Ein Unternehmen zu kaufen und zu übernehmen, gehört heute zur Normalität.

Nach der Unterzeichnung der Kaufverträge geht es darum einige Bereiche in das neue Unternehmen zu integrieren wie Infrastruktur, Prozesse, Produkte, Technologien und weiteren. Aber ein wichtiger Erfolgsfaktor bei der Unternehmensübernahme ist die Integration der Mitarbeiter:innen.
Diese kann sich als sehr schwierig darstellen, da es dabei nicht um Sachthema handelt, sondern eher ein emotional aufgeladenes Thema.
Zudem ist es nicht einfach am Reißbrett planbar, da die Mitarbeiterdynamik nicht im Vorfeld zu 100 % abschätzbar ist. Ob Technologien zusammenpassen, das kann in einer Due Diligence bewertet werden. Aber wie gut die Mitarbeiter:innen zusammenpassen und integriert werden können, ist schon etwas schwieriger zu bewerten.

Wenn die Integration nicht gut funktioniert, neigen die Mitarbeiter:innen dazu, das Unternehmen zu verlassen. Das wiederum ist nachteilig für das kaufende Unternehmen, im weiteren Käufer genannt, da Ressourcen und auch Know-how verloren gehen. Für das verkaufte Unternehmen, im weiteren Verkäufer genannt, ist es auch nachteilig, da eventuell vereinbarte Earn-out-Ziele oder andere Ziele nicht erreicht werden können.

Aber wie können Unternehmen vorgehen, um die Mitarbeiter:innen erfolgreich zu integrieren nach einem Zukauf oder auch nach einer Umstrukturierung?

Ein Beispiel wie es nicht klappt von einem Gründer eines Softwareunternehmens:

Beispiel 14911 - Eine Partei berichtet über eine fehlgeleitete Firmenbernahme: "Meine Frau und ich hatten auch mal ein Unternehmen und wir sind aufgekauft worden von einem größeren Unternehmen. Einer der Geschäftsführer, der dafür zuständig war oder der sich zuständig fühlte. Hier schon das erste Problem: Sie wussten nicht genau, wer zuständig ist. Aber egal. Der war ein Macchiavelli Fan und er meinte alles erst zerschlagen zu müssen, um es dann neu aufzubauen. Das war ihm gelungen. Ergebnis: Wir haben uns getrennt".


Also genau das, was eigentlich nicht passieren soll. Die Ressource Mensch ist heute besonders wichtig und hinsichtlich der Arbeitsmarktentwicklung wird es auch immer schwieriger, passende Mitarbeiter:innen zu finden.

Also besser ist es, wenn das Unternehmen gut geplant integriert. Integration heißt jetzt Herstellung eines Ganzen. Und da fängt das Problem an.
Wir haben zwei Unternehmen, ein kleines Unternehmen (oft der Verkäufer) und ein großes Unternehmen (oft der Käufer).
Die ersten Fragen, die auftauchen sind:

👉 Was ist jetzt das Ganze?
👉 Das Große und das Kleine?
👉 Oder nur das Große?
👉 Also, was ist jetzt Integration?
👉 Lösche ich das Kleine und mache daraus einen Teil des Großen?
👉 Oder machen wir ein gesamtes neues Unternehmen?

Dann lautet die erste spannende Frage, über die man sich klar werden müsste:

👉 Was ist das Ganze und wie fügt sich das neue Unternehmen sich da ein?

Hier wäre es wichtig, dass der Käufer und der Verkäufer einer Meinung sind.
Aus Sicht des Verkäufers kommen oft folgende Fragen, die es zu klären gilt:

👉 Ich weiß, ich bin ein kleiner Teil von einem großen Unternehmen
👉 Welche Bedeutung habe ich in dem großen Unternehmen?
👉 Was bedeutet das große Unternehmen für mich?
👉 Was bedeute ich für das große Unternehmen?
👉 Haben wir ein gemeinsames Ziel?

Die Frage nach dem gemeinsamen Ziel ist eine sehr wichtige Frage, gerade bei Unternehmen, die sehr auf die Persönlichkeit des Gründers konzipiert sind. Wenn der Verkäufer z.B. einen autokratischen Patriarchen als Firmeninhaber hat, der behauptet: „Das Unternehmen bin ich.“, dann kann das meistens schon nicht wirklich stimmen. Und wenn es so ist, dann ist die Frage:

👉 Wenn er mich jetzt aufkauft, bin ich jetzt ein Teil von ihm?
👉 Kann ich das sein?
👉 Will ich das sein?

Wenn der Verkäufer vom Geist des Gründers lebt oder stark geprägt ist und das nun als Ganzes zerstört wird, wie passt dann der Geist des Gründers in das neue Konstrukt hinein? Das sind Fragen, die oft nicht wirklich beantwortet werden.

Oft wird der Zukauf sehr pragmatisch vom Nutzen gesehen.

Der Verkäufer wird gekauft und kann sich dann Investitionen leisten, die er sich vorher nicht leisten konnte wie Internationalisierung, verstärktes Marketing, besseres Netzwerk zu Partnern, neue Features, mehr Management etc.

Aber ich bin auch nicht mehr ich und du bist auch nicht mehr du. Daher ist die spannende Frage: Was ist ein Wir? Gibt es überhaupt ein Wir? Was, wenn darüber keine Einigkeit besteht? Der Käufer kauft den Verkäufer und glaubt, dass er nun Teil des großen Unternehmens ist, der Verkäufer sieht das aber anders. Bei dieser Sichtweise werden die beiden Unternehmen Probleme bekommen. Um das zu vermeiden, sollten diese Fragen schon im Vorfeld geklärt werden von den Vertragsparteien. Also Käufer und Verkäufer sollten sich darüber einig werden.

Eine zentrale Frage ist: Was ist der Sinn des Kaufes?

Für den Verkäufer liegt der Sinn des Öfteren darin einen finanziellen Zuschuss und Unterstützung zu erhalten, die er braucht, um Produkte weiterzuentwickeln o.ä. Im Gegenzug gibt es aber Daumenschrauben, die er aber so nicht wollte, sondern wie der Käufer es wollte.
Die Sichten gehen auseinander und jetzt kommen Spannungen auf.

Die Frage hier ist: Wer entscheidet das jetzt?

Wenn das nicht von vorne herein abgestimmt ist, wird es jetzt Reibungspunkte geben, an dem bei jeder Gelegenheit Widerstand gezeigt wird, in welcher Art auch immer. Und dann laufen die Unternehmen nicht zusammen.
Daher ist die Empfehlung, dass solche Punkte vorab geklärt werden sollten.

👉 Also was ist der Zweck des Kaufs?
👉 Wie stellen sich dann die Beziehungen, altes - neues Unternehmen, auf?
👉 Wie strahlt das in die Mitarbeiter:innenebene hinein?

Natürlich können die Mitarbeiter:innen des Verkäufers alle entlassen werden, aber dann ist das zugekaufte Unternehmen nicht mehr das Unternehmen, das mal gekauft wurde.

Da wäre es für den Käufer einfacher gewesen ein paar Mitarbeiter:innen einzustellen statt ein ganzes Unternehmen zu kaufen.

Daher sollten folgende Überlegungen auf beiden Seiten stattfinden:

👉 Also was ist der Sinn und Zweck des Kaufs?
👉 Wo ist der Nutzen, den beide Unternehmen haben?
👉 Wie kann man daraus einen gemeinsamen Nutzen schaffen für beide Unternehmen?
👉 Und es ist tatsächlich so? (Ist der Nutzen real)

Die Identität von beiden Unternehmen wird sich verändern. Denn das System beider Unternehmen wird irritiert. Das sollte beiden Unternehmen klar sein.
Das Verständnis ist die Basis. Wenn beide Unternehmen ein gemeinsames Konzept und eine Idee haben, wie sie zusammengeführt werden, dann ergibt sich eigentlich alles Weitere daraus. Wenn beide Vertragsparteien sich darüber einigen können und diese Fragen für sich beantworten, sollten das auch an die Mitarbeiter:innen weitergegeben werden, damit auch sie sich damit identifizieren können.

Das hängt von der inneren Struktur im Unternehmen ab.
Die Mitarbeiter:innen des Verkäufers sollten verstehen können, warum das Unternehmen verkauft wird. Wenn es z.B. verkauft wird, um die Produkte zu erweitern oder die Arbeit zu erleichtern, dann ist das ja auch im Interesse der Mitarbeiter:innen.

Wenn der Käufer die Produktpalette erweitern möchte und es kauft ein Technologieunternehmen, das gut in das Portfolio passt, dann kauft es dazu auch Mitarbeiter:innen, die an dem gleichen oder einem ähnlichen Portfolio arbeiten.
Die beiden Mitarbeiter:innen-Teams arbeiten dann später zusammen.

Es ist also zu empfehlen, das mit den Mitarbeiter:innen abzustimmen.

👉 Also könnt ihr euch eine Unterstützung vorstellen?
👉 Wie sieht diese dann aus?

Dadurch kann eine innere Bereitschaft gefördert werden auf beiden Seiten.

Die Fragen, die seitens des Käufers gefragt werden müssten, können sein:

👉 Was ist der Vorteil, den wir haben?
👉 Was ist der Preis, den wir zahlen müssen, also was sind die Aufwendungen, die wir dann vielleicht mehr haben?
👉 Und wie geht das zusammen?

Wenn diese Fragen geklärt sind, können Schnittmengen gebildet werden. Diese Schnittmengen werden jedoch nicht auf der Ebene der Firmenleitung, sondern auf der Mitarbeiter:innen-Ebene hergestellt.
Denn die Mitarbeiter:innen müssen das ja letztlich ausleben und umsetzen. Und wenn sie wissen, wozu sie das machen und wenn sie dann noch einen eigenen Vorteil davon haben, dann sind sie doch gerne dazu bereit.

Wenn sie jedoch nicht wissen oder nicht verstanden haben, wozu sie das machen sollen, dann wird es eher schwierig.
Denn dann haben sie das Gefühl, jetzt nur noch mehr Stress zu haben durch diese neue Firma und das kann zu Widerstand führen.

Das ist ein Punkt, der gern übersehen wird, dass auch die Mitarbeiter:innen des Käufers, abgeholt werden müssen, um sich auf den Zukauf auch einlassen zu können. Denn auch widersprechende Mitarbeiter:innen sollten bereit sein, entsprechende Unterstützung zu leisten, die definitiv bei der Integration notwendig ist.

Die Mitarbeiter:innen des Käufers müssen es zumindest verstehen, um es dann umsetzen zu können.
Ideal wäre es, wenn sie sogar einen Bedarf äußern.
Dann ergibt sich eine Situation, in der es Schnittmengen gibt.

Nehmen wir das Beispiel, dass der Käufer schon einen klaren Vorteil durch die Erweiterung der Produktplatte hat, aber der Verkäufer sieht diesen Vorteil aktuell noch nicht. Dann kann bei den Mitarbeiter:innen des Verkäufer panische Angst entstehen „Jetzt werden die mich kündigen, weil die brauchen mich ja nicht mehr.“

Wie können die beiden Unternehmen nun mit diesen Ängsten umgehen?
Denn wenn die Mitarbeiter:innen das Gefühl habe, sie sollen wegrationalisiert werden, erzeugt das Widerstand.

Meine Erfahrung hat gezeigt, dass am besten mit den Ängsten der Mitarbeiter:innen umzugehen konnte, in dem sie angesprochen werden.
Ich habe schon einige Unternehmens-Akquisitionen erlebt aus Käufer- und Verkäufersicht und kann diese Emotionen nachvollziehen.

Auch wenn der Plan nicht ist, die neuen Mitarbeiter:innen zu entlassen, herrscht trotzdem immer eine Unsicherheit, weil sie meistens nicht wissen, was kommt.

Sie fragen sich: „Was wird erwartet, was verändert sich für uns?“

Zudem ist mein Eindruck, dass dies vernachlässigt wird bei der Akquisition.
Und es reicht nicht, schöne Rundmails zu schreiben, mit der Kernaussage: „Alles wird gut.“, sondern es sollte hier etwas detaillierter darauf eingegangen werden, um die Mitarbeiter:innen noch intensiver oder besser abzuholen.

Denn zu wenig Information ist für den Menschen immer ein Problem, aber er hat immer zu wenig Informationen.
Zudem kommt es zu einer Veränderung und Veränderung ist immer ein spannendes Thema, denn diese hat niemand gern.

Es gibt hier aber ein Informationsdefizit auf beiden Seiten.
Sich dieses Defizit einzugestehen, ist in Ordnung. Dann kann herausgearbeitet werden, wie diese Informationen beschafft werden können, die gebraucht werden.

Also das heißt:

👉 Was sind die Ziele?
👉 Was sind die Zwecke?
👉 Was sind die Anforderungen?
👉 Was sind die Kriterien dafür?
👉 Wie füllen wir diese aus?

Und wenn diese Fragen beantwortet sind, zeigt sich, dass bestimmt für jeden Platz ist.

Denn ist schon wie gesagt, ist es ein Angst belastetes Thema und die Mitarbeiter:innen fühlen sich meistens schlecht informiert.

Somit ist die Frage: Wie können Unternehmen ihre Unternehmenskommunikation so aufsetzen, dass die Mitarbeiter:innen sich immer ideal informiert fühlen?

Denn wenn die Mitarbeiter:innen sich ausreichend informiert fühlen, dann verstehen sie.
Wenn sie verstehen, wir die Komplexität reduziert und es wird für sie durch das Verstehen zugänglicher.

Daher kann mit den Mitarbeiter:innen auch erarbeitet werden:

👉 Wie gehe ich mit Veränderungen um?
👉 Veränderung führt oft zu Ängsten. Wie kann ich die Angst überwinden?
👉 Wie kann ich mich auf die Veränderungen einlassen?
👉 Wie kann ich mich darauf freuen?

Ideal wäre es, wenn die Mitarbeiter:innen den Verkauf oder Kauf als Möglichkeit sehen und nicht als Bedrohung. Aber es gibt immer unterschiedliche Charaktere, die einen finden es spannend und sind dann voll dabei und die anderen kriechen immer mehr in die Starre und den Widerstand vor lauter Angst.

Der Satz: „Wir machen das schon.“, der eigentlich gut und voller Zuversicht ist, reicht leider nicht.
Die Botschaft muss so sein, dass sie den Mitarbeiter:innen nicht die Fantasie von Angst gibt, sondern sie in eine positive Zukunft leitet.


Cornelia Droege genannt Körber

Bild von Verdani auf Pixabay