BGH, Urteil vom 9. Juni 2011 - I ZR 113/10
Autor: Arthur Trossen - Veröffentlicht 09.03.2013 09:20
- (426 Zugriffe)
Das Urteil des BGH enthält folgenden Leitsatz: "Der Verkehr erwartet von einem Rechtsanwalt, der sich als "zertifizierter Testamentsvollstrecker" bezeichnet, dass er nicht nur über besondere Kenntnisse, sondern auch über praktische Erfahrungen auf dem Gebiet der Testamentsvollstreckung
verfügt". Das Urteil ist wegen der Auseinandersetzung über den Begriff der Zertifizierung für Mediatoren von Interesse.
Das BGH Urteil datiert auf den 9. Juni 2011 unter dem Aktenzeichen I ZR 113/10. Vorgerichte waren das OLG Nürnberg und das LG Regensburg. Die Entscheidung im Volltext kann hier nachgelesen werden: file:///Users/at-mac-2020/Desktop/i_zr_113-10.pdf
Markante Zitate sind:
Als Zertifizierung wird ein Verfahren bezeichnet, mit dessen Hilfe die Einhaltung bestimmter Anforderungen
an Produkte oder Dienstleistungen einschließlich der Herstellungsverfahren nachgewiesen werden kann (vgl. Grunewald, ZEV 2010, 69, 71). Zertifizierungen werden von unabhängigen Stellen vergeben und müssen sich nach festgelegten Standards richten. Der Begriff der Zertifizierung besagt nicht, dass sie von einer amtlichen Stelle vergeben worden ist.
Vielmehr wird er (der Verbraucher) annehmen, dass ein „zertifizierter Testamentsvollstrecker“, auch wenn er Rechtsanwalt ist, entsprechend der für viele andere Berufsgruppen erforderlichen Voraussetzungen über praktische Erfahrungen auf dem Gebiet verfügt, auf das sich die Zertifizierung bezieht.
Diese Erwartung des Verkehrs erfüllt der Beklagte nach den unangegriffen gebliebenen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht. Der Beklagte ist bisher erst zweimal (in den Jahren 2005 und 2008) als Testamentsvollstrecker tätig geworden. Es ist nicht ersichtlich, dass sich diese Testamentsvollstreckungen nach Art oder Umfang in der Weise von einer üblichen Testamentsvollstreckung unterschieden hätten, dass bereits diese Tätigkeit ausnahmsweise als ausreichend angesehen werden könnte. Von einer regelmäßigen Ausübung der Testamentsvollstreckertätigkeit kann daher - wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend angenommen hat - nicht ausgegangen werden. Die bei einem Durchschnittsverbraucher aufgrund des Gebrauchs der angegriffenen Bezeichnung hervorgerufene Fehlvorstellung über die praktischen Erfahrungen des Beklagten auf dem Gebiet der Testamentsvollstreckung wird auch durch den Zusatz „zertifiziert“ nicht beseitigt. Eher ist das Gegenteil der Fall. Denn der angesprochene Verbraucher kann aufgrund des Hinweises auf die Zertifizierung den Eindruck gewinnen, dass es sich beim Beklagten um einen besonders qualifizierten Testamentsvollstrecker handelt.