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Die ADR-Verfahren

Wissensmanagement » Sie befinden sich auf einer Themenseite zum Titel Verfahren im Abschnitt Systematik des Mediationshandbuchs.
Die Auseinandersetzung mit den Verfahren erlaubt ihren optimalen Einsatz, der in mehreren Beiträgen behandelt wird. Beachten Sie bitte:

Verfahren ADR-Verfahren Verhandlungen Verfahrensauswahl Abgrenzungen Verfahrenverzeichnis

Abstract: Das Mediationsförderungsgesetz trägt den vollständigen Titel „Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung“. Es geht ihm also offenbar nicht nur um die Förderung der Mediation. In der Begründung zum Gesetzesentwurf werden die unterschiedlichsten Verfahren als "andere Verfahren" aufgeführt. Erwähnt werden die in zahlreichen Landesgesetzen vorgesehenen Schlichtungs-, Schieds- und Gütestellen, die Ombudsleute, Clearingstellen und neuere Schieds- und Schlichtungsverfahren wie Shuttle-Schlichtung, Adjudikation, Mini Trial, Early Neutral Evaluation (ENE) und Online-Schlichtung“.

Einführung und Inhalt: Eine systematische Zuordnung der ADR-Verfahren ist weder erfolgt noch möglich.1 Indem der Gesetzgeber auch Verfahren vor dem Ombudsmann oder eine Early Neutral Evaluation unter den Begriff der ADR-Verfahren gefasst wissen will, ergibt sich eine gewisse Nähe zu den Verfahren der dyadischen Instanz, die der Beratung nahe stehen. In jedem Fall wäre auch die Beratung mit Methoden der Mediation eine Form der außergerichtlichen Streitbeilegung und durchaus eine "Adequate Dispute Resolution", wie ADR Verfahren mitunter auch genannt werden.

Die alternative Systematik

Mit dem Begriff der ADR Verfahren bietet sich eine andere systematische Einordnung der Verfahren an. Sie unterscheidet zwischen DR und ADR-Verfahren, also gerichtlichen und außergerichtlichen Verfahren. Die Grafik verdeutlicht, dass die Grenzen der Verfahren (die Prototypen) dann nicht mehr nicht mehr eindeutig zugewiesen werden können. Wo fängt das Eine an und wo hört es auf? Brunet und Craver beschreiben beispielsweise auch eine Juridical Mediation des erkennenden Richters als ein ADR Verfahren ebenso wie die Negotiation (Verhandlung), die kein triadisches Verfahren ist. Die EU stellt heraus, dass ein modernes Recht eine Auswahl von Herangehensweisen (approaches) und Optionen vorhalten müsse, um Streit beizulegen.

ADR

Die Erkenntnisse der hier zusammengetragenen Verfahrenssystematik haben gezeigt, dass sich die Verfahren eher nach ihren Charakteristika und nicht nach ihrem Standort identifizieren und unterscheiden lassen. Deshalb sollte die prototypische Zuordnung mit der Unterscheidung zwischen Gericht, Schiedsgericht, Schlichtung und Mediation unbedingt erhalten bleiben.

Definition Alternative Dispute Resolution

ADR meint nicht American Depository Receipts und hat auch nichts mit Aktien zu tun. Das Akronym ADR kommt aus dem Englischen. Es steht für Alternative Dispute Resolution. In Australien wird die ADR auch als EDR bezeichnet, wobei das "E" für External steht. Andere Bezeichnungen sind:

  • Appropriate Dispute Resolution (ADR),
  • Amicable Dispute Resolution (ADR),
  • Effective Dispute Resolution (EDR),
  • Better dispute resolution (BDR),
  • Improved dispute resolution (IDR),
  • Flexible dispute resolution (FDR),
  • Complementary dispute re-solution (CDR)
  • Peaceful dispute resolution (PDR) und neuerdings in Anlehnung an die Sprache im deutschen Gesetz
  • Alternative Konfliktlösungsverfahren (AKL).

Von ADR bis AKL

Im Wörterbuch wird "Dispute Resolution" mit Schlichtung übersetzt.2 Treffender ist wohl die Übersetzung mit "Streitbeilegung". Dann bedeutet ADR übersetzt alternative Streitbeilegung. Dispute heißt Streit. Resolution heißt Auflösung. Brunet und Craver definieren ADR als Alternativen zum konventionellen Gerichtsverfahren ("alternatives to the conventional trial process"). Auch diese Konnotation legt keine Außergerichtlichkeit nahe. Außergerichtlich hieße im Englischen extrajudicial oder out-of-court. Demzufolge führen Brunet und Craver aus: "ADR is a generic term that includes widely differing procedures". Galster und Rupp führen an, dass ADR im ICC-ADR-Regelwerk der Internationalen Handelskammer vom 1.7.2001 als Kurzform für „Amicable Dispute Resolution" beschrieben wird, was als gütliche Beilegung von (Wirtschafts-) Streitigkeiten ausgewiesen sei. Weiterhin wird auf die begriffliche Uneinheitlichkeit und Abgrenzungsprobleme hingewiesen.

Alternative Dispute Resolution ist ein Sammelbegriff der nicht differenziert, ob es sich um prozess- oder ergebnisorientierte, Eigen- oder fremdbestimmte Verfahren handelt. Selbst die Frage ob ein neutraler Dritter einzuschalten ist wird hinterfragt. Die von Diedrich mehr und mehr eingebrachte Übersetzung mit Appropriate Dispute Resolution verdeutlicht am besten worum es geht, nämlich die geeignete Form der Konfliktbeilegung zu finden.

Die außergerichtliche Konfliktbeilegung

In Deutschland hat sich die Übersetzung "außergerichtliche Konfliktbeilegung" etabliert. Bevor ein Bewusstsein für die Vielfalt der ADR-Verfahren geschaffen war, wurden Verfahren, die durch Vermittlung statt Entscheidung erledigt werden, ungenau als Schlichtung bezeichnet. Heute ist die Schlichtung we3der der Oberbegriff noch das Synonym für außergerichtliche Verfahren. Die Schlichtung ist vielmehr ein eigenständiges Verfahren, das den ADR-Verfahren zugeordnet werden kann. ADR könnte also als der Oberbegriff für alle nichtgerichtlichen Verfahren zur Konflikt- oder Streitbeilegung gesehen werden.

Seit der Gesetzgeber mit dem Mediationsförderungsgesetz den Begriff Streitbeilegungsverfahren in Konfliktbeilegungsverfahren ausgetauscht hat, ist in Deutschland auch von AKL-Verfahren3 die Rede. AKL ist das Akronym für außergerichtliche Konfliktlösung.

Das Gesetz verwendet weder das Akronym ADR noch AKL, obwohl diese Verfahren angesprochen sein sollen. Es beschreibt nicht die alternative oder die einvernehmliche, aber die außergerichtliche Konfliktbeilegung. Die Abgrenzung von gerichtlichen und außer- oder nichtgerichtlichen Verfahren ist trotzdem ungenau. Unklar ist beispielsweise, ob das Güterichterverfahren, in dem die Methode der Mediation zur Anwendung kommt, entgegen seinem tatsächlichen Rechtsstatus als ein Gerichtsverfahren eine außergerichtliche Konfliktbeilegung darstellen soll. Methodisch wäre es ohne weiteres möglich, die Güterichterverhandlung als eines der ADR Verfahren anzusehen, so wie der Versuch des Richters, einen Vergleich herbeizuführen, methodisch gesehen, eine Schlichtung darstellt.

Der gesetzliche Bezugnahmen

Ob ein Verfahren zu einem ADR Verfahren werden kann, nur weil dort die Methoden der Mediation oder der Schlichtung zur Anwendung kommen, kann dahingestellt bleiben. Der rechtliche Wirkungsgrad wird nach der Containertheorie vom Verfahren vorgegeben. Er verändert sich dadurch nicht. Inhaltlich regelt das Mediationsförderungsgesetz nur die Mediation4 . Die Vorschriften lassen die ADR-Verfahren unberührt. Bezugnahmen auf die „anderen Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung“ erfolgen lediglich zur Öffnung der Gerichtsverfahren in folgenden Verfahrensvorschriften:

  1. ZPO §§ 41 Nr. 7, 253 Abs. 3 Nr. 3, 278a,
  2. FamFG §§ 36a, 81 Abs. 2 Nr. 5, 135, 155, 156, ...
  3. ArbGG 54a, 55 Abs. 1 Nr. 8, 80 Abs. 2, 87
  4. SGB § 202
  5. VwGO § 173

Seit dem 1.4.2016 ist das VSBG in Kraft. Das VSBG ist das Gesetz über die alternative Streitbeilegung in Verbrauchersachen, kurz: das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz. Hier werden sogenannte Verbraucherschlichtungen geregelt, die in einem sogenannten Streitbeilegungsverfahren abgewickelt werden. Die systematische Verortung der Verfahren wird im Kapitel Systematik beschrieben. Mit der sich aus der unsystematischen Verwendung der Begriffe Konfliktbeilegungsverfahren und Streitbeilegungsverfahren ergebenden Anomalie befasst sich das Kapitel Streitvermittlung.

Systematik Anomalie der Streitbeilegungsverfahren 

ADR Verfahren und ihre Rechtsquellen

Soweit "andere Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung" betroffen sind, unterliegen sie dem für sie jeweils geltenden Verfahrensrecht. Auf eine generelle Regelung beispielsweise der Verschwiegenheitspflicht für alle ADR Verfahren wurde verzichtet. Wenn überhaupt gibt es nur vereinzelte Vorschriften, wie beispielsweise das VSBG oder das Mediationsgesetz, sodass das allgemeine Recht zur Anwendung kommt. Differenzierungen sind deshalb angebracht. Die folgende Verfahren werden häufig als ADR-Verfahren aufgeführt. Die Übersicht entspricht einer internationalen Sicht. Sie bildet einen Auaszug aus dem Verfahrenverzeichnis, das alle Verfahren der Konfliktbeilegung aufführt.

 Aktionshinweis:

Das Verfahrensverzeichnis wird ständig aktualisiert. Sie können helfen. Sollten Sie ein ADR-Verfahren vermissen oder anders definieren, geben Sie bitte einen Hinweis, wenn Sie die Änderung nicht selbst einbringen.


Legende: Das verzeichnis ist ein Auszug aus der Enzyklopädie, die nach dem Begriff "Verfahren" gefiltert wird. Mediationen werden nicht angezeigt. Die Abgrenzung ist nicht immer eindeutig, sodass Sie am besten in der Enzyklopädie nachschlagen, wenn Sie ein Verfahren nicht finden. Fahren Sie mit der Maus über den Link, dann öffnet sich ein Popup-Fenster mit weiteren Hinweisen zum Verfahren und dem Link, wo das Verfahren besprochen wird.

Hinweise und Fußnoten

Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen

Bearbeitungsstand: 2023-08-08 08:06 / Version 25.

Aliase: AKL,DR,Alternate Dispute Resolution,außergerichtliche Konfliktbeilegung
Siehe auch: Verfahrensauswahl, Verzeichnis-Mediation, Verzeichnis-Verfahren


Based on work by anonymous contributor und Bernard Sfez . Last edited by Arthur Trossen
Seite zuletzt geändert am Sonntag Dezember 1, 2024 00:22:27 CET.

Durchschnittliche Lesedauer: 6 Minuten