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Der leere Stuhl

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Hier geht es um die Arbeit am Konflikt wobei die Technik des leeren Stuhls ein wirkungsvolles Hilfsmittel sein kann. Bitte beachten Sie auch:

Das ist ein Werkzeug Kommunikation Konflikt Beziehungen Aufstellungen Leerer Stuhl Proxemik Tetralemma Wikisuche 

Ein Stuhl ist zunächst nur ein Möbelstück. Bleibt er ungenutzt, kann das eine Bedeutung haben und Hinweise auf die Proxemik liefern. Das ist die nonverbale Kommunikation, die mit der Positionierung im Raum zu tun hat. Wenn dem leeren Stuhl eine Bedeutung zugeschrieben wird, sind zwei Fälle zu unterscheiden. Der erste Fall betrifft die Situation, dass der Stuhl bereits vorhanden war. Dieser Fall gibt Raum für Interpretationen.

Interpretation eines unbesetzten Stuhls

EIn leerer Stuhl ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Stuhl auf dem niemand Platz genommen hat. Warum der Stuhl leer ist und sich niemand darauf gesetzt hat obwohl die Möglichkeit bestand, kann ganz viele Gründe haben. Wir bilden Hypothesen:

  1. Die Person, der dieser Stuhl zugewiesen ist, ist nicht anwesend.
  2. Die Person kann nicht mehr sitzen, weil sie Rückenschmerzen hat und der Stuhl unbequem ist.
  3. Sitzen passt nicht zur angespannten Gemütslage.
  4. Es sind mehr Stühle als Personen im Raum, weil die Stühle nicht abgezählt wurden.
  5. Der Stuhl würde die Person zwingen, sich zu nah beim Gegner aufzuhalten.
  6. ....

Sicher gibt es noch viel mehr Möglichkeiten und Gründe. Die kleine Auswahl zeigt aber schon, dass der nicht in Anspruch genommene Stuhl einer Interpretation zugänglich ist und durchaus eine Bedeutung haben kann, die dem Konflikt einen Ausdruck verleiht. Wurde er nicht besetzt, weil Distanz zum Nachbarn gesucht wurde? War es nur ein Zufall? Stand der Stuhl an einer Stelle wo es der Person unangenehm, gewesen wäre sich darauf zu setzen? Man sollte sich hüten, die Beobachtung unabgestimmt in eine Interpretation zu überführen. Der versierte Mediator wird die Beobachtung ansprechen und die Parteien nach den Motiven hinterfragen, warum sie den Platz unbesetzt gelassen haben. Je nach dem Grund ist anzuraten, den leeren Stuhl zu entfernen.

Visualisierung mit Hilfe eines leeren Stuhls

Der leere Stuhl dient nicht nur passiv zur Bedeutungserhellung. Er kann auch aktiv eingesetzt werden, um

  1. auf dazugehörige, aber nicht präsente Personen hinzuweisen
  2. die virtuelle Teilnahme solcher Personen zu visualisieren
  3. um die Zerrissenheit einer Partei und innere Spannungen deutlich zu machen
  4. um einen inneren Dialog zu ermöglichen
  5. bei der Anwendung des Tetralemmas
  6. bei systemischen Aufstellungen

In allen Fällen dient der Stuhl symbolisch zur Erweiterung der Perspektive. Er erfüllt ähnliche Funktionen wie eine Aufstellung, indem er etwa einen Rollentausch erleichtert oder einen Perspektivenwechsel ermöglicht. Beim Tetralemma werden sogar mehrere leere Stühle aufgestellt, um ganz unterschiedliche Sichten auf ein Problem zu ermöglichen.

Anwendungsmöglichkeiten für den Einsatz des leeren Stuhls

Die Anwendung differenziert nach der Themenstellung und dem Konflikt. Das erste Beispiel zeigt die Möglichkeit, wie ein leerer Stuhl genutzt werden kann, um einen inneren Dialog deutlich zu machen.

Beispiel 15488 - Bei einem inneren Dialog kann der Teil einer Person, der für einen Vorschlag stimmt auf einen Stuhl gesetzt werden, während die Person den Stuhl wechselt, wenn mit ihrem Teil gesprochen wird, der sich gegen den Vorschlag wendet. Durch den Stuhlwechsel werden die unterschiedlichen Sichten deutlich. Der Effekt kann verstärkt werden, indem die Stühle in eine Richtung zeigen (Gegeneinander oder voneinander weg, nach vorne oder nach hinten usw.)


Das zweite Beispiel beschreibt, wie der leere Stuhl eingesetzt werden kann, um die an Rollen gebundene Interessenlage einer Person zu verdeutlichen.

Beispiel 15489 - In der Mediation wird deutlich, dass der Geschäftsführer zwar die Interessen des Unternehmens wahrnehmen will. Diese Interessen kollidieren und mischen sich aber stets mit seinen privaten Interessen. Der Mediator führt einen leeren Stuhl ein, den er neben den Geschäftsführer stellt. Dem einen Stuhl wird die Funktion des Chefsessels zugewiesen, dem anderen die Funktion des Wohnzimmersessels. Der Mediand wird gebeten sich auf den einen Stuhl zu setzen um wie ein Geschäftsführer zu sprechen und auf den anderen, um wie ein Privatmann zu sprechen. Auf diese Weise konnte verdeutlicht werden, aus welcher Rolle heraus welche Interessen nach vorne kommen. Es war auch möglich, die Interessen gegeneinander abzugrenzen.


Das dritte Beispiel erläutert, wie der leere Stuhl, ähnlich einer Aufstellung genutzt werden kann, um Beziehungen zu visialisieren und deutlich zu machen. In dem Fall ist es wichtig, dass die Parteien den leeren Stuhl selbst stellen.

Beispiel 15492 - Es geht um den Umgang der Eltern mit dem Kind. Dabei kommt auch die Frage auf wer oder was Familie ist und wie sich die Beziehungen ausgestalten. Der Mediator erläutert, dass die Interessen des Kindes eine Rolle spielen. Er empfiehlt, das Kind symbolisch teilnehmen zu lassen, indem ein leerer Stuhl seine Präsenz beleg. Dann bietet er den Parteien an, einen Stuhl zu nehmen und ihn in der Runde dorthin zu stellen, wo sie meinen, dass ihr Kind sitzen sollte. Dabei beobachtet er die Parteien ganz genau. Entsteht Streit über die Position des Stuhls? Können sich die Eltern abstimmen? Wo positionieren sie den Stuhl und wie sind die Distanzen jetzt? Der Mediator mischt sich nicht ein und wartet bis die Parteien den Stuhl positioniert haben. Dann erörtert er mit Ihnen was die Positionierung hinsichtlich der Beziehungen bedeutet. Er hilft bei der Positionierung nur, wenn es den Parteien überhaupt nicht gelingt, sich zu einigen. Wenn der Stuhl gestellt ist fragt der Mediator was die ideale Position wäre, wenn es keinen Streit gibt. Wenn es im Vergleich mit der Idealposition zu Unterschieden kommt, wird deutlich, woran zu arbeiten ist.

Bedeutung für die Mediation

Der Einsatz des leeren Stuhls ist eine mit einer Aufstellung vergleichbare Technik. Der Stuhl hat nicht nur eine Symbolik. Er kann auch genutzt werden, um die unterschiedlichen Sichten erfahrbar zu machen. Sogar der Mediator kann den Stuhl nutzen, um aus seiner Rolle herauszukommen. Er könnte sich z.B. auf den Stuhl des Kindes setzen und aus der Perspektive schildern, was er wahrnimmt. Diese Herangehensweise kommt dann dem Doppeln nahe.

Was tun wenn ...

Hinweise und Fußnoten

Alias: leererStuhl, leerer Stuhl
Siehe auch: Ratgeber für Interventionen
Archiv: Ein Beitrag zum Werkzeugarchiv
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Seite zuletzt geändert am Donnerstag November 14, 2024 07:51:09 CET.

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