Kinder in der Mediation
Wissensmanagement » Diese Seite gehört zum Fachbuch Mediation in der Wiki-Abteilung Wissen. Sie befinden sich auf der Themenseite Kinder, die dem Kapitel Herausforderungen in der Rubrik Parteien des 4. Buchabschnitts Mediationsprozess zugeordnet wird.
Herausforderung Vorgesetzte Abwesenheit Kinder Gruppen Abwerbung
Worum es geht: Die Teilnahme von Kindern wird häufig in Familienmediationen angesprochen. Kinder spielen in der Mediation nicht nur eine Rolle, wenn Eltern über Kinder streiten. Geschwister können auch einen Streit haben. Auch ist es möglich, dass Konflikte in der Eltern-Kind Beziehung aufkommen. Der Mediator oder die Mediatorin sollten also wissen, wie mit Kindern umzugehen ist, wenn sie in irgendeiner Form an der Mediation beteiligt werden oder eine Rolle spielen.
Einführung und Inhalt: In diesem Kontext wird der Begriff Kinder als Abkömmlinge, Adoptivkinder und gegebenenfalls auch als Pflegekinder gemeint. Die Frage der Kindesbeteilligung kommt besonders dann auf, wenn die Kinder noch minderjährig sind. Kinder können in einer Mediation unterschiedliche Rollen einnehmen. Wenn sie an einer Mediation beteiligt werden, ist deren Rolle unbedingt zu klären. Sie können in folgenden Rollen auftreten:
- Kinder als Streitparteien
- Kinder als Konfliktparteien
- Kinder als Zeugen
Lediglich in der Rolle als Zeugen sind Kinder sogenannte Dritte i.S.d. Mediationsgesetzes.
Kinder als Streitparteien
Kinder können Parteien eines Streites sein. Zu denken ist an die Fälle einer Schulmediation, wo es um den Streit zwischen Schülern geht oder um den Streit zwischen Schülern und dem Lehrer. Auch Streitigkeiten zwischen Kindern und den Eltern sind einer Mediation zugänglich. Erwachsene Kinder werden (etwa in einer Unterhaltsstreitigkeit gegen die Eltern) stets als Streitparteien angesehen.
Wenn Kinder als Streitpartei auftreten, können Sie - wenn sie das 7. Lebensjahr vollendet haben - nur mit Genehmigung der Eltern einen Mediationsvertrag abschließen. Treten die minderjährigen Kinder als Streitpartei in einem Konflikt auf, in den auch die Eltern involviert sind, muss streng genommen sogar einen Ersatzpfleger bestellt werden, der die Genehmigung erklärt. Die Genehmigungspflicht betrifft nur Verträge, durch die Kinder nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangen. Die Honorarpflicht wäre ein Nachteil, sodass eine Genehmigung für den Abschluss eines Mediationsvertrages erforderlich ist. Nehmen Kinder an einer Donatormediation teil, bei der der Mediationsvertrag zwischen anderen Parteien geschlossen wird, könnte die Teilnahme an der Mediation dann nicht nur einen rechtlichen Vorteil einbringen, wenn sie auch eine Verpflichtung zur Verschwiegenheit enthält. Diese Verpflichtung könnte jedoch in eine Ermahnung umgewandelt werden, die nur einen Hinweis odert eine Bitte beinhaltet.
Kinder als Konfliktparteien
Anders als die Streitparteien sind die Konfliktparteien zwar Teil des Konfliktes. In der Sache sind sie aber weder aktiv- noch passivlegitimiert.1 Dass die Kinder Konfliktparteien sein können, ergibt sich aus dem Umstand, dass die Kindesinteressen bei einem Streit um die elterliche Sorge oder das Umgangsrecht direkt betroffen sind. Die Kinder sind dann als Konfliktparteien anzusehen, obwohl der Streit eine Auseinandersetzung der Eltern ist, die auch als Streitparteien vor Gericht auftreten würden. Der Mediator hat den Grad der Involviertheit der Kinder zu berücksichtigen.2
Auch wenn die Kinder als Konfliktparteien eingestuft werden, heißt das noch lange nicht, dass sie sich an einem Streitgespräch der Eltern zu beteiligen haben. Oft wird die Konfliktanalyse ergeben, dass der Streit um die elterliche Sorge oder das Umgangsrecht aus einem Konflikt auf der Paarebene resultiert. in dem Fall ist es fraglich ob die Kinder überhaupt Konfliktparteien sind.
Anwesenheit von Kindern
Ob und inwieweit Kinder aktiv an der Mediation zu beteiligen sind, ist eine Frage des Einzelfalls und des Alters der Kinder. Die persönliche Anwesenheit ist nicht zwingend. Sie wäre ohnehin vom Einverständnis der Eltern abhängig. Es gibt eine Fülle von Interventionsformen mit denen die Kinderinteressen eingebracht werden können, ohne dass sie selbst persönlich in der Rolle als Partei in der Mediation auftreten. Mitunter genügt es schon eine Spalte auf dem Flipchart für Kindesinteressen anzulegen auf die sich die Eltern verständigen. Visuell eindrucksvoll ist die Technik des leeren Stuhls. Wenn das Votum der Kinder eine Rolle spielt, könnte dies theoretisch auch in einem Einzelgespräch hinterfragt werden.
Kinder als Zeugen
In Familiensachen möchten manche Eltern gerne die Kinder als Beweis für das schädliche Verhalten des anderen Elternteils zitieren. Die Kinder sollen bezeugen, warum die elterliche Sorge oder der Umgang so oder so zu regeln ist. Zeugen stehen für Beweisfragen zur Verfügung. Der Mediator muss sich fragen, ob die Mediation auf dem richtigen Kurs liegt, wenn es auf die Beweislage ankommt, obwohl Interessen im Vordergrund stehen. Er wird die Parteien darauf hinweisen, dass es bei der Mediation um die Suche nach einer Lösung geht, nicht um die Durchsetzung der angenommenen Rechtsposition. Der Mediator sollte diese zur Phase eins passende Frage unbedingt klären, bevor die Entscheidung über die Einvernahme von Kindern als Zeugen gefällt wird. In der Regel wird die Zeugeneinvernahme sich dann erübrigen.
Wenn das Votum der Kinder eine entscheidende Rolle spielt, sollte der Mediator seine Rolle herausstellen. Er mag die Parteien daran erinnern, dass er kein Entscheider ist und keine Beweiswürdigung vornimmt. Das wäre die Aufgabe der Parteien.
Interessen der Kinder
Die Interessen der Kinder sind stets zu beachten. Bei einem Konflikt der Eltern in einer Kindschaftssache weist der Mediator darauf hin, dass die Kinder (im Geiste) ebenfalls am Tisch sitzen und dass die zu findende Lösung auch in deren Interesse sein muss und deren Zufriedenheit garantiert. Die Eltern werden denken, dass sie die Interssen der Kinder korrekt wiedergeben können. Wenn dabei auf den Nutzen abgestellt wird, mag das sogar stimmen. Die Eltern werden betonen, dass sie ja nur das Beste für die Kinder wollen. Sie werden dabei auf Lösungen schauen, wobei auch nicht immer deutlich wird, wie sich das vermeintliche Kindesinteresse mit dem eigenen Interesse an Unterhaltszahlungen, Kindeskontakt, Einflussnahme und Unbehelligtsein vermischt. Der Mediator muss klarmachen, dass dies alles Lösungen sind. Er muss weiterhin versuchen, die Fragen und Personen zunächst zu entkoppeln und auf die eigenen Motive zurückführen.
Bei dieser Herangehensweise erübrigt es sich oft, die Kinder persönlich anzuhören. Der Mediator prüft jedoch, ob die unterstellten Interessen (Motive) der Kinder mit deren Grundbedürfnissen und dem Kindeswohl einhergehen.3
Verantwortlichkeit der Kinder
Wenn Kinder angehört werden sollen, ist stets der Zweck der Anhörung zu hinterfragen. Sowohl das Aklter, die Lebenssoituation und der Zweck der Anhörung entscheiden letztlich über deren Ausgestaltung. Es sollte deutlich werden, ob und inwieweit die Anhörung zum Teil des Entscheidungsprozesses wird und was die Kinder dazu beisteuern können. Ein entscheidender Maßstab ist stets, ob und wie Eltern bei einer intakten familiären Situation mit dem Kind und dem Problem umgehen und was sie ihm zumuten würden. Eine zentrale Frage wird sein, ob die Kinder die Tragweite ihrer Aussagen überhaupt überschauen können. Grundsätzlich sind Willensäußerungen von Kindern als Momentaufnahme zu sehen, deren Bedeutung abhängig vom Entwicklungsstand und Erfahrungshorizont eines Kindes interpretiert werden muss.4 Wichtig ist, darauf zu achten, dass die Kinder nicht mit einer Verantwortung belegt werden, die ihnen nicht zusteht oder die sie nicht zu tragen haben.
Anhörung von Kindern
Möglicherweise kann die Anhörung von Kindern auch in einer Mediation erforderlich werden. Die Frage, ob und wie der Mediator KInder einbezieht und wie er ihnen begegnet, ist immer altersabhängig zu beantworten. Das Gespräch erfordert eine maximale Einfühlung. Bei kleineren Kindern wäre es außerordentlich ungeschickt, sie direkt mit einem Problem zu konfrontieren oder mit inquisitorischen Sachfragen in die Enge zu treiben oder in Verlegenheit zu bringen. Zunächst ist Vertrauen herzustellen und eine Beziehung aufzubauen. Das Gespräch muss so geführt werden, dass das Kind von sich aus Auskunft erteilt. Das gelingt am besten, wenn ihm eine Einstioegsmöglichkeit gegeben wird, für die sich das Kind selbst und frei entscheiden kann.
Was tun wenn ...
- Kinder sollen als Zeugen gehört werden
- Geschwisterkinder schikanieren sich
- Weitere Empfehlungen im Fehlerverzeichnis oder im Ratgeber
Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen
Alias: Jugendliche, Minderjährige
Included: Kindesanhörung
Prüfvermerk: -