Ist eine Mediation auch möglich zwischen minderjährigen Geschwistern?
Veröffentlicht von Arthur Trossenam 07.02.2022 07:23
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Ja, eine Mediation ist durchaus möglich. Die Frage ist, ob sie sich auf die Kinder beschränkt. In jedem Fall sollte zur Therapie oder anderen Hilfsangeboten (z.B. Trauerarbeit) genau abgegrenzt werden, um alle Möglichkeiten auszuloten. Die Mediation könnte ein Weg dorthin sein. In jedem Fall ist sie ein schonender Weg. Sie kann und sollte auch ganz unauffällig eingeführt werden. Das Alter der Kinder ist kein Hinderungsgrund; allenfalls beim Abschluss des Mediationsvertrages, weil sie nicht geschäftsfähig sind. Der Vertrag kann aber mit der Mutter geschlossen werden. Die Frage ist, ob die Kinder den Gedanken folgen können, also mediationsfähig sind. Die Mediationsfähigkeit mag zunächst angenommen werden. Eine Idee wäre, zunächst ein Gespräch mit der Mutter zu führen, um den besten Zugang zu einem Kontakt mit den Kindern zu finden. Ideal wäre ein Gespräch, an dem zunächst alle teilnehmen. Dabei käme es darauf an, zu sehen, wie die Interaktionen in der Familie sind. Der Tod des Vaters sollte angesprochen werden und wie er von den einzelnen Familienmitgliedern verarbeitet wird. Hier sollte ein besonderes Augenmerk darauf gelenkt werden, ob und wie das schikanöse Verhalten des einen Kindes wahrgenommen wird und ob es offen angesprochen werden kann. Leider enthält die Frage nicht die Angabe ob der schikanierte Bruder älter oder jünger ist. Das könnte eine Rolle spielen. Wichtig wäre es, herauszuarbeiten, ob und wer das Verhalten als schikanös empfindet. Ist es nur die Sicht der Mutter, das schikanierte Kind oder auch das schikanierende Kind? Die Schikanen des Bruders wollen etwas ausdrücken. Das ist zu hinterfragen, also ewas damit bezweckt wird. Markant ist das Einsatzdatum, das wohl mit dem Tod des Vaters zusammenfällt. Das Verhalten kann auf einen inneren Konflikt hindeuten (Verarbeitung des Todes des Vaters) oder ein Beziehungskonflikt (Rollenklärung zwischen den Brüdern, Vaterbachfolge, Verantwortlichmachung für den Tod, usw.). Unter Umständen ist auch die Rolle und Bedeutung von Familie ein Thema, wer dazugehört, wer welche Rolle einnimmt und was mit der Familie passiert, wenn ein Teil wegfällt. Auch die Frage sollte angesprochen werden, ob es überhaupt möglich ist dass ein Teil wegfällt. Gegebenenfalls ist Trauerarbeit ein Thema. Dann kommt wieder die Frage nach Therapie auf. Die Mediation ist dafür nicht zuständig. Ihr Ziel ist die Organisation eines friedlichen Zusammenlebens und einer Klärung der dazu erforderlichen Verhältnisse und Einstellungen. Nachdem das Grundrauschen ermittelt und festgelegt wird, wären Einzelgerpäche sinnvoll. Wichtig ist, die Gespräche kindgerecht zu führen. Ob und inwieweit das möglich ist, hängt vom Verhalten und der Einsichtsfähigkeit des Kindes ab. Gegebenenfalls sind Parabeln, Bilder oder ein Rollentausch im spielerischen Herangehen sinnvoll.