Die Frage nach der Einstellung der Bevölkerung zum deutschen Rechtssystem und zur Mediation wurde schon im ROLAND Rechtsreport 2010 aufgeworfen. Der Report führt aus1 :
Dann wird ausgeführt, dass das "Mediationsverfahren" überraschend weit bekannt sei. 57% der Bevölkerung hätten schon davon gehört. Dass auch die Experten dieser Studie den Pleonasmus Mediationsverfahren verwenden, mag ihnen verziehen sein, weil der erste report bereits vor dem Erlass des Mediationsgesetzes veröffentlicht wurde und weil der Gesetzgeber sich selbst dieser Wortverdoppelung bedient, die mit der gesetzlichen Definition der Mediation begründet wurde2
Die Zahlen in den jeweiligen Rechtsreports belegen eine Entwicklung. Im Rechtsreport 2018 wird bescheinigt, dass der Bekanntheitsgrad der Mediation weiterhin gestiegen sei. "Das deutsche Rechtssystem genießt in der Bevölkerung weiterhin ein hohes Maß an Vertrauen", wird weiterhin ausgeführt. Auch wird darauf hingewiesen, dass der Mediation ebenfalls eine hohe Bedeutung zukomme. Ihr Bekanntheitsgrad sei auf 73% der Bevölkerung gestiegen.
Bekanntheitsgrad bedeutet, dass man von der Möglichkeit der Mediation schon einmal gehört hat. Die Evaluierung dieser Einschätzung wird auf Seite 23 des Rechtsreports vorgestellt. Die Teilnehmer wurden gefragt: "Wenn man bei einer rechtlichen Auseinandersetzung nicht mehr weiterkommt, gibt es neben dem Gerichtsverfahren auch die Möglichkeit der sogenannten Mediation ... Haben Sie von der Möglichkeit der Mediation schon einmal gehört, oder hören Sie davon jetzt zum ersten Mal? 73% haben schon einmal davon gehört. Der Kreis der Personen, die noch nie von dieser juristischen Möglichkeit der außergerichtlichen Einigung gehört haben, hat sich von 43 auf 27 Prozent verringert".
Bedenkt man die Häufigkeit der Nennung des Begriffs Mediation in der Presse3 , verwundert es, wenn 27% der Bevölkerung noch nicht davon gehört haben.
Sprechen wir vom Selben, wenn von Mediation die Rede ist? Ein Mediator stolpert über die Formulierung juristische Möglichkeit in der Fragestellung. Wenn damit die Mediation als Möglichkeit gemeint ist, würde er lieber von der meditativen Lösungssuche sprechen, die über juristische Fragen hinausgeht. Soll die Formulierung die Erlaubnis zur außergerichtlichen Einigung meinen, sollte das Verständnis der Bürger über die Privatautonomie hinterfragt werden und ob die Art der Informationen über Mediation die Freiheiten eher beschränken als unterstützen. Es käme der Mediation nicht entgegen, wenn der Bürger glaubt, er benötige eine Erlaubnis, um sich zu einigen.
Die Frage auf Seite 25 erkundigt sich danach, ob man mit einem solchen Verfahren viele rechtliche Auseinandersetzungen beilegen kann. Auch hier wäre es besser, wenn statt von rechtlichen, von streitigen Auseinandersetzungen gesprochen wird. Die Frage nach der rechtlichen Kompetenz wurde von 49% mit Ja beantwortet. Dieser Wert wird im Vergleich mit den Erhebungen der letzten Jahre als relativ konstant vorgestellt. Interessanterweise ist das Vertrauen in die Kompetenz der (Rechts-)Streitbeilegung bei den Personen, die schon einmal von der Mediation gehört haben, eher rückläufig. Anhaltspunkte oder Gründe für dieses Phänomen sind dem Report jedoch nicht zu entnehmen.
Alles in Allem gibt der Rechtsreport einen unverzichtbaren Eindruck auf die Mediation wieder und weist - wegen des Langzeitvergleichs auf mögliche Trends hin. Alarmierend sollte sein, dass die Befragten, die schon einmal von Mediation gehört haben (also die besser informierten Bürger) eher skeptisch der Mediation gegenüber eingestellt sind.
Auffällig ist seine Bindung an Rechtsstreitigkeiten. Die Formulierung: "Wenn man bei einer rechtlichen Auseinandersetzung nicht mehr weiterkommt ..." suggeriert, dass die Mediation nur bei ausweglosen Rechtsangelegenheiten einschlägig sei. Es fragt sich deshalb, ob die Bevölkerung die Mediation auch in einem anderen Zusammenhang sehen kann, etwa bei der Lösung von Beziehungskonflikten oder innerbetrieblichen Spannungen.
Der Rechtsreport liefert Eindrücke aber keine Antworten. In Kombination mit den Zahlen anderer Erhebungen, liefert er jedoch einen unverzichtbaren Beitrag zur Abrundung des Bildes über Mediation.
Hier haben Sie Zugriff auf den Rechtsreport 2018 im Original: Rechtsreport 2018