Die Beendigung der Mediation durch den Mediator – grundlos möglich?


Die Mediation bietet eine Alternative zur gerichtlichen Streitbeilegung, in der die Parteien unter Vermittlung des Mediators, der die Parteien bei der Suche nach einer gemeinsamen Lösung unterstützt und insbesondere die oftmals gestörte oder gar abgebrochene Kommunikation zwischen den Parteien wieder aufgreift und fördert. In der Praxis führt aber nicht jede Mediation zu einer Lösung, sondern wird ergebnislos im Sinne einer fehlenden, den Streit beilegenden Vereinbarung beendet. Das schließt natürlich nicht aus, dass das Verfahren bereits einen positiven Effekt auf die weitere Suche nach Lösungen für die Parteien gehabt haben kann. Wer aber bestimmt in diesen Fällen, dass die Mediation beendet ist?

Beendigungsmöglichkeit für die Parteien

Den Zeitpunkt der Beendigung des Verfahrens bestimmen vor allem die Parteien. Dies ergibt sich bereits aus der Eigenschaft der Freiwilligkeit der Mediation. Gesetzlich festgehalten ist es in § 2 Abs. 5 Satz 1 des MediationsG:

Die Parteien können die Mediation jederzeit beenden.

Beendigungsmöglichkeit für den Mediator

Für den Mediator hat es der Gesetzgeber dagegen in Satz 2 anders geregelt:

Der Mediator kann die Mediation beenden, insbesondere wenn er der Auffassung ist, dass eine eigenverantwortliche Kommunikation oder eine Einigung der Parteien nichts erwarten ist.


Sprachlich darf diese Regelung wohl als missglückt bezeichnet werden. Während der erste Teil suggeriert, dass keine besondere Begründung erforderlich ist (anderenfalls wäre eine übliche Formulierung wie „aus wichtigem Grund“ o. ä. zu erwarten), lässt der zweite Teil auf die Erforderlichkeit eines irgendwie gearteten Grundes schließen, der nämlich insbesondere vorliegen soll, wenn der Mediator der Auffassung ist, dass eine eigenverantwortliche Kommunikation oder eine Einigung der Parteien nicht zu erwarten ist.
Bedarf es nun eines besonderen Grundes für den Mediator, die Mediation zu beenden?

Richtlinie 2008/52/EG

Die europäische Richtlinie 2008/52/EG, auf der das MediationsG beruht, hilft nicht weiter. In der Richtlinie wird lediglich die Möglichkeit der Parteien, das Verfahren jederzeit beenden zu können, erwähnt (Erwägungsgrund 13).

Begründung zum MediationsG

Ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 17/5335, S. 15) zum MediationsG korrespondiert die Beendigungsmöglichkeit für den Mediator aus seiner Pflicht, den Verfahrensrahmen zu beachten und die Einhaltung der Verfahrensregeln zu garantieren. Auch Umstände aus der Sphäre der Mediatoren oder des Mediators sollen zur Beendigung der Mediation führen können. Beides spricht dafür, dass der Gesetzgeber zumindest davon ausgeht, dass ein Grund für die Beendigung durch den Mediator vorliegen muss.

Verhältnis zur Kündigungsmöglichkeit in § 627 BGB

Erschwerend kommt hinzu, dass das Verhältnis zwischen § 2 Abs. 5 Satz 2 MediationsG und § 627 BGB an keiner Stelle erwähnt ist. § 627 BGB ermöglicht den Parteien eines Dienstvertrages, dass kein Arbeitsverhältnis im Sinne des § 622 BGB ist, die fristlose Kündigung ohne Grund, wenn es sich um Dienste höherer Art handelt, die aufgrund besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegen. Dienste höherer Art sind solche, die ein überdurchschnittliches Maß an Fachkenntnissen, Kunstfertigkeit oder wissenschaftlicher Bildung, eine hohe geistige Fantasie oder Flexibilität voraussetzen und infolgedessen dem Dienstpflichtigen eine herausgehobene Stellung verleihen (BGH NJW-RR 2015, 686 Rn. 12). Die besondere Vertrauensstellung eines Mediators und der grundsätzliche Charakter als Dienst höherer Art dürfte unbestritten sein (in vor-mediationsgesetzlicher Zeit einmal entschieden durch das AG Lübeck, Urteil vom 29.09.2006 – 24 C 1853/06, NJW-RR 2007, 3789).1 Soll also § 2 Abs. 5 Satz 2 MediationsG die Rechte des Mediators aus dem Dienstvertrag einschränken?

Meinungsstand in der Literatur

Bei dieser Unklarheit überrascht es nicht, dass in der juristischen Literatur diese Frage unterschiedlich beantwortet wird.
Ulrici nimmt die Möglichkeit einer begründungslosen Beendigung an, weil der Erfolg einer Mediation ganz entscheidend von der Person des Mediators abhänge (MüKoZPO/Ulrici, 6. Aufl. 2020, MediationsG §§ 1-9 Rn. 52, 53). Auch Greger geht nicht davon aus, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit der begründungslosen Kündigung gemäß § 627 BGB gerade für den Mediator einschränken wollte (Greger/Unberath/Steffek/Greger, 2. Aufl. 2016, MediationsG § 2 Rn. 268).
Anders sieht es dagegen Risse, der mit Verweis auf das Dienstverhältnis und die Entgeltlichkeit die Auffassung vertritt, dass ein willkürliches Beendigungsrecht nicht sachgerecht wäre (Risse, Das Mediationsgesetz – eine Kommentierung SchiedsVZ 2012, 244, 248f.). Auch Gläßer vertritt die Ansicht, dass die Beendigung nicht im freien Belieben des Mediators steht, was sich insbesondere aus dem Wortlaut der Vorschrift gerade im Vergleich zur Beendigungsmöglichkeit der Parteien entnehmen ließe. Die die Beendigung rechtfertigenden Gründe ergäben sich aus der gesetzes- und vertragsbasierten Rolle des Mediators, so die fehlende eigenverantwortliche Kommunikation, die fehlende Erwartung einer Einigung, die Erkenntnis, dass das Mediationsziel nicht erreichbar ist, die Verletzung der Verfahrensprinzipien oder der Missbrauch des Verfahrens (Klowait/Gläßer, MediationsG, MediationsG § 2 Rn. 207, 218).

Stellungnahme

Der Streit ist keinesfalls nur akademischer Natur, sondern ist für die Frage des Vergütungsanspruchs des Mediators entscheidend.
Kündigt der Mediator das Mediationsverhältnis auf Grundlage von § 627 BGB, verliert er seinen Vergütungsanspruch, soweit er nicht durch vertragswidriges Verhalten des anderen Teiles – also der Parteien – dazu veranlasst wurde, § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB. Es kann jedenfalls im Regelfall davon ausgegangen werden, dass ohne erfolgreichen Abschluss des Verfahrens die bisherigen Leistungen für die Parteien nicht von Interesse sind. Im Einzelfall kann das anders beurteilt werden.

Dagegen führt die Beendigung der Mediation nicht zu einer Kündigung des Vertragsverhältnisses. Vielmehr endet das vertrauliche und strukturierte Verfahren, dass die Mediation gemäß § 1 Abs. 1 MediationsG darstellt. In dem zugrundeliegenden (Dienst-)Vertragsverhältnis, das die Durchführung des Verfahrens zum Gegenstand hat, tritt also mit Beendigung die Erfüllung des Vertragsverhältnisses ein. Der Mediator hat seine Verpflichtung erfüllt und hat damit auch seinen Vergütungsanspruch erworben.

Aus diesem Vergleich ergibt sich meines Erachtens auch die Antwort auf die Ausgangsfrage. Eine Beendigung der Mediation durch den Mediator bedarf immer einer Begründung, die sich – anschließend an Gläßer – aus dem Verfahren und der Rolle des Mediators ergibt. Kann das Ziel der Mediation nicht erreicht werden oder können die zwingenden Grundlagen des Mediationsverfahrens nicht eingehalten werden, muss die Mediation beendet werden. Die Entscheidung darüber liegt in der Natur der Rolle des Mediators.

Das hindert den Mediator aber nicht daran, dass zugrundeliegende Vertragsverhältnis jederzeit auf Grundlage von § 627 BGB zu kündigen. Er trägt lediglich das Risiko, seinen Vergütungsanspruch zu verlieren.

Rechtsanwalt und Mediator Torsten von der Embse

Fußnoten und Hinweise

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay (leicht abgeändert)