Die Entscheidung führt aus (auszugsweise Zitate. Hier finden Sie den vollen Wortlaut des Beschlusses vom 24. Juni 2021):
"Die Parteien sind Nachbarn in Brandenburg. In einem zwischen ihnen geführten Nachbarrechtsstreit wurden den Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Vor der Einleitung des Rechtsstreits hatten die Kläger - wie nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Brandenburgisches Schlichtungsgesetz (BbgSchlG) in Verbindung mit § 15a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGZPO erforderlich - die Gütestelle angerufen. Ein Einigungsversuch war daran gescheitert, dass vor der Gütestelle zwar die Kläger im Beistand ihrer späteren Prozessbevollmächtigten, nicht aber die Beklagten erschienen waren."
Die Begründung führt aus:
"Die geltend gemachten Anwaltskosten sind nicht nach § 15a Abs. 4 EGZPO als Kosten des Rechtsstreits zu behandeln. Die Vorschrift geht dem von dem Beschwerdegericht herangezogenen § 91 Abs. 3 ZPO allerdings als speziellere Vorschrift vor, weil sie sich auf ein obligatorisches Güteverfahren bezieht ... Die Vorschrift des § 15a Abs. 4 EGZPO erklärt jedoch nur „die Kosten der Gütestelle“ zu Kosten des Rechtsstreits im Sinne des § 91 Abs. 1 und 2 ZPO. Aus ihrem Wortlaut ergibt sich, dass mit ihr nur die Gebühren der Gütestelle erfasst sein sollen. Hinzu kommt, dass es sich bei § 15a Abs. 4 EGZPO um eine dem § 91 Abs. 3
ZPO nachgebildete Vorschrift handelt. Danach gehören nur die Gebühren der Gütestelle zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne des § 91 Abs. 1 und 2 ZPO, nicht auch die im Güteverfahren angefallenen Anwaltskosten (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Januar 2019 - II ZB 12/17, NJW-RR 2019, 378 Rn. 10 mwN). Nichts anderes gilt im Anwendungsbereich des § 15a Abs. 4 EGZPO; die Vorschrift ist in dieser Hinsicht sogar noch deutlicher formuliert." ...
"Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von § 91 Abs. 1 ZPO gehören neben den durch die Einleitung und Führung eines Prozesses ausgelösten Kosten auch diejenigen Kosten, die der Vorbereitung eines konkret bevorstehenden Rechtsstreits dienen. Diese werden aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit den Prozesskosten zugerechnet und können im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht werden .... Die kostenauslösende Maßnahme muss dabei in unmittelbarer Beziehung zu dem Rechtsstreit stehen (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2002 - VI ZB 56/02, BGHZ 153, 235, 237). Demgegenüber stellen Kosten, die zur Abwendung eines drohenden Rechtsstreits aufgewendet werden, keine
Kosten der Prozessvorbereitung dar. Das wird etwa für Kosten aus Verfahren vor den Einigungsstellen der Industrie- und Handelskammern und generell für vorgerichtliche Vergleichsverhandlungen angenommen." ...
"Der Bundesgerichtshof hat die Frage der Erstattungsfähigkeit der Kosten anwaltlicher Vertretung im Güteverfahren nach § 91 Abs. 1 ZPO bislang nur für freiwillige Güteverfahren entschieden und sie verneint. ... Die Durchführung eines freiwilligen Güteverfahrens dient im Wesentlichen einer außergerichtlichen Erledigung der Streitigkeit und nicht zugleich der Vorbereitung eines späteren
Prozesses, für den es seiner Funktion nach regelmäßig keine verwertbaren Erkenntnisse oder Resultate erbringen kann ... Zudem handelt es sich bei dem Kostenfestsetzungsverfahren um ein Massenverfahren, das mit der Prüfung der Notwendigkeit anwaltlicher Vertretung im freiwilligen Güteverfahren erheblich belastet würde" ...
"Zwar ist zutreffend, dass eine Klage als unzulässig abzuweisen ist, wenn ein obligatorisches Güteverfahren nicht durchgeführt worden ist ... Durch die gesetzliche Ausgestaltung des Güteverfahrens als Zulässigkeitsvoraussetzung für eine spätere Klage ist dieses ein notwendiges Durchgangsstadium für die Inanspruchnahme staatlicher Gerichte. Das rechtfertigt es aber noch nicht,
die in einem solchen Verfahren angefallenen Anwaltskosten als Vorbereitungskosten nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO anzusehen. Auch das obligatorische Güteverfahren dient nach der gesetzgeberischen Intention allein der Streitvermeidung."...
"Es (das Güteverfahren) kann von den Parteien in aller Regel persönlich in zumutbarer Weise bewältigt werden. Zwar eröffnet
§ 25 Abs. 1 SchG unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit einer Vertretung. Auch sieht § 26 SchG vor, dass jede Partei in der Güteverhandlung mit einem Rechtsanwalt oder sonstigen Beistand erscheinen kann. Daraus ergibt sich jedoch noch nicht, dass die anwaltliche Vertretung in einem obligatorischen Güteverfahren als notwendig anzusehen wäre. Die einvernehmliche Streitbeilegung bleibt auch bei einer anwaltlichen Vertretung das Ziel. Eine Vorbereitung des Rechtsstreits unter rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkten ist mit dem obligatorischen Güteverfahren nicht beabsichtigt." ...
"Zudem entstünde ein Wertungswiderspruch, wenn die Kosten der anwaltlichen Vertretung in einem obligatorischen Güteverfahren als Kosten des Rechtsstreits im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO angesehen würden. Käme es in der Güteverhandlung zu einem Vergleichsschluss, wären - sofern die Parteien keine Regelung im Vergleich treffen - die Kosten der anwaltlichen Vertretung in dem Güteverfahren nämlich nicht erstattungsfähig. Wird erst in einem sich an das Güteverfahren anschließenden Rechtsstreit ein Vergleich geschlossen, würden - ausgehend von der Gegenansicht - die Kosten der anwaltlichen Vertretung in dem Güteverfahren dagegen zu erstatten sein, sofern nicht § 98 ZPO zur Anwendung kommt oder die Parteien vereinbart haben, ihre außergerichtlichen Auslagen selbst zu tragen." ...