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Whitewashing und Schönfärberei

Wissensmanagement » Diese Seite ist der Kategorie Konfliktphänomenologie des Archivs in der Wiki-Abteilung Wissen zugeordnet. Eine logische Verknüpfung erfolgt mit der Rubrik Konflikt, also dem 6. Buchabschnitt des Fachbuchs Mediation und den Konfliktphänomenen. Bitte beachten Sie auch:

Konflikt Whitewashing Scheinmediation Eintrag Suche

Bedeutungen spielen eine wichtige Rolle in der Kommunikation und im Verständnis. Dementsprechend sind auch die Möglichkeiten ihrer Manipulation. Die folgende Gegenüberstellung soll helfen, die Begriffe Framing, Schönreden und Whitewashing gegeneinander abzugrenzen. Alle drei Varianten betreffen Formen der kommunikativen Beeinflussung. Zwar haben sie eine gewisse inhaltliche Nähe. Sie unterscheiden sich jedoch in Intention, Kontext und Reichweite. Hier ist eine differenzierte Gegenüberstellung:

Kriterium Framing Schönreden Whitewashing
Intention Beeinflussen der Deutung Selbstschutz / Bagatellisierung Täuschung / Imagepflege
Bewusstheit oft unbewusst oder taktisch meist unbewusst überwiegend bewusst und geplant
Reichweite individuell bis gesellschaftlich meist individuell systemisch, institutionell
Faktenbasis bleibt erhalten wird verzerrt dargestellt wird selektiv verändert oder verschleiert
Ethikproblem? nur bei gezielter Manipulation möglich, aber gering deutlich ja

Whitewashing

Der Begriff Whitewashing hat sich in unterschiedlichen gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Kontexten etabliert. Ursprünglich bezeichnete er das „Weißanstreichen“ im wörtlichen Sinne – heute wird er metaphorisch verwendet, um Prozesse der Schönfärbung, Tarnung oder Verdeckung von Missständen zu beschreiben. Im Rahmen von Mediation – insbesondere in organisationalen, politischen oder öffentlichkeitswirksamen Kontexten – stellt Whitewashing ein ethisches und methodisches Risiko dar, das die Integrität des Verfahrens gefährden kann.

Herkunft und Bedeutungswandel des Begriffs

Das Wort „Whitewashing“ stammt aus dem Englischen, wo es seit dem 16. Jahrhundert die Praxis des weißen Anstreichens von Gebäuden bezeichnete, um sie optisch aufzuwerten oder Mängel zu verdecken. Im übertragenen Sinn gewann es im 20. Jahrhundert an Bedeutung – zunächst in der Politik (z. B. zur Beschreibung von Propaganda) und später in weiteren Feldern wie:

  1. Corporate Whitewashing: Unternehmen nutzen CSR oder Umweltinitiativen zur Imagepflege trotz unethischen Verhaltens („Greenwashing“ als Subform).
  2. Cultural Whitewashing: Darstellung nicht-weißer Figuren durch weiße Schauspieler:innen.
  3. Historical Whitewashing: Umschreibung oder Auslassung historischer Verantwortung.

In all diesen Fällen geht es um Täuschung durch Oberflächenkorrektur und die Konstruktion einer besseren Realität, die tatsächliche Probleme kaschiert.

Whitewashing in der Mediation

Auch in der Mediation kann Whitewashing vorkommen – subtil oder strategisch. Typische Erscheinungsformen:

Mediation als Feigenblatt
Organisationen oder politische Akteure initieren Mediationsverfahren nicht zur Konfliktlösung, sondern zur Imagepflege, zur Vermeidung öffentlicher Kritik oder zur Legitimation bereits getroffener Entscheidungen. Die Mediation wird benutzt (instrumentalisiert), ohne dass ernsthafte Konfliktbearbeitung beabsichtigt ist.
Asymmetrische Machtverhältnisse
In Mediationsprozessen mit ungleichen Machtressourcen kann ein dominanter Akteur die Mediation nutzen, um eigene Interessen durchzusetzen, während die tatsächlichen strukturellen Ungerechtigkeiten „weiß getüncht“ werden. Das betrifft u. a. die Diskriminierung in Institutionen, Mobbingfälle und Machtmissbrauch in politischen Gremien.
Erfolgsdruck auf Mediatoren
Mediatoren können – bewusst oder unbewusst – dazu beitragen, indem sie vorschnelle Einigungen akzeptieren, um einen „Erfolg“ vorzuweisen. Das kann dazu führen, dass tiefere Konflikte unangetastet bleiben und verdrängt werden.

Auswirkungen auf die Mediation

Whitewashing gefährdet die Integrität des Verfahrens, die Vertrauenswürdigkeit der Mediatoren, die langfristige Tragfähigkeit von Vereinbarungen und
die Glaubwürdigkeit der Mediation an und für sich. Bei den Beteiligten entsteht ein Gefühl von Instrumentalisierung oder Manipulation, was Folgekonflikte verschärfen kann.

Prävention und Umgang mit Whitewashing in der Mediation

Die Mediation kennt Mechanismen, um Whitewashing zu verhindern oder abzustellen. Der Mediator muss sie ausschöpfen. Er kann folgendes unternehmen:

Klärung des Mandats
Bereits zu Beginn ist kritisch zu prüfen, wer das Verfahren warum initiiert. Also gegebenenfalls was das Verhandlungsmotiv ist, welche Interessen dahinter stehen und ob ein echter Wille zur Konfliktbearbeitung vorliegt. Die transparente Mandatsklärung ist entscheidend, um eine missbräuchliche Nutzung der Mediation zu verhindern.
Kontextsensibilität und Machtanalysen
Mediatoren sollten gegebenenfalls Machtasymmetrien analysieren und sichtbar machen. Sie können empowernde Maßnahmen anbieten (z. B. Einzelcoachings, Vorbereitungsphasen) und die Verantwortung für die Verfahrensethik übernehmen.
Ethikrichtlinien und Reflexion
Mediatoren sind angehalten, sich an ethische Grundsätze (z. B. der Bundesarbeitsgemeinschaft für Familienmediation oder des Bundesverbands Mediation) zu halten, insbesondere: Allparteilichkeit, Transparenz, Freiwilligkeit, Selbstbestimmung der Parteien. Auch Supervision und kollegiale Beratung können helfen, blinde Flecken zu erkennen und Whitewashing-Tendenzen zu reflektieren.

Bedeutung für die Mediation

Whitewashing stellt in der Mediation ein reales Risiko dar – besonders in Konstellationen mit hoher öffentlicher Sichtbarkeit, Machtungleichgewicht oder strategischer Interessenlage. Eine ethisch fundierte, kontextsensible und reflektierte Mediationspraxis ist notwendig, um Whitewashing zu erkennen, zu verhindern und gegebenenfalls zu entlarven.

Hinweise und Fußnoten
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Bearbeitungsstand: 2025-05-16 10:52 / Version .

Alias: Schönfärberei
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