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Drohungen außerhalb und in der Mediation

Drohungen sind heute an der Tagesordnung. Sie müssen nur die Zeitung aufschlagen. Oft erreichen sie genau das Gegenteil. Trotzdem erfüllen sie ihren Zweck. Auch in der Mediation kommt es zu Drohungen. Was Drohungen bedeuten und wie damit umzugehen ist, soll der Gegenstand dieses Beitrages sein.



Zunächst sei darauf hingewiesen, dass Drohungen durchaus sogar eine strafrechtliche Relevanz haben können. Die genaue Abgrenzung zu verwandten Phänomenen ist deshalb nicht nur juristisch von Belang.

Abgrenzungen

Warnung
Der Hinweis auf eine ungewollte Konsequenz kann, aber muss keine Drohung sein. Entscheidend ist, wer die Konsequenz herbeiführen kann.
Beispiel 14106 - Die Partei sagt: "Wenn Du Dich nicht auf die Mediation einlässt, dann sehen wir uns vor Gericht". Das ist die Ankündigung einer Konsequenz als alternative Herangehensweise, also eine Warnung. Noch deutlicher wird sie, wenn gesagt wird: ".... dann müssen wir uns vor Gericht wiedersehen". Der Mediator sagt: "Wenn Sie nicht konstruktiv mitarbeiten, dann muss ich die Mediation abbrechen". Auch das ist der Hinweis auf eine mögliche Konsequenz. Die Eltern sagen: "Wenn Du die Hausaufgaben nicht machst, fällst Du durch das Examen". Das ist eine Lebensweisheit, die stimmen mag oder nicht. Die Konsequenz liegt nicht in der Macht des Drohenden. Auch das ist eine Warnung.

Drohung
Anders sieht die Ankündigung der Konsequenz aus, wenn das damit angekündigte Übel in der Macht dessen liegt, der sie ausspricht. Die Drohung ist eine Sanktion. Sie kann angemessen sein, um ein erwünschtes soziales Verhalten herbeizuführen. Ob und wie die Drohung bewertet und wahrgenommen wird, hängt sehr davon ab, welchen Zweck sie verfolgt und ob sie als berechtigt und angemessen angesehen wird.
Beispiel 14107 - "Wenn Du die Hausaufgaben nicht machst, gibt es heute nichts zu essen". Das ist die Ankündigung einer Bestrafung. Die Strafe wird angedroht. Hier mag der ein oder andere schon fragen, ob das Mittel sozial adäquat ist. "Wenn Du meinen Freund angreifst, dann werde ich Dich bestrafen". Auch hier kommt es sehr auf die Umstände an, was damit gemeint ist und welches Mittel der Bestrafung eingesetzt wird. Die Beispiele haben jedoch gemeinsam, dass die Ausführung der Drohung in der Macht des Drohenden liegt.

Nötigung
Die Drohung selbst hat keine strafrechtlichen Konsequenzen. Wohl aber, wenn sie zur Nötigung wird. Die Nötigung ist in §240 StGB geregelt. Dioe Vorschrift besagt, dass jemand, der einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, zu bestrafen ist, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist. Im Zivilrecht kann ein Vertrag, der unter Drohungen zustandegekommen ist, nach §123 BGB angefochten werden.
Beispiel 14108 - Die Eltern drohen dem Kind: "Wenn Du die Hausaufgaben nicht machst, gibt es heute nichts zu essen". Das ist die Ankündigung einer Bestrafung. Hier mag der ein oder andere schon fragen, ob das Mittel sozial adäquat (also rechtmäßig) ist. Die Drohung klingt schon fast wie eine Nötigung, wobei die eingeforderte Handlung allerdings nicht zum Vorteil des Drohenden dient. Es kommt darauf an, ob die angedrohte Konsequenz rechtswidrig und verwerflich ist.

Bedrohung
Anders als die Drohung ist die Bedrohung durchaus auch strafrechtlich relevant. §241 StGB stellt den Täter unter Strafe, wenn er einen Menschen mit der Begehung einer gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten rechtswidrigen Tat gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder gegen eine Sache von bedeutendem Wert oder mit einem gegen sie gerichteten Verbrechen bedroht.
Erpressung
Von einer Erpressung ist die Rede, wenn die Drohung erfolgt, um dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zuzufügen. Die Erpressung ist im § 253 StGB geregelt.

Beispiel 14113 - "Wenn Du mir nicht 10.000€ gibst, zeige ich Dich an". Auch wenn die Strafanzeige eine rechtlich zulässige Maßnahme ist, macht die Verquickung der Abwendung mit einer Zahlung daraus eine Erpressung.


Alle Fälle haben gemeinsam, dass es um die Androhung eines empfindlichen Übels geht. Es kommt darauf an, wer die Kontrolle darüber hat (oder zu haben vorgibt) das Übel auszulösen, und zu welchem Zweck seine Verwirklichung erfolgen soll. Es gibt durchaus Drohungen, die als angemessen und sinnvoll anzusehen sind, wenn sie z.B. die bedrohte Person von einer Selbstschädigung fernhalten will.

Wirkung

Becker bezeichnet die Drohung als ein raffiniertes Instrument im Werkzeugkasten der Manipulation. Sie kann nonverbal erfolgen, drückt eine Hierarchie aus und beinhaltet ein elitäres Element, das die Versagerrolle dem Bedrohten zuschreibt. Sie aktiviert die innere Programmierung des Bedrohten, weshalb sie oft unkonkret, aber dennoch mächtig erscheint.1 Mit diesen Merkmalen. sind schon einige Kriterien genannt, die eine Drohung unwirksam machen. Wenn sich der Bedrohte auf gleicher Augenhöhe wähnt, wird er die Drohung schon deshalb zurückweisen. Wenn das in Aussicht gestellte Übel zwar in der Vorstellung des Drohenden ein Übel ist nicht aber in der des Bedrohten, verfahlt die Drohung ebenfalls ihre Wirkung. Schließlich ist eine Drohung wirkungslos, wenn sie ein Übel in Aussicht stellt, das ohnehin eintritt. Leider neigt der Drohende dazu, seine Drohung immer mehr zu steigern, weshalb die Drohung eine Eskalation auslöst. In der aktuellen Politik finden dafür viele Beispiele. Die Ukraine-Krise ist ein aktuelles Beispiel, wo man die Wirkungsweise von Drohungen nachvollziehen kann.

Beispiel 14112 - Vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise drohen sich die Kontrahenten alles mögliche an. Die Bedrohung wird immer größer. "Wenn Du in die Ukraine einmarschierst, wird es dramatische Sanktionen geben. Wir werden Dir erheblichen wirtschaftlichen Schaden zufügen". Die Androhung von Sanktionen erfolgt ständig, auch unabhängig von dem konkreten Ereignis. Unabhängig von der Frage, wo der Anknüpfungspunkt für eine Unterlassung ist (nicht einzumarschieren), kann der Gegner in keinem Fall damit rechnen, dass er z.B. Nordstream verwirklichen kann, wenn er die Aufforderung befolgt. Der russische Botschafter Viktor Tatarinzew soll in einem Interview mit der Zeitung "Aftonbladet" gesagt haben: "Wir scheißen auf Ihre ganzen Sanktionen". Das macht es deutlich. Es geht um etwas anderes. Über den Hintergrund der Krise bestehen ganz unterschiedliche Vorstellungen. Jede Seite will etwas erreichen, wobei die Erwartungen an die Gegenseite jeweils unerfüllbar sind. Also wird aufgerüstet und noch mehr gedroht. Der Weg in eine kriegerische Auseinandersetzung wird herbeigerufen. Statt sich auf die Interessen des jeweiligen Gegners einzulassen, werden jetzt Schuldzuschreibungen geübt. Jede Seite wirft der gegnerischen Seite Kriegstreiberei vor. Der Konflikt nimmt seinen natürlichen Verlauf in die Eskalation. Besser wäre es zuzuhören, sich auf die Interessen des Gegners einzulassen, die eigenen Interessen zu hinterfragen, eine Nutzenkontrolle durchzuführen und Angebote zu unterbreiten, die zur Befolgung motivieren. Stattdessen wird Schuld zugeschrieben, so als läge es nur am Anderen, den Krieg zu vermeiden.


Die Drohung ist eine Botschaft. Das Beispiel zeigt, dass auch das Drohen gelernt sein will. Wie die Kommunikation enthält die Drohung eine Ich-Botschaft und natürlich einen Appell. Im Miteinander liefert die Drohung Einschätzungen über die soziale Beziehung, die Sichten auf den Anlass und das Erwartete, die Berechtigung dazu und das strategische Vermögen zur Durchsetzung dessen, was erreicht werden soll. Jemand, der dem anderen nicht die Kompetenz, die Befugnis oder die Macht zuschreibt, drohen zu können (zu dürfen), und wer die Drohung als ungerechtfertigt ansieht, wird ihr schon aus diesen Gründen keine Folge leisten (können). Sieht er sich als unterlegen, wird sie zusätzlich noch Angst, Wut oder Verzweiflung auslösen. Sie schafft Angst oder Befürchtung, wodurch kraftraubender Stress frei und dieser raubt Kraft.

Viele Drohungen gehen ins Leere weil sie unrealistisch sind. Manche sind unüberlegt und wirken wie ein Eigentor.

Beispiel 14999 - Partei A sagt gegenüber Partei B in der Mediation: "Und wenn du nicht damit auch Verstand breche ich die Mediation ab". Habe sicherlich ein Verhalten des B bewirken. Er verkennt jedoch, dass er mit dem Abbruch der Mediation sich selber schadet.

Bedeutung für die Mediation

In der Mediation sind Drohungen grundsätzlich ebenso unerwünscht wie überflüssig. Die Mediatorin oder der Mediator werden jegliche Einschüchterung des Gegners unterbinden. Sie werden verstehen wollen, warum die Partei glaubt, zu diesem Mittel greifen zu müssen und das dahinter verborgene Interesse (Motiv) herausarbeiten. Warnungen sind hingegen ein durchaus legitimes Mittel in der Mediation. Die Parteien müssen wissen, worauf sie sich einlassen und welche Konsequenzen bei der ein oder anderen Entscheidung zu erwarten sind. Straftaten sind auch in der Mediation nichtr erlaubt. Sie werden von der Verschwiegenheit nicht erfasst.

Was tun wenn ...

Hinweise und Fußnoten

Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen

Bearbeitungsstand: 2023-01-04 17:28 / Version 20.

Alias: Warnung
Siehe auch: Eskalation, Strafrecht
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Based on work by Arthur Trossen
Seite zuletzt geändert am Freitag November 1, 2024 12:54:19 CET.

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