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Positives Umformulieren

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Der Begriff ist missdeutend.
Es geht nicht darum, etwas Schlechtes gut zu reden. Es geht darum, das Positive in der Aussage aufzugreifen.

Abgrenzungsbedarf

Um die Technik des positiven Umformulierens zu verstehen, sind Abgrenzungen erforderlich.

Schönreden

Das Schönreden bezeichnet eine Herangehensweise, bei der eine Situation, ein Ereignis oder eine Handlung in positiverem Licht dargestellt wird, als sie tatsächlich erlebt wurde. Oft geht mit dem Schönreden eine Verzerrung oder Verschleierung der Wahrheit einher.
Die negativen Aspekte einer Situation werden heruntergespielt, minimiert oder verborgen. Die positiven Aspekte werden betont, wenn sie nicht herbeigeredet werden. Auch wenn eine gute Absicht dahinterstecken mag, hat das Schönreden meist negative Folgen.

Die Gefahren des Schönredens

Beschwichtigen

Laut Duden bedeutet beschwichtigen, die beruhigende Einwirkung auf jemanden. Offenbar wird in manchen Schulen gelehrt, dass der Mediator zu beschwichtigen habe.1 In der Mediation ist davon abzuraten. Berner stellt heraus, dass die Beschwichtigung eine durchaus paradoxe Wirkung habe, weil sie noch mehr Unruhe auslöst.2 In der Mediation könnte die Beschwichtigung den Effekt haben, dass sich die Konfliktparteien nicht ernst genommen fühlt. Dazu ein Beispiel:

Beispiel 11915 - Auf der Versammlung eines Verbandes geht es heiß her. Die Art und Weise wie die Mitglieder miteinander umgehen deutet darauf hin, dass dort ein nicht unerheblicher Konflikt schwelt. Um zu beschwichtigen, meldet sich eine Teilnehmerin und sagt: „Ich glaube hier besteht ein Missverständnis". Die anderen fühlten sich nicht ernst genommen, weil jeder wusste, dass es nicht um ein Missverständnis geht, sondern um einen handfesten Konflikt.

 Merke:
Leitsatz 11913 - Starke Gefühle brauchen starke Worte. Beschwichtigung und Schönreden führen an der Wirklichkeit vorbei.

Trösten

Was macht der Mediator, wenn eine der Parteien emotional aufgelöst ist? Wie wird seine Neutralität von der Gegenseite bewertet, wenn er sich emotional darauf einlässt und was macht es mit dem Konflikt, wenn er ihn verharmlost, um die Partei zu beruhigen? Die Mediation kennt eine bessere Vorgehensweise. Dabei spielt das Zusammenwirken der einzelnen Maßnahmen und Interventionen wieder eine wichtige Rolle.

Die Mediation lenkt das Denken durchaus in eine positive Richtung. Sie akzeptiert jedoch die emotionalen Fakten wie sie sind. Es wird also weder verharmlost, noch schön geredet oder beschwichtigt. Die Dinge werden beim Namen genannt und es wird Tacheles geredet. Das ist der Mediator den Parrteien und dem Konflikt schuldig.

Allerdings muss er nicht tatenlos zusehen, wenn die emotionale Welt auf eine der Parteien einbricht. Er kann die Mediation nutzen, um ihr aus der Situation herauszuhelfen. Trost spenden ist möglich. Ein Trost gibt seelischen Halt und der verwirklicht sich in der Hoffnung. Die Hoffnung ergibt sich aus der Zielsetzung der Mediation, die zufriedenstellende Ergebnisse verspricht. Es ist nicht immer ein leichter Weg. Die Situation ist schwierig, aber nicht trostlos. Der Mediator könnte also wie folgt intervenieren:

Beispiel 11916 - Der Mediator sagt: "Sie sind völlig aufgewühlt. Sie haben eine Stinkwut. Stimmt's?" Die Partei wird aufmerksam und bejaht ganz vorsichtig. Der Mediator führt fort: "Sie möchten das Gefühl gerne loswerden, ja?". Die Partei nickt betroffen. Der Mediator fährt fort: "Sie arbeiten gerade daran. Denn das ist das Ziel der Mediation. Es ist kein leichter Weg. Aber wir schaffen das. Wollen Sie einfach einmal darauf vertrauen?"

 Merke:
Leitsatz 15639 - Positiv umformulieren heißt nicht, die Dinge schön zu reden. Es heißt zu erkennen, wo sich in dem was die Partei sagt Positives findet!

Was ist überhaupt positiv

Der Begriff steht für die Bejahung und für Merkmale wie günstig, vorteilhaft oder wünschenswert. Positiv ist aleo eher das was man haben will als das was man nicht haben will. Damit kommt die Frage auf, wer entscheidet was positiv ist und worauf sich die Beurteilung bezieht. Was für den einen positiv also vorteilhaft ist, kann für den anderen negativ als abzulehnen sein. Alles hat zwei Seiten. Also kann unterstellt werden, dass sich auch etwas Positives finden lässt, ohne dass es eingeredet werden muss.

Beispiel 16369 - Ja, ich wurde hereingelegt (negativ). Ich habe aber daraus gelernt und es wird mir nicht wieder passieren (postiv). Es war zwar teures Lehrgeld (negativ), aber ich habe viel daraus gelernt (positiv). Ja, die Beziehung ist gescheitert (negativ). Jetzt habe ich aber die Möglichkeit, mich mehr um mich selbst zu kümmern (positiv).


Es würde keinen Sinn ergeben, etwas, das die Partei als ganz schlecht empfindet, als gut zu bezeichnen. Es macht auch keinen Sinn, Parteien, die sich hassen, zu erklären, dass es nur um ein Missverständnis gehe. Das mag sogar stimmen. In dem Moment wird sich die Partei aber kaum darin wiederfinden können. Auch sollte man jemandem der depressiv ist nicht erklären, wie schön die Welt doch sei. Es mag eine gute Absicht dahinter stecken. Sie wird sich in dem Moment und auf diese Weise der Partei jedoch nicht erschließen.

Es geht nicht darum, Dinge schönzureden, sondern die Parteien mit der Wirklichkeit zu konfrontieren und von dort in eion positives Denken zu überführen. Das ist zumindest das Konzept der kognitiven Mediationstheorie. Fakt ist aber auch, dass alle Dinge zwei Seiten haben. Man verliert den Bezug zur Realität und begünstigt zweifellos den eingangs dargestellten Trend zur Selbstentfremdung, wenn man so tut, als gäbe es die schlechte Seite nicht. Das bedeutet aber nicht, das man Gute übersehen soll und dass man keine Hoffnung haben darf. Es bedeutet lediglich, sich nicht selbst zu täuschen. Die positive Sicht kann durchaus herausgestellt werden, wenn sie eine realen Hintergrund hat. Der Mediator könnte das Positive wie folgt herausarbeiten:

Beispiel 11910 - "Sie hassen sich". Bestätigung wird abgewartet. "Der Hass gibt Ihnen die Kraft sich zu wehren". Bestätigung wird abgewartet. "Der Hass soll Ihnen helfen, von dem Partner loszukommen". "Loslassen zu können gibt Ihnen ein gutes Gefühl". Bestätigung wird abgewartet.


Das Beispiel zeigt, wie die Partei Schritt für Schritt zu einem positiven Denken geführt wird. Manchmal gelingt das auch in einem Satz.

Beispiel 11911 - "Auf keinen Fall möchte ich jetzt aufstehen!" heißt positiv umformuliert: "Sie möchten (gerne) verweilen".


Es ist wichtig, die negative Wahrnehmung der Partei ernstzunehmen. Sie würde sich anderenfalls nicht verstanden fühlen. Ein geübter Mediator hat einen Blick darauf, wo in der negativen Sicht der Partei positiven Elemente schlummern, den sie zustimmen kann. Er wird die positiven Elemente aufgreifen, um die Gedanken an ihnen fortzusetzen, damit dementsprechend positive Lösungen zustande kommen.

Verwendung in der Mediation

Einen Anwendungsfall wurde gesagt wo es darum geht positive Ansätze im Denken der Partei aufzuspüren. Das positive formulieren hat aber auch einen anderen Sinn, besonders dann, wenn die Aussagen auf dem Flipchart protokolliert werden.

Beispiel 11918 - Die Ehefrau sagt in einer Familienmediation: "Ich will nicht, dass mein Mann die Kinder bekommt". Der Mediator identifiziert die Aussage als die Position der Mutter und schreibt sie geringfügig umformuliert als Position auf das Flipchart".


Der Mediator hat einen Fixierungspunkt geschaffen. Wenn man bedenkt, dass die Flipcharts während der ganzen Mediation einsehbar sind, ist dieser Fixierungspunkt auch dann noch sichtbar, wenn die Parteien ihn endlich aus dem Kopf gelassen haben und positive Lösungen finden sollen. Die Mediation hat es in kleinen Schritten geschafft, dass die Parteien bereit sind, ihre Positionen aufzugeben. Es wäre illusorisch zu glauben, dass dies mit einem Fingerschnippen möglich war. Es ist ein Prozess für den die Mediation eine Handhabe geliefert hat. Wenn es jetzt darum geht, Lösungen zu finden, könnte die Fixierung an die ursprünnglichen Probleme und Ängste ihre Kreativität wieder aushebeln oder innn die falsche Richtung lenken. Deshalb ist es besser, nicht die Positionen, sondern die neutralen Themen aufzuschreiben. Im Beispiel also: "Elterliche Sorge" oder "Umgang". Ähnliches gilt für die zu protokollierenden Angaben in Phase drei. Der Hinweis etwa: "Ich möchte nicht dass man man die Kinder belästigt", lautet (je nach dem herausgearbeiteten Motiv) im positiven Verständnis: "Mir ist es wichtig, dass die Kinder zur Ruhe kommen, weil ich dadurch entlastet werde". Aufzuschreiben wäre: "Mir ist Entlastung wichtig". Bei diesem Kriterium können sich die Parteienphase vier überlegen, wie es zu erfüllen ist. Die Notizen und Rückmeldungen des Mediators jedenfalls öffnen den Weg in ein positives Denken. Die anzuwendende Technik ist das präzise Zuhören.

Hinweise und Fußnoten
Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen
Bearbeitungsstand: 2024-04-14 19:37 / Version 40.

Alias: positiv Denken, positiv Umformulieren, Beschwichtigen
Siehe auch: Ratgeber, Ausnahmesuchenfrage
Prüfvermerk: -

1 Das ist eine persönliche Erfahrung, die der Autor als Trainer in Österreich erlebt hat. Dort wurde ihm erklärt, die Seminarteilnehmer hätten bei einem anderen Trainer gelernt, dass der Mediator zu beschwichtigen habe.


Based on work by Arthur Trossen und Bernard Sfez und anonymous contributor . Last edited by Arthur Trossen
Seite zuletzt geändert am Dienstag Dezember 24, 2024 05:58:39 CET.

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