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Parteirollen

Wissensmanagement » Fachbuch Mediation / 4. Buchabschnitt
Der Prozess erfordert die Anwesenheit von Medianden. Das sind die Verhandlungsparteien. Sie haben aber in der Regel noch weitere Rollen. Der Mediator muss sie auseinanderhalten können

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Buchabschnitt: Prozess → Hauptkapitel Parteien
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Die Rollen der Parteien können in der Mediation variieren. Um Reibungsverluste und Irritationen zu vermeiden, ist es außerordentlich wichtig, die unterschiedlichen Rollen der Beteiligten klar zu erkennen, aufzudecken und gegebenenfalls zuzuweisen. Die Rollenzuteilung erfolgt bereits in der ersten Phase und immer, wenn sich ein Anlass ergibt.

Jede Rolle hat ihre eigene Funktion und ihre eigene Betroffenheit. Jede Rolle prägt das Verhalten im Verfahren auf ihre eigentümliche Weise. Die wichtigste Einteilung ergibt sch aus der Systemik der Mediation.

Die Systemik

Die Systemik macht die Mediation zu einem Metaprozess, der eine Abstraktion des Falles darstellt und von den Parteien erwartet, dass Sie sich auf die Abstraktion einlassen können. Nur so wird es ihnen möglich sein, sich auf die Reflexionen einzulassen, die die Mediation von ihnen erwartet. Natürlich kollidiert die abstrakte Verfahrensrolle mit der persönlichen Rolle, in der sich die Betroffenheit zeigt. Wenn die Rollen die Systemik der Mediation widerspiegeln soll, ist zwischen der Rolle zu unterscheiden, die die Parteien auf der Verfahrensebene wahrnehmen und der, die sie auf der Fallebene einnehmen. Die Verfahrensebene ist - wenn man so will - die Sphäre in der sich die Parteien in der Mediation bewegen. Sie definiert die Rolle der Medianden.

Konklave

Die Sphäre bietet den Mediancden eine geschützte Rolle an, wo sie sich frei bewegen können. Neben der Rolle im Verfahren, haben die Medianden auch eine Rolle in der Realität. Die Fallebene ergibt ihre persönlichen Betroffenheit. Hier sind die Medianden zugleich Ehemann, Vorgesetzte, Nachbarn, Opfer, Täter oder was auch immer. Die Grafik verdeutlicht die Situation wie folgt:

Rollen

Schon die reale Rolle als Ehemann (bei einem Trennungsprozess) und die als Elternteil kollidieren miteinander. Es spricht nichts dagegen, die beiden Rollen aufzudecken, um den Widerspruch aufzuzeigen. Die Partei kann sogar in zwei (virtuelle) Parteien eingeteilt und auf einen leeren Stuhl gesetzt werden, um die unterschiedlichen Rollen zu adressieren. Wichtig ist stets die Rolle als Mediand im Verfahren davon zu unterscheiden. Die Mediandenrolle wird - wenn man so will - zur Kontrollrolle. Wenn es gelingt, die Partei als Mediand anzusprechen und mit der Sicht auf das zu konfrontieren, was ein Ehemann oder ein Elternteil tut, kann die Reflexion des eigenen Verhaltens gelingen. Die Trennung der Rollen ist ein wichtiges Hilfsmittel, um die Gedanken der Parteien von den emotionalen Bindungen zu lösen und ein freies Denken zu ermöglichen.

Der Parteistatus

Das Verhalten der Partei kann auch durch ihren Parteistatus beeinflusst sein. Je nach Kontext kann ein Beteiligter mehrere Parteirollen gleichzeitig innehaben. Er kann Streit-, Vertrags-, Konflikjt und Verhanslungspartei sein. Die Rollen sind funktional wie folgt zu unterscheiden:

  1. Streitparteien: Die Träger und Inhaber der im Streit stehenden Rechte und Pflichten (im Juristendeutsch die Aktiv- und passivlegitimierten Parteien)
  2. Vertragsparteien: Die schuldrechtlich aus dem Mediationsvertrag verpflichteten Personen
  3. Konfliktparteien: Die direkt oder indirekt am Konflikt beteiligten Personen
  4. Verhandlungsparteien: Die als Medianden auftretenden Parteien

Jede dieser Rollen bringt eine andere Aufgabe, Verantwortung und Funktion mit sich. Wenn die Verhandlungspartei nur Vertreterin der Streitpartei ist, sind ihre Interessen von denen der Vertretenen Partei zu unterscheiden. Wenn eine Konfliktpartei auftritt, die aber nicht Streitpartei ist, ist deren Aktiv- und Passivlegitimation und die damit einhergehende Verantwortung zu klären. Wenn die Vertragspartei nicht zugleich die Verhandlungspartei ist, sind besondere Vorkehrungen für die Verschwiegenheitspflicht zu treffen und das Interesse am Verfahren zu klären.

Die Parteikonstellationen

Außer dem Parteistaus können sich auch Einflüsse auf Grund der Parteikonstellationen ergeben, über die sich nicht nur der Mediator im Klaren sein muss. Je nach Parteikonstalletion ist das Verfahren anders zu organisieren. Die Parteikonstallation kann Einfluss auf die Augenhöhe, die Balance, die Interessenlage haben und etliche Verfajhrenshürden ergeben. Folgende Konstellation sind zu unterscheiden:

  1. Einzelparteien: In der Mediation, also auf der Verfahrensebene, sind die Parteien Medianden. Als solche begegnen sie sich auf gleicher Augenhöhe (auch mit dem Mediator) ohne Hierarchieunterschiede. Im realen Leben hingegen befinden sich die Streitparteien in einer anderen Beziehung mit durchaus anderen Rollen. Hier kann es auch Hierarchien geben. Um die Ebenen einzuhalten, werden die Parteien sorgfältig in ihre Verfahrensrolle eingewiesen (und gegebenenfalls aus der realen Rolle, etwa als Vorgesetzter, herausgelöst). Das geschieht in der 1.Phase, wo der Mediator auf die Indetermination hinweist und die damit einhergehenden Rollen klärt.
  2. Personenmehrheiten: Parteien können Personenmehrheiten bilden. Dann besteht eine Partei aus mehreren Personen. Besonders dann sind Ungleichgewichte (2 Personen auf der einen Seite 1 Person auf der Gegenseite) anzusprechen und zu prüfen, ob das Ungleichgewicht einer Verhandlung auf gleicher Augenhöhe im Wege steht. Auch kann es sein, dass bei Personenmehrheiten auf einer Parteiseite selbst ein Ungleichgewicht besteht.
  3. Juristische Personen:Eine Partei kann auch eine juristische Person sein. Wenn für sie mehrere Personen auftreten, ist die Vertretungsberechtigung zu prüfen. Oft ist nur eine Partei vertretungsberechtigt und die weitere Partei nur in einer beratenden Funktion tätig. Das sollte in der Mediation unbedingt geklärt werden, sodass sichergestellt wird, wer der Gesprächspartner und wer nur Berater oder Beistand ist. Beistände und Berater haben eine andere Funktion in der Mediation. Es gilt der Grundsatz:
Merke
Leitsatz 15177 - Medianden, also die Verhandlungsparteien, sind nur diejenigen Personen, die Träger von Rechten und Pflichten oder direkte Konfliktparteien sind. Bei juristischen Personen oder geschäftsunfähigen Parteien, die selbst nicht handeln können, sind nur die rechtlichen (oder gesetzlichen) Vertreter als Medianden anzusehen.

Rollen und Verhalten

Bedeutung für die Mediation

Die klare Trennung und Zuordnung der Rollen ist nicht nur formale Ordnung – sie ist ein zentrales Steuerungsinstrument in der Mediation. Sie verhindert, dass externe Rollen (z. B. als Chef, Ehepartner, Vereinsvorstand) das Verfahren dominieren. Sie ermöglicht den Parteien, innerhalb der „Metaebene“ der Mediation konstruktiv und ohne reale Hierarchie zu verhandeln. Sie schafft Transparenz, wer Entscheidungsträger, Verhandlungspartner oder nur Beistand ist. Für den Mediator bedeutet dies, in jeder Phase des Verfahrens Rollenbewusstsein zu schaffen und aufrechtzuerhalten – denn jede Vermischung von Rollen kann den Prozess stören oder die Verhandlungsergebnisse verfälschen.

Hinweise und Fußnoten
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Bearbeitungsstand: 2025-08-09 18:33 / Version .

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Siehe auch: Verfahrensverzeichnis,
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