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Mediationsvoraussetzungen

Wissensmanagement » Sie befinden sich auf einer Unterseite zum Abschnitt Verfahren des Mediationshandbuchs der Abteilung Wissen.
Die Voraussetzungen und die Geeigentheit sind bei JEDER Mediation zu prüfen. Bitte beachten Sie auch:

Mediationsprozess Geeignetheit Voraussetzungen Wesenhaftigkeit Verfahrensziel Verfahrensablauf Verfahrensgrundsätze

Es geht um die Zulässigkeit der Mediation. Wenn hier von den Voraussetzungen der Mediation die Rede ist, ist die Mediation als Verfahren im Sinne des Mediationsgesetzes angesprochen. Bei jeder Mediation (in diesem Sinne) und in jedem Verfahrensstadium sind ihre Voraussetzungen zu prüfen.

Bei einem staatlichen Verfahren, wie etwa dem Zivilprozess, würde man die Statthaftigkeit prüfen, aus der sich die Zuständigkeiten ableiten lassen. Die Statthaftigkeit entspricht der Zulässigkeit, sodass die Prüfung die Frage beinhaltet, ob ein solches Verfahren für den zu klärenden Fall zugelassen ist. Bei der Mediation handelt es sich um ein rein privatrechtliches Verfahren, das ist im Grunde immer zulässig ist, wenn es nicht gegen ein gesetzliches Verbot verstößt. Bedenkt man, dass die Bezeichnung "Mediation" von den Vertragsparteien falsch gewählt sein kann, ist unabhängig von seiner Bezeichnung zu prüfen, ob die Mediation das einschlägige Verfahren ist. Um die Voraussetzungen für die Einschlägigkeit und Durchführbarkeit einer Mediation nach dem Mediationsgesetz zu prüfen, ist also zwischen der Zulässigkeit und der Geeignetheit zu unterscheiden.

Zulässigkeit

Erlaubt ist, was nicht verboten ist. Das ist der Grundsatz in unserem Rechtsstaat. Also wendet sich der Blick zunächst auf die möglichen Verbote.

Verbote

Auch ein privatrechtliches Verfahren ist an Gesetze gebunden. Die Mediation darf also nicht gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen. Ein gesetzliches Verbot wäre die Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) oder die Vor- oder Nachbefassung (§3 Abs. 2 und 3 Mediationsgesetz). Wird ein solches Verbot bei dem Zustandekommen einer Mediation ignoriert, ist der Mediationsvertrag unwirksam. Die Unwirksamkeit bedeutet, dass der Mediator keine Honoraransprüche geltend machen kann. Unter Umständen wird man ihm auch eine Verletzung von Beratungspflichten vorwerfen können. Bemerkenswert ist allerdings, dass die Unwirksamkeit nicht auf die Abschlussvereinbarung durchschlägt. Bitte beachten Sie:

 Merke:
Leitsatz 4245 - Die Abschlussvereinbarung ist in ihrem rechtlichen Schicksal unabhängig von der Frage der Wirksamkeit der Mediation zu beurteilen. Verfahrensfehler wirken sich also NICHT auf die Wirksamkeit der Vereinbarung aus!

Erfordernisse

In manchen Fällen stellt das Gesetz Hürden auf, wie zum Beispiel ein Formerfordernis oder ein Zustimmungserfordernis. Grundsätzlich ist die Mediation formfrei. Deshalb kann der Mediationsvertrag ohne weiteres auch mündlich geschlossen werden. Für eine professionelle Anwendung wird davon jedoch abgeraten. Wir empfehlen stets die in Wiki to Yes zur Verfügung gestellten Vertragsmuster zu verwenden:

Standardmediationsvertrag

Schriftform
Ausnahmsweise hat der Gesetzgeber ein Formerfordernis, nämlich die Schriftlichkeit vorgeschrieben, wenn es sich um eine Notarmediation handelt. Notare sind gem. § 126 Abs. 2 GNotKG zur Schriftform verpflichtet. Anwälte sind zwar nach § 34 RVG zu einer schriftlichen Gebührenvereinbarung verpflichtet. Die Vorschrift gilt nach § 3a RVG Abs. 1 S. 3 jedoch nicht für Mediationen.
Genehmigung
Wird der Mediationsvertrag mit einem Minderjährigen geschlossen, ist die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters erforderlich, weil die Honorarleistungspflicht und die gegebenenfalls dem Medianden auferlegte Verschwiegenheitspflicht nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil einbringen. § 107 BGB besagt, dass der Minderjährige zu einer Willenserklärung, durch die er nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters bedarf.
Zustimmung
Bei einer betrieblichen Mediation wäre gegebenenfalls die Zustimmungsbedürftigkeit des Betriebsrates zu prüfen1 .
Rechtsgrundlage
Die Mediation i.S.d Mediationsgesetzes muss sich an den einschlägigen Rechtsgrundlagen orientieren. Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Mediationsgesetzes ist neben den Tatbestandsmerkmalen des §1 Mediationsgesetz auch der Nachweis einer Ausbildung und das Vorliegen eines RechtsbindungswillensDem sich der Mediator verpflichtet, eine Mediation nach den Regeln der Kunst durchzuführen.

Rechtsgrundlagen

Geeignetheit

Bei der Prüfung, ob die Mediation grundsätzlich möglich ist, wird zwischen der objektiven Geeignetheit und die subjektiven Geeignetheit unterschieden.
Die subjektive Geeignetheit wiederum unterscheidet die parteiliche Geeignetheit, also die Frage nach der Mediationsfähigkeit (Handlungsfähigkeit der Parteien) und die professionelle Geeignetheit, also die Frage nach der Mediatorenfähigkeit. Mithin erfolgt die Prüfung der Geeignetheit in drei Schritten:

  1. Objektiven Geeignetheit: Die objektive Geeignetheit beantwortet die Frage, ob die Mediation zum Fall und der zu lösenden Aufgabe passt.
  2. Subjektive Geeignetheit der Partei: Die subjektive Geeignetheit der Partei hinterfragt die Mediationsfähigkeit
  3. Subjektive Geeignetheit des Mediators: Die subjektive Geeignetheit des Mediators hinterfragt seine individuelle Fähigkeit.

Objektive Geeignetheit

Die Prüfung der objektiven Geeignetheit der Mediation entspricht der Prüfung der Statthaftigkeit eines öff. rechtlichen Verfahrens. Zu prüfen ist, ob die Mediation das einschlägige Verfahren ist. Das ist der Fall, wenn es um die Beilegung oder Lösung eines Konfliktes geht und wenn die SUCHE nach einer (anderen oder besseren) Lösung opportun ist. Die Prüfungsfolge ist also:

  1. Handelt es sich um einen Konflikt?
    Seit dem Erlass des Mediationsgesetzes ist der Konflikt im weitesten Sinne zu verstehen. Auch ein Streit gehört dazu. Für die Frage der Geeignetheit genügt die Feststellung, ob ein Konflikt vorliegt. Mehr und mehr wird die Mediation auch zur Konfliktvermeidung eingesetzt.2 Deshalb sollte nicht das Vorliegen eines Konfliktes, sondern die Nähe zum Konflikt ausschlaggebend sein.
  2. Ist die SUCHE nach einer Lösung das approbate Mittel zur Beilegung?
    Die Sinnhaftigkeit der Suche ist aus der Sicht eines neutralen Beobachters zu entscheiden. Die Parteien selbst sind sich vor dem Beginn der Mediation über die Notwendigkeit, eine Lösung zu FINDEN oft nicht im Klaren. Der Mediator wird diese Frage routinemäßig mit der Zielvereinbarung ansprechen oder im Zusammenhang mit der Lösungsoffenheit. Die Bereitschaft zur Suche entsteht deshalb oft erst nach Beginn der Mediation. Sie betrifft also die Frage der Duchführbarkeit, nicht der Geeignetheit. Die zu findende Lösung erfolgt in der Gegenwart. Sie betrifft die Zukunft.3
 Merke:
Leitsatz 4762 - Die Mediation ist stets geeignet, wenn es um die Suche nach einer am Nutzen orientierten Lösung geht mit der ein Konflikt gelöst oder vermieden wird.

Für die Gestaltung der Mediation, also ihre Durchführung, bedarf es weiterer Analysen:

  1. Konfliktanalyse zur Ermittlung der beteiligten Personen
  2. Konfliktdimension zur Ermittlung des Mediationsmodells
  3. Theorie-Konflikteskalation zur Ermittlung der Intensität

Die Gegenprobe stellt die Frage, wann ein Fall objektiv nicht für eine Mediation geeignet ist. Die objektive Ungeeignetheit kann in folgenden Fällen angenommen werden:

  1. Die Suche nach einer Lösung erübrigt sich, weil es keinen Entscheidungsspielraum gibt.
  2. Es geht nicht darum, eine Lösung im Einzelfall zu finden, sondern eine nicht verhandelbare Regel einzuführen.

Subjektive Geeignetheit der Partei

Gemeint ist die Mediationsfähigkeit. Mit der Mediationsfähigkeit wird die Zulässigkeit der Beteiligung der jeweiligen Parteien geprüft. Zunächst ist die Frage zu klären, ob die Parteien die "richtigen" sind. Als Vertragsparteien müssen Sie in der Lage sein, den Mediationsvertrag abzuschließen. Als Streitparteien müssen sie über den Streitgegenstand verfügen können. Als Konfliktparteien müssen Sie in den Konflikt involviert sein. Weiterhin müssen sie intellektuell in der Lage sein, der Mediation zu folgen. Wenn von der Mediationsfähigkeit die Rede ist, liegt der Fokus meist auf dieser Frage.

Die Mediationsfähigkeit ist um die Verhandlungsfähigkeit zu erweitern. Es genügt nicht zu prüfen, ob die Partei in der Lage ist den Gedankengängen der Mediation zu folgen. Sie muss auch in der Lage sein die eigene Gedanken zu äußern und die Eigenverantwortung wahrzunehmen. Diese Frage ist mitunter abhängig von der Beziehung wie die Parteien zueinander haben. Der Mediator muss deshalb auch prüfen, ob es der Partei möglich ist auf gleicher Augenhöhe zu verhandeln. Hat er Zweifel, muss er überlegen, wie er die Balance zwischen den Parteien herstellen kann.

Die Prüfungsfolge ist also:

  1. Wer hat mit wem welchen Konflikt?
    Es geht um die Identifikation der Parteien. Die Frage beantwortet sich nach einer Konfliktanalyse, die auf einer Konfliktlandkarte aufsetzt.
  2. In welcher Rolle treten die Parteien auf?
    Es geht um die Frage, ob sie Streitpartei oder Konfliktpartei sind. Die Streitparteien müssen Rechtsinhaber sein.
  3. Sind die Parteien abschlussfähig?
    Es geht um die Frage, ob sie wirksam eine abschließende Regelung vereinbaren können.
  4. Sind die Parteien mediationsfähig?
    Es geht um die Frage, ob sie den Gedankengang der Mediation aktiv mitgehen können.

Mehr über diese Anforderungen lesen Sie in den Beiträgen:

Abschlussfähigkeit Verhandlungsfähigkeit 

Subjektive Geeignetheit des Mediators

Gemeint ist die Mediatorenfähigkeit. Eine Voraussetzung zur Durchführung einer Mediation i.S.d. Mediationsgesetzes ist das Vorliegen einer Ausbildung. Der Mediator ist ohne eine Ausbildung nicht befugt, die Dienstleistung anzubieten. Diese Anforderung ergibt sich aus der Definition des Mediators in §1 Abs. 2 Mediationsgesetz i.V.m. der Regelung in §5 Mediationsgesetz, wann man sich als Mediator bezeichnen darf.

Dienstleistungsbefugnis 

Die Ausbildung alleine genügt noch nicht, um die subjektive Geeignetheit des Mediators zu bejahen. Es gibt beispielsweise Meinungen, die eine Mediation als ungeeignet ansehen, wenn ein Machtgefälle oder eine Suchterkrankung vorliegen. Anders als dort angenommen, steht die Mediation zumindest grundsätzlich auch in solchen Fällen als ein kompetentes Verfahren zur Verfügung. Einschränkungen könnten sich in einem solchen Fall jedoch ergeben, wenn die Mediationsfähigkeit (der Medianden) in Frage steht oder die Mediatorenfähigkeit in Frage steht, weil der Mediator mit derart erschwerten Bedingungen nicht umgehen kann. Die Mediatorenfähigkeit unterfällt der subjektiven Geeignetheit.4 Sie erwartet, dass der Mediator die Materie beherrscht und die Mediation in dem geeigneten Mediationsmodell durchführen kann. Die Mediatorenfähigkeit entscheidet, ob und inwieweit der Mediator mit dem Konflikt zurecht kommt.
Die Prüfungsvoraussetzungen für die Geeignetheit lassen sich in einer Checkliste zusammenfassen:

Check-Geeignetheit 

Prozesshindernisse

Der Begriff bezeichnet in der Juristensprache eine negative (nicht vorliegende, zwingende) Prozessvoraussetzung, die der Durchführung des Prozesses im Wege steht.5 Prozesshindernisse sind auch in der Mediation in jeder Lage des Verfahrens zu beachten. Das Verbot zur Durchführung der Mediation wäre beispielsweise ein Prozesshindernis, ebenso wie die fehlende Mediationsfähigkeit und gegebenenfalls die magelnde Eignung. Begrifflich sind die Prozesshindernisse von den Hindernissen (Störungen) im Prozess zu unterscheiden.

Beratungspflicht

Es ist die Aufgabe des Mediators darauf zu achten, dass alle Formerfordernisse erfüllt sind und die Mediation nicht gegen ein gesetzliches Verbot verstößt. Weiterhin muss er die Geeignetheit prüfen. In beiden Fällen hat er die Parteien zu beraten. Ist die Mediation nicht zulässig oder ist sie das nicht geeignete Verfahren, muss er seine Dienste ablehnen.

Bedeutung für die Mediation

Es ist eine Frage der Professionalität, ob und wie der Mediator die Vorüberlegungen zur Mediation durchführt oder nicht. Die Prüfung der Zulässigkeit ist zwingend erforderlich.6 Die Prüfung der Geeignetheit hilft darüber hinaus, die richtigen Weichen zu stellen und das Verfahren korrekt aufzubauen. Wie mit der Frage der Geeignetheit umzugehen ist und wie das Verfahren einzuschätzen ist, um die Frage praxisnah zu beurteilen, ergibt sich aus dem Beitrag. Die Falleignung aus der Sicht der Praxis.

Was tun wenn...

Hinweise und Fußnoten

Alias: Zulässigkeitsvoraussetzungen, Zulässigkeit, Prozesshindernisse, Mediationsvoraussetzungen
Siehe auch: Optionen, Geeignetheit, Check-Geeignetheit, Vereinbarungen, Mediationsvertrag, Prozessstörungen, Die Falleignung aus der Sicht der Praxis
Geprüftt:

1 Das BAG hat die Zustimmungsbedürftigkeit bei einem verpflichtenden Gespräch (Abschlussgespräch in einer Mediation) mit kollektivem Interesse und veränderter Arbeitszeitregelung bejaht Siehe BAG-Beschluss vom 30.6.2015, 1 ABR-71-13
5 Siehe dazu näher {trackerautoritem trackerId="16" fieldId="103" fieldId2="622" itemId="4519"}/Prozesshindernisse
6 Als Aufgabe und Pflicht erfasst unter Prüfung der Zulässigkeit der Mediation


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Seite zuletzt geändert am Donnerstag März 28, 2024 09:35:28 CET.

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