Lade...
 

Das Phänomen der Selbstreferenzialität

Bei einer Bezugnahme auf sich selbst stellt man sich nur insoweit infrage, wie man sich nicht infrage stellt. Schon diese Aussage ist eine Selbstreferenzierung, weil sie auf sich selbst Bezug nimmt und an und für sich paradox ist. In der Mediation begegnen wir der Selbstreferenzrealität ebenso unauffällig wie häufig.

Begriff

Die Selbstreferenzialität (von lateinisch referre „sich auf etwas beziehen“) beschreibt, wie ein Symbol oder eine Entität auf sich selbst Bezug nimmt.

Fallbearbeitung

Als Mediationssystem, also als die fallbearbeitende Mediation verstanden, ist die Mediation auf den ersten Blick und in gewisser Weise auch ein selbstbezügliches System, weil sie bei der Fallbearbeitung nur auf die Selbstverwirklichung achtet. Die Mediation denkt prozessorientiert. Sie hat nichts anderes im Sinn, als ihren Prozess (unabhängig vom Ergebnis) zu verwirklichen. Andererseits beobachtet sie ein Konfliktsystem, das systemtheoretisch betrachtet außerhalb des Mediationssystems steht und dennoch ein Element des Mediationssystems ist, mit dem sie interagiert.

Um die Veränderungen im Streitsystem wahrzunehmen, hat sie auch die Umweltbedingungen im Blick. Sie achtet beispielsweise auf Parallelprozesse und daruf, ob und inwieweit diese auf das Streitsystem Einfluss nehmen. Schließlich ist die Mediation ein interdisziplinärer Prozess, sodass sie von verschiedensten Disziplinen beeinflusst wird.

Implementierung

Wenn die Mediation sich als Institution und in die Gesellschaft implementieren soll, müsste sie auf der gesellschaftlichen Ebene zunächst ein selbst referierendes System werden. Die Aufsichselbstbezogenheit erlaubt es, sie von ihrer Umwelt abzugrenzen. Selbstreferenzielle Systeme sind allerdings „operational geschlossen“. Sie reagieren nur noch auf Veränderungen in ihrem eigenen System1 .

Wenn dem so ist, führt die Implementierung der Mediation zu einem Fall, vergleichbar mit dem Barbierparadoxon. Die Behauptung, der (einzige) Barbier eines Dorfes rasiert all jene (und nur jene), die sich nicht selbst rasieren, ergibt einen inneren Widerspruch weil der Barbier sich dann nicht rasieren darf, damit er sich rasieren muss. Die logische Konsequenz ist, dass es niemanden gibt (geben kann), der genau diejenigen rasiert, die sich nicht selbst rasieren.

Auf die Frage der Implementierung der Mediation bezogen bedeutet das Paradoxon, dass eine Selbstreferenzierung die Mediation ad absurdum führen würde, weil sie sich nicht selbst mediieren kann. Das erfordert eine Außen- oder Metasicht. Um diese Perspektive sicherzustellen, muss sich die Mediation (bzw. ihre Protagonisten) klar darüber werden, wann und wo eine Selbstreferenzeirung anfängt und wo sie endet.

Sowohl in der Politik wie in der Literatur fällt auf, dass stets die gleichen Autoren und Sachverständige auftreten. Magazine lehnen Autoren ab, wenn sie zu viele Zitate der Konkurrenz verwenden. Verbände lehnen Mediatoren ab, wenn sie bei der Konkurrenz ausgebildet wurden oder der einem anderen Verband angehören usw.2 Es sind wohl politische und wettberwerbliche Gründe, die dazu veranlassen, geschlossene Systeme herzustellen und Kunden sowie Mitglieder zu binden.

Lösung

Die Mediation ist ein Metaprozess, indem sie die Metaebene sowohl auf der Fallebene wie auf der Verfahrensebene abbildet. Wenn Sie selbst zum Teil eines operativen Prozesses wird, geht die Metaebene verloren. Die Mediation entwickelt sich zu einem selbstreferenzierenden System und hört auf, Mediation zu sein. Wo ihre Operationalisierung (etwa in der Politik) nicht vermeidbar ist, hilft es wenn die Mediation wie ein Subjekt mit der Rolle des Mediators in den Prozess eingebunden und virtuell ausgeführt wird3 .

Auf der politischen (auch der verbandspolitischen) und wissenschaftlichen Ebene, wo das Phänomen der Selbstreferenzierung durchaus auch ein Problem darstellt4 , bietet das Konzept der Coopetition ein Handlungsformat.

Hinweise und Fußnoten

Alias: selbstreferenziell, Selbstreferenzierung
Prüfvermerk: -

2 Siehe zum Phänomen z.B. Mediationslandschaft, Mediationsoligarchen, usw.
3 Wie die Mediation zu virtualisiren ist, beschreibt die integrierte Mediation
4 Siehe {trackerautoritem trackerId="16" fieldId="103" fieldId2="622" itemId="2299"}


Based on work by anonymous contributor . Last edited by Arthur Trossen
Seite zuletzt geändert am Dienstag November 5, 2024 13:04:55 CET.

Durchschnittliche Lesedauer: 2 Minuten