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PAS - Das Elternenftfremdungssyndrom

Wissensmanagement » Diese Seite ist der Kategorie Konfliktphänomenologie des Archivs in der Wiki-Abteilung Wissen zugeordnet. Eine logische Verknüpfung erfolgt mit der Rubrik Konflikt, also dem 6. Buchabschnitt des Fachbuchs Mediation und den Konfliktphänomenen. Bitte beachten Sie auch:

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Worum es geht: PAS ist das Akronym für Parentel Alienation Syndrom. Zu Deutsch, das Elternenftfremdungssyndrom. Es beschreibt das Phänomen, wenn Eltern dazu beitragen, dass Kinder den anderen Elternteil als feindlich ansehen und ablehnen.

Es trifft stets das Kind

Das sollten die Eltern niemals vergessen.

Einführung und Inhalt: Im Zusammenhang mit der Trennung der Eltern werden die Kinder oft bewusst oder unbewusst in die Auseinandersetzung der Eltern hineingezogen. Die juristische Trennung des Sorgerechts, des Umgangsrechts und der finanziellen Fragen, wie der Vermögensausgleich, die Wohnungszuweisung oder die Unterhaltszahlungen, vermischen sich in der Realität der Parteien, für die das eine mit dem anderen zusammenhängt. Hinzu kommt die emotional mitunter schwierige Verarbeitung einer als ungerechtfertigt empfundenen Trennung. Der sich daraus ergebende Beziehungskonflikt wird nicht gelöst von den Problemen bewältigt. Er strahlt in alle anderen Fragen ein und macht auch vor den Kindern nicht Halt. Es kommt zu Manipulationen und Beeinflussungen beim Kind, die sich nicht nur für dessen Entwicklung schädlich auswirken können.

Nicht wirklich ein Syndrom

Das Parental Alienation Syndrom (PAS) bezeichnet eine gewollte Entfremdung eines Kindes von dem anderen Elternteil. Der Begriff wurde insbesondere bei den gerichtlichen Auseinandersetzungen als Argument gegen den anderen Elternteil eingeführt, um ihm die elterliche Sorge zu entziehen. Kinder haben einen Anspruch auf Kontakt zu den Eltern. Wenn er vereitelt wird, kann die Erziehungsfähigkeit und die Personensorge des Elternteils in Frage gestellt werden. Allerdings handelt es sich bei einem Syndrom um ein charakteristisches Symptom eines gekennzeichnetes Krankheitsbildes. Bis heute konnte nicht nachgewiesen werden, dass die Elternentfremdung (auf der Elternseite) eine Krankheit darstellt. Es gibt keine klaren Kriterien, unter denen das Phänomen diagnostiziert werden könnte. Deshalb wurde das PAS auch nicht in das Internationale Klassifikationssystem psychiatrischer Krankheiten (DSM-V) aufgenommen.1 Im Interesse einer fachlichen Präzision wird das PAS heute als PA (ohne S) oder allgemein als Eltern-Kind-Entfremdung (EKE) bezecihnet.

Konfliktkonstellationen

Folgende Konfliktkonstellationen sind bei einer Trennung oder Scheidung zu unterscheiden, wenn Kinder betroffen sind:2

Elternenftfremdungssyndrom

Bei der Eltern-Kind-Entfremdung (Parental Alienation) handelt es sich um eine Form von psychischer Kindesmisshandlung.
Boch-Galhau führt aus, dass eine induzierte Eltern-Kind-Entfremdung, die nicht behandelt wird, zu traumatischen psycho-physischen Langzeitfolgen bei betroffenen Kindern führen kann.3 Er stellt heraus, dass und warum bei Kindern und Jugendlichen, die mit wiederkehrenden massiven Ehekrisen ihrer Eltern, aggressiven Auseinandersetzungen und traumatischen Trennungen und Scheidungen konfrontiert werden, Persönlichkeitsentwicklungsstörungen auftreten können. Juristisch betrachtet handelt es sich um eine missbräuchliche Ausübung der elterlichen Sorge, bei der das Abhängigkeitsverhältnis des Kindes ausgenutzt wird. Die Diagnose rechtfertigt ein Verfahren nach §1666 BGB. Die Vorschrrift besagt:

(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.


Das von Richard A. Gardner im Jahre 1985 formulierte PAS beschreibt ein Konzept, bei dem ein Kind dauerhaft und zu Unrecht einen Elternteil herabsetzt und beleidigt. Das Phänomen ist in der Folge einer Scheidung und eines Streits um das Sorge- oder Umgangsrecht zu beobachten. PAS unterscheidet nach Gardner acht Hauptsymptome im Verhalten des Kindes. Sie können in Stärke und Ausprägung variieren, was für die Art der notwendigen rechtlichen und psychologischen Interventionen von Bedeutung ist:

  1. Unbegründete Zurückweisungs- und Verunglimpfungskampagne. Oft verwenden die Kinder Meinungen und wörtliche Formulierungen vom betreuenden Elternteil in einer nicht kindgerechten Sprache.
  2. Absurde Rationalisierungen. Es wedrden Argumente übernommen, die die Kinder selbst nicht verstehen.
  3. Fehlen von normaler Ambivalenz. Die Ablehnung beschränkt sich nicht nur auf den anderen Elternteil sondern bezieht dessen gesamtes Umfeld mit ein.
  4. Reflexartige Parteinahme für den programmierenden Elternteil.
  5. Das Phänomen der "eigenen Meinung". Die Vorwürfe des betreuenden Elternteils werden als eigene Meinung vertreten.
  6. Verleugnung von Schuldgefühlen über die Grausamkeit gegenüber dem entfremdeten Elternteil.
  7. Übernahme "geborgter Szenarien". Es werden neue Ablehnungsgründe hinzuerfunden.

Besuchsrechtssyndrom

Im Gegensatz zum Elternenftfremdungssyndrom weist das Besuchsrechtssyndrom zwar ähnliche Auffälligkeiten aus. Anders als dort liegen ihm (zumindest zunächst) jedoch keine Entfremdungsabsichten zugrunde. Andritzky führt die Ursachen auf Trennungsängste, psychodynamische Loyalitätskonflikte, einem Autonomieproblem, fehlender Objektkonstanz beim Kind und auf Kränkungen, sozialer Isolation oder in Problemen mit einem neuen Partner auf der Elternebene zurück. Weil die Eltern nicht dazu neigen, den anderen Elternteil für die beim Kind zu beobachtenden Symptome verantwortlich zu machen oder ausgrenzen zu wollen, genügt es nach Andritzky in diesen Fällen,4 im Rahmen der Anamneseerhebung darauf hinzuweisen, dass es sich um natürliche Reaktionen des Kindes handelt, die nach etwa einem halben bis einem Jahr von selbst nachlassen, wenn das Kind erfahren hat, dass ihm bei den Besuchskontakten weder Mutter noch Vater verloren gehen und keine Partei für die eine oder andere Seite zu ergreifen ist.

Vernachlässigung

Schließlich sind noch diejenigen Fälle zu unterscheiden, bei denen die Ablehnung des anderen Elternteils tatsächlich aus dem Erleben des Kindes begründet ist. Das sind Fälle, in denen ein Kind selbst Misshandlungen oder Vernachlässigungen schon vor der Trennung erfahren hat.

Schädigung

Die nachhaltige, schädliche Wirkung der PA entwickelt sich immer dann, wenn ein Kind in einen Loyalitätskonflikt getrieben wird. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Kind eine unbelastete Beziehung zu beiden Elternteilen pflegen will. Die Möglichkeit, dass eine Beziehung zu den Eltern brechen könnte, ist für das Kind im Regelfall unvorstellbar. Der Schock, dass sie dennoch brechen kann, wirkt umso mehr, wenn die Trennung für das Kind völlig unerwartet kommt. Der Effekt wird durch unbedachte Äußerungen der Eltern oft verstärkt.

Beispiel 12174 - Die Mutter (oder der Vater) sagt unter Tränen dem Kind: "Dein Vater (oder Deine Mutter) hat UNS verlassen". Sie (oder er) sagt nicht: "Wir haben uns getrennt. Aber das hat nichts mit Dir zu tun. Wir bleiben Deine Eltern ..."


Es ist also wichtig, dass die Eltern dem Kind signalisieren, dass ihre Trennung auf der Paarebene erfolgt war, dass sie nicht die Elternebene erfasst und nicht den Verlust eines Elternteils bedeutet. Die Trennung der Eltern löst in dem Kind stets ein Trauma aus. Wie jede Verletzung, kann sie gut heilen, wenn das Kind erfährt, dass es erstens nicht für die Trennung verantwortlich ist, dass die Trennung zweitens nichts mit dem Kind zu tun hat und dass sie drittens keine Beeinträchtigung der Beziehung des Kindes zum Elternteil darstellt.

Identifikation
Was Eltern oft übersehen, ist die Tatsache, dass das Kind das genetische und meist auch das soziale Produkt von beiden Eltern darstellt. So gesehen ist die Abwertung des anderen Elternteils gleichbedeutend mit der Abwertung der Hälfte des Kindes. Eine systemische Sicht kann diese Wirkung veranschaulichen. Die Eltern könnten als ein System definiert werden, das wie ein Legobaukasten zusammengestellt ist. Jeder Elternteil verfügt über Eigenschaften, so wie ein Legobaukasten Legobausteine beinhaltet. Jeder Legobaustein steht für eine Eigenschaft. Das Kind erbt beide Legobaukästen, also alle Eigenschaften des Vaters und alle Eigenschaften der Mutter. Daraus muss es einen eigenen Legobaukasten zusammenstellen, aus dem sich seine Persönlichkeit entwickelt.5

PAS
Um seine Persönlichkeit zu bilden, muss das Kind lernen, welche Eigenschaften es für sich am besten verwenden kann und welche Eigenschaften zu Merkmalen der eigenen Persönlichkeit werden. Bei dieser Betrachtung wird deutlich, dass die Abwertung des anderen Elternteils gleichbedeutend ist mit der Abwertung des Kindes.

Beispiel 14920 - Wie würden Sie mit sich selbst umgehen, wenn sie erfahren, dass sie das Kind eines Tyrannen und Massenmörders sind? Würden Sie dieses Los einem Menschen zumuten wollen, den Sie lieben?


Der nicht nur juristische Maßstab zur Regelung der elterlichen Sorge oder des Umgangsrechts ist das Wohlergehen des Kindes. Das Verhältnis zu den Eltern spielt dabei eine wichtige Rolle. Warum die Elternbeziehung so wichtig ist, lesen Sie in dem Beitrag über die Kriterien des Kindeswohls von Eberhard Kempf.

Kriterien des Kindeswohls

Lösungsansätze

Den Eltern mag zugute gehalten werden, dass sie den Kindern kein Leid zufügen wollen. Ihr Fokus richtet sich im Zweifel auch nicht gegen das Kind, sondern gegen den anderen Elternteil also gegen den Ehegatten oder Partner. Oft sind die Eltern trennunsgbedingt so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass sie die Symptome beim Kind übersehen oder falsch deuten. Ihr Entfremdungsverhalten ist ihnen deshalb nicht immer bewusst. Es ist in gewisser Weise sogar entschuldbar, aber keinesfalls zu rechtfertigen.

Andritzky weist in dem oben zitierten Artikel darauf hin, dass es bei dem betreuenden Elternteil häufig zu einer durch den Trennungsprozess aktivierten Borderline-Problematik komme. Der erhöhte Stress der Nachtrennungssituation überfordere den betreuenden Elternteil, weshalb das Kind verstärkt reglementiert werde. Oft gerate das Kind in die Rolle eines Partnerersatzes, sodass es eine symbiotische Beziehung zu dem betreuenden Elternteil entwickele. Jeder Kontakt des Kindes zum anderen Elternteil löse panikartige Verlustängste aus, was für Andritzky als Ursache für die Absage von Besuchsterminen und den Einsatz von Entfremdungsstrategien sieht, in denen dem Kind ein negatives Bild vom anderen Elternteil vermittelt und ein intensiver Loyalitätskonflikt gefördert werde.

Um die Situation für alle zu bereinigen, ist es wichtig, die betroffenen Eltern nicht als Opfer anzusehen und ihre Ausgrenzungsbemühungen nicht zu stärken. Das destruktive Verhalten den Kindern gegenüber muss ihnen vor Augen geführt werden. Die Kinder sind nicht dazu da, um eine erlebte Ungerechtigkeit in der Paarbeziehung auszugleichen. Schieflagen auf dieser Ebene sind deshalb unbedingt anzusprechen und zu klären. Es ist wichtig, auf die emotionale Bedürftigkeit der Betroffenen einzugehen, um sie auf die Beziehungsebene zu begrenzen, wo sie relevant ist. Die Trennung zwischen der Paarbeziehungsebene und der Elternbeziehungsebene ist dafür ein wichtiger Schritt.

In schwach ausgeprägten Fällen mag es genügen, den Eltern die Problematik vor Augen zu führen und zu erklären, dass die Gefühle, die sie beim Kind wahrnehmen, oft nur die gespiegelten eigenen Gefühle sind. Das Kind wird reflexartig versuchen, eine strukturelle Kopplung zu jedem Elternteil herzustellen, um weitere Verluste zu verhindern. Die strukturelle Kopplung besteht in der vollständigen Übernahme aller Gefühle des Elternteils. Dieser Reflex erklärt auch, warum die Kinder bei der Mutter das sagen, was die Mutter hören will und beim Vater das, was der Vater hören will. Leider benutzen die Eltern diesen Reflex, um dem anderen Elternteil Lüge und Manipulation vorzuwerfen. Sie übersehen, dass dieser Vorwurf eine Projektion des eigenen Verhaltens ist. Sie nutzen die Disson anz zum streiten, anstatt zu fragen, wie es sein kann, dass das Kind bei einem Elternteil das Gegenteil von dem behauptet, was es beim anderen Elternteil sagt.

In dem zwischen den Eltern geführten Krieg kommt das Verhalten des Kindes nicht ungelegen. Die Realität ist eben nicht so trennscharf wie das Recht. Da fällt es den Eltern schwer, die kindgerechte Lösung unter völliger Zurückstellung der eigenen Interessen zu behandeln. Es bietet sich an, das Kind für einen strategischen Rundumschlag zu missbrauchen. Wenn das Kind den anderen Elternteil ablehnt, scheinen sich die Chancen zu vergrößern, Unterhalt zu bekommen, im Haus zu bleiben und den anderen Elternteil nicht mehr wiedersehen zu müssen. Die Machtverhältnisse verschieben sich im Verhältnis zu dem Elternteil, das sich verzweifelt um den Kontakt mit dem Kind bemüht.

Beispiel 12175 - Die Mutter sagt zum Vater: "Du kannst das Kind jetzt (zum Umgang) nur mitnehmen, wenn Du mir das Geld für die Schulbücher gibst". Die Forderung mag berechtigt sein. Sie sollte nicht auf dem Rücken des Kindes ausgetragen werden.


Langfristig geht die Rechnung nur selten auf.

Beispiel 12176 - Die Tochter ist inzwischen volljährig. Sie hat eine eigene Beziehung zu einem Freund. Der Freund erkundigt sich nach dem Vater. Es kommt zu einer Begegnung. Die Tochter erkennt, dass sie dem Vater in vielen Dingen ähnlich ist und wird noch neugieriger. Es kommt zu einem regelmäßigen Kontakt, den die Mutter nicht mehr beeinflussen kann. Die Tochter bildet sich (erst jetzt) eine eigene Meinung über den Vater. Sie gewinnt den Eindruck, dass die Behauptungen der Mutter über den Vater nicht der Wahrheit entsprachen. Sie wirft jetzt der Mutter vor, den anderen Elternteil abspenstig gemacht zu haben, weshalb sie jetzt den Kontakt zur Mutter abbricht.


Inzwischen hat es sich auch in den Gerichten herumgesprochen, dass eine gesunde Entwicklung des Kindes wichtig ist und dass die Eltern beide dafür einzustehen haben. Die Bereitschaft, Umgangsregelungen durchzusetzen, um den Kontakt mit dem anderen Elternteil sicherzustellen, ist also wesentlich gestiegen. Manche Gerichte gehen auch so weit, das Verhalten der Eltern als Anlass zu einem von Amts wegen einzuleitenden Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung einzuleiten. Die Eltern werden erleben, dass es entlang einer Scheidung viele Möglichkeiten gibt, die Anlass zum Streiten geben, sodass weder die Eltern noch die Kinder zur Ruhe kommen.

Dort wo die Einsichtsfähigkeit der Eltern nicht herbeigeführt werden kann, ist eine Therapie anzuraten oder eine Selbsthilfegruppe.6 Wo auch das nicht funktioniert, kann ein gerichtliches Verfahren benutzt werden um die elterliche Sorge und das Vorliegen einer Kindesgefährdung zu prüfen. Ziel ist es, das schädliche Verhalten mit Zwangsmitteln zu unterbinden. Das Gericht hat die Möglichkeit, den Eltern zu gebieten, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen, den Aufenthalt zu bestimmen, den Kontakt mit dem Kind zu verbieten oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen, bis hin zur teilweisen oder vollständigen Entziehung der elterlichen Sorge.

Es gibt typische Verhaltensmerkmale und Phänomene, mit denen das Helfersystem umzugehen hat. Die Erklärung des betreuenden Elternteils, dass er natürlich den Kontakt des Kindes zu dem anderen Elternteil wünsche, wird meistens erst geäußert, wenn er sich sicher ist, dass das Kind den anderen Elternteil bereits abgelehnt. Es ist oft nur ein Lippenbekenntnis, das nicht wirklich ernst gemeint ist. Die Eltern sind grunsätzlich verpflichtet, den Umgang mit dem anderen Elternteil zu unterstützen. Sie sollten sich bewusst sein, dass sie diese Unterstützung nicht für den anderen Elternteil, sondern für ihr Kind leisten.

Die Schwierigkeit in den Umgangs- und Sorgerechtsverfahren besteht darin, den Vorwürfen nachzugehen und sie korrekt einzuschätzen. Die Praxis hilft sich oft mit einem angeordneten betreuten Umgang, wo der Umgangsbetreuer beobachtet, wie das Kind mit dem anderen Elternteil umgeht und umgekehrt. So kann ausgeschlossen werden, dass tatsächlich Missbrauchsvorwürfe im Raum stehen.

Weiterhin ist zu bedenken, dass der andere Elternteil irgendwie mit der Beeinflussung des Kindes umzugehen hat. Oft reagiert er in gleicher Weise und manipuliert das Kind in die andere Richtung. Die Kinder werden in die volle Verantwortung gezogen, so als wären sie in der Lage, die Situation zu durchschauen, das Verhalten der Eltern zu bewerten und eine kindgerechte Entscheidung zu treffen. Die Eltern übersehen, dass es für das Kind keine entweder oder Entscheidung gibt. Sie übersehen auch, dass das Kind bei einem mehr oder weniger normal verlaufenden Familienleben die Trennung der Eltern nicht versteht und deshalb auch nicht unterstützen kann. Je nach dem Alter des Kindes fühlt sich das Kind sogar selbst für die Trennung der Eltern verantwortlich und nimmt eine Schuld auf sich, die es nicht tragen kann. Statt das Kind zu entlasten, wird es durch den Streit der Eltern noch mehr in die Verantwortung gezogen. Wie soll das Kind mit einem Konflikt umgehen, mit dem noch nicht einmal die Erwachsenen zurecht kommen?

Bedeutung für die Mediation

Eine gerichtliche Lösung sollte stets die Ultima Ratio sein. Die beste Lösung stellt sich her, wenn die Eltern lernen, die Elternbeziehung wiederherzustellen und bereit sind, den Kontakt des Kindes zum anderen Elternteil aktiv zu unterstützen. Die auf einer Verstehensvermittlung basierende Mediation kann hierfür einen wichtigen Ansatzpunkt liefern. Korrekt durchgeführt, wird sie den Konflikt auf der Paarebene herausarbeiten und von dem Konflikt auf der Elternebene trennen. Sie wird den Eltern ihre Verantwortung zurückgeben und helfen, die Interessen des Kindes zu verstehen und ein Konzept zu entwickeln, wie sich das Vertrauen in der Elternbeziehung wiederherstellen lässt.

Leider sind die Fälle mit PAS oft hoch eskaliert. Das Prinzip der Freiwilligkeit erlaubt es den Parteien also, die Mediation jederzeit zu verlassen. Das Helfersystem bietet sich an. Hier findet sich immer wieder jemand, den die Eltern für sich instrumentalisieren können. Gegebenenfalls lässt sich das Problem auf einer rein individuellen, auf die Eltern begrenzten Ebene also gar nicht lösen.

Es gibt zwei erfolgreiche Gerichtsmodelle, die zeigen, wie mit der Problematik umgegangen werden kann. Dabei handelt es sich um die Cochemer Praxis und das Altenkirchen Modell. In beiden Fällen hat das Gericht deutlich die Erwartungen an die Eltern formuliert die Notwendigkeit einer Kooperation herausgestellt. Das systemische Umfeld wurde in den Prozess einbezogen, sodass es den Parteien nicht mehr möglich war, über Kinder zu streiten. Die Kooperation war für sie der einzige sinnvolle Ausweg. Die Erfahrung hat in beiden Modellen gezeigt, dass die Eltern zunächst extremen Widerstand leisten. Dann aber, nachdem sie sich auf das Vorgehen eingelassen haben, eine extreme Befriedigung erfuhren. Sie waren plötzlich stolz auf das was sie geleistet haben. Das Kind hat es ihnen gedankt.

In beiden Modellen spielte die Mediation eine Schlüsselrolle. Sie kam zumindest methodisch vollumfänglich zur Anwendung. Das Konzept lässt sich jedoch auch in eine reine Mediation überführen, wenn das Helfersystem breit ist die Mediation zu unterstützen und die Parteien daran hindert aus der Mediation auszubrechen. So lässt sich das autoritäre Element das Glasl für Konflikte in der Entwicklungsstufe 7-9 fordert auch in einer reinen Mediation indirekt darstellen. Das Altenkirchen Modell wurde die Grundlage für das Konzept der integrierten Mediation und die Entwicklung der kognitiven Mediationstheorie.

Hinweise und Fußnoten

Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen

Bearbeitungsstand: 2024-03-22 08:31 / Version 33.

Siehe auch: BerlinerModell, Cochemer Modell, Altenkirchener Modell
Aliase: Elternenftfremdungssyndrom, Parentel Alienation Syndrom, Besuchsrechtssyndrom
Prüfvermerk: -

1 Siehe Parental Alienation Syndrom (PAS) - 2023-04-05 mit weiteren Fundstellenhinweisen
2 Andritzky (PAS) - 2021-09-07
4 Fundstelle siehe oben
5 Das Beispiel stammt von Dipl. Psych und Mediator Eberhard Kempf
6 Siehe Anlaufstellen.


Based on work by Arthur Trossen und anonymous contributor . Last edited by Arthur Trossen
Seite zuletzt geändert am Freitag Dezember 6, 2024 00:30:18 CET.

Durchschnittliche Lesedauer: 13 Minuten