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Rechtfertigungen

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Rechtfertigungen kennzeichnen nicht nur die Kommunikation. Sie geben auch Hinweise auf den Verwender. Bitte beachten Sie auch:

Kommunikation Begründungssemantik Argumente Rechtfertigungen Vorwürfe Zuhören Dimensionen Informationen

Rechtfertigungen fühlen sich zwar an wie Argumente. Sie sind davon jedoch zu unterscheiden.

Was sind Rechtfertigungen?

Der grundlegende Unterscheid besteht darin, dass ein Argumentieren darauf abzielt, eine Position zu unterstützen, während Rechtfertigen darauf abzielen, eine Entscheidung oder Handlung zu erklären oder zu verteidigen. Ein französiches Sprichwort besagt:

qui s’excuse s’accuse
Übersetzt: Wer sich verteidigt, klagt sich an

Dass jemand, der einen Vorwurf richtigstellt dadurch seine Schuld eingesteht, ist natürlich nicht ohne Weiteres zutreffend. Es kommt darauf an, wie er sich erklärt und natürlich auch darauf, wie sich die Rechtfertigung in die Kommunikation einbindet.

Der psycholigische Hintergrund von Rechtfertigungen

Eine Publikation im Arbeits-ABC führt aus, dass sich die rechtfertigende Person in der Regel in einer inneren Anspannung befände, weil sie das Gefühl hat, dass sie sich für etwas rechtfertigen müsse. Aus diesem Gefühl heraus nimmt sie eine Art Defensivhaltung ein.1 Eine Rechtfertigung klingt wie folgt:

Beispiel 15421 - Der Partei wird vorgeworfen, dass sie zu spät gekommen sei. Sie reagiert wie folgt: "Ich habe alles getan, um pünktlich zu sein. Aber es gab einen Stau mit dem niemand gerechnet hat und dann war der Tank leer, weil ich so lange im Stau gestanden habe. Ich bin an die nächste Tankstelle gerannt und habe einen Benzinkanister gekauft. Alles damit ich nicht zu spät zur Arbeit komme. Wäre am Ende die Ampel nicht rot gewesen und hätte ich einen Mitarbeiterparkplatz hätte ich es trotzdem noch geschafft, pünktlich zu sein.


Als Begründung für das Verhalten wird angeführt:2

  1. Die Partei hat Schuldgefühle
  2. Die Partei fühlt sich bedroht
  3. Die Partei will der Konfrontation ausweichen
  4. Die Partei ist unsicher

Der Umgang mit Rechtfertigungen in der Mediation

Rechtfertigungen kommen auch in der Mediation häufig vor.

Beispiel 15417 - In einer Mediation erhebt die Partei A der Partei B gegenüber erhebliche Vorwürfe die Partei B bestreitet. Sie fängt an zu argumentieren und rechtfertigt sich. "Ja aber ich habe doch .... ", " Ich habe wirklich ....", "Das war aus dem Grund, weil ...", usw.


In der Mediation sollte es genügen, wenn sich die Partei erklärt. Niemand muss sich rechtfertigen. Sofern eine Verteidigung erforderlich ist, ergibt sie sich aus der Erklärung. Das französische Sprichwort bekommt jedoch eine Realität, wenn die Partei sich immer wieder versucht zu rechtfertigen. Das Verhalten könnte zumindest beim Gegner genau den Effekt auslösen, den das Sprichwort beschreibt. Er fühlt sich bestärkt, weil die Partei durch das ständige Rechtfertigen ein unausgesprochenes Schuldeingeständnis zum Ausdruck bringt. Aber Vorsicht! Das ist eine Interpretation. Der Mediator sollte dem Verhalten auf den Grund gehen, damit es keinen falschen Eindruck hinterlässt.

Beispiel 15418 - Dem Mediator fällt auf, dass die Partei sich immer wieder rechtfertigen muss. Er spricht sie darauf an und erklärt, dass sie sich nicht rechtfertigen müsse. Er fragt die Partei warum sie das tut und was sie damit beabsichtigt.


Die einzusetzenden Techniken sind das Loopen und das Verbalisieren. Der Mediator deckt seine Beobachtung auf und vermittelt der Partei ein Bewusstsein über ihr Verhalten. Wenn er die Partei darauf anspricht, hinterfragt er ihre Motive dafür. Sie können vielfältig sein. Möglicherweise hat die Partei das Gefühl, dass ihre Erklärungen beim Gegner noch nicht angekommen sind. Möglicherweise möchte sie nur darauf hinweisen, dass es ihr wichtig ist, in einem bestimmten Licht gesehen zu werden. Möglicherweise verbirgt sich dahinter aber auch eine Unsicherheit und ein mangelndes Selbstbewusstsein.

Beispiel 15419 - Dem Mediator fällt auf, dass die Partei sich immer wieder rechtfertigen muss. Sie wiederholt ihre Argumente immer und immer wieder. Der Mediator spricht sie darauf an. Er sagt: "Sie wiederholen Ihre Argumente sehr oft. Ich habe sie verstanden (und auch schon zurückgemeldet)". Nach einer kurzen Gedankenpause, mit der er die Reaktion der Partei abwartet, fragt er: "Wen möchten Sie überzeugen, sich oder mich?"

Die zur Rechtfertigung führende Interaktion

Es wäre falsch, wenn der Mediator nur die Person im Blick hatte sich rechtfertigt. Die Rechtfertigung kann durchaus auch Schuldgefühle zurückzuführen sein. Das wird erkennbar, wenn sie ohne einen erkennbaren Angriff erfolgt.

Beispiel 15422 - Die Mediation geht über ein Arbeitsverhältnis. Im Verlaufe der Mediation sagt der Arbeitgeber (Partei A), dass sein Mitarbeiter (Partei B) häufig zu spät komme. Es ist eine Feststellung, die nicht erkennbar als Vorwurf gemeint war. Die Partei B sieht darin aber einen Vorwurf und beginnt, sich umfangreich zu rechtfertigen.


Es kann aber auch sein, dass der gegner tatsächlich Vorwürfe macht. Dann ist es nachvollziehbar, wenn sich die Partei verteidigen will. Ob die Rechtfertigung anstelle einer Erklärung oder Stellungnahme dann der geschickte Weg ist, ist eine andere Frage. In jedem Fall würde der Mediator beiden Seiten eine Rückmeldung geben und Erklärungen einfordern, statt Vorwürfen und Rechtfertigungen.

Beispiel 15423 - Im Verlaufe der Mediation sagt der Arbeitgeber (Partei A), dass sein Mitarbeiter (Partei B) häufig zu spät komme. Die Partei B sieht darin einen Vorwurf und beginnt, sich umfangreich zu rechtfertigen. Der Mediator unterbricht die Parteien und spiegelt die Situation: "Mir fällt auf, dass die Aussage, der Mitarbeiter B komme häufig zu spät Reaktionen auslöst". An B gerichtet fragt er: "Sie sehen darin einen Vorwurf, nicht wahr?". Als B bestätigt fragt der Mediator die Partei A: "War das als Vorwurf gemeint?". Je nach der Antwort widmet er um: "Sie wünschen sich, dass die Mitarbeiter pünktlich sin. Ist das so korrekt?". Wenn A bestätigt dreht sich die weitere Kommunikation darum wie man Pünktlichkeit sicherstellen kann und nicht warum wer wann unpünktlich war.

Was ist, wenn sich der Mediator rechtfertigt?

natürlich kann es auch vorkommen, dass die Parteien der Mediator Vorhaltungen machen und ihm ein Fehlverhalten vorwerfen. Die Frage wird in dem Beitrag Vorwurf näher besprochen. Im Zusammenhang mit den Ausführungen zu den Rechtfertigungen soll der Hinweis genügen, dass der Mediator die Metaebene verlassen hat, wenn er meint, sich rechtfertigen zu müssen. Ein zum Mediator passendes Verhalten wäre, sich mit dem Vorwurf auseinanderzusetzen und das eigene Verhalten gegebenenfalls zu erklären. Sollte sich herausstellen, dass das Verhalten des Mediators einen Mediationsfehler darstellt, ist der Mediator gut beraten den Fehler sofort zu korrigieren, anstatt zu lamentieren.

Bedeutung für die Mediation

Rechtfertigungen stellen ein Verhalten der Parteien dar, dass sich in der Mediation auflösen lässt. Die Frage wie mit Rechtfertigungen umzugehen ist erfordert eine Situationsanalyse. Der Grundsatz lautet auch hier: erst verstehen dann entscheiden, wie mit der Situation umzugehen ist.

Was tun wenn ...

Hinweise und Fußnoten

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Bearbeitungsstand: 2023-04-11 11:04 / Version 6.

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Siehe auch: Verfahrensverzeichnis
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2 Fundstelle wie vor


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Seite zuletzt geändert am Dienstag November 5, 2024 01:02:31 CET.

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