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Unsicherheit als Feature

Wissensmanagement » Sie befinden sich auf einer Seite des Archivs, die ein Mediationswerkzeug beschreibt.
Konkret geht es um die Frage, wie mit der Unsicherheit umzugehen ist. Beitte beachten Sie auch folgende Beiträge:

Das ist ein Werkzeug Unsicherheit Trial and Error Konfliktangst Resilienz Wikisuche 

Um sich dem Begriff der Unsicherheit stellen zu können, bedarf es der Klarstellung, warum, wofür oder worüber überhaupt eine Sicherheit herzustellen ist. Sicherheit beseitigt Unsicherheit. Also kann die Unsicherheit als fehlende Sicherheit beschrieben werden. Wenn Sie sich mit Begriffen wie Sicherheit oder der aus fehlender Sicherheit resultierenden Unsicherheit näher auseinandersetzen, werden Sie erkennen, wie schwierig es ist, diese Frage einzuschätzen. Letztlich geht es um ein Gefühl oder ist es nur ein Gedanke?

Sicherheit

Politisch wird sie als ein „zentraler Wertebegriff demokratischer Gesellschaften“ und „eine der wesentlichen Voraussetzungen aller Bereiche des öffentlichen Lebens“ beschrieben. Auf der Seite der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg wird dazu ausgeführt:1

Übereinstimmend wird Sicherheit aber als Abwesenheit einer existenziellen Bedrohung gesehen, die zentrale Werte eines Individuums gefährden könnte. Der Sicherheitsbegriff umfasst deshalb folgende Komponenten: Erstens muss es einen Adressaten geben, dessen Werte in Gefahr sind. Zweitens muss es eine Quelle für diese Bedrohung geben und diese muss drittens über Mittel verfügen, welche diese Werte in Frage stellen können.


Es gibt auch den Begriff der psychologischen Sicherheit. Dieser Begriff wurde nach den Ausführungen von Wondrak 1999 von der Harvard-Professorin Amy Edmondson begründet und seitdem in unterschiedlichen Forschungen (bspw. zu Innovationen, Agilität und Diversity) aufgegriffen und bestätigt. Hinter dem Begriff stehe demnach die gemeinsame Überzeugung aller Mitglieder eines Teams, dass die Sicherheit innerhalb der Gruppe gegeben ist, zwischenmenschliche Risiken einzugehen.2

Schließlich gibt es noch den Begriff der psychischen Sicherheit. Berkic führt aus, dass die psychische Sicherheit, deren Substanz zu großen Teilen in den ersten Lebensjahren gelegt wird, dafür verantwortlich ist, dass manche Menschen sich und dem Leben gegenüber optimistischer und positiver eingestellt sind als andere. Ergebnisse aus der Bindungsforschung deuteten darauf hin, daß es tatsächlich einen Zusammenhang zwischen der mentalen Abspeicherung früher Bindungserfahrungen und der späteren sozio-emotionalen Entwicklung bzw. vor allem der Fähigkeit, tragfähige und enge emotionale Beziehungen einzugehen und aufrechtzuerhalten gibt.3 Die psychische Sicherheit ergibt sich aus der Bindungssicherheit und wird bei einer kohärenten Abspeicherung der eigenen Bindungsgeschichte mit psychischer Sicherheit gleichgesetzt. Nach Berkic hilft eine kohärente kognitive Repräsentanz des Selbst in sozialen Beziehungen dem Individuum, seine Welt zu strukturieren, Reaktionen anderer Personen in sein Handeln mit einzubeziehen und so sein eigenes Verhalten optimal an die betreffende Umwelt anzupassen.

Es gibt noch eine weitere Bedeutung des Begriffs der Sicherheit. Diese Sicherheit betrifft Einschätzungen. Sie macht sich in Äußerungen bemerkbar wie:

Beispiel 13765 - Ich bin mir sicher, dass Du gelogen hast.


Diese Sicherheit beschreibt die Abwesenheit (oder Abwehr) von Zweifeln.

Unsicherheit

Mithin ist Unsicherheit sowohl ein mit der Abwesenheit von Sicherheit korrespondierendes Gefühl, das zur Ängstlichkeit führen kann oder daraus resultuiert. Regelmäßig geht es um die Frage der kognitiven Verarbeitungsfähigkeit, wobei die zur Verfügung stehenden Informationen und die Fähigkeit die Informationen zu verarbeiten wiederum eine entscheidende Rolle spielen. Mit dieser Erkenntnis richtet sich der Fokus auf die kognitive Mediationstheorie. Weil die Mediation keine Therapie darstellt, kann sie viel mehr auch nicht anbieten. Das muss sie auch nicht. Für den Mediator stellt sich also nicht die Frage, wie er das Hindernis der Unsicherheit behandelt,4 sondern wie er mit dem Hindernis umgeht.5

Identifikation

Um mit der Unsicherheit umgehen zu können, muss sie zunächst identifiziert werden (können). Die Identifikation konzentriert sich auf die Frage, wer unsicher ist und was der Gegenstand der Unsicherheit ist. Es gibt also einen personellen und gegenständlichen Bezug.

Unsicherheit des Mediators
Die Unsicherheit des Mediators drückt sich meist in der Sorge aus, den an ihn gerichteten Anforderungen nicht zu genügen. Er wird versuchen, die Unsicherheit zu überspielen. Seine Aufmerksamkeit wird reduziert und möglicherweise auch fehlgeleitet. Die Sorge, den Anforderungen nicht zu genügen findet jetzt in der gefühlten Unsicherheit ihre Grundlage. Ein erfahrener Mediator kennt die Grenzen seiner Verantwortung und die Bedeutung seiner Rolle. Er weiß, dass die Unsicherheit ein Teil des Spiels ist. Sie gibt Aufschluss auf Fragen, die zu klären sind. Keinesfalls ist sie Ausruck der Unfähigkeit. Im Gegenteil zeigt sich seine Fähigkeit darin, wie er mit der Unsicherheit umgeht.
Beispiel 15754 - In der Mediation verhalten sich die Parteien ganz merkwürdig. Der Mediator spürt, dass sich die Parteien nicht wirklich auf die Mediation einlassen. Er kann die Situation nicht einschätzen und überlegt sich, wie er die Parteien "knacken" kann. Es ist die falsche Überlegung. Die Parteien sind keine Nüsse. Vielmehr spricht die Situation für sich. Die Bedeutungszuschreibung sollte der Mediator den Parteien überlassen. Er könnte z.B. sagen: "Was machen Sie da? Wie soll ich damit umgehen?"

Unsicherheit der Medianden
Die Gründe und Bezüge (Gegenstände) der parteilichen Unsicherheit können vielschichtig sein. Sie können aus einem Informationsdefizit resultieren oder aus inneren, unerklärlichen Ängsten. In allen Fällen sollte der Mediator die Unsicherheit ansprechen. Ihr Eingeständnis ist schon ein Gewinn. Der Blick ist auf die Zukunft gerichtet.

Bedeutung für die Mediation

Auch wenn die Unsicherheit ein unangenehmens Gefühl verursacht und nicht selten zur Entscheidungsunfähigkeit führt, sollte sie nicht als ein Schäche verstanden werden. Die Unsicherheit hat den Vorteil, dass die auf zu klärende Fragen hindeutet. Wenn die Mediastion eine Verstehensvermittlung ist, deutet die Unsicherheit also darauf hin, welche Fragen zu klären sind. Wenn das Aufwerfen der Fragen nicht hilft, das Gefühl zu beseitigen, sollten das Selbstvertrauen und die Resilienz angesperochen werden.

Was tun wenn ...

Hinweise und Fußnoten

Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen

Bearbeitungsstand: 2023-07-09 09:12 / Version 25.

Prüfvermerk:

1 lpb (Sicherheit) - 2022-01-10
4 Die Unsicherheit wird als ein mögliches Hindernis erfasst. Siehe trackeritem:13766
5 Die Aufgabe wird im Aufgabenverzeichnis erfasst als Ziel vereinbaren (Relevanz: Pflicht)


Based on work by Arthur Trossen
Seite zuletzt geändert am Donnerstag November 14, 2024 00:53:37 CET.

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