Die Fähigkeit zum Verhandeln in der Mediation
Wissensmanagement » Sie befinden sich auf einer Unterseite zum Titel Parteien im Abschnitt Mediationsprozess des Mediationshandbuchs.
Hier geht es um die Frage, ob und inwieweit die subjektive Geeignetheit der Parteien gegeben ist. Bitte beachten Sie auch:
Parteien Vertragsrecht Mediationsfähigkeit Vertretung Dritte Kinder Herausforderungen
Die Mediationsfähigkeit beschreibt die Fähigkeit der Partei an einer Mediation teilzunehmen. Sie entspricht (mit anderen Anforderungen) der Prozessfähigkeit im Zivilprozess und ist von der Mediatorenfähigkeit und der Parteifähigkeit zu unterscheiden.
Wer verhandeln kann
Der kann auch meditieren?!?
Oder: Wer meditieren kann kann auch verhandeln?
Inhalt des Beitrages
Mediationsrecht
Die Frage, wer wie in der Lage ist, Die Verhandlungen in einer Mediation zu führen, unterliegt dem Mediationsrecht in Verbindung mit dem allgemeinen Recht. Der Unterschied zu dem Anwendungsrecht, dem die Abschlussvereinbarung und ihr Zustandekommen zu unterwerfen ist, wurde in dem Buchabschnitt Recht ausführlich dargelegt.
Die Ebenen des Verfahrens der Mediation und die der Abschlussvereinbarung sind strikt zu unterscheiden. Juristisch betrachtet, wirken sich Fehler im Verhandeln nicht ohne weiteres auf die Wirksamkeit der Abschlussvereinbarung aus. Umso wichtiger ist es, darauf zu achten dass die Verhandlung zwischen den Parteien korrekt abläuft.
Verhandlungsfähigkeit
Im juristischen Verfahren werden an die Fähigkeit zur Prozessbeteiligung einer Partei einige Anforderungen gestellt. Auch die Mediation hat Erwartungen, die die Parteien zu erfüllen haben, damit die Verhandlung gelingen kann. Der Unterschied zwischen den Anforderungen im Gericht und der Mediation wurde in dem Beitrag über die Parteien bereits herausgestellt. Rechtsfragen zur Geschäftsfähigkeit und zur Frage, wie Verträge mit geschäftsunfähigen oder minderjährigen Personen wirksam geschlossen werden können, beantwortet das Vertragsrecht.
Parteien und Beteiligte in der Mediation Vertragsrecht
Bitte beachten Sie, dass es bei den nachfolgenden Ausführungen um die Verhandlungen innerhalb der Mediation geht. Die daran anzuknüpfenden Voraussetzungen sind von dem Abschluss des Mediationsvertrages und der Abschlussvereinbarung zu unterscheiden. Diese Vertragsabschlüsse unterliegen dem allgemeinen Recht, das die Geschäftsfähigkeit der Vertragsparteien voraussetzt.
Die in dem Kapitel Parteien erläuterte Unterscheidung zwischen den Vertragsparteien und den Verhandlungsparteien macht Sinn, wenn die Verhandlung über einen Konfliktgegenstand geht, der kein Recht gestaltet oder lediglich Interessen abzufragen sind.
Mediationsfähigkeit
Die Prozess- oder Verhandlungsfähigkeit setzt voraus, dass die Partei körperlich und geistig befähigt ist, der Verhandlung zu folgen und von ihren Teilnahmerechten Gebrauch zu machen. Bei vertraglichen Verhandlungen ist auch von der Dispositionsfähigkeit die Rede. Im Strafrecht kommt es auf die Zumutbarkeit an. Wegen dieser Unterschiede verwendet die Mediation den Begriff der Mediationsfähigkeit.
Wenn behauptet wird, die Mediationsfähigkeit setze voraus, dass es sich um eine mediierbare Streitigkeit handele1 , wird damit die Frage der gesondert zu prüfende Geeignetheit angesprochen. Tatsächlich betrifft die Frage der Mediationsfähigkeit lediglich die Verhandlungsfähigkeit der Partei.
Bei der Beurteilung der Mediationsfähigkeit kommt es darauf an, ob die Partei in der Lage ist, dem Prozess gedanklich zu folgen und den mediativen Gedankengang aktiv mitzugestalten.
Wenn die Mediation ein Kognitionsprozess ist, steht und fällt ihr Gelingen mit den Erkenntnissen und den möglichen Erkenntnisgewinnen der Parteien. Die Mediation ist ein den Verstand nutzendes Verfahren. Also muss die Partei in der Lage sein, den Verstand einzusetzen. Der Mediator wird es bemerken, wenn sie Gedanken nicht an sich heranlässt und wenn die Gedanken nicht weiterentwickelt werden. Er muss herausfinden, ob und inwieweit die Partei sich auf das Verfahren einlassen kann und will. An diesem Punkt grenzt sich die Mediationsfähigkeit von der Mediationsbereitschaft ab.
Der wahrnehmbare aktive oder passive Widerstand, Gedanken und sich heranzulassen, kann viele Gründe haben. Er kann durchaus konfliktbedingt sein. Er kann psychisch begründet sein aber auch intellektuell. Auch eine Erkrankung ist nicht außer Betracht zu lassen. Nicht zuletzt spielt auch die mangelnde Mediationsbereitschaft eine Rolle spielen.
Betroffenheit
Die Frage der Betroffenheit, also der Parteieignung, ist von der Frage der Mediationsfähigkeit strikt zu unterscheiden. Natürlich kommt es auch darauf an, ob dem Mediand die Parteirolle überhaupt zusteht. Warum sollte eine Partei in Verhandlungen einbezogen werden, die weder betroffen noch legitimiert ist?
Es klingt wie eine Voraussetzung, die geprüft werden sollte, bevor die Frage der Mediationsfähigkeit überhaupt gestellt wird. Die Logik ist jedoch eine andere. Sie erschließt sich aus der Parallele zur Aktiv- und Passivlegitimation im Gerichtsverfahren. Dort wird die Frage nach der Legitimation erst im Zusammenhang mit der Begründetheit der Klage, also nicht mit ihrer Zulässigkeit im Zusammenhang mit der Partei- oder Prozessfähigkeit geprüft. Die Prüfungsfolge unterliegt der Logik, dass Parteien, die sich eines Anspruchs rühmen, nicht von vornherein ausgeschlossen werden, den Anspruch überprüfen zu lassen. In der Mediation stellt sich ein ähnlicher Zusammenhang her. Abgesehen von offensichtlichen Fällen, kann die Frage nach der Parteieignung, also der Streit- oder Konfliktbetroffenheit einer Partei, erst beantwortet werden, wenn der Sachverhalt geklärt ist. Das geschieht üblicherweise in der zweiten Phase der Mediation, also der Bestandsaufnahme. Spätestens dann entscheidet die Konfliktanalyse über die Streit- oder die Konfliktbetroffenheit der Mediationsteilnehmer. Erst dann ist klar, wer an der Mediation zu beteiligen ist, damit der Konflikt vollständig aufgelöst werden kann. Die Entscheidung, wer an der Mediation teilnimmt oder nicht, obliegt übrigens nicht dem Mediator. Sie ist im Konsens mit allen Beteiligten zu treffen.
Überprüfung
Wenn während der Verhandlungen der Verdacht aufkommt, dass eine Partei mediationunfähig sein könnte, kommt die Frage auf, wer diese Diagnose zu treffen hat. Es gibt eindeutige Fälle, wie zum Beispiel die Minderjährigkeit eines Kindes oder das Vorliegen einer diagnostizierten psychischen Erkrankung. Die meisten Fälle sind jedoch nicht eindeutig. Den ersten Anhaltspunkt zur Frage der Mediationsfähigkeit geben das Erscheinungsbild und das Verhalten der Partei.
Auf der Suche nach der Beeinträchtigung hat der Mediator alle zuvor genannten Aspekte in Betracht zu ziehen. Es ist nicht seine Aufgabe die Partei zu beurteilen. Wohl seine Aufgabe die Partei dabei zu unterstützen, dass sie ihre Interessen auf gleicher Augenhöhe mit dem Gegner erkennen und wahrnehmen können. Die naheliegendste Vorgehensweise besteht darin, die Beobachtungen zu verbalisieren, damit sie mit der Partei erörtert und abgestimmt werden kann.
Herstellung
Es wäre nicht fair der Partei gegenüber, wenn sie nur wegen einer diagnostizierten oder gar unterstellten Mediationsunfähigkeit an der Durchführung einer Mediation gehindert ist. Die mangelnde Mediationsfähigkeit führt also nicht zwingend einen Abbruch der Mediation, sondern eher die Frage herbei, wie die Mediationsfähigkeit hergestellt werden kann. Auch diese Frage lässt sich erst beantworten, nachem der Grund für die Mediationsunfähigkeit aufgedeckt ist.
- Geschäftsunfähigkeit: Es wird ein gesetzlicher Vertreter hinzugezogen
- Verhandlungsschwäche: Es wird ein Beistand hinzugezogen
- Verhandlungsungleichgewicht: Die Allparteilichkeit genügt möglicherweise, um einen Ausgleich zu schaffen
- Kommunikation: weil die Kommunikation immer zwischen mindestens zwei Personen, dem Sender und dem Empfänger stattfindet, muss der Mediator in diesem Zusammenhang auch seine Mediatorenfähigkeit hinterfragen
- Sprache: Unter Umständen genügt es, einen Dolmetscher hinzuzuziehen
- ...
Bedeutung für die Mediation
Das Mediationsgesetz verpflichtet den Mediator in §2 Abs. 3 zu gewährleisten, dass die Parteien in angemessener und fairer Weise in die Mediation eingebunden sind. Nach §2 Abs. 5 des Mediationsgesetzes kann der Mediator die Mediation beenden, wenn er der Auffassung ist, dass eine eigenverantwortliche Kommunikation oder eine Einigung der Parteien nicht zu erwarten ist. Beide Vorschriften belegen, wie wichtig es ist die Mediationsfähigkeit als eine Bedingung für ein faires Verhandeln der Parteien im Blick zu haben.
Was tun wenn ...
- Die Partei ist abgelenkt
- Die Partei weicht den Fragen des Mediators aus
- Die Partei kann den Gedanken nicht folgen
- Die Partei kann nicht abstrakt denken
- Weitere Empfehlungen im Fehlerverzeichnis oder im Ratgeber
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Alias: Prozessfähigkeit
Siehe auch: Mediatorenfähigkeit, Geeignetheit, Zulässigkeit, Krankheit, Widerstand
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