Die zuvor beschriebenen Eigenschaften passen nicht ohne Weiteres zu dem Bild eines Mediators, dessen Einstellung durch das Verfahren geprägt ist. Wir erinnern uns: "Die Mediation ist anders1 ". Irgendwie muss sich das dann auch bei dem Mediator bemerkbar machen, zumindest wenn er schon lange im Geschäft ist. Die Andersartigkeit der Mediation wirkt sich auf das Denken aus und prägt eine spezifische Haltung.
Was zeichnet einen Mediator aus?
Alles was den Mediator kennzeichnet orientiert sich an dem, was das Verfahren von ihm erwartet. Da ist es gar nicht der Mediator, der Lösungen präsentieren soll. Das Verfahren erwartet, dass die Parteien eine Lösung finden. Der Mediator stellt sich ihnen dabei als die personifizierte Metaebene zur Verfügung. Wir können unterstellen, dass der erfahrene Mediator die folgenden Haltungsmerkmale verinnerlicht hat und an ihnen zu erkennen ist:
- Wenn wir uns an das Bild erinnern, wo der Mediator hinter dem Spiegel steht2 , dann erscheint er eher als ein unscheinbares Wesen. Zurückhaltung, Besonnenheit und Einsicht sind markante Merkmale, die diese Position unterstreichen.
- Tatsächlich ist der Mediator in seiner Wahrnehmung und Kommunikation geschult. Die Ausbildung wird an seiner Präzision erkennbar und der Sorgfalt, mit der er Informationen behandelt.
- Mut braucht er sicherlich auch. Er muss die Dinge beim Namen nennen können und vor allem muss er eingestehen können, wenn er das nicht kann und keine Meinung hat. Das fällt in einer Mediation leicht. Wie aber kann er in einer politischen Debatte damit umgehen?
- Vor allem darf er keine Angst vor Konflikten haben. Der Konflikt ist für einen Mediator eine mitunter irrationale Äußerungsform des Menschen, die er verstehen will. Er hinterfragt seine Bedeutung - nicht seine Argumente. Ein Mediator ist in der Lage, den Konflikt zu benennen, ohne damit einen Vorwurf zu verbinden.
- Mithin ist Neugier eine wichtige Eigenschaft. Die Neugier verstehen zu wollen.
- Ein Mediator denkt prozess- und nutzenorientiert, nicht lösungsorientiert. Er orientiert die Denkschritte an den Phasen.
- Entscheidungen erfordern Kriterien an denen sie gemessen werden können. Der Mediator wird keine Entscheidung unterstützen, ehe die Entscheidungskriterien nicht erhellt wurden (Phase 3)
- Entscheidungen basieren auf Informationen. Diese wiederum basieren auf Fakten. Der Mediator weiß zwischen Fakten, Meinungen und Emotionen zu unterscheiden und die Informationen entsprechend zu behandeln. Andere Meinungen werden toleriert und auf Fakten zurückgeführt, die gegebenenfalls zu verifizieren sind. Alternative Fakten gibt es nicht, wohl gibt es andere Einschätzungen von Fakten.
- Der Mediator kann eigene Angaben, Aussagen und Meinungen stets mit Fakten belegen. Die Meinung ist für ihn ein kostbares Gut, das er sich erst zugesteht, wenn er ihre Komplexität durchschaut oder seine Meinung entsprechend relativiert.
- Mediatoren führen die ihnen übertragenen Aufgaben gewissenhaft durch. Wenn sie Zusagen machen, sind diese verbindlich. Informationen sind geprüft und auf nachvollziehbare Fakten bezogen.
- Die Aufgabenerfüllung des Mediators erfolgt eigenverantwortlich. Das bedeutet: ein Mediator kann dafür ein- und geradestehen was er sagt und / oder veranlasst.
- Mediatoren achten darauf, dass sich ihre Entscheidungen und Handlungen an den Grundsätzen der Mediation messen lassen. Das bedeutet, dass der Mediator bei jeder Entscheidung und Handlung darauf achtet, dass als Betroffenen eingebunden sind.
- Im Zentrum von Wahrnehmung und Handeln von Mediatoren steht das Verstehen. Bevor sich ein Mediator eine Meinung bildet, vergewissert er sich, das Gemeinte korrekt verstanden zu haben. Das Gemeinte wird abgestimmt und kann im Zweifel nicht nur benannt, sondern auch gegeneinander abgegrenzt werden, so dass erkennbar wird, wo Konsens besteht und wo nicht.
- Der Konsens wird als eine Bedingung und Folge des Verstehens gesehen. Er ist das oberste Ziel jedes Handelns und somit auch jeden Verhandelns. Konsens wird sowohl über den Vorgang (den Weg der Erkenntnisgewinnung) als auch über die Lösung hergestellt.
- Alle Entscheidungen sollen - wenn möglich - im Konsens getroffen werden. Nur wenn der Konsens hinsichtlich der zu treffenden Entscheidung (Lösung) nicht möglich wird, soll eine Abstimmung möglich sein. Dabei ist festzuhalten, dass ein Konsens auf anderem Wege nicht möglich ist und ob und inwieweit es eine Diskrepanz zu den Interessen gibt.
- Das Verstehen und die Suche nach einem Konsens und den größtmöglichen Nutzen für alle Beteiligten ist das oberste Gebot für Mediatoren, nicht das Erreichen einer bestimmten Lösung. Dabei wird größtmögliche Offenheit und Transparenz angestrebt.
- Der Einsatz von Taktik und Machtmitteln ist nur erlaubt, um ein Beschreiten des mediativen Prozesses zu erreichen, nie jedoch um eine vom Mediator für wünschenswert erachtete Lösung durchzusetzen.