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Die Umweltbedingungen ergeben den Kontext

Das Marketing der Mediation kann nicht für sich und isoliert betrachtet werden. Die Mediation ist ein Teil und ein Ergebnis der Kultur, in der sie sich bewegt und in der wir leben. Es gibt deshalb Einflüsse und Vorstellungen, die noch jenseits des Marketings anzusiedeln sind oder zumindest vom Marketing beachtet werden sollten. Die Menschen müssen etwas mit der Mediation anfangen können. Dabei spielt ihre kulturelle Bedeutung eine große Rolle.

Dieses Youtube-Video zeigt Gedanken zur Frage, warum die Mediation (wie viele meinen) sich nicht wirklich in der Gesellschaft etabliert. Das Video wurde für eine Konferenz der integrierten Mediation vor einigen Jahren als Denkanstoß erstellt. Die Realität ist, dass viele Menschen gerade wegen der steigenden Streitlust und Aggression Wege suchen, wie sie friedlich miteinander leben können. Die Schwierigkeit für sie ist lediglich, die Mediation als einen Weg dorthin zu begreifen.

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem Video um ein bei Youtube (Google) hinterlegtes Video handelt. Es wurde im erweiterten Datenschutzmodus eingebettet. Was das bedeutet, erfahren Sie in der Datenschutzerklärung.

Eintrag im Videoverzeichnis erfasst unter Warum die Mediation nicht ankommt?

In der Sprache des Marketings und gemäß den 7 Prinzipien des Überzeugens, wäre das Prinzip soziale Bewährtheit zu thematisieren. Es könnte mit der sozialen Erwartung gleichgesetzt werden.1 Das Prinzip gilt im Großen (also in der Gesellschaft) wie im Kleinen (also im Einzelfall). Eine Kultur, die Verhandlungen als Schwäche ansieht und die mit der Erfahrung einhergeht, dass man ja doch nicht ernst genommen wird, unterstellt der Mediation grundsätzlich wenig Chancen. Hinzu kommt das mangelnde Wissen, was Mediation ist und was sie leisten kann. Wer meint, nicht gehört zu werden, wird zunächst lauter. Wenn das keine Wirkung hat, sind Gewalt oder Resignation die nächst naheliegende Option. Für den, der meint, Widerstand leisten zu müssen, sind soft Skills wenig erfolgversprechend. Die Ausführungen bei den Starthürden der Mediation zeigen Argumentationsbeispiele, mit denen die Mediation abgetan wird. Taten beeindrucken mehr als Worte, wenn es darum geht, Grenzen auszuloten oder Grenzen zu setzen. Dass die Taten selbst Grenzen überschreiten wird als legitime Reaktion gesehen. Sie wird in unserer Kutur und sogar im Rechtssytem als Notwehr geschützt und ist in der Verfassung sogar in Artikel 20 Absatz 4 GG als ein Recht zum Widerstand verankert. Sich zu wehren ist ok. Angreifen nicht. Darüber dürfte Konsens bestehen. Kein Konsens besteht zur Frage, was Angriff und Abwehr ist oder anders gesagt, wer die Deutungshoheit darüber hat. Der Machtinhaber nimmt die Deutungshoheit für sich in Anspruch. In einer Demokratie ist das die Mehrheit. Der Deutungskonsens bleibt auf der Strecke.

Die Forschung zur gesellschaftlichen Selbstermächtigung deckt interessante Korrelationen auf.2 Die Forscher Kirsch, Kube, Zohlnhöfer arbeiten heraus, dass ein grundsätzliches Misstrauen im Staat-Bürger-Verhältnis, aber auch im Verhältnis der Bürgerinnen und Bürger untereinander ausschlaggebend ist für den zivilen Ungehorsam.3 Im Ergebnis stellen sie fest, dass die Herstelliung von Vertrauen der Schlüssel ist für ein konformes Verhalten. Sie werfen die Frage auf, wie solche vertrauensbildenden Maßnahmen aussehen könnten. Eine Antwort geben sie nicht.

Vertrauen spielt innerhalb und außerhalb der Mediation eine außerordentlich wichtige Rolle.4 Sie wird nicht nur innerhalb der Mediation thematisiert, wenn es darum geht, eine Beziehung zu heilen oder eine konstruktive Lösung zu finden. Sie spielt auch außerhalb der Mediation eine Rolle, wenn es darum geht, sich auf die Mediation einzulassen. Wer glaubt, dass er ohnhin nicht gehört wird, dass er argumentativ nicht weiter kommt, dass er ohnehin belogen wird oder zu schwach aufgestellt ist, seinen Standpunkt zu vertreten, der sucht nach Macht außerhalb der Verhandlung. Dieses Phänomen deckt sich mit der Lehre der Konfliktevolution. Umgekehrt stellt sich dem, der Macht hat, die Frage, warum er aufwändige Verhandlungen führen soll, wenn er die Lösung doch auf ganz anderem Wege durchsetzen kann. Das Mediationsgesetz hat an dieser Struktur nichts geändert.

Vertrauen ist ein Gefühl. Es lässt sich nicht hin- oder wegargumentieren. Es muss wachsen. Der Ausgangspunkt liegt nicht beim Gegner, sondern bei einem selbst. Schon Seneca sagte:5

Zwei Dinge verleihen der Seele am meisten Kraft: Vertrauen auf die Wahrheit und Vertrauen auf sich selbst.


Wer sich selbst vertraut, reduziert die Angst und kann geduldig sein. Das Selbstvertrauen ist ein wichtiger Schritt aber noch nicht das Ziel. In der Mediation würde man sich auf den vertrauensbildenden Weg verständigen können. Man würde nach Markierungen suchen, die den Parteien in kleinen Schritten zeigen, dass sie auf dem richtigen Weg sind. Dazu bedarf es der Klärung unterschiedlicher Sichten, der Herausarbeitung einer gemeinsamen Sicht und der Verständigung über einen verbindlichen Weg. Natürlich müssen auch Mechanismen eingeführt werden, damit sich die Parteien an die Vereinbarungen halten.

Die gleichen Mechanismen funktionieren auch im politischen und gesellschaftlichen Bereich. Sie erfordern jedoch ein Umdenken. Die Mediation definiert die Anforderungen dafür. Sie ist ein Teil der Kultur und somit in der Lage, die Kultur zu verändern. Ob das Produkt Mediation (also die Dienstleistung i.S.d. Mediationsgesetzes) in der Lage ist, die Streitkultur zu verändern, erscheint fraglich. Das mediative Denken wäre dazu in der Lage. Es würde nicht die Streitkultur stärken, sondern die Friedenskultur, nicht den Streit, sondern die Auseinandersetzung, nicht die behauptete Wahrheit, sondern die verständigte, nicht die Macht, sondern die Vernunft, nicht die Angst, sondern die Möglichkeiten. Es würde die Gesellschaft verändern. Aber wer will das schon? Das ist aber eine andere Frage. Für die Vermarktung der Mediation lässt sich die Erkenntnis ableiten, dass eine Produktvermarktung mit der gesellschaftlichen Implementierung der Mediation einhergehen muss.

Hinweise und Fußnoten

Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen. Zitiervorgabe im ©-Hinweis.

Bearbeitungsstand: 2022-02-04 10:49 / Version 19.

Aliase: Umweltbedingungen, gesellschaftlicher Kontext
Siehe auch: Vertrauen, Streitkultur
Prüfvermerk: -

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Based on work by Arthur Trossen
Seite zuletzt geändert am Freitag November 1, 2024 14:17:11 CET.

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