§ 4 Mediationsgesetz
Wissensmanagement » Sie befinden sich in einem Dokument, das dem Titel Kommentare der Abteilung Werkzeuge zugeordnet wird und Teil des Onlinekommentars zum Mediationsgesetz ist. Der Wortlaut des Mediationsgesetzes wird in den Textdokumenten häufig angesprochen und referenziert. Beachten Sie bitte auch die korrespondierenden Beiträge und die Ausführungen zum Recht im Mediationshandbuch.
Mediationsgesetz Wortlaut §1 §2 §3 §4 §5 §6 §7 §8 §9 Evaluierung Buch
§ 4 Verschwiegenheitspflicht
Der Mediator und die in die Durchführung des Mediationsverfahrens eingebundenen Personen sind zur Verschwiegenheit verpflichtet, soweit gesetzlich nichts anderes geregelt ist. Diese Pflicht bezieht sich auf alles, was ihnen in Ausübung ihrer Tätigkeit bekannt geworden ist. Ungeachtet anderer gesetzlicher Regelungen über die Verschwiegenheitspflicht gilt sie nicht, soweit
1.die Offenlegung des Inhalts der im Mediationsverfahren erzielten Vereinbarung zur Umsetzung oder Vollstreckung dieser Vereinbarung erforderlich ist,
2.die Offenlegung aus vorrangigen Gründen der öffentlichen Ordnung (ordre public) geboten ist, insbesondere um eine Gefährdung des Wohles eines Kindes oder eine schwerwiegende Beeinträchtigung der physischen oder psychischen Integrität einer Person abzuwenden, oder
3.es sich um Tatsachen handelt, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen.
Der Mediator hat die Parteien über den Umfang seiner Verschwiegenheitspflicht zu informieren.
Die Verschwiegenheitspflicht korrespondiert mit dem Prinzip der Vertraulichkeit, aber auch mit dem der Offenheit und der Informiertheit. Ihr Zweck ist es, zu verhindern, dass Informationen, die (nur) in der Mediation aufgekommen sind, in anderen Verfahren verwertet werden können. Insoweit wird auf die Ausfüh-rungen zur Vertraulichkeit verwiesen1
Die gesetzliche Verschwiegenheit
Mit der gesetzlichen Regelung gilt die Verschwiegenheit auch dann, wenn der Mediator es versäumt hat, sie im Mediationsvertrag auszuweisen. Auffällig ist, dass das Gesetz von der Verschwiegenheitspflicht (statt vom Recht) spricht. Die Verpflichtung gegenüber den Medianden korrespondiert mit dem Recht des Mediators gegenüber Behörden und Gerichten, eine Aussage zu verweigern. Aber Vorsicht, die Verschwiegenheit hat Löcher und Grenzen. Sie beginnen bei der Verschwiegenheitspflicht.
Verschwiegenheitspflicht
Der kleine aber feine Unterschied zwischen der Verschwiegenheitspflicht und dem Verschwiegenheitsrecht macht sich bemerkbar, wenn der Mediator von den Parteien von der Verschwiegenheit entbunden wird. Weil er (anders als z.B. die Rechtsanwälte) kein eigenständiges Schweigerecht besitzt, ist er in diesem Fall zur Aussage verpflichtet.
Schweigepflichtige Personen
Das Gesetz benennt NUR den Mediator und die in die Durchführung des Mediationsverfahrens eingebundenen Personen als schweigepflichtig. Einbezogen sind damit die Erfüllungsgehilfen und Angestellten des Mediators.
Das Gesetz erfasst NICHT die Medianden oder Dritte und andere Personen, die der Mediation beiwohnen.
Die erweiterte Verschwiegenheit
Wegen der gesetzlichen Limitierungen der Verschwiegenheit ist es notwendig, die Verschwiegenheitspflichten auszudehnen und zu erweitern.
Regelungsbedarf
Um alle Teilnehmer an der Mediation in die Verschwiegenheitspflicht einzubeziehen, ist ein Prozessvertrag zu empfehlen, der als Klausel im Mediationsvertrag oder in der Mediationsdurchführungsvereinbarung (MDV) enthalten sein sollte. Die Vereinbarung bezeichnet die in einem Zivilprozess nicht zu verwertenden Beweismittel. Die Zulässigkeit derartiger Beweismittelverträge ist nicht expressis verbis im Gesetz geregelt. Damit die Richter derartige Prozessverträge zu beachten haben, besteht ein gesetzgeberischger Handlungsbedarf. Die Forderung der Vertraulichkeit des Mediationsverfahrens legt die Zulässigkeit derartiger Beweismittelverträge im Zivilprozess nahe.
In der Praxis genügt es nicht lediglich Vereinbarungen über die Verwertung von Zeugenbeweisen zu treffen. Besser ist es, auch die Verpflichtung der Teilnehmer zur Verschwiegenheit zu vereinbaren. Auch eine Vereinbarung über die Unzulässigkeit der Verwertung von Urkunden (Flipcharts) mag angebracht sein.
Wenn Parteien und Medianden auseinanderfallen, ist darauf zu achten, dass die Verschwiegenheit der Medianden gegebenenfalls auch im Verhältnis zu den Parteien begründet wird, ge-gebenenfalls ist die Verschwiegenheitsverpflichtung auf die Parteien auszudehnen oder weiterzureichen.
In jedem Fall ist der Prozessvertrag, der einen Verzicht auf Beweismittel (Zeugeneinvernahme) manifestieren soll, zwischen den Parteien zu schließen. Immer wenn die Parteien nicht personenidentisch mit den Medianden sind ist zu prüfen, wer wie in Verschwiegenheits- bzw. in Beweisverwertungsverträge einzubeziehen ist. Dazu ein Beispiel: Die Parteien sind juristische Personen, etwa zwei GmbHs. Medianden sind die in der Mediation auftretenden Organe, mithin die Geschäftsführer.
Non Disclosure Agreement
Sowohl die Verschwiegenheitsverpflichtung wie die Beweisver-wertungsverbot werden im Namen der Parteien, also der juristischen Personen abgeschlossen. In der Praxis geschieht dies oft mittels sogenannter NDAs (Non Disclosure Agreement). In der Mediation empfiehlt es sich, diese Vereinbarung in den MV oder die MDV aufzunehmen oder auf ein eventuell bereits vorliegendes NDA zu verweisen. Entsendet die Partei einen Mitarbeiter, der zwar Verhandlungsvollmacht aber keine Abschlussvollmacht besitzt, dann wäre der verhandlungsbefugte Mitarbeiter zwar als Mediand anzusprechen. Es ist zu prüfen, ob ihm gestattet wird, Informationen aus der Mediation an den Auftraggeber, Dienstherrn oder Arbeitgeber weiterzulei-ten. Wenn dies für die Genehmigung einer Abschlussver-einbarung erforderlich ist, muss die Verschwiegenheits-verpflichtung auf die Partei ausgedehnt werden. Gleich-zeitig ist zu prüfen, ob und inwieweit der Mediand, also die handelnde Person etwa durch den Anstellungsver-trag in diese Verschwiegenheitsverpflichtung eingebunden ist.
Was tun wenn?
- ... die Partei nicht zur Verschwiegenheit verpflichtet wird
- ... Dritte nicht zur Verschwiegenheit verpflichtet werden
Siehe auch: Vertraulichkeit, Parteien
Literaturhinweise: Trossen (un-geregelt)
Prüfvermerk: -