Ziele des Singapur-Übereinkommens

Das UNCITRAL oder Singapur-Übereinkommen zielt darauf ab, konsensuale Streitbeilegung in internationalen Handelssachen durch ein effektives, grenzüberschreitendes Vollstreckungsregime zu fördern, ähnlich wie dies für Schiedssprüche seit 1958 durch das New York-Übereinkommen1 in mittlerweile 164 Staaten weltweit möglich ist. Denn ohne einen vollstreckbaren Titel aus der Mediation wären die Beteiligten auf die Einleitung eines (Schieds- oder) Gerichtsverfahren im Vollstreckungsstaat angewiesen, wenn die Gegenseite sich nicht freiwillig an das Mediationsergebnis hält.

Einem Mediationsergebnis, das in den Anwendungsbereich des Singapur-Übereinkommens fällt und die entsprechenden Anforderungen erfüllt, kann aber auch eine Abwehrfunktion zukommen: So kann es einer Partei, die sich als Beklagte eines von der Gegenseite eingeleiteten (Schieds-)Gerichtsverfahrens wiederfindet, als „Schutzschild“ dienen. In Deutschland dürfte eine entsprechende gerichtliche Klage nach der Einrede eines erfolgreich abgeschlossenen Mediationsverfahrens wegen des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abzuweisen sein, da der Kläger schon über einen vollstreckbaren Titel verfügt.

Inkrafttreten und Status des Singapur-Übereinkommens

Am 12.09.2020 trat das Singapur-Übereinkommen zunächst in Singapur, Fidschi und Katar in Kraft. Anschließend folgten Saudi-Arabien (05.11.2020) und Weißrussland (15.01.2021). Im März 2021 steht ein Inkrafttreten in Ecuador an. Weitere 50 Staaten haben das Singapur-Übereinkommen schon unterzeichnet, aber noch keine Ratifikationsurkunde hinterlegt.2 Unter diesen Staaten befinden sich auch ökonomische Schwergewichte wie die USA, China, Südkorea und Indien.

In der Europäischen Union werden derzeit Erörterungen dazu geführt, ob eine entsprechende Zeichnungskompetenz der EU besteht oder aber die einzelnen EU-Mitgliedsstaaten dem Singapur-Übereinkommen beitreten müssen. Sobald die EU-Mitgliedstaaten beitreten, steigt die Zahl der (mittelbaren) Vertragsstaaten mit einem Schlag auf 80 an. Für Großbritannien ist nach dem EU-Austritt noch offen, ob es das SÜ unterzeichnen wird.

Eine Stellungnahme der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) aus dem Jahr 2015 zu den UNCITRAL-Regelungsbestrebungen war eher kritisch.3 Der BRAK-Ausschuss Internationales Privat- und Prozessrecht hat die abgeschlossenen Arbeiten der UNCITRAL dann im Jahr 2018 begrüßt, aber punktuellen Nachbesserungsbedarf vorgebracht.4

Die wichtigsten Vorschriften des Singapur-Übereinkommens

Anwendungsbereich

Grundsätzlich kommt jede rechtliche Auseinandersetzung im Zusammenhang mit einer internationalen, handelsrechtlichen Streitigkeit für eine Mediation im Sinne des Singapur-Übereinkommens in Betracht, wobei nur Unternehmer in den persönlichen Anwendungsbereich fallen und keine Verbraucher, Art. 1 Abs. 2 Singapur-Übereinkommen.

Eine Streitigkeit ist „international“ im Sinne des Singapur-Übereinkommens, wenn die Parteien im Zeitpunkt des Mediationsabschlusses ihren Sitz in unterschiedlichen Staaten haben oder wenn der Staat, in dem die Parteien ihren Sitz haben, sich entweder von dem Staat unterscheidet, in dem ein wesentlicher Teil der Verpflichtungen aus dem Mediationsergebnis erfüllt werden soll, oder von dem Staat, mit dem der Gegenstand des Vergleichsergebnisses am engsten verbunden ist, vgl. Art. 1 Abs. 1 Singapur-Übereinkommen.

Sachliche Einschränkungen existieren für das Familien-, Erb- und Arbeitsrecht. Des Weiteren sind gem. Art. 1 Abs. 3 Singapur-Übereinkommen solche Mediationsergebnisse ausgenommen, die aus einer gerichtlichen Mediation stammen oder im Vollstreckungsstaat ohnehin wie ein Urteil vollstreckbar sind. Mediationsergebnisse in Form eines Schiedsspruchs sind vom Anwendungsbereich ausgenommen.

„Mediation“

Das Singapur-Übereinkommen erstreckt sich auf alle konsensuale Streitbeilegungsmechanismen unter Einbeziehung eines Dritten, Art. 2 Abs. 3 Singapur-Übereinkommen. Das heißt, solange dem Dritten keine Entscheidungsbefugnis zukommt, darf dieser auch (unverbindliche) Lösungsvorschläge machen.
Das Singapur-Übereinkommen erwähnt in seiner Präambel die Möglichkeit der Streitbeilegung durch Einschaltung eines Mediationspanels, also mehrerer Mediatoren. Internationale Schiedsverfahren etwa werden regelmäßig von drei (oder mehr) Schiedsrichtern bearbeitet.

Weitere Vollstreckungsvoraussetzungen

Das Mediationsergebnis muss zur Vollstreckung schriftlich und von den Parteien unterzeichnet vorgelegt werden. Sonderregeln gelten für den Fall, dass das Mediationsergebnis unter Zuhilfenahme elektronischer Kommunikationsmittel entstanden ist, vgl. Art. 2 Abs. 2, Art. 4 Abs. 1 lit. a), Abs. 2 Singapur-Übereinkommen.
Zudem ist ein „Mediationsnachweis“ zu erbringen. Dieser u.a. kann durch die Unterschrift des Mediators unter dem Mediationsergebnis oder eine Bestätigung der Einrichtung, die die Mediation organisiert hat, erfolgen.

Vollstreckungshindernisse

Eine Vollstreckung eines Mediationsergebnisses ist nicht möglich, falls bestimmte Versagungsgründe von der Gegenseite erfolgreich geltend gemacht werden können. Wichtig dabei ist: Darlegungs- und beweisbelastet für das Vorliegen von Versagungsgründen ist die Vollstreckungsschuldnerin, Art. 5 Abs. 1 Singapur-Übereinkommen. Die Versagungsgründe können grob in drei Kategorien unterteilt werden:

  • Versagungsgründe in Bezug auf das Mediationsergebnis (beispielsweise Nichtigkeit, Unwirksamkeit oder Undurchführbarkeit des Mediationsergebnisses nach dem anwendbaren Recht; fehlende Verbindlichkeit bzw. Endgültigkeit oder nachträgliche Abänderung des Mediationsergebnisses; Erfüllung des Mediationsergebnisses)
  • Versagungsgründe in Bezug auf den Mediator (etwa Vorliegen eines schwerwiegenden Verstoßes seitens des Mediators gegen die für ihn oder die Mediation geltenden Standards; Verschweigen von Umständen, die berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des Mediators aufkommen lassen)
  • Versagungsgrund der öffentlichen Ordnung oder wenn der Gegenstand der Streitigkeit nach dem Recht des Vertragsstaates nicht im Wege der Mediation geregelt werden kann.

Eine Vollstreckung eines Mediationsergebnisses ist auch dann nicht möglich, wenn es in den Rahmen eines von einem Vertragsstaat erklärten „Vorbehalt“ fällt. So kann ein Vertragsstaat zulässiger Weise erklären, dass das Singapur-Übereinkommen keine Anwendung findet, wenn er dem Streit (unmittelbar oder mittelbar durch eine Regierungsstelle oder einen Amtsträger) als Partei angehört.
Zudem kann ein Vertragsstaat die Anwendung des Singapur-Übereinkommens auf solche Verfahren beschränken, in denen die Parteien einer Vollstreckung nach dem Übereinkommen explizit zugestimmt haben. Aktuell haben zwei Vertragsstaaten (Weißrussland und Iran) Vorbehalte erklärt.

Dr. Simon Johannes Heetkamp


Bild von Mense auf Pixabay
Fußnoten:

1 New York Convention on the Recognition and Enforcement of Foreign Arbitral Awards (1958)
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