Der respektiert mich nicht
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"Der respektiert mich nicht", ist ein häufig gebrauchter Vorwurf. Er ist in der Mediation oft zu hören, spätestens wenn die Argumente ausgehen. Ist der Vorwurf ernst zu nehmen? Gute Frage, denn genau darum geht es. Es geht darum, ernst genommen zu werden. Wertschätzung, Respekt und Achtung sind die Indikatoren. Die Begriffe beziehen sich auf die positive Bewertung oder Einstellung gegenüber einer Person oder einer Sache. Es gibt einen Zusammenhang und trotzdem sind die Begriffe zu unterscheiden. Immerhin ist es möglich, jemanden wertzuschätzen, ohne ihn zu respektieren.
Was ist Respekt?
Der Begriff wird aus dem Lateinischen respicere abgeleitet und bedeutet wörtlich „zurückblicken“ und wird auch mit „Rücksicht nehmen“, „berücksichtigen“ oder „beachten“ übersetzt. Der Respekt findet sich im kantischen Begriff der Achtung nieder, der im deutschen Sprachgebrauch meist synonym mit Respekt verwendet und ins Englische dementsprechend übersetzt wird.1 Etymologisch wird ein französischer Einfluss angenommen, der dem Wort die Bedeutung Hochachtung zuschreibt.2 Achtung und Respekt beschreiben eine Bewertung. Laut Wikipedia wird Respekt oder Achtung als die anerkennende Berücksichtigung des Wertes von einer anderen Person bezeichnet.3 Respekt geht oft über die Wertschätzung hinaus. Er beinhaltet ein tiefes Verständnis für die Perspektiven und Bedürfnisse einer Person sowie das Bemühen, ihre Würde und Rechte zu achten. Ohne Respekt kann Wertschätzung oberflächlich und unpersönlich bleiben.
Respekt drückt Beziehung aus
Die Art und Weise, wie wir das Wort Respekt im Deutschen verwenden, gibt Hinweis auf seine Bedeutung. Haben wir Respekt VOR etwas oder jemandem? Haben wir Respekt GEGENÜBER etwas oder jemandem oder haben wir Respekt FÜR etwas oder jemandem. Puber
hat erkannt, dass Respekt vor etwas oder jemandem einen gewissen furchtsamen Abstand indiziert. Respekt für etwas oder jemanden drückt hingegen Bewunderung und interessierte Hinwendung aus. Beide Präpositionen kennzeichnen nach Pubers Ausführungen tendenziell
eine hierarchische (intersubjektiv autoritäre oder zumindest autoritative) Relation. Erst die Präposition gegenüber, also Respekt gegenüber etwas oder jemandem unterstreiche den Charakter einer Begegnung auf Augenhöhe und somit eine horizontale, gleichrangige Beziehung zwischen Personen.4
Gleiches dürfte bei der verbalen Formulierung gelten, die ohne Präposition auskommt. "Ich respektiere sie oder ihn", hat durchaus etwas Grundsätzliches. Es lohnt sich, genau hinzuhören. Bei Beziehungskonflikten sollte nicht nur der Respekt hinterfragt werden, sondern auch die Reaktion darauf.
Respekt ist eine Frage der Einstellung
Respekt impliziert eine gewisse Rücksichtnahme. Sie ist keinesfalls mit Ignoranz vereinbar. Wenn wir jemanden respektieren, lassen wir Vorsicht walten, wir lenken unsere Aufmerksamkeit auf die andere Person und berücksichtigen sie bei unseren Überlegungen und Handlungen. Historisch gesehen, ging es nicht nur um eine Bewertung des Einzelnen für seine Verdienste. Vielmehr ging es um die Gewährung eines bestimmten Status der Mitsprache und Beteiligung, weshalb Sklaven, Barbaren oder Menschen niederer
Gesellschaftsschichten des Respekts prinzipiell nicht würdig waren. Heute herrscht die Idee einer absoluten, reziproken und universalistisch-egalitären, respektvollen Haltung gegenüber allen Personen als solchen vor. Diese Haltung geht auf Kant zurück und hat sich im Laufe der Zeit erst entwickelt.5
Respekt drückt sich im Verhalten aus
Respekt bezieht sich nicht nur auf die Einstellung oder Haltung einer Person, sondern auch auf das Verhalten. Respektvolles Verhalten zeigt, dass man die Würde, die Meinungen und die Entscheidungen anderer respektiert. Eine respektvolle Einstellung oder Haltung drückt aus, dass man anderen gegenüber mit Achtung, Wertschätzung und Ehrfurcht begegnet. Respekt ist nicht nur schön, sondern absolut notwendig, meint Borbonus im nachfolgenden Video.
Der Rhetoriktrainer René Borbonus setzt sich in dem Video mit den Fragen auseinander, die den Umgang mit Menschen betrifft. Obwohl Respekt Energie freisetzt und sowohl Menschen wie auch Unternehmen nachweislich erfolgreicher und gesünder macht, mangelt es oft an Respekt. Wie passt das zusammen? Warum verhalten sich Menschen so respektlos, obwohl sich Respektlosigkeit vermeiden lässt? René Borbonus beschreibt, wie sich Respekt bei Freund und Feind gewinnen lässt. Er behauptet, Respekt sei nicht nur schön, sondern absolut notwendig.
Warum ist Respekt so wichtig?
Respekt wichtig, weil er das Wohlbefinden und die Beziehungen von Menschen verbessert und dazu beitragen kann, eine positive und harmonische Gesellschaft aufzubauen. Die wichtigsten Gründe sind:
- Würde und Integrität: Respekt ist ein Ausdruck der Würde und Integrität eines Menschen. Wenn man respektvoll behandelt wird, fühlt man sich wertgeschätzt und anerkannt, was das Selbstwertgefühl und das Gefühl der Identität stärken kann.
- Beziehungen: Respektvolles Verhalten ist eine wichtige Grundlage für positive Beziehungen zu anderen Menschen. Wenn man anderen respektvoll begegnet, kann man Vertrauen und Zusammenarbeit aufbauen und Konflikte minimieren.
- Kultur: Respekt ist ein wichtiger Bestandteil der Kultur in vielen Gemeinschaften und Gesellschaften. In vielen Kulturen wird Respekt als eine grundlegende Tugend angesehen, die dazu beiträgt, eine harmonische und produktive Gesellschaft zu schaffen.
- Empathie und Mitgefühl: Respektvolles Verhalten zeigt auch Empathie und Mitgefühl für andere. Wenn man respektvoll ist, zeigt man, dass man die Perspektive anderer versteht und ihre Gefühle und Bedürfnisse respektiert.
Woher wissen Sie, dass Sie respektiert werden?
Die Frage ist nicht leicht zu beantworten. Und deshalb ist sie in der Mediation auch sehr hilfreich.
Es macht Sinn, die Kriterien für ein respektvolles Verhalten (etwa in einer Mediation) mit den Parteien abzustimmen. Respekt ist ein komplexes Konzept, das sich auf viele verschiedene Aspekte beziehen kann. Gefühle wie Vertrauen, Anerkennung und Wertschätzung spielen eine wichtige Rolle. Sie sind alllerdings individuell und kulturabhängig, sodass es gar nicht ungewöhlich ist, wenn eine Partei glaubt, sich repektvoll zu verhalten die andere aber ganz anders darüber denkt. Gängige Anzeichen, die auf ein respektvolles Verhalten hindeuten sind:
- Anerkennung: Wenn Menschen Ihre Leistungen und Erfolge anerkennen und schätzen, ist dies ein Zeichen dafür, dass Sie respektiert werden.
- Zuhören: Wenn Menschen Ihnen zuhören und Ihre Meinung berücksichtigen, anstatt sie abzulehnen oder zu ignorieren, zeigt dies Respekt.
- Ehrlichkeit: Wenn Menschen ehrlich und offen mit Ihnen umgehen, anstatt Ihnen zu lügen oder zu manipulieren, deutet dies darauf hin, dass Sie respektiert werden.
- Vertrauen: Wenn Menschen Ihnen vertrauen und Sie in wichtigen Entscheidungen einbeziehen, bedeutet dies, dass sie Sie respektieren und Ihre Fähigkeiten schätzen.
- Höflichkeit: Wenn Menschen Ihnen gegenüber höflich und respektvoll sind, anstatt unhöflich oder abwertend zu sein, ist dies ein Zeichen für Respekt.
- Sprache: Wenn Menschen in Ihrer Gegenwart keine grobe oder beleidigende Sprache verwenden und stattdessen eine respektvolle und höfliche Sprache wählen, zeigt dies Respekt.
Wenn ein respektvolles Verhalten Teil der Lösung ist und in die Abschlussvereinbarung einer Mediation einfließt, genügt es nicht, sich einfach ein "respektvolles Verhalten" oder einen "respektvollen Umgang" zu versprechen. Es sollte klargestellt werden, was damit genau gemeint ist und wie sich die Parteien verhalten müssen, um den geforderten Respekt zu zeigen und wahrnehmen zu können. Angehörige der Universität Stuttgart haben einen code of conduct für respektvolles Verhalten entwickelt, um sich eine Orientierung zu geben.6 Das ist vielleicht inspirierend.
Das Gegenteil von Respekt ergibt eine Verletzung
Respekt scheint uns selbstverständlich zu sein. Auf Missachtung und Geringschätzung reagieren wir empfindlich. Missachtung bedeutet, nicht ernst genommen oder abgewertet zu werden. Das moderne Wort dissen, das vom Englischen disrespect abgeleitet wird, sieht im mangelnden Respekt eine Herabwürdigung, indem jemand runtergemacht, schräg angemacht, geschmäht oder verächtlich gemacht wird. In allen Fällen geht es um die Verletzung der Würde und der Integrität einer Person. Sie kann durch aggressives oder beleidigendes Verhalten noch verstärkt werden, insbesondere, wenn Grenzen überschritten und Gefühle verletzt werden. Respektlosigkeit kann auch einen Übergriff darstellen, der die Privatsphäre und den Raum anderer missachtet oder versucht, andere zu kontrollieren oder zu manipulieren.
Weil Respekt ein wichtiger Bestandteil zwischenmenschlicher Beziehungen ist, kann sowohl der fehlende Respekt wie die aktive Herabwürdigung als Verletzung empfunden werden. Neben dem Gefühl der Verletzung kann auch Enttäuschung ausgelöst werden. Respektlosigkeit kann zu Konflikten und Spannungen führen, insbesondere in persönlichen und beruflichen Beziehungen. Wenn eine Person wiederholt respektlose und missbräuchliche Behandlung erlebt, kann daraus eine traumatische Erfahrung erwachsen.
Respekt ist immer relativ
Respekt hat viel mit einem selbst zu tun. Wer sich selbst nicht respektiert, hat Schwierigkeiten Respekt zu erfahren. Wer andere nicht respektiert, muss sich nicht wundern, wenn er selbst nicht respektiert wird. Es ist ein Geben und Nehmen. Die folgende Szene soll zeigen, wie der Bezug zu sich selbst in einer Mediation herausgestellt werden kann:
Im Windows eins wird die Selbstsicht nach vorne gestellt. "Warum ist es Ihnen so wichtig, von dem oder den anderen respektiert zu werden? Was geht Ihnen verloren, wenn die Person Sie nicht respektiert? Das sind Fragen, die den Fokus auf die Partei selbst lenken. Sie können gegebenenfalls die Frage nach dem Selbstrespekt und der Resilienz aufwerfen. Die Resilienz betrifft die Widerstandskraft oder die Empfindlichkeit. Der Selbstrespekt betrifft die Fähigkeit, sich selbst wertzuschätzen. Er bedeutet, mit den eigenen Werten und Überzeugungen im Einklang zu stehen, anstatt sich von äußeren Erwartungen oder sozialen Normen beeinflussen zu lassen. Ein gesunder Selbstrespekt kann dazu beitragen, ein positives Selbstbild aufzubauen und ein starkes Selbstbewusstsein zu entwickeln. Es kann auch dazu beitragen, Beziehungen zu anderen aufzubauen, die auf Respekt und Wertschätzung basieren. Robert Betz empfielt, anderen zu erlauben sich zu verurteilen, um Widerstandkraft aufzubauen.
Robert Betz fragt in diesem Video: "Möchtest du, dass alle Menschen dich mögen?", "Möchtest du die Erwartungen aller erfüllen?". Wir können es nicht allen recht machen. Solange wir darauf bedacht sind, dass andere uns nicht bewerten, kritisieren, verurteilen – sind wir unfrei unseren ganz eigenen Weg zu gehen. Ob Respekt überhaupt eine Frage des Mögen's ist, wird im Beitrag über die Recognition näher hinterfragt. Was beide Konzepte jedoch gemeinsam haben, ist der soziale Bezug und die Notwendigkeit der Interaktion. Deshalb ist das Problem des mangelnden Respektes nicht zwingend gelöst, wenn die eigenen Anfälligkeiten aufgedeckt sind. Der Respekt hat nicht nur eine Bedeutung für die Person, die respektiert werden will, sondern auch für die Beziehung zu der Person, die den Respekt verweigert, sowie auf die Umstände die den Resopekt erfordern. In der Mediation würde sich der Mediator schon im Interesse der Ausgweogenheit auch auf die Selbstsicht der Person einlassen, die den Respekt verweigert.
Der Unterschied zur Recognition
Recognition und Respekt, also Anerkennung und Achtung, werden zumindest in der Philosophie scharf voneinander getrennt und in dieser Trennung auf Hegel und Kant zurückgeführt. Trotz ihrer Unterscheidung werden die Begriffe in der Praxis oft synonym verwendet. Trotzdem sollte die Anerkennung nicht mit der Achtung verwechselt werden. Auch wenn sie den gleichen Urspung hat, ist sie grundsätzlich nicht mit dem Respekt identisch. Während die Recognition breiter angelegt ist und auf die umfassende Wertschätzung der Identität und des Beitrags eines Individuums abzielt, ist der Respekt spezifischer ausgeprägt. Er meint die grundsätzliche Achtung vor dem Wert und den Rechten eines anderen Individuums. Respekt kann als moralische Haltung verstanden werden, die andere Menschen als autonome und gleichwertige Subjekte behandelt. Er muss nicht unbedingt mit Zustimmung oder Bewunderung einhergehen, sondern ist die Anerkennung der grundlegenden Würde und Rechte eines anderen. Die Anerkennung erlaubt eine intersubjektivistische Deutung, mit der die soziale Dimension des Phänomens, dessen Wechselseitigkeit sowie dessen Bedeutung für das Selbstbewusstsein in den Fokus gerückt wird.7 Es ist durchaus möglich, jemanden anzuerkennen ohne ihn zu respektieren, so wie es möglich ist, jemanden zu respektieren ohne ihn anzuerkennen. Man könnte sagen, die Anerkennung sieht den Menschen, der Respekt sieht seine Erscheinung oder gar nur seine Position. Anerkennung bedeutet, die Leistungen, Fähigkeiten oder Errungenschaften einer Person positiv wahrzunehmen und dies wertzuschätzen.
Was ist zu tun, um respektiert zu werden
Zunächst sollte man sich fragen, wofür der Respekt überhaupt stehen soll. Warum ist es der einen Partei so wichtig, dass sie ausgerechnet von dem Gegner, den sie obendrein noch als ein Nichts bezeichnet, respektiert wird. Warum kann sie ihn nicht einfach ignorieren? Das ist die erste zentrale und lösungsführende Frage, die in der Mediation gestellt wird. Sie entscheidet darüber, wie mit dem Problem umzugehen ist.
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Alias: Selbstrespekt
Included: Recognition
Siehe auch: Verfahrensverzeichnis
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