Ich stellte mir vor, wir könnten alle Freunde sein; jeder Mensch auf der ganzen Welt mit jedem anderen. Was wäre dann anders? Wir könnten uns ohne Angst treffen und überall besuchen. Wir könnten von anderen Kulturen lernen und uns dadurch selbst besser kennen lernen. Wenn es ein Problem gibt, können wir darüber sprechen und einvernehmliche Lösungen finden. Wir würden uns unterstützen, wo Hilfe benötigt wird. Das geschähe zum Wohle aller und ohne Verluste. Wir könnten uns gegenseitig respektieren und Gemeinsamkeiten entdecken. Niemand würde Bomben brauchen, um zu beweisen, dass er wichtig ist. Niemand muss hungern. Wir würden in Frieden leben und uns sicher fühlen. Wir würden uns um die Probleme kümmern können, die wirklich wichtig sind, um uns weiter zu entwickeln und um unseren Wohlstand, unsere Gesundheit zu wahren. Wir könnten uns, die Menschheit, die Gesellschaft und die Natur heilen. Wir könnten in Harmonie miteinander leben.
Als ich aufwachte, war ich von mehr als 20 Kriegen auf der Welt konfrontiert.1 Ihre Zahl ist steigend. Der Krieg kommt immer näher. Ich sehe jeden Tag Gewalt im Fernsehen, die in Filmen getarnt und über die in den Nachrichten berichtet wird. Ich finde Gewalt, Mobbing und Unterdrückung in der Realität ständig um mich herum, als ob wir nicht miteinander reden könnten. Jetzt weiß ich, dass mein Traum nur ein Traum war. Ich frage mich, ob er jemals wahr werden kann.
Mich macht der Gedanke an das, was gerade in der Welt geschieht, sehr traurig. Ich fühle mich hilflos, weil ich keinen Einfluss habe. Ich habe aber keine Angst. Stattdessen kommt mehr und mehr die Befürchtung in mir auf, dass mein Traum niemals wahr werden kann. Ich denke, die Menschheit muss wohl eine weitere Stufe in ihrer Evolution vollziehen, um dorthin zu gelangen. Leider dauert jeder Evolutionsschritt mehrere hunderttausend Jahre. Ich bin mir gerade nicht sicher, ob die Menschheit bis dahin überleben wird.
Im Moment scheint es mir so zu sein, dass wir uns rückwärts entwickeln. Wenn ich über die Evolution der Menschen nachdenke, kommt es mir so vor, als bewegten wir uns in die Vergangenheit. Ich schätze, wir haben das Mittelalter bereits erreicht und gehen in schnellen Schritten auf die Steinzeit zu. Vielleicht konzentrieren wir uns dann wieder auf das Wesentliche im Leben. Dann hätte der Rückschritt wenigstens einen Sinn. Kriege haben stets eine wichtige Rolle gespielt. Sie begleiteten die Menschheitsgeschichte über alle Zeiten. Im Gegensatz zu früher waren die Kriege aber noch nie so gefährlich und so grausam wie heute. Wir haben die in der Evolution erlangten Fähigkeiten offenbar nicht genutzt, um in Frieden zu leben, sondern, um unser Wissen über den Bau von Atomwaffen, Biowaffen und anderem Kriegsgerät zu verbessern. Es wird zwar behauptet, dass die Waffen nur abschrecken und nicht verwendet werden sollen. Aber das ist eine Lüge. Wir sind stolz auf die Macht, die uns durch die Waffen verliehen wird. Das ist ein Trugschluss. Wir wählen Kämpfer zu Führern, keine Weisen. Das ist die falsche Botschaft. Wir fördern die Entwicklung von Waffen, die das Töten noch effektiver machen. Das bewahrt uns jedoch nicht vor der Vernichtung. Statt uns zu schämen, sind wir sogar noch stolz darauf. Das ist erbärmlich.
Heute sind wir in der Lage, Waffen zu bauen, die stark genug sind, um ganze Länder zu zerstören. Sie geben uns die Fähigkeit, die letzten lebensfähigen Gebiete der Welt zu zerstören. Es scheint so, dass Macht und Dummheit ein ungesundes Paar sind. Sollten wir nicht darüber nachdenken, dass wir die Menschen und Städte, die wir zerbomben, in einer ohnehin kleiner werdenden Welt vorfinden, wo wir ihre letzten Ressourcen vernichten. Sie wären für die Rettung der Welt dringend erforderlich. Wir sollten darüber nachdenken, dass die Länder, auf die wir Bomben abwerfen, fruchtbare und bewohnte Gebiete sind. Es sind keine Wüsten, in denen ein Leben ohnehin nicht möglich wäre. Auf diese Weise macht der Krieg die Welt noch kleiner und noch armseliger. Wir machen uns das Leben ohne Not immer schwerer und gefährlicher. Ganz so, als ob die Natur selbst dazu nicht in der Lage wäre. Die Natur passt sich den Menschen an. Sie warnt uns mit dem Klimawandel und der Pandemie vor uns selbst. Aber wir hören ihre Warnungen nicht. Vielleicht benutzt die Natur jetzt die Menschen selbst, um sich von ihnen zu befreien. Das geht schneller und ist effektiver als es die Natur selber kann. Kann es sein, dass wir unsere Feinde an der falschen Stelle suchen?
Mein Traum entwickelt sich nun zu einem Albtraum. Zum Glück ist ein Albtraum auch nur ein Traum. Das tröstet ein wenig und lässt ein Stück Hoffnung aufkommen. Vielleicht hätten wir Menschen tatsächlich die Macht, diese Katastrophen zu überwinden. Vielleicht könnten wir die Probleme zusammen angehen und auf die Warnungen der Natur hören. Sie sagt: "Tu das nicht, du wirst die Natur töten und dadurch wirst du die Menschheit töten. Du bist ein Teil von beidem." „Ja, das wissen wir“, lautet die Antwort. „Aber wir können es schneller und besser als Du, denn wir sind die Herren der Welt.“ Ja, es gibt eine dunkle Seite der Macht.
Zurück in der Realität wird mir bewusst, dass die Macht zwei Seiten hat und dass es auch eine andere Seite in uns Menschen gibt. Wir haben Freunde. Wir unterstützen uns. Wir sind definitiv in der Lage, Probleme zu lösen. Zumindest einige von uns sind es. Es sind mit Sicherheit nicht die Kriegsherren und die Attentäter. Die, die es könnten, sind ruhig und besonnen. Sie sind leise im Gegensatz zu den Krakeelern und den Kriegstreibern. Leider sind sie zwischen den Detonationen der Bomben kaum wahrnehmbar. Aber es sind viele. Und sie befinden sich in einem echten Dilemma. Müssen sie auch Bomben bauen und noch mächtiger werden als die anderen, damit sie gesehen zu werden und um eine Stimme bekommen, die auch gehört wird? Sind sie wirklich gezwungen, das mörderische Spiel der Selbstvernichtung mitzuspielen? Müssen auch sie Gewalt anwenden, um die Gewalt zu beenden? Sind sie der menschlichen Dummheit und den Kriegsspielen wirklich so hilflos ausgeliefert?
Es ist eine Frage, die sich jeder selbst beantworten muss.2 Wenn wir jedoch nach einer Antwort suchen, müssen wir alle Seiten der Medaille anschauen. Genau das macht auch die Mediation. Mediatoren wissen, dass es stets einen Ausweg aus der Konfrontation gibt. Sie wissen, dass eine Kooperation effektiver und immer möglich ist. Sie wissen, dass die Mediation eine Exit-Strategie sogar aus einem Krieg anbietet und ein Konzept zur Verfügung stellt, das die Menschheit und die Welt zu heilen vermag.3 Jetzt bekommt mein Traum einen Namen und eine Bedeutung. Er heißt Mediation!
Wir müssen keine Freunde sein. Wir müssen nur ein wenig unseren Verstand nutzen, um zu verstehen, dass wir Nachbarn sind, die sich nicht von der Erde entfernen können. Freundschaft wird das Ergebnis sein, sobald wir den Verstand einsetzen und die Natur respektieren. Es klappt. Zumindest, wenn wir die Mediation nicht nur als eine Alternative zu einem Gerichtsverfahren verstehen,4 mit dem sich angeblich die Streitkultur verbessern soll. Nur wenn wir die Mediation als eine Art des Denkens begreifen, kann sie etwas verändern. Nur dann kann sie dazu beitragen, die Kultur des Friedens zu stärken. So wie es aussieht, ist es der Frieden, der eine massive Unterstützung braucht, nicht der Streit und nicht der Krieg. Mit dieser Erkenntnis verschiebt sich der Fokus. Genau dieses Verständnis von Mediation bildet den Inbegriff der integrierten Mediation.5 Sie versteht die Mediation als eine allgegenwärtige Kompetenz, die aus einer andersartigen Denkweise resultiert. Denken ist überall und jederzeit möglich.6 Konsequenter Weise kann auch die Mediation überall und jederzeit eingesetzt werden.
Um diese Fähigkeit der Mediation näher zu untersuchen und um herauszufinden, wie sie den Unsichtbaren eine Stimme verleiht und zum Frieden beitragen kann, hat sich eine Gruppe von Mediatoren zusammengefunden. Ausgelöst durch den Ukraine-Konflikt, die Gewalt und die gegenwärtigen Katastrophen fühlen sie sich aufgerufen, nicht tatenlos zuzusehen. Sie wollen etwas unternehmen. Weil Mediatoren den Schaden kennen, den Konflikte anrichten können, fällt es ihnen schwer mitanzusehen, wenn sich sogar Staaten hingeben und sich wie im Rosenkrieg einer missglückten Beziehung systematisch vernichten. Die Mediatorengruppe hat sich am 30. März 2022 erstmalig zusammengefunden und als ein Fachbereich im Verband „integrierte Mediation e.V.“ gegründet.7 Ihnen geht es darum, Ansichten zu teilen und Einsichten zu entwickeln, um aus der allseits gegenwärtigen Gewalt und dem kriegerischen Denken herauszukommen. Der Fachbereich wurde "Friedensmediation" genannt. Sein Name ist Programm. Die Mediatoren stammen aus verschiedenen Ländern und Kontinenten der Welt. Sie setzen sich mit ihren Möglichkeiten dazu ein, dem Frieden eine Chance zu geben.
Was können Mediatoren überhaupt tun, wenn sie nicht selbst zu den Waffen greifen wollen? Es gibt Möglichkeiten. Die Gründer des Fachbereichs haben beispielsweise festgestellt, dass Mediatoren einen Vorteil haben, den sie nutzen können. Ähnlich wie der Narr im Mittelalter haben sie die Möglichkeit, zu sagen was ihnen auffällt ohne direkt als Despotenversteher beschimpft zu werden. Verstehen ist ihr Job. Und bei dem Krieg in der Ukraine gibt es noch viel zu verstehen. Er ist nicht wirklich nachvollziehbar. Darüber hinaus sind Mediatoren in der Lage, Konflikte zu analysieren. Sie wissen, dass sich der Ukraine-Konflikt beispielsweise nicht auf Russland und die Ukraine beschränkt. Sie gehen davon aus, dass alle Weltmächte Konfliktparteien sind. Dann geht es letztlich um ein Machtspiel. Der Ukraine-Konflikt ist nur ein tödliches Symptom dafür. Der dahinter verborgene, größere Konflikt will erreichen, dass die Regeln des Zusammenspiels der Mächte und die Verteilung der Ressourcen auf dieser Welt neu geordnet werden. Mediatoren könnten helfen, die Konfliktparteien an den Tisch zu rufen, damit die Drohungen aufhören und diejenigen Parteien miteinander verhandeln, die den Krieg auch tatsächlich beenden können. Der Konflikt jedenfalls ließe sich viel besser auf friedlichem Weg lösen, als durch einen Stellvertreterkrieg, der mit einer flächendeckenden Zerstörung einher geht und dessen Ausgang höchst ungewiss ist. Mediatoren würden auch überparteiliche Interessen beachten. Für Sie wären also auch die Welt und die Natur ideelle Konfliktparteien. Auch wenn sie nicht für sich selber sprechen können, sollten sie zu Wort kommen. Ihr Überleben hängt davon ab. Der Konflikt verschiebt sich, wenn sie gehört werden. Mediatoren sind schließlich auch unparteiisch. Das Verstehen der einen und der anderen Seite macht sie nicht zum Verräter. Deshalb können sie den Konfliktparteien aufmerksam zuhören. Sie sind sogar verpflichtet, die Parteien zu verstehen, ohne zu verurteilen und zu bewerten. Das ist wichtig, damit die aktuell kursierenden Spekulationen und Fehleinschätzungen, warum wer was getan hat, tut oder tun wird, aufhören. Das wiederum ist wichtig, damit die Zukunft effektiv geplant werden kann. Und es ist augenscheinlich erforderlich, weil die Konfliktparteien schon untereinander den Vorwurf erheben, nicht verstanden zu werden. Mediatoren wären auch berechtigt und in der Lage, eine Realität zurückspiegeln, die nicht jeder gerne hören will. Sie können die richtigen Fragen aufwerfen und den Parteien den Spiegel vorhalten, um ihnen die Möglichkeit zu geben, selbst zu erkennen, wie sie aus dem selbstzerstörerischen Spiel herauszukommen. Es gibt viel zu tun, denn nicht jeder will das hören und nicht jeder hat daran ein Interesse. Auch weiß nicht jeder, wozu die Mediation in der Lage ist.
Ja, ich habe einen Traum. Stellen Sie sich vor, alle würde so denken, wie Mediatoren es tun sollten. Wir könnten uns ohne Angst treffen und überall besuchen. Wir könnten von anderen Kulturen lernen und uns dadurch selbst besser kennen lernen. Wenn es ein Problem gibt, können wir darüber sprechen und einvernehmliche Lösungen finden. Wir würden uns unterstützen, wo Hilfe benötigt wird. Das geschähe zum Wohle aller und ohne Verluste. Wir könnten uns gegenseitig respektieren und Gemeinsamkeiten entdecken. Niemand würde Bomben brauchen, um zu beweisen, dass er wichtig ist. Niemand muss hungern. Wir würden in Frieden leben und uns sicher fühlen. Wir würden uns um die Probleme kümmern können, die wirklich wichtig sind, um unseren Wohlstand und unsere Gesundheit zu bewahren. Möchten Sie diesen Traum teilen?
Wir können uns gemeinsam um die Stärkung des Friedens kümmern und uns auf dem Weg dorthin begleiten und bereichern. Der Frieden ist ein Allgemeingut, sodass jeder mitgehen kann. Je mehr sich auf den Weg begeben, umso mehr wird der Traum zur Wirklichkeit. Umso klarer wird das Bild. Bitte wenden Sie sich unter dem Stichwort „Friedensmediation“ an: arthur.trossen um in-mediation.eu, wenn Sie Interesse haben.
Arthur Trossen
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