigen ist auch ein Fall der reinen Mediation. Sie beschreibt das isoliert durchgeführte Verfahren im juristischen Verständnis, auf das das Mediationsgesetz allerdings NICHT anzuwenden ist (zB Schulmediation, nicht professionelle Mediation). In diese Kategorie fällt das Güterichterverfahren, wenn es methodenrein geführt wird.

materielle Mediation
Materielle Mediation (auch substanzielle Mediation genannt, ist die methodisch verwirklichte, aber nicht isoliert durchgeführte Mediation.4 Sie ist von der bloßen Anwendung von Techniken der Mediation zu unterscheiden und auf die kognitive Mediationstheorie zurückzuführen. Sie erweitert den Mediationsradius, indem die Mediation methodisch in unterschiedlichen Containern realisiert wird.


Die spannende Frage ist, ob eine Mediation entsprechend den Ausführungen von Fischer und Droese auch dann noch implizit vorliegt, wenn lediglich Techniken wie etwa das Paraphrasieren zur Anwendung kommen oder wenn sich Vorgesetzte, Kollegen oder neutrale Vertrauens- und Ansprechpersonen oft sogar intuitiv methodischer Kniffe aus der Mediationslehre bedienen.5 Diese Frage beantwortet sich aus dem Mediationsverständnis heraus. Nach dem hier vertretenen Mediationsverständnis beschränkt sich die Mediation, egal wo und wie sie durchgeführt wird, nicht lediglich auf die Anwendung von Techniken.

Bedeutung für die Mediation

Die Festlegung des Mediationsradius trägt dazu bei, die Grenzen und Möglichkeiten der Mediation aufzuzeigen. Gleichzeitig wird verhindert, dass die Mediation in einem Verfahren eingeschlossen wird, obwohl ihre Kompetenz auch außerhalb des Mediationsverfahrens zur Geltung kommt. Andererseits wird sichergestellt, dass die Mediation nicht lediglich mit irgendwelchen Techniken gleichgesetzt wird, die auch in der Mediation zu Geltung kommen.

Hinweise und Fußnoten
Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen
Bearbeitungsstand: 2024-03-16 15:27 / Version 26.

Siehe auch: Mediation-Prozess, Containertheorie
Prüfvermerk: -


Based on work by Arthur Trossen und Bernard Sfez . Last edited by Arthur Trossen
Seite zuletzt geändert am Mittwoch November 27, 2024 08:58:53 CET.

Durchschnittliche Lesedauer: 4 Minuten