Teil A Einstellung der Bevölkerung zum deutschen Justizsystem und zur außergerichtlichen Konfliktlösung
Teil B Der Zusammenhalt in der deutschen Gesellschaft aus Sicht der Bevölkerung
Teil C Das deutsche Rechts- und Justizsystem aus Sicht von Richtern und Staatsanwälten

Der hier interessierende Teil ist der Teil A. Er beginnt unter Ziffer I auf Seite 11 mit der Aussage, dass unser Rechtssystem in der Bevölkerung
nach wie vor ein hohes Maß an Vertrauen genießt. Ungeachtet dessen wird auf S. 17 unter Ziffer II eine deutliche Kritik am deutschen Justiz- und Rechtssystem herausgestellt, die mit einer zu lange Verfahrensdauer, einer uneinheitlich wahrgenommenen Rechtsprechung, zu komplizierten Gesetze und zu milden Strafen zusammensetzt. Die Ziffer III ab Seite 20 kommt auf das hier interessierende Thema zu sprechen. Bereits die Überschrift deutet darauf hin, dass der außergerichtlichen Streitbeilegung eine große Bedeutung zukommt. Die Zahl der Personen, die an einem Gerichtsprozess in welcher Rolle auch immer beteiligt waren ist auf 22% gesunken. Der Bericht stellt heraus, dass dieses Umfrageergebnis mit einer rückläufigen Zahl der Gerichtszugänge (anhängige Gerichtsverfahren) übereinstimmt. Gründe dafür können jedoch nicht angegeben werden. Es kann nur spekuliert werden, ob sie außergerichtliche Mechanismen der Streitbeilegung, wie etwa die Mediation, bevorzugen. Dass die Zahl mit dem Bestand an Rechtsschutzversicherungen korreliert wird ausgeschlossen, weil die Zahl der rechtsschutzversicherten Haushalte zugenommen hat. Hier speilt es vielleicht eine Rolle, dass die Rechtsschutzversicherungen selbst vermehrt die außergerichtliche Streitbeilegung anbieten und abdecken.

Bei dem Versuch, dem Streitverhalten auf den Grund zu gehen, wird herausgestellt, dass die Bereitschaft, selbst bei Streitwerten bis zu 600€ vor Gericht zu ziehen, wenn der Schadensverursacher nicht bereit wäre, den Betrag zu begleichen, bei 40% der Befragten nicht vorhanden ist. Daraus lässt sich allerdings nicht schlussfolgern, dass sie auch Geld für eine außergerichtliche Unterstützung investieren würden. Die Befragung weist jedoch auf Seite 24 darauf hin, dass die meisten der Befragten andere Wege wie ein persönliches Gespräch oder eine Schlichtung einschlagen würden, um zu einer Einigung zu gelangen. Das widerspricht dem Motiv, das Gericht wegen der Koste abzulehnen. Sie kämen auch bei einer Schlichtung oder einer Mediation auf sie zu. Der Report wertet es als einen Beleg für die große Bedeutung von Angeboten der außergerichtlichen Streitbeilegung, dass 62% derer, die bei einer Schadenssumme von 600 Euro nicht vor Gericht ziehen würden, es lieber versuchen, eine Einigung auf anderem Wege zu erzielen. Leider deckt dieser Streitwert nur einen geringen Teil der möglichen Mediationen ab. Eine Aussage über das Nachfrageverhalten und die Bedeutung der Mediation bleibt also spekulativ. Für die Bewertung der außergerichtlichen Streitbeilegung wurde den Befragten eine Beschreibung des Verfahrens anhand folgender Kriterien vorgelegt:

  • Die Teilnahme an solchen Verfahren ist freiwillig
  • Die beiden Streitparteien versuchen mit Hilfe eines unabhängigen Vermittlers, gemeinsam zu einer Konfliktlösung zu kommen
  • Der Vermittler unterstützt die beiden Streitparteien bei der Suche nach einer Konfliktlösung
  • Ob und wie die Parteien sich einigen, entscheiden sie alleine. Sie können sich aber auch rechtlich beraten lassen.

Es ist erfreulich, dass die Umfrage anders formuliert wurde wie in den vorausgegangene Reporten, wo die Mediation mehr oder weniger von einem Scheitern der Rechtsverfolgung abhängig gemacht wurde. Im Ergebnis dieser Umfrage haben 51% die Erfolgsaussichten der außergerichtlichen Streitbeilegung als erfolgversprechend eingeschätzt. Wie der Report ausweist ist das ein Rückgang waren es 56%. Die Zuversicht ist also rückläufig. 37% der Befragten zeigten sich skeptisch.

Im Ergebnis zeigt der Roland Rechtsreport interessante Aspekte auf. Eine valide Schlussfolgerung für das Angebot und die Nachfrage nach Mediation lässt sich daraus jedoch nicht ableiten.

Arthur Trossen

Fußnoten und Hinweise

Bild von aus Roland Rechtsreport 2023, S. 20, Quelle Allensbacher Archiv ifd Umfrage 12063